Kapitel 13

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Tranquilo
(Ruhig)

07:39h

Samuel ist bis jetzt noch nicht von der Arbeit zurück gekommen. Ich habe mich in seinem zweiten Zimmer mit den vielen Klamotten umgeschaut und seine Uhrensammlung entdeckt, jetzt weiß ich endlich wie spät es ist.

Als ich dann die Vorhänge aufgemacht habe, war ich wirklich erstaunt. Das Zimmer hat eine große Terrasse mit einem wunderschönen Blick auf den Garten. Oder eher Park. Es gibt sogar einen großen Schwimmbecken. Und hinter dem Garten ist einfach nur ein Dschungel.
Das kann ich aber leider nur vom Zimmer aus betrachten, weil die Fenstertür zur Terrasse abgeschlossen ist.

,,Señora, ich werde nun hereinkommen.", kloppft die Dame an und betritt das Zimmer mit einem Tablett.
Sie lächelt gezwungen und ich merke, das etwas nicht stimmt.
Das Essen ist mit einer silbernen Schale abgedeckt, die ich misstrauisch hochhebe.
,,So wurde mir der Auftrag gegeben, es tut mir leid..!", sagt sie fast schon ängstlich.
Es ist ein Brötchen, dass ich unbesorgt nehme und anfange zu essen.
,,Ist das denn ok für Sie?", tastet sie sich unsicher hervor.

,,Ja, wieso? Was ist denn mit dem Brötchen?", frage ich verwundert. Das ist doch normales Essen.
,,Naja... es ist nicht wirklich unseren Umständen entsprechend."

,,Keine Sorge, das Brötchen schmeckt gut.", überzeuge ich sie mit einem leichten Lächeln.

,,Na gut. Aber das macht Sie doch niemals satt! Hier, psst. Das bleibt unter uns", zwinkert sie mir zu und gibt mir ein großes Stück Schokoladenkuchen, dass sie aus dem Flur holt.
Ich schaue sie überrascht an.
,,Ich möchte nicht, dass Sie in Schwierigkeiten geraten..", versuche ich ihr den Kuchen zurück zu geben, doch sie ist schon längst über alle Berge. Sie ist wirklich sehr lieb.

***

Ich schaue mich wiedereinmal um und suche nach etwas, ohne auch wirklich zu wissen wonach.
Ich laufe am Spiegel vorbei und bleibe stehen, um mich anzuschauen.
Wonach suche ich? Nach einem Gegenstand, dass mir das Zimmer aufschließt, damit ich flüchten kann und dann riskiere, dass Papá und Lucía ermordet werden?
Ein Telefon, um die Menschen anzurufen, die mich nie geliebt haben und sich immernoch einen Dreck um mich scheren? Wonach um Himmelswillen suche ich? Egal was ich finden würde, es bringt mir nichts. Vielleicht würde ich Abuela anrufen wollen oder den Ladenbesitzer, bei dem ich gearbeitet habe, aber deren Telefonnummern kenne ich leider nicht auswendig.

***

21:32h

Den ganzen Tag schon bin ich alleine im Zimmer. Die Dame kam noch einmal herein, um mir Essen zu geben, aber das wars auch.
Ich verstehe nicht, wieso ich hier gefangen werde. 
Wieso kauft er sich nicht Prostituierte, er hat doch bestimmt genügend Geld zur Verfügung. Die machen das auch bestimmt freiwillig. Er ist ja wirklich nicht hässlich und sieht sogar wie ein Ausländer aus, wie ein Nordamerikaner oder Engländer. Seine Haut ist auch nicht besonders gebräunt, was viele hier wo ich lebe als schön empfinden.

Aus langeweile habe ich mich einfach vor die Glastür hingehockt, um den beeindruckenden Sonnenuntergang zu betrachten. Und den Pool. Wie gerne hätte ich mal schwimmen gelernt, aber dazu war nie die Zeit. Und das Geld fehlte auch.

Sogar um diese späte Uhrzeit hampeln diese gruseligen Männer herum. Die tragen auch alle Waffen, was mich nicht wirklich beruhigt.

22:49h

Es ist schon stockdunkel geworden.
Ich will nicht den ganzen Tag auf etwas warten und dann am Ende vergewaltigt und umgebracht werden, was mich garnicht wundern würde. Wieso sonst bin ich hier. Zur Belustigung?
Vielleicht kann ich heute noch mit ihm reden.
Mit etwas Geduld, werde ich seine Schale vielleicht knacken können.
Er erinnert mich einbisschen an Papá. Schlägt mit Worten und Blicken um sich, weil er sich versteckt. Ich bin mir sicher, dass sich etwas warmes in ihm verbirgt.

AleniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt