Kapitel 32

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{In Kapitel 2 und 15 könnt ihr nochmal nachlesen, falls ihr Zusammenhänge nicht versteht :) }

Quebrado
(gebrochen)

Die Waffe ist schwer und groß. Meine Augen schließen sich automatisch als ich abdrücke und die Glastür zusammenbricht. Der Laut der Knarre ist ohrenbetäubend. Es lässt mich daran erinnern, wie ich mir noch vor kurzem eine Waffe an den Kopf gehalten habe und mir das Leben nehmen wollte. Ich kann meine Augen für einen Moment nicht öffnen. Das Piepen in meinen Ohren schmerzt. Bilder schießen in meinen Kopf, wie ich Samuel anschreie und weine. Wie ich zusammenbreche. Aber ich will mich nicht mehr daran erinnern. Dafür habe ich keine Zeit. Nicht jetzt.

Einige Sekunden vergehen, in denen in versuche mich zusammenzureißen.
Ich atme tief ein und öffne wieder meine Augen. Mit Hausschuhen trete ich vorsichtig auf die Scherben. Richtige Schuhe habe ich nicht. Das hält mich aber nicht auf.
Wahrscheinlich ist jemand wegen des Lärms bereits auf den Weg hierhin, deswegen muss ich schnellstmöglich über die Glasscherben laufen und irgendwie versuchen, vom Balkon hinunterzuspringen. Ohne mir etwas zu brechen.

Das enge Kleid habe ich auch noch an... Egal. Daran kann ich jetzt nichts ändern.

Vom Balkon aus, sind die Schüsse viel intensiver. Viel angst einflößender. Vielleicht sollte ich mir es doch anders überlegen..?-

Nein. Ich habe es so weit geschafft. So eine Gelegenheit kommt sicherlich nicht nochmal.

Ich schaue runter und versuche einzuschätzen, wie weit ich springen müsste. Das ist viel zu tief. Ohne ein Seil, schaffe ich das nicht. Mit einem gebrochenen Bein komme ich nicht weit. Was.. was soll ich jetzt tun?
Mit jeder Sekunde, in der ich hier nur herumstehe, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich erwischt werde. Los, Alenia. Lass dir etwas einfallen!

Bettlaken. Ich könnte ein Bettlaken an das Gitter des Balkons knoten. Vielleicht klappt das.

Hektisch laufe ich also zu der Kommode, wo Martilda die Bettlaken immer hineinlegt und knote es so fest wie ich kann an das Balkon.
Die Pistole werfe ich auf das Bett.

Ich steige nervös rüber und halte mich an das Laken fest, kann dabei gar nicht realisieren, was ich gerade tue. Dass ich wirklich ausbreche und dafür überhaupt genug Mut besitze, davon hätte ich nicht mal träumen können. Einen Gedanken daran verschwenden, dass der Knoten vielleicht nicht fest genug ist und aufgehen könnte, tue ich nicht.

Das Laken ist nicht besonders lang, aber bringt mich über einen Meter näher an den Boden. Und es hält. Meine rechte Hand schmerzt aber ich schaffe es, mich festzuhalten.

Am Ende des Lakens lasse ich los und komme mit meinen Füßen auf. Zwei bis drei Meter schätze ich. Nach wenigen Sekunden, macht sich der Schmerz in meinem unteren Teil des Körpers spürbar. Verdammt! Das.. das tat verdammt nochmal scheiße weh! Ich falle zurück und versuche, den Schmerz zu unterdrücken.
Als Kontrolle bewege ich leicht meine Füße... Autsch..!
Gebrochen habe ich mir aber nichts, also stehe ich schnell auf und weiche den Scheinwerfern aus. Mein Körper ist vollgeschwitzt vor Anspannung. Mein Brustkorb fühl sich an, als würde er jeden Moment explodieren.

Es ist dunkel und ich weiß nicht einmal, wo ich hingehen muss. Wie soll ich von hier verschwinden? Die Zäune sind viel zu hoch, über die kann ich nicht klettern. Und bis ich den Zaun überstiegen habe, würde mich jemand entdecken.
Zum Vordereingang kann ich nicht, weil dort die Schießerei ist. Und da ist Samuel. Was soll ich jetzt machen? Ich bin verloren. Und meine Füße tun auch weh. Erst recht mein Linkes.

,,Alenia!", ruft jemand. Ich erschrecke mich. Wer ist das? Jemand von Samuels Männern?
Wurde ich entdeckt?
,,Alenia, schnell! Hier lang!"

Aber nein.. Ich kenne diese Stimme doch irgendwo her.
Ich schaue zu den Zäunen. Und tatsächlich. Er ist es.
Hoffnungsvoll laufe ich hin zu ihm.

AleniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt