Alenia

Kapitel 33

¿Para qué?
(wofür/ für was?)

Nach dem Essen sind Alonzo und ich in eine Art Gemeinschaftsraum gegangen.

Ein großes Zimmer mit einem Fernseher, einer länglichen Couch mit einem kleinen Holztisch und einem Sessel. Auch hier ist die Tapete kaum mehr erkennbar und größenteils abgerissen. Die Möbel sind etwa genau so alt wie die anderen in dem Zimmer, wo ich mich umgezogen habe. Die Farbe der Holzmöbel ist durch die Jahre verbleicht.
Dass der Röhrenfernseher überhaupt funktioniert, überrascht mich.

,,Nicht sehr schön, aber was besseres konnte ich auf die schnelle nicht finden."
,,Das gehört nicht euch?"
,,Nein, zum Glück nicht. Wir brauchten irgendwas zum untertauchen. Und das ist das einzige, was ich auf die Schnelle finden konnte", lacht er. ,,Ach ja. Setz dich.", sagt er und holt eine Plastiktüte heraus. Ich schaue ihn skeptisch an.

,,Keine Sorge, setz dich einfach."

Ich setze mich in den Sessel. Er kommt zu mir und geht auf die Knie.

,,Gib mir deinen linken Fuß"
,,Wie?"
Er erklärt sich nicht, sondern greift einfach danach. Aus der Tüte holt er ein Kühlkissen und kühlt damit meinen bereits angeschwollenen Knöchel ab. Es tut kurz weh, deswegen zucke ich leicht zusammen.
,,Lo siento..", lächelt er leicht. (Tut mir leid)
Das ist wirklich aufmerksam von ihm. Und nett. Und trotzdem fühle ich mich so unwohl.
,,Hoffentlich ist der nicht verstaucht."
,,Ehm.. danke. Du musst das nicht machen, ich schaffe das auch."

,,Du bist immernoch angespannt?", bemerkt er und gibt mir das Kühlkissen.
,,Ich weiß, das alles ist ziemlich viel für eine Person. Aber du brauchst dir keine Gedanken mehr zu machen."

,,Es tut mir leid.. Ich bin nur gerade von jemanden geflohen, der mich für Wochen eingesperrt hat. Was ist, wenn er uns findet? Mich findet? Was soll ich dann machen?"

,,Alenia, mach dir keine Sorgen. Er wird dich auf die Schnelle nicht finden. Bis dahin sind wir schon über alles Berge."

Sein Versuch mich aufzumuntern ist lieb. Aber nette Worte bewahren mich nicht vor dem venezolanischen Mafiaboss...

Mafiaboss.

Mafiaboss..!

Ich kriege es immer noch nicht in meinen Kopf hinein. Ich habe dem venezolanischen Mafiaboss eine Backpfeife gegeben. Ihn angeschrien und mich ihm widersetzt.
Er ist bestimmt wütend. Sehr sehr wütend. Ich habe sein zorniges Gesicht schon vor Augen. Ich bin erledigt. Sowas von. Man kann sich gar nicht vorstellen, wozu ein Mafiaboss in der Lage ist. Und Alonzo will mir sagen, dass ich mir keine Sorgen machen soll? Ist das überhaupt möglich?

,,Alenia. Ich weiß, ich kann das alles nicht wieder gut machen. Ich will nicht wissen, was er dir alles angetan hat.. wie er dich behandelt hat. Und ich habe mich Tag für Tag dafür gehasst, dich nicht vorher schon gut genug beschützt zu haben.. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr mir das alles Leid tut. Und ich weiß, dass keine Entschuldigung der Welt das alles gut machen kann.."

,,Das habe ich nie wirklich verstanden. Wieso genau ist das alles... deine Schuld?"

Die Reue ist in seinem Gesicht geschrieben.
Er geht sich durch die Haare und setzt sich auf die Couch.

,,Samuel und mein Onkel bekriegen sich seit Samuel das Erbe seinen Vaters vor 3 Jahren bekommen hat. Mein Onkel und Samuels Vater waren früher gute Geschäftsmänner, die über Länder hinaus zusammen Handel betrieben haben. Seit Samuels Vater verstorben ist und er nun das Sagen hat, regelt er die Dinge auf seine Weise und verzichtet auf jegliche Zusammenarbeit mit meinem Onkel. Das hat ihm natürlich nicht gepasst und so haben sie angefangen, sich gegeneinander zu bekriegen."