Alenia

Kapitel 15

Mentira
(Lüge)

(Samuels POV)

Ich betrete das verlassene Gebäude, wo mich Ricardo zu dem Typen bringt.
Kalte, nasse und kaputte Wände und keine Menschenseele, die diesen Ort noch kennt. Jeder Schrei ist unerhört.

Ricardo öffnet mir die Tür und stellt mir dann einen Stuhl vor den verkrüppelten Penner.
Ruhig setze ich mich hin und betrachte ihn. Ich schaue ihm zu, wie er erst jetzt meine Anwesenheit bemerkt und mit seinem durchgekneteten Gesicht versucht in meines zu blicken.
Er grinst dreckig. Seine mit Blut beschmierten Zähne sind ekelerregend.
Er sitzt mit den Händen hinter dem Rücken verbunden und kann sich nur mit viel Mühe aufrichten.
Ich hole aus und boxe ihm mit Kraft in seine hässliche Visage, damit sein kleines Lachen vergeht. Er fällt zu Boden und regt sich nicht mehr, scheint mit einem Fuß schon in der Hölle zu stehen. ,,Setzt ihn wieder auf", befehle ich meine Männer hinter mir, die ihn sofort wieder auf den Stuhl setzen.
,,Du fragst also nach Alenia, ja?", beuge ich mich vor und lasse meine Männer diesen Haufen von nichts sich aufrecht hinsetzen.
,,Ich hab gehört sie ist bei dir.", keucht er mit Blut in seinem Mund.
Diese halbe Portion denkt wirklich, dass er ein Mann wäre und in der Position, ein Mädchen zu beschützen.

,,Sie ist bei mir, was willst du jetzt dagegen tun?", frage ich amüsiert.

,,Lass sie gehen, Dreckskerl. Sie hat damit nichts zu tun.", presst er hervor.

,,'Dreckskerl' also?", hole ich erneut aus und verpasse ihm einen Schlag ins Gesicht, ohne ihm sein Kiefer zu brechen, was ich gerade liebend gern tun würde.
Aus meinem Jacket hole ich ein Seidentuch und wische mir sein Blut an meinen Händen weg.
Ich nicke den Männern zu, die ihn wieder auf den Stuhl setzen und ihn festhalten, damit er nicht runter fällt.

,,Sie hat keine Ahnung, wer du bist. Nicht wahr, Alonzo?"
Er schaut mich mit blutigem Auge an.
Die Antwort ist ihm ins Gesicht geschrieben.

Alonzo Gonció, Neffe des kleinen selbsternannen Mafiosos José.
Seine Familie geht mir auf den Zeiger, bringt ständig meine Geschäfte durcheinander. Jahrelang habe ich sie beschatten lassen, jeden kleinen Schritt verfolgt.

Wie man einen Mafioso wie José zum zappeln bringt, ist ein Kinderspiel.
Diese kleine Jungfrau Alonzo, ist sein ein und alles. Wie sein eigener Sohn. Und wenn sein Sohn leidet, dann leidet auch er. Ich brauchte nur einen Köder, Alonzo zu mir zu locken. Das hatte sich als genauso einfach erklärt, als ich auf seine geheime Liebe einem Mädchen gegenüber, aufmerksam wurde.
Ich hätte ihn natürlich auch mit anderen Mitteln herlocken können... Oder ich hätte direkt auf José zulaufen können, aber ich wollte dem Bastard nur mal zeigen, wie einfach ich meinen Willen umsetzen kann.

,,Wieso lässt du diese Familie nicht in Ruhe? Wenn du denkst, dass mir diese Lucía oder ihre Schwester was bedeutet hat, liegst du falsch. Außerdem halte ich mich von den Geschäften meines Onkels fern."

Ich lehne mich zurück auf den Stuhl.
,,Mittel zum Zweck.", sage ich knapp.
,,Hör zu pendejo (=Wichser)", fahre ich fort, ,,Ihr kleinen Wichtigtuer solltet euch nicht in meine Angelegenheit mischen, das mag ich ganz und gar nicht. Das kannst du deinem Onkel auch ausrichten. Ich habe euch im Visir, jeden einzelnen von euch. Und wenn ihr schön brav seid, dann bringe ich euch vielleicht auch nicht um. Verstanden?"
,,Du willst sie gegen mich verwenden, dabei ist sie nur ein Mädchen, dass ich mal unter mir liegen haben wollte.", lacht er.
,,Ist das so?", frage ich gespielt neugierig. Er kann einfach nicht aufhören von ihr zu sprechen.
,,Ja, du hast nichts gegen mich in der Hand.", meint er.
Ich zücke geschmeidig mein Handy und halte es an mein Ohr.
,,Bringt es her."

,,Holst du deine Mamá?", fragt er und versucht seine blutende Lippe an seinem Hemd abzuwischen.
Ich lächle und greife mir sein Gesicht. ,,Pass auf was du sagst, puta (=Schlampe)"