Es herrschte vollkommene Stille.
Mein Atem stockte ein wenig und mein Herz schlug so schnell, sodass ich dachte, es würde jeden Augenblick explodieren.
Meine verängstigten Pheromone schossen wie wild durch die Luft und legten sich auf jedes Möbelstück und jeden Staubkorn.
Meine Knie fühlten sich butterweich an und zitterten leicht.
Jeder einzelner Nerv in meinem Körper befand sich in einer paralysierenden Schockstarre und waren dennoch sofort bereit meinen Körper weit weg zutragen, sollte mir jemand etwas antun wollen.
Ich würde flüchten.
Wahrscheinlich hinaus in den kalten Novemberschnee und in den Wald, der sich vor dem Haus erstreckte.
Ich würde tagelang laufen aber es letztendlich nicht schaffen und irgendwann in den kalten Schnee stürzen, in diesem ich einen schnellen Kältetod erleiden würde.
,,Dai, es ist alles in Ordnung. Du bist in Sicherheit. Ich habe nicht vor dir irgendetwas anzutun." unterbrach die Stimme des Alpha meinen Gedankengang.
Mein Herz pochte immer noch unruhig und meine Zweifel waren groß.
Dennoch drehte ich wieder den Kopf und sah zu dem Alpha.
Konnte ich ihm wirklich vertrauen?
Was, wenn das eine List war?
Er wirkte freundlich, doch ich kannte genug freundliche Leute, die mir dann doch etwas antun wollten.
Es konnte nur eine List sein.
,,Vielleicht hätten Sie zwei Omega wählen sollen, damit er sich nicht so allein fühlt in dieser Alpha-Familie." hörte ich Miss Lee zu dem Alpha sagen.
,,Vielleicht aber ich glaube bei der Angst vor Alphas hätte es nichts geändert." erwiderte er.
Wahrscheinlich wäre ein zweiter Omega hier wirklich angenehmer gewesen.
Doch er hatte Recht, an der Angst hätte es nichts geändert.
Wir hätten beide gleichviel Angst gehabt.
,,Das muss für dich alles so ungewohnt sein, richtig? Doch ich verspreche dir, dass du uns vertrauen kannst, Dai." wandte sich der Alpha wieder an mich.
Eine Weile sah ich ihn noch an, verwirrt und verängstigt.
Dieser Alpha schien wirklich anders zu sein, als die auf dem Sklavenmarkt.
Er wirkte anders freundlich, als die, die mich nur anfassen wollten.
Der Alpha deutete auf einen Sessel.
,,Magst du dich nicht setzten? Deine Füße müssen ziemlich schmerzen durch diese Wunden." bot er an.
Ich sah kurz zu Miss Lee, die mir einen vertrauten und warmen Blick zuwarf.
Wäre sie in diesem Moment nicht dabei gewesen, hätte ich nie den Mut gehabt, mich in Richtung des Alpha zu bewegen und mich tatsächlich auf den roten gepolsterten Sessel zu setzten.
Eine Weile wurde ich von dem Alpha genau betrachtet, was mir wieder etwas unangenehm vorkam.
Doch sein leichtes Lächeln ließ meine Ängste etwas verschwinden.
,,Ich hoffe du hattest einen angenehmen Schlaf. Diese Wunde an deinem Kopf ist zum Glück nicht schlimm und wird bald verschwinden." sagte er.
Ich nickte leicht mit dem Kopf, sprach jedoch keinen Ton.
,,Ich bin übrigens Kamil Caldwell, der Besitzer dieses Hauses. Von heute an gehörst du ebenfalls hierher und bist ein vollständiges Mitglied dieser Familie." stellte er sich vor.
Meine Augen wurden etwas groß.
Ich gehörte zur Familie?
Für einen Augenblick hatte ich gedacht, dass hier niemand weiteres leben würde, doch vielleicht hatte Kamil eine Frau und eigene Kinder.
,,Z-Zur Familie?" fragte ich leise.
Kamil nickte.
,,Ja, zur Familie. Ich hoffe du wirst dich hier schnell einleben. Du bekommst dein eigenes Zimmer hier oben mit Ankleideraum, Balkon und Badezimmer." erklärte er.
Ein eigenes Zimmer?
Mit Ankleideraum, Balkon und Badezimmer?
Das war so viel!
,,Meine Frau und mein Sohn werden heute Nachmittag aus Wales zurückkehren. Es wird dir sicher guttun dich mit einer Person in deinem Alter unterhalten zu können."
Ich nickte vorsichtig.
Er hatte also einen Sohn in meinem Alter.
Irgendwie hoffte ich, dass dieser Sohn ein Omega war, doch Miss Lee meinte, dass dies eine Alpha-Familie sei.
Also würden Kamils Frau und sein Sohn ebenfalls Alpha sein.
Es war sicher seltsam nun einen Omega in der Familie zu haben.
Kamil schien es nicht zu störe, doch seine Frau und sein Sohn?
Die würden mit mir wahrscheinlich gar nichts anfangen können.
Ich zog überrascht den Kopf weg, als ich Kamils Hand auf ihm spürte.
Wollte er mir die Haare ausreißen?
Oder mein Genick umknicken?
Doch meine Anschuldigungen waren natürlich wiedermal falsch.
Kamils Hand fuhr leicht über meine Haare, was überhaupt nicht weh tat.
Es war sogar ganz angenehm.
Ein seltsames Gefühl von Wärme stieg in meinem Körper auf, unter diesen sanften Berührungen.
Es war seltsam und ungewohnt aber auch irgendwie schön.
War es für ihn auch schön?
Irgendwie schien er ja Gefallen daran zu haben meinen Kopf zu berühren und durch meine Haare zu streichen.
,,Ich glaube du solltest nun ein warmes Bad nehmen, um deinen Körper und deine Wunden zu reinigen. Miss Lee, könnten Sie ihm dabei behilflich sein?"
Miss Lee nickte und lächelte.
,,Natürlich, mein Herr." sagte sie höflich.
Ein warmes Bad?
Ich hatte noch nie ein warmes Bad.
Auf dem Sklavenmarkt konnte man sich nur mit dem Regen reinigen, der ab und an mal fiel.
Er war kalt und bitter gewesen, vor allem jetzt im November, da er oft zu kleinen eisigen Kristallen gefror.
Im Sommer war er dann so warm, sodass er kaum erfrischte.
,,Na komm, ich zeige dir dein Badezimmer." sagte Miss Lee.
Ich wandte mich von meinen Gedanken ab und nickte leicht.
Kamil lächelte.
,,Lass dir ruhig Zeit und wenn du etwas brauchst, findest du mich hier." sagte er freundlich.
Wieder nickte ich und folgte dann Miss Lee.
So langsam realisierte ich, dass ich hier wirklich erwünscht war.
Ich wurde gut behandelt, bekam wirklich köstliches Essen.
Es war wie in einem Traum.
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𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega)
Fantasy[Abgeschlossen Februar 2023] ~~~ England 1814 Sklaverei herrscht im Land. Omegas werden wie Waren an Alphas verkauft und ohne Wert behandelt. Dai, ein Omega, sieht nach seiner Versteigerung die Welt aus einem anderen Blickwinkel. Verzweiflung, A...