Chapter 36.

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Ich drehte den Kopf.
,,Ist es vorbei?" fragte ich Lyan, der sich nach einer Weile zu Noëlle und mir an die Feuerstelle gesellte.
Ich hatte erwartet, dass seine Hände mit Blut befleckt und seine Pheromone ebenfalls einen blutigen Duft mit sich ziehen würden.
Doch er sah so schön wie immer aus und auch sein Duft blieb herrlich.
,,Er wird dir nie wieder etwas antun. Und auch mir nicht." erwiderte Lyan und man konnte einen Hauch Erleichterung in seiner Stimme hören.
,,Ich...Ich würde mich gerne bei dir bedanken, weiß aber nicht ob es angemessen ist. Ich konnte mich deinetwegen an ihm rächen aber gleichzeitig wollte er dir etwas widerliches antun." ergänzte er.
Ich nickte leicht.
,,Ich bin froh, dass ich dir irgendwie helfen konnte. Mir geht es gut." erwiderte ich und lächelte etwas zaghaft.
Lyan sah noch nicht überzeugt aus.
,,Er hat dich ganz schön fest am Arm gepackt." erwähnte.
Noëlle neben mir knurrte leicht.
,,Er hat dort auch einen schönen großen blauen Fleck."
Lyan senkte den Kopf.
,,Das tut mir so leid. Ich wünschte, ich hätte dir früher helfen können." sagte er unglücklich.
Ich sah ihn bekümmert an.
Es tat mir so leid, dass er sich schuldig fühlte.
Dabei musste er das doch gar nicht.
Wie gern würde ich ihn jetzt umarmen.
Aber durfte ich das überhaupt?
War das okay?
Ich nahm allen meinen Mut zusammen, stand auf und schloss den hübschen Omega in meine Arme.
Dabei raste mein Herz wie verrückt, aus Angst, er könnte mich wegstoßen.
Doch diese Angst war völlig unberechtigt.
Im Gegenteil.
Lyan erwiderte die Umarmung sogar, was mein Herz nur noch höher schlagen ließ.
Sein warmer Atem streifte meine Wange und ich bekam ein leichter Schauer lief über meine Haut.
Seine Pheromone fühlten sich so gut an und in seinen Armen hatte man das unendliche Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.
Am liebsten wollte ich ewig in dieser Position verharren.
Doch ich merkte den Blick meiner Schwester.
Sie sah mich nicht so an, als würde sie es schlecht finden, wenn ich ihn umarmte.
Ihr Blick wirkte mehr fordernd.
Mit einer Bewegung ihrer Augen wusste ich auch, was genau sie jetzt von mir wollte.
Sie wollte, dass ich Lyan die Wahrheit erzählte.
Etwas Angst stieg in mir empor.
Es lief gerade alles so gut und vielleicht würde ich mit der Wahrheit nun alles zerstören.
Doch vielleicht sollte ich genau deswegen ehrlich zu ihm sein.
Weil eben alles so gut lief.
,,Ich muss dir noch etwas sagen." sagte ich leise zu dem hübschen Omega, der mich neugierig aber auch ängstlich ansah.
Traurigerweise mussten wir uns von der Umarmung lösen, um uns auf die Stämme zusetzen, die um das Lagerfeuer herum langen.
Ich atmete tief durch.
,,Also, es...es hatte schon einen Grund, weshalb mir die letzten Tage so schlecht war. Nicht, weil ich mir eine Erkältung eingefangen hatte, sondern wegen etwas anderem." hob ich an.
Lyan hörte mir aufmerksam zu.
Ich bekam fast keine Luft mehr vor Aufregung.
,,Die Wahrheit ist, i-ich erwarte ein Kind." schloss ich schließlich.
Lyans Augen wurden kurz groß.
,,Oh, das erklärt so einiges." erwiderte er und schmunzelte.
Erleichterung machte sich in mir breit.
Er nahm es gut auf.
,,Tut mir leid, dass ich es dir nicht direkt gesagt habe. Ich konnte es wahrscheinlich selbst noch nicht so ganz begreifen." meinte ich.
Lyan lächelte sanft und strich mit einer Hand über meine Schulter.
,,Hey, das verstehe ich. Eine Schwangerschaft ist nicht einfach, ein Baby eine riesige Verantwortung und Veränderung im Leben. Man muss es erst einmal selbst begreifen." erwiderte er.
Ich wurde etwas rot.
,,Dann werde ich ab jetzt versuchen Gerichte zu kochen, die gut sind für dich und das Baby." meinte er.
Mein Herz klopfte laut.
Er war einfach so süß und verständnisvoll.
Er war so perfekt.
Gott, ich war so verliebt in ihn.
,,Wer ist denn der Vater oder die Mutter?" fragte er schließlich und man konnte die Neugier in seinen Augen glitzern sehen.
