Kapitel 46

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Sólo lo mejor
(Nur das Beste)

Nun kniete ich in seinem Büro und weinte lange Zeit vor mich hin. Er kam nicht zurück, sondern ließ mich alleine leiden. Sagte mir so herzlos wie ein Mensch nur sein konnte, dass er mich verkaufen würde. Als wäre ich ein Gegenstand und ein Besitz, den man haben könnte. Aber das bin ich nicht. Ich bin ein Mensch, aus Fleisch und Blut. 

Jetzt kralle ich mir ein letztes mal in meine Oberschenkel, um auch wirklich sicher zu gehen, dass er das ernsthaft gesagt hatte und das alles kein schlechter Traum ist. 

Mehrere Male raufe ich mir die Haare. Es macht mich fertig nicht als erstes daran zu denken, sofort die Flucht zu ergreifen. Stattdessen denke ich daran, wie er mich letzte Woche angesehen hat, welche Dinge er zu mir gesagt hat, nur um mich dann zu verkaufen. Aber das glaube ich ihm nicht. Ich kann nicht, ich will nicht. Nur wozu so eine Lüge? Um zu testen, wie ich reagiere? Was ich tun würde? 

Das kann er gerne haben. Ich will seinen Blick sehen, wie er doof aus der Wäsche guckt, wenn ich wirklich abgehauen bin. Und diesmal für immer. 

Ich habe zwar schon versucht zu flüchten. Und mich nach der Flucht wieder in die Finger zu kriegen war für Samuel anscheinend ein Kinderspiel. Er wirkte dabei so entspannt, als wäre er darin jahrelang geübt. Vielleicht ist er das ja auch. Aber diesmal wird er mich nicht finden und dann wieder einsperren. Diesmal nicht. 

Aber wie...? Könnte mir jemand überhaupt helfen? Martilda vielleicht?
Nein, ich könnte nicht riskieren, dass Samuel ihr dann für alles die Schuld gibt. Sie ist auf diesen Job angewiesen. Auch wenn die beiden sich nahe stehen und er sie niemals entlassen würde, könnte er anderen Angestellten dann die Schuld geben, so unberechenbar wie er ist.

Ich atme tief durch und öffne langsam die Tür. Von den angetroffenen Gästen würde mir auch keiner helfen. Nichtmal wären sie alle Polizisten, würden sie mir jemals helfen. Nicht helfen können, nicht helfen wollen. So wie man es sehen will.
Denn Samuel ist nicht irgendjemand. Er ist der, der heimlich über das ganze Land regiert. Seine Machenschaft muss enorm sein, wenn er das erben würde, was eins seinem Vater gehörte.

Ich interessierte mich nie für soetwas.
Es war mir immer egal gewesen. Ich verfolgte zwar ständig die Nachrichten, aber alles was ich heraushörte war nichts als Korruption. Die Welt dreht sich um Geld und Macht. Sie töten und sterben, klauen und verraten. Und das alles nur für etwas, das vergänglich ist. Geld und Macht, nachdem alle sich ersehnen, könnte so schnell weg sein, wie man es bekommen hatte.

Würde die Menschheit das Geld nicht so bedeutsam machen, dann würde auch ich darauf verzichten. Denn Geld verdirbt Menschen, sobald man reichlich davon bekommt und anfängt nicht genug davon zu kriegen. Es ist wie eine Sucht.
Aber das Geld hielt mich nunmal all die Jahre am Leben. Kleine Scheine, die man so einfach verlieren, zerschneiden oder verbrennen könnte. Ein kleines Stückchen Papier, dass ein Menschenleben so kontrollieren kann. Eigentlich absurt.
Doch so ist die Welt geregelt.
Und ich kann nichts dagegen tun.

Ich bin mir sicher, dass wenn ich Geld und einen Status hätte, ich hier nicht stehen würde. Wäre ich reich oder berühmt, dann würden sich die Leute für mich interessieren und nach mir suchen, für mich kämpfen. Weil das Leben eines Reichen ja viel mehr Wert ist. 

Samuel bestimmt nicht nur einfach über mein Leben, weil ich ja nichts habe und ein Niemand bin. Sondern auch, weil ich es ihm erlaube. Ich lasse zu, dass er alles mit mir macht, wie es ihm gefällt.
Ich lasse das alles zu und anstatt dagegen anzukämpfen, verstecke ich mich in einem Raum.
Ich weine vor mich hin, auch wenn ich weiß, dass es mich keineswegs weiterbringen wird. Ich bin schwach. So wie es Samuel mir vor einigen Wochen bereits ins Gesicht gesagt hat. Damals hat es mich nicht gestört. Ich hatte nie gelernt Biss zu zeigen, zu kämpfen. Mamá lehrte mich, Menschen zu verstehen und ihnen zu verzeihen. Und papá brachte mir bei, alles so hinzunehmen, was einem gegeben wurde. Geduld zu haben, sich zurückzuziehen und niemals die Stimme zu erheben.

AleniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt