Kapitel 88

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Nach dem gekauften Kleid brauchte ich natürlich auch noch Schuhe, was sich als deutlich einfacher herausstellte. Zur Vorsicht bewahrte Celine das Kleid bei sich im Kleiderschrank auf, damit Erik es nicht aus Versehen in die Finger bekam. Denn es war - wie sie immer wieder betonte - für den Mann streng verboten, es vor der Hochzeit zu sehen. Normalerweise hielt ich nicht sehr viel von solchen Traditionen und Aberglauben. Doch diesmal belaberte sie mich so lange, bis auch ich total besessen war. Böse beste Freundin!
Und dann war da noch die Sache mit dem Umzug. Folter mit fünf Buchstaben.
Nachdem Erik nach zwei Wochen eine neue, größere Wohnung für uns beide gefunden hatte, musste ich langsam mal mit dem Packen anfangen. Ich hasste es wie die Pest! Aufräumen, alles einpacken, ins Auto einladen, am anderen Ort wieder ausladen, auspacken und alles wieder einräumen. Puuh ... Schon beim Gedanken daran könnte ich meinen Kopf gegen die Wand hauen.
Und ja, heute war es so weit. Ich konnte mich vor Freude kaum noch halten (welch Ironie, haha). Aber hey, immerhin kam ich so mal dazu alles auszusortieren und es hatte sich in der kurzen Zeit echt schon eine gewaltige Menge Mist angesammelt.
"Mia, bist du so weit?" Eriks Kopf tauchte in meinem Zimmer auf.
"Hm, was?" Ich klappte den Deckel von dem Karton zu, in den ich gerade Kleinkram geschmissen hatte, von dem ich mich jetzt noch nicht trennen konnte.
"Ach so, fast", antwortete ich und grinste. Erik zog eine Augenbraue hoch und stemmte die Hände in die Hüften.
"Fast? Die Hälfte deines Zimmers steht noch da, wo sie schon immer stand! Dir ist schon klar, dass das alles in Kartons muss?"
Ja, Papa, das weiß ich. Immer diese tollen Antworten, also echt. Statt solche hilfreichen Ratschläge zu geben, könnte er mir lieber mal helfen, denn leider flogen die Sachen nicht von alleine zur richtigen Stelle.
"Alles was in einer Stunde nicht verpackt ist", erwiderte er, " bleibt hier, alles klar?"
"Na dann mal ab in den Karton, mein Schatz, sonst musst du leider hier bleiben", sagte ich und lachte. Er schüttelte grinsend den Kopf, nahm einen Karton an den Griffen hoch und trug ihn hinaus. So viel zum Thema Helfen ... Kurz darauf hörte ich die Haustür wieder klappern. "Erik? Kannst du mir vielleicht helfen? Das wär echt - oh." Im Türrahmen stand nicht Erik, sondern Lina.
"Ich bin zwar nicht dein allerliebster Verlobter, aber ich kann dir bestimmt auch helfen." Ich seufzte. "Lina, du bist meine Rettung! Von meinen allerliebsten Verlobten kann ich nämlich keine Hilfe erwarten", erklärte ich verzweifelt. Sie lachte und machte sich sofort daran, meine Bücher - von denen ich viel zu viele hatte - aus meinem Regal zu nehmen und feinsäuberlich zu verstauen. Auf Freundinnen konnte man sich eben verlassen.
"Jetzt gehst du auch noch und lässt mich hier allein", maulte sie und zog einen Schmollmund. "Ohne dich wird das ziemlich langweilig hier." Ich ging zu ihr und nahm sie in den Arm. Fehlte nur noch, dass wir zwei hier losheulten.
"Ach Süße, siehs doch mal positiv: Jetzt brauchst du dir nur noch mit Max das Bad teilen und der braucht echt weniger Zeit als ich! Vielleicht findest du ja wieder jemand richtig Netten, der noch hier einziehen möchte." Sie nickte und wischte sich verstohlen über die Augen.
"Ja", schniefte sie, "und außerdem ziehst du ja auch nicht nach Australien, sondern nur zehn Minuten von hier weg." Wir lachten und nahmen uns nochmal in den Arm. Alles veränderte sich, aber Veränderungen sind ja nicht immer schlecht.

***
Schon nach den ersten zehn Minuten in der neuen Wohnung hatte ich die ersten Stoß-Ecken eingeweiht und war am Tischbein hängen geblieben. Ich war nur froh, dass es vor der Haustür keine Treppe gab, wo ich auch noch die Kartons hätte hochschleppen müssen.
"Ist das dein Ernst? Wir haben kein Bücherregal?", fragte ich Erik aufgebracht und kniff die Augen zusammen. Dieser zuckte nur die Schultern. Das durfte doch echt nicht wahr sein.
"Ich brauche aber eins und zwar jetzt!", stellte ich klar. Ich konnte mir gerade noch verkneifen mit dem Fuß aufzustampfen. Hatte er eine Ahnung, wie lange ich gebraucht hatte, damit meine Büchersammlung so umfangreich war, wie sie war? Und jetzt musste ich sie in die Ecke stellen, in der sie rumlagen und vollstaubten.
"Prinzessin", sagte er ruhig und zog mich zu sich auf den Schoß. "Heute ist Sonntag, aber ich verspreche dir, dass wir morgen zusammen losfahren und Möbel kaufen, okay?" Er gab mir einen Kuss und spielte mit meiner Hand. Ich überlegte kurz, nickte dann aber. "Okay." Er streichelte mir über die Wange und lächelte.
"Du, Celine hat mich gefragt, ob wir mit ihr und Jonas heute Abend in so eine Bar wollen. Ich verspreche dir auch, ganz wenig zu trinken und nicht peinlich zu sein." Erik kicherte.
"Ja, find ich gut. Aber eigentlich find ich dich echt süß, wenn du was getrunken hast." Süß? Was hatte er denn für eine Definition von süß?
Ich gab ihm einen Schubs, doch er lachte nur. Danach fing ich damit an, mein eigenes Zimmer einzurichten und aufzuschreiben, welche Möbel wir morgen unbedingt noch kaufen mussten.
Später machte ich mich fertig für den Abend, den wir wie geplant mit Celine und Jonas verbringen würden. Ich quetschte mich in eine dunkle Jeans, - die anscheinend in der Waschmaschine ein wenig eingelaufen war - , schlüpfte in ein weißes Top und darüber zog ich eine schwarze Strickjacke, die ich bei einer meiner letzten Shoppingtouren ergattert hatte. Ein wenig Wimperntusche und knallroten Lippenstift (die Hälfte schmierte ich mir erst einmal versehentlich auf die Vorderzähne). Da ich sonst nur helle Lippenstifte oder Lipgloss trug, war das ein ziemlich ungewohnt, aber wenigstens mal was neues. An den Füßen trug ich schwarze Pumps, die ziemlich hoch waren, aber zu meinem sonst schlichten Outfit einen hübschen Kontrast bildeten.
"Wow", hauchte Erik, als er mich zu Gesicht bekam und vergaß, den Mund wieder zu schließen. Ich grinste über seinen leicht dämlichen Gesichtsausdruck und nahm es als Kompliment.
"Ich werde dich den ganzen Abend nicht aus den Augen lassen, sonst kommen noch irgendwelche Kerle auf die Idee, dich mir wegzuschnappen", sagte er ernst.
"Tja, diese Kerle kommen leider zu spät, ich bin nämlich vergeben." Ich lachte, schlang meine Arme um ihn und legte mein Gesicht an seinen Hals. (Das ging mit den Schuhen sogar noch viel besser als sonst!) Da war er immer total weich und roch so gut nach seinem Aftershave. Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und lächelte mich mit gewissem Besitzerstolz an.
"Hab ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich dich liebe?"
"Nein. Schon seit etwa zwanzig Minuten nicht mehr", erwiderte ich.
"Na dann, habe ich es soeben nachgeholt." Er nahm meine Hand und führte mich hinaus zum Auto.

***
Wir trafen die Beiden in der Bar, wo sie uns schon zwei Plätze an der Theke freigehalten hatte.
"Na, ihr Zwei", begrüßte uns Celine lächelnd. Ich setzte mich neben sie und umarmte sie kurz. Jonas schenkte ich ein Lächeln und nickte ihm zu. Die Jungs vertieften sich sofort in ein Gespräch über Fußball, so hatte ich wenigstens ein bisschen Zeit, mit meiner besten Freundin zu quatschen.
"Und, wie ist die neue gemeinsame Wohnung, Miss fast Durm?"
"Sehr schön", grinste ich. "Allerdings muss ich morgen ins Möbelhaus, weil Erik kein einziges Buch hat und somit auch kein Bücherregal." Ich seufzte. Sie hob ungläubig die Augenbrauen. "Das ist bei deinen Massen ja ziemlich ungünstig", ergänzte sie. Ich nickte und drückte mit dem Strohhalm die Eiswürfel in meinem Cocktail nach unten.
"Habt ihr eigentlich mittlerweile einen festen Termin für die Hochzeit?"
Ich nickte. "Ja. Am siebzehnten Juni nächstes Jahr." Ein vorfreudiges Grinsen konnte ich mir nur schwer verkneifen.
Celine entschuldigte sich kurz, um auf die Toilette zu gehen und solange stützte ich meinen Ellenbogen auf den Tisch, hörte den Jungs bei ihrer Diskussion zu und gab dann und wann mal meinen Senf dazu. Allerdings reagierten sie nur wenig darauf. Eben Männer unter sich ...
Plötzlich nahm ich eine Bewegung im Augenwinkel war und als ich den Kopf drehte, sah ich einen jungen Mann, der sich neben mich gesetzt hatte. Er rutschte auffällig nah an mich heran und lächelte in meine Richtung. Oh Gott, dachte ich und lächelte leicht gezwungen zurück. Ich fühlte mich irgendwie leicht unwohl, wenn jemand nur so guckte und lächelte und nichts sagte. Das allerdings holte er schnell nach, indem er "Hey", sagte und noch ein wenig breiter lächelte. "Ich bin Nick", fügte er hinzu. Seine blauen Augen strahlten mich förmlich an. Ich musste zugeben, dass er nicht schlecht aussah. Ziemlich nett sogar. "Eh ... Okay", antwortete ich ein bisschen verwirrt. Ich war eh nicht gewohnt, so von der Seite angequatscht zu werden. Oh. Ach ja. Es war unhöflich, nicht zu antworten, oder? "Ich bin Mia", sagte ich. Ich spürte Eriks Blick in meinem Nacken und musste bei dem Gedanken an das, was er vorhin wegen der fremden Kerle gesagt hatte, Grinsen. Ich betreib ein wenig Smalltalk mit Nick, da ich ja eh gerade mehr oder weniger allein war. Jedoch war dies ein bisschen anstrengend, da er in seine Sätze immer wieder Komplimente verpackte und ich irgendwann nicht mehr wusste, wo ich hinsehen sollte. Wahrscheinlich hatten meine Wangen mittlerweile dieselbe Farbe angenommen wie mein Lippenstift. Irgendwann hörte ich hinter mir ein Knurren und ein "jetzt reichts" und im nächsten Moment beugte Erik sich zu mir rüber und verpasste mir einen Filmreifen Kuss. Das wars dann wohl mit dem Lippenstift. Und mit. Nick auch, wie ich mit einem Seitenblick feststellte. Eriks triumphierenden Grinsen nach zu urteilen, war er sehr froh darüber. Ich war ehrlich gesagt auch erleichtert. Schnell kramte ich ein sauberes Taschentuch aus meiner Handtasche und wischte ihm damit über den Mund. Rot auf den Lippen stand ihn wirklich nicht besonders gut.

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Oh man, es hat schon wieder so lange gedauert ._. Tut mir echt leid :(
Ich würde mich trotzdem über Kommentare von euch freuen ☺️🙆 wie findet ihr das Kapitel? Habt ihr Wünsche oder Vorschläge für die Geschichte? Schreibt es einfach in die Kommentare oder mir privat :)

LG
~Romina 💕

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