Kurz schwieg ich.
Oh Gott, das würde so peinlich werden.
Schließlich war der Babyvater ein 55 Jahre alter Alpha!
Etwas nervös spielte ich mit dem Stoff meines Kleides.
,,I-Ich...Er ist ein Alpha. Um genau zu sein der, der mich von Sklavenmarkt geholt hat. Ich bekam meine Hitze und er hat mich verführt. Noëlle meinte, es wäre von Anfang an sein Plan gewesen." erzählte ich schließlich und wurde rot vor Scham.
Lyan sah mich mit seinen schönen Rubinaugen an.
,,Es war von Anfang an sein Plan?" fragte er.
Ich nickte leicht und wollte antworten, doch Noëlle mischte sich ein.
,,Ich fand es sehr merkwürdig, dass er Dai am vierten Tag seiner Hitze verführt hat. Außerdem ist seine Frau nicht ausgerastet, als sie es erfahren hat. Die ganze Familie hatte das wohl geplant." erklärte sie.
Einen langen Moment lang schwieg Lyan.
In seinen Augen funkelten verschiedene Emotionen.
Trauer, Angst und auch Wut.
Ich wurde etwas unruhig.
Lyan sah zu Noëlle.
,,Wie heißt der Kerl?" fragte er sie.
Ich sah in den Augen der weißhaarigen Alpha ein Leuchten.
,,Kamil Caldwell. Erinnerst du dich an ihn?" fragte sie.
Zu meiner Überraschung nickte Lyan.
,,Bei ihm wollten doch diese Ratten von der Versteigerung einbrechen." meinte er.
Meine Augen wurden groß.
Lyan hatte damals das mit den Leuten von der Versteigerung bemerkt und Noëlle zu Kamil geschickt?
Lyan drehte seinen Kopf wieder zu mir.
,,Nachdem du mir mit Valentin geholfen hast, bin ich es dir jetzt schuldig, dir mit diesem Kamil zu helfen." meinte er.
Ich sah ihn verwirrt an.
,,W-Wie meinst du das?" fragte ich nervös.
Wollte er Kamil umbringen?
Noëlle sah uns ernst an.
,,Dieser Typ hat es nicht verdient die selbe Luft zu atmen, wie du. Die ganze Familie nicht." knurrte sie.
Die ganze Familie nicht?
Aber das Kind würde doch auch zur Familie gehören, oder?
Ich kannte meinen Zunamen nicht und selbst wenn, würde das Baby Kamils Zunamen nach der Geburt bekommen.
,,A-Aber das Baby. E-Es gehört auch zur Caldwell-Familie." entgegnete ich ängstlich.
,,Würdet ihr es auch töten?" ergänzte ich leise.
Noëlle schüttelte den Kopf.
,,Das Baby bekommt deinen Zunamen, Dai." erklärte sie.
Ich sah auf meine Knie.
,,Ich habe keinen Zunamen, beziehungsweise, ich weiß ihn nicht." erwiderte ich.
Noëlle zuckte mit den Schultern.
,,Dann bekommt es eben meinen. Du brauchst eh noch einen Namen, also kannst du direkt einen suchen, der zu of Courtenay passt."
Einen Namen.
Einen Namen für das kleine Wesen in mir, welches wahrscheinlich noch nicht mal wie ein Mensch aussah.
Wie sollte es heißen?
,,Vielleicht können wir sonst auch deinen Zunamen herausfinden. Weißt du denn, wie deine Mutter mit Vorname hieß?" fragte Lyan.
Ich sah ihn kurz an, dann nickte ich.
,,Sie hieß Elaine. Aber ihren Zunamen kenne ich auch nicht." erwiderte ich.
Lyan nickte verstehend.
,,Auf Sklavenmärkten werden Akten gehalten, in denen verkaufte und verstorbene Omegas gesammelt werden. Wenn wir die Akten bekommen, finden wir sie sicher." meinte er.
Meine Augen wurden groß.
Sie wollten wirklich Kamils Familie töten und dann meine Mutter suchen?
,,Aber Kamil-"
,,Kamil kann dir jetzt wirklich egal sein, Dai. Dieser Typ verdient mit seinem widerlichen Plan und seiner Tat den Tod. Wir kümmern uns darum, dass er auf die schwarze Liste kommt." unterbrach mich meine Schwester.
Sie meinten das wirklich ernst.
Ein leichter Schauer lief über meinen Rücken.
Kamil würde sehr wahrscheinlich sterben.
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
Auf der einen Seite hatte er mich vom Markt gefreit und mir die ersten Tage ein schönes Leben geboten.
Doch nach dieser Tat mit ihm im Speisesaal hatte ich das Gefühl, dass sich alles verändert hatte.
Ich wusste nicht, wie ich denken sollte.
Wie?

𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt