Capítulo 17

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Por tu bien
(Dir zuliebe)

,,Ich war nie freiwillig hier. Ich habe nicht vergessen, wie du von Anfang an über mein Leben bestimmt hast. Wie du mich eingesperrt hast. Mich herumkommandiert hast."
Ich versuche meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen, die ich bis eben noch gar nicht in Worte fassen konnte.
,,Wie du mich behandelt hast. Ich hab es nicht vergessen. Ich kann dir nicht sagen wie mein Leben jetzt wäre, stünde ich jetzt nicht hier und hätte ich dich nie begegnet. Ich weiß nicht was aus mir geworden wäre. Vielleicht würde ich immernoch in diesem Supermarkt für den
'erbärmlich niedrigen' Lohn arbeiten.Vielleicht müsste ich immernoch mein Geld vor Papá verstecken, weil er wieder Schulden hat und wieder Geld braucht, mich wieder anschreit und schlägt. Mich wieder wie der letzte Dreck behandelt. Wer weiß, vielleicht wär ich von Zuhause abgehauen und hätte ein neues Leben angefangen. Vielleicht wäre ich auch weiterhin feige gewesen und schließlich so tief gelandet, bis er mich letztendlich zu tode verprügelt hätte. Wer weiß. Wer weiß das schon?" Ich lasse ihn nicht reden. Zuerst muss ich das alles raus lassen. Ob es mir etwas bringen wird, das sei dahingestellt.

,,Das einzige was jetzt zählt ist, dass ich damit abgeschlossen habe, hier zu sein. Nicht mehr bei meinem Stiefvater. Ich weiß ganz genau, ich werde dich nicht mehr los. Das habe ich inzwischen verstanden. Und akzeptiert."

Akzeptieren. Habe ich es akzeptiert?

Ich mache eine kurze Pause und merke, dass er nichts sagen wird. Er hört mir nur zu.
,,Langsam.", spreche ich weiter.

,,Da merke ich, wie ich selbst nichtmal mehr von dir los möchte. Verstehst du?", gebe ich mein bestes, dass er meine Gedanken irgendwie nachvollzieht. Denn manchmal verstehe ich sie selbst nichteinmal.
,,Ich.. ich möchte wissen wo du bist... Was du machst... Mit wem du bist... Was du denkst. Was du fühlst... Ich möchte dass du... dass du einfach bei mir bist, auch wenn du mich ständig sauer machst.. Ich will einfach, dass du mir wieder sagst, was ich dir bedeute... Ich möchte hören, dass ich dich verrückt mache... Und ich weiß nicht wieso.."

Mir wird warm im Gesicht und ich traue mich nicht mehr, ihn anzusehen. Ich denke ich weiß was ich sage, aber irgendwie bin ich mir nicht sicher ob ich tatsächlich verstehe, was ich alles aus meinem Mund lasse.

,,Auch wenn mir eingetrichtert werden soll, dass ich mich mit deinem Verhalten glücklich schätzen sollte. Vielleicht bin ich undankbar. Das mag sein. Aber ich lasse mich nicht anschreien. Schrei mich bitte nicht an. Halt mir nicht vor, dass ich immernoch naiv bin, obwohl ich täglich mein bestes gebe, stärker und schlauer zu werden. Sei nicht wütend auf mich, weil ich genau das tue, was du auch ständig bei mir tust: jemanden beschützen. Ich wollte nur jemandem helfen, also wie kannst du mich dafür verurteilen?
Ich gebe zu, ich habe vielleicht nicht weit genug gedacht. Es hätte wirklich anders enden können, wärst du nicht gekommen.
Aber rede nicht so kalt mit mir. Erklär mir wieso ich voreilig gehandelt habe. Und schrei mich... bitte nicht mehr an... mehr möchte ich nicht. Das ist doch alles, worum ich dich bete..", mache ich jetzt endlich eine Pause. Mir liegt so viel auf dem Herzen, das fällt mir erst jetzt so richtig auf.

Aber wieso sagt er nichts? Wieso schaut er mich so still an?

Ist er anderer Meinung? Ist er noch wütend auf mich, weil ich mich da eingemischt habe?....

,,Ist das ein Liebesgeständnis?"

,,Nein!", reagiere ich blitzschnell.
Glühende Hitze breitet sich in meinem Gesicht aus. Meine Wangen werden rot und ich wehre mit meinem antrainierten Abwehrmechanismus mit lauter Stimme gegen ihn.
,,Nein das soll kein Liebesgeständnis sein!", hebe ich belehrend meinen Finger, doch selbst frage ich mich auch, was das eben sonst sein sollte, wenn es kein Liebesgeständnis war.
Ich rede mir selbst ein, dass er mich nur ärgern will, und dass in seinen Worten eben kein bisschen Wahrheit stecken kann. 
Wobei ich mir im Nachhinein doch sicher bin, dass es genau das gerade war. Ein Liebesgeständnis..
Die Bestätigung kriegt er aber sicher nicht von mir.
Mein inneres Ich lacht mich und meine gesamte Existenz aus.
Er hat mir meine Unschuld genommen.
Ich habe mit ihm geschlafen.
Und er hat mich nicht dazu gezwungen.
Ich schaue ihn an. Wortlos. Ich sehe ihn an und verstehe es jetzt. Ich sehe es jetzt..
Samuel.. Ich.. habe mich wirklich in dich verliebt.. Nein.
Mein Blick, meine Augen erstarren.

AleniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt