Capítulo 6

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Sé sincero
(Sei ehrlich)

Den ganzen Tag sitze ich schon auf der Couch. Die Sonne ist schon längst untergegangen. Erst jetzt realisiere ich, wie stockdunkel es draußen ist. Der Mond schimmert heute wieder über den Pool. Aber er kann mich diesmal nicht beruhigen. Diesmal kann ich ihn nicht betrachten und an dich denken mamá.
Ich sitze nur. Als wäre ich bereits tot. Und auch wenn du schon im Himmel bist, mamá, fühlt es sich so an, als wäre ich toter als du. So fühlt es sich an.
Der Versuch an dein schönes Lachen zu denken und mich damit von Samuel abzulenken scheitert.
Jedes mal wenn ich daran denke, was Lucía gesagt hat, entflieht mir eine neue Träne, die meine warmen Wangen entlangfließt.

Nachdem Samuel gegangen ist, hat mich niemand mehr angesprochen. Vielleicht war es Martilda, die nur einmal kurz meinen Rücken gestreichelt hat. Ich weiß nicht. Vielleicht hat sie auch versucht mit mir zu reden. Aber ich war nicht bei mir. Ich wollte mit niemandem reden. Auch nicht essen. Und schlafen sowieso nicht.

Ich schließe meine Augen. Das alles zerstört mich. Obwohl es mich nicht so fertig machen sollte.
Ich gehe allen Ernstes davon aus, dass ein Mann wie Samuel mit keiner anderen Frau zutun hat, nur weil er mir mal schöne Augen macht. Das lief doch noch nie so ab. Ein Mafiaboss, der nur einer Frau gegenüber loyal ist. Das hört sich doch beim aussprechen schon wie der größte Witz an. Nicht mal normale Ehemänner tun so etwas.

Nun sitze ich hier. Wie der letzte Dreck. Wie der aller letzte Dreck. Nicht mehr und nicht weniger.
Der Mann darf der Frau fremdgehen, aber wenn die Frau das gleiche tut, ist sie eine Hure. Und der Mann nur ein Mann. Ach was rede ich auch von Fremdgehen. Samuel ist nicht mein Ehemann. Theoretisch ist er mir nicht fremdgegangen.

Es sollte mich nicht stören, aber wenn jemand sauer sein sollte, dann bin das wohl ich. Ich. Nicht er. Und was macht Samuel? Stürmt raus, weil das was ich gesagt habe ihm nicht gepasst hat. Vermutlich liegt er schon bei der nächsten im Bett.

Sag sowas nicht, vielleicht sagt er wirklich die Wahrheit.
Unwahrscheinlich. Das wäre ein Traum. Der Knutschfleck, wie sonst kommt der an ihren Hals?

Gott....! Ich will mich nicht selbst anlügen.
Ich will ihm glauben.
Und dafür hasse ich mich.
Dafür dass ich so naiv bin.
Dafür dass ich mich so schnell verletzen lasse.
Dafür dass ich so blind und dumm bin. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Den Knutschfleck und Lucías befriedigtes Gesicht.

>>Ich habe sie nicht mal angefasst.<<

Ich bin so dumm. So dumm, dass ich nach all dem einfach nur glauben will, dass er die Wahrheit sagt.
Ständig spiele ich mit dem Gedanken -Was wäre wenn er nicht gelogen hat?-
Aber was wäre dann? Dann ist er spätestens jetzt mit einer anderen Frau. Also im Endeffekt ist es egal. Er ist seit heute morgen weg. Und jetzt ist es bereits nach Mitternacht. Stockdunkel.
Wieso habe ich so etwas überhaupt zu ihm gesagt... Wenn ich es eigentlich nicht so meinte..
Selbst schuld, Alenia!

Eine Weile sitze ich so, bis ich wieder seine Schritte höre. Wieder pocht mein Herz, wenn er nur in meiner Nähe ist. Wieso bin ich so. Wieso?
Seine Schritte sind langsam und bewegen sich auf mich zu, ich höre es. Er bewegt sich zur Couch. Bis kurz vor mir. Ich öffne meine Augen, die sicher angeschwollen und rot sind, und sehe zu wie Samuel sich schräg mir gegenüber hinsetzt. Er lehnt sich zurück in die Couch und schweigt eine Weile. Es scheint so als wüsste er nicht genau, was er sagen sollte. Oder wie er das was er zu sagen hat, formulieren kann.

,,Und? Hattest du deinen Spaß?"

Seit wann bist du so zickig! Lass das! Du machst das alles doch nur schlimmer..
Am besten ich sage einfach nichts mehr.
Er atmet nur schwer aus.
Also stehe ich auf um zu gehen. Wenn er nicht zur Sprache kommt, soll er es wann anders versuchen. Oder es einfach ganz lassen.

AleniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt