Kapitel 9

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Tras las rejas 
(Hinter Gittern) 

Der Wagen hält an. Wenig später wird mir die Tür aufgehalten.
Ich werde aus dem Auto gezogen und in ein Gebäude gebracht.
Ich erkenne diesen Ort, dieses Gebäude, diese Männer die genau an den gleichen Positionen geradeaus starren, wie ich sie in Erinnerung habe.

Den Gang entlang stehen einzelne Typen, die mich anstarren. Sie sehen nicht aus, als würden sie gerade im Dienst sein. Sie wirken nicht, als würden die überhaupt zu den anderen Männern draußen gehören.
,,Wer ist denn die Süße?"
,,Hübscher Hintern, kleines!", höre ich sie mir hinterherrufen.

Ich starre auf den Boden und lasse mich weiterhin von diesem Mann führen, bis er irgendwann stehen bleibt. Er greift meine Hände und öffnet die Handschellen. ,,Versuchen Sie nicht zu flüchten. Uns wird die Anweisung gegeben, auf jeden Flüchtenden zu schießen, ohne Ausnahme."
,,Kann ich.. Kann ich Mateo sprechen, bitte?", schaue ich zu ihm auf. Er sieht wirklich sehr angsteinflösend aus. Er ist groß, sehr kräftig und weiß mit seinen Muskel anscheinend gar nicht mehr wohin. Seine dunkelbraunen Augen sind durch seine Sonnenbrille nur schwach zu erkennen.
,,Das ist nicht möglich.", antwortet er stumm. Seine brummende Stimme lässt mich kurz erschaudern.
Er packt die Handschellen in die Innenseite seines Jackets und öffnet eine Gittertür, in die er mich mit Handbewegungen hineinbittet.
In diesem Flur sind mehrere Gittertüren, die ich zuvor nicht gesehen habe.
Zögerlich gehe ich in die Zelle und drehe mich wieder zu dem Riesen. Er schließt die Tür und dreht sich mit dem Rücken zu mir.
Wird er jetzt dort stehen bleiben?

Seufzend schaue ich mich in der Zelle um. Ein altes Bett und eine dreckig stickende Toilette mit kaputtem Waschbecken. Das wars. Von der eisernden Kälte und der unglaublichen Feuchte, möchte ich erst gar nicht anfangen.

Ich setze mich aufs Bett. "Fluchtversuch". Das ich nicht lache. Hier ist ja nichtmal ein Fenster. Eine Flucht ist unmöglich und das würde ich mich sowieso nicht trauen. Vor allem nicht nachdem ich gesehen habe, wie viele dieser bewaffneten Männer sich über ein dummes verirrtes Mädchen freuen würden. 

Ich schaue an meinem Körper herunter. Voller Wunden, blauen Flecken, Blutergüssen. Und ich will gar nicht wissen, wie mein Gesicht aussieht. Ich möchte weinen, aber irgendwie kann ich nicht einmal das. Jetzt wieder die Tränen zu vergießen bringt mir sowieso nichts. Es interessiert niemanden. 

***

Ich sitze mindestens einen Tag hier und ich kann nicht mehr einfach nichts tun. Schlafen kommt nicht in Frage, also stehe ich auf und gehe zu dem Mann, der sich keinen Zentimeter gerührt hat.

,,Was wird mit mir passieren, Señor?"
Ich warte kurz, bevor ich weiterrede.
,,Können Sie mir sagen, wie lange ich hier warten soll?"

Er reagiert nicht.
,,Ich weiß nicht wie spät es ist. Ich weiß nicht welcher Tag heute ist
Ich bin mir nichtmal sicher, in welchem Monat wir sind.", rede ich weiter und hoffe, dass er mir Antworten gibt.
Mir kommt in den Kopf, dass er die Tür öffnen und mich schlagen, mich vergewaltigen oder umbringen könnte.. Dieser Gedanke wäre trauriger Weise nicht weit von der Realität entfernt. Aber irgendwie macht er nicht den Anschein danach. Oder mir kommt langsam aber sicher der Wille zu sterben. Ich weiß es noch nicht. Vermutlich habe ich ja eine schlechte Menschenkenntnis.

,,..Wie.. Wie heißen Sie eigentlich?", gehe ich nun näher ans Gitter. Von hier kann ich seine Augen von der Seite sehen.
,,Ich bin A-.. Lucía..", korrigiere ich mich schnell. Niemand weiß, dass Lucía meine Schwester ist. Und niemand soll es erfahren. Alenia existiert nicht.

Ich verstehe nicht, wieso er schweigt.
Langsam gebe ich auf und lege mich aufs Bett.
Dabei denke ich an Mamá und an mein altes Leben. Ich vermisse sie so unglaublich. Bei ihr konnte ich, ich sein. Wir haben immer gelacht. Immer Späße gemacht. Ich hatte keine Sorgen und konnte mich immer auf sie verlassen. Sie hätte mich niemals verraten, so wie es Papa und seine Tochter getan haben. 

,,Ja?", sagt der Mann plötzlich. Er telefoniert mit jemanden.
,,Ja. Verstanden.".

Er dreht sich zu mir um: ,,Ich bringe Ihnen etwas zu essen.", sagt er und geht dann. Ich setze mich auf und nicke.

Es vergehen wahrscheinlich nicht mal 5 Minuten, bis ich mehrere Schritte höre. Männer, die miteinander reden. Sie kommen immer näher.

Sie gehen einzeln an mir vorbei.
Nur der letzte, schaut zufällig in meine Zelle und bleibt direkt stehen.
,,Oh, was haben wir denn da?", gafft er mich überrascht an und lockt somit auch die anderen Männer zurück.

,,Wie kommt's dass du hier alleine bist, Süße?"

,,Was ist, wieso so schüchtern?"

,,Komm, steh auf und dreh dich mal.", lachen die lüstern und lehnen sich an das Gitter, rütteln dann langsam daran.

,,Ich hab schon lange keine Frau mehr hier gesehen, das ist ja wie Weihnachten..", sagt der letzte, bis alle plötzlich zur Seite schauen. Es ist wohl jemand gekommen.
,,Ricardo, was suchst du hier?", fragt einer der Männer.

,,Was sucht ihr hier, ihr Kanalratten?", höre ich die tiefe Stimme von diesem Riesen, der mich in die Zelle gebracht hat.

,,Mach dich locker, man.", sagt ein anderer. Sie gehen kleine Schritte zurück. Haben die angst vor ihm? Irgendwie verständlich.

,,Los, verschwindet. Ihr müffelt nach Scheiße.", spricht Ricardo.

,,Reg dich ab man, wir gehen ja schon.", sagen sie letzteres und nuscheln vor sich hin, während sie weg gehen.
,,Wir sehen uns, Süße", höre ich noch einen von ihnen leise sagen.

Ricardo kommt nah an das Gitter und schiebt mir ein Tablett mit Wasser, Brot und eine Packung Kekse hindurch. Ich nehme es entgegen und setze mich wieder zurück auf das Bett.

,,Kekse...". Wer gibt einer Gefangenen bitte Kekse?

,,Wie spät ist es, Ricardo?", frage ich wenig später, während ich das trockene Brot verschlinge. Solange er mir nicht den Mund verbietet, versuche ich mein Glück weiter.

,,18:42h." 

Endlich.

,,Danke. Kannst du mir auch sagen welcher Tag heute ist? Und welcher Monat?"
Er stellt sich wieder auf seine Position. Schweigend.

,,Natürlich nicht.", sage ich seufzend. Ein versuch war es wert.

Nachdem ich gegessen habe, stelle ich das Tablett weg und lege mich wieder auf das Bett.

,, ...Wie alt sind Sie, Ricard-", unterbreche ich meinen Satz, als ich Schritte höre, die anscheinend wieder auf uns zukommen.

Ricardo blickt zur Seite und öffnet ohne zu zögern die Tür zu meiner Zelle. Dabei beugt er sich leicht.

Im maßgeschneiderten Anzug, mit Händen in der Hosentasche, betritt der Boss elegant die Zelle und stellt sich vor mich hin. Mein Herzschlag verschnellert sich. Seine Präsenz bewirkt bei mir, dass ich nervös werde, schwitze und angst bekomme, trotzdem aber komischer Weise beeindruckt bin. Er hat ein markantes Gesicht, jede Frau würde dieser Miene und diesen stechend grauen Augen unterlegen sein.
Und sein Blick schreit nur nach purer Dominanz.

,,Dein Vater kann seine Schulden nicht begleichen, princesa.", hallt seine raue Stimme durch den Raum.

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Kapitel 10 Incoming ♡♡

Bis zum nächsten Kapitel! :) ♡

-poeticgirl01

AleniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt