Kapitel 92

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"Wie findest du diese Blumen?"
"Mh, echt schön."
"Aber eigentlich würden die Weißen doch besser passen ... Was meinst du?"
"Ja, schon."
Welche findest du denn schöner?"
"Ja, ja."
Ich seufzte. "Vielleicht sollte ich mir die Haare noch vorher grün färben, was meinst du?"
"Ja, klar, find ich gut."
So wurde das nichts. "Celine, du hörst mir überhaupt nicht zu!", beschwerte ich mich und schnappte mir ihr Handy aus ihrer Hand, in das sie seit einer Ewigkeit vertieft war. "Oh, komm schon! Den Blumenschmuck haben wir schon dreimal besprochen und jedes mal habe ich dir gesagt, dass ich die roten schöner finde. Ja, auch obwohl die weißen besser passen würden."
"Okay, dann gibt es rote Tischblumen." Rosa wäre auch sehr schön, aber ich wollte ihre Nerven jetzt nicht weiter strapazieren. Ich nahm einen fetten Stapel Hochzeitsmagazine in die Hand, ließ sie auf den Boden fallen und streckte seufzend die Beine aus. "Ich glaube mein Kopf platzt gleich. Es ist doch nur ein einziger Tag! Die tun alle so, als würden die paar Stunden wichtig für das ganze Leben sein ..."
"Oh, Schatz, du bist so furchtbar unromantisch. Ich dachte, alle Frauen lieben riesige Hochzeiten mit allem drum und dran." Erik hatte sich hinter mich gestellt und legte seine Arme um mich. "Jaaa, schon", antwortete ich gedehnt. "Mir ist wichtig, dass du da bist und unsere Freunde und für einen wunderschönen Tag brauche ich keinen Tischschmuck in dreiundsiebzig verschiedenen Farben und Ausführungen.
"Sorry Leute, aber mir gehts irgendwie nicht gut, kommt ihr ohne mich klar?" Celine sah auf einmal total blass aus. "Was ist los, soll ich dir was machen?", fragte ich besorgt und legte meine Hand auf ihre Stirn. Sie grinste leicht. "Nein danke, ich geh einfach nach Hause, Jonas wartete bestimmt auch schon auf mich. Ich umarme dich lieber nicht." Ich nickte und brachte sie zur Tür. "Gute Besserung."

"Du Erik?" Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und schaute ihn über Kopf an. Er nickte und strich mir über die Wange. "Was ist, wenn ich mich an der Hochzeit total blamiere? Stell dir mal vor ich knicke beim Einlaufen um und knalle mit meinen fünf Tonnen Tüll hin! Oder ich lasse den Ring fallen oder -" er brachte mich zum Schweigen, in dem er meine Lippen mit seinen verschloss. "Das wird nicht passieren. Außerdem bin ich doch bei dir." Tja, das wollte ich doch stark hoffen. Es waren nur noch etwa vier Monate bis zu unserem großen Tag und langsam begann ich mir echt Gedanken darüber zu machen.
"Hast du Hunger?", fragte Erik und richtete sich auf. Ich nickