Alenia

Capítulo 16

Afortunado
(Glücklich schätzen)

Ihre Augenbrauen sind dünn. Ihre Lippen und Augenlider leicht geschminkt. Eine cremefarbene Perlenkette umschlingt ihren Hals, passend dazu trägt sie ein weißes Kleid, dass nur ganz grob ihre schmale Figur betont. Sie sitzt wie eine Kerze am Esstisch und man merkt schnell, dass sie tatsächlich aus einer sehr reichen Familie stammt. Martilda erwähnte, dass sie die Familie Mütterlicherseits als adlig betiteln würde, wobei die vermutlich einfach nur stink reich sind.
Sie schüchtert mich mit ihrer Präsenz irgendwie etwas ein. Ihr Gesicht ist hübsch. Sie hat einige Falten, aber die Schminke und vermutlich die ein oder andere Gesichtsoperation lassen sie jünger wirken. Die Augenpartie erinnert mich an Samuel. Vor allem ihre hellen grauen Augen.

Wir sitzen am Esstisch: Samuels Mutter, die mich bis jetzt noch nicht groß beachtet hat, Samuel und einpaar seiner Onkel und Tanten. Seine Onkel und Tanten wenden sich aber irgendwie von uns dreien ab. Als würden sie Samuel und seine Mutter am liebsten vermeiden wollen. Oder sie wollen sie einfach nicht stören. Ich weiss es nicht.
Und ich sitze Samuels Mutter gegenüber. Es gibt Kuchen, viele verschiedene Desserts.
Am liebsten würde ich untertauchen. Seine Mutter hat mich schreien hören, ich weiß nicht wie viel sie von unserem Streit mitbekommen hat. Das ist mir so unangenehm. Was soll sie von mir denken?

Das einzige Gute ist, dass nachdem seine Mutter aufgetaucht ist, nichts weiter passiert ist. Eleonoras Mann wurde erstmal in Ruhe gelassen. Auch wenn ich ahne, dass Samuel das nicht in Vergessenheit geraten lassen wird. Er wird nochmal auf ihn zugreifen. Ich will nicht, dass er die ganze Sache nur noch schlimmer macht. Aber das kann ich nicht kontrollieren. Was soll ich denn tun? Ich kann nur Eleonora sagen, dass sie ihren Mann warnen soll. Er sollte einfach aufpassen...
Und am besten sollte sie sich von ihm trennen... Er liebt sie nicht. Sonst würde er sie nicht so behandeln.

Ich fühle mich so komisch hier zu sitzen. Es scheint so, als würden hier nur die älteren Sitzen. Die anderen sind alle im Garten. Jeder hat sich etwas vom Dessert genommen, sind aber dann schnell abgehauen.

Ich bin doch fehl am Platz... Aber Samuel hat mich gezwungen mich hier hinzusetzen. Ich habe ihm seit dem Streit nicht mehr in die Augen geschaut. Ich möchte ihn momentan einfach nicht anschauen. Ich möchte auch nicht mehr mit ihm reden. Ich will nur, dass er mich erstmal in Ruhe lässt.

,,Dieser Champagner ist schrecklich."

Sie legt ihr Glas angewidert weg und tüpfelt sich ihre Lippen langsam mit einem teuren Seidentuch ab. Sie trägt viel Schmuck an ihren Fingern und Handgelenken.

Sie strahlt ähnliche Präsenz wie Samuel aus. Dominanz. Genau wie sie alle Samuel respektieren und sich vor ihm fürchten, respektieren und fürchten sie sich auch vor dieser Frau. Wie alt ist sie? Vielleicht 50? Ich kann es nicht sagen.

Sie zieht die ganze Aufmerksamkeit auf sich.
Als sie in den Esssaal eingetreten ist... Die lauten Gespräche und Gelächter wurden plötzlich ganz leise. Es war keine Stille. Zum Glück. Aber aufjedenfall hat jeder sofort gesehen, dass sie jetzt da ist. Und jeder kam zu ihr, um sie zu begrüßen.

,,Du hast also die Firma gekauft?", spricht sie mit Samuel. Die beiden reden schon eine ganze Weile über das Geschäft. Das hätte ich nicht erwartet. Ich dachte, seine Mutter würde sich überall raus halten. Scheint aber doch nicht so zu sein. Im Gegenteil sogar.
,,Gute Entscheidung. Der Wert des Unternehmens ist gestiegen. Aber das hattest du ja sicher geahnt."
Sie lobt ihn. Komischerweise hört sich ihr Lob...nicht sehr nett an. Einfach nicht wirklich wie ein Lob.

Sie redet weiter. Ich höre kurz nicht zu. Meine Gedanken sind bei Eleonora. Sie wollte sich im Bad kurz frisch machen. Ihr Mann ist schon gegangen.
Ich wollte bei ihr bleiben, aber sie meinte dass sie kurz alleine bleiben wollte. Außerdem hat mich Samuel mitgezerrt. Wenn ich das hier überlebe, werde ich nochmal nach ihr schauen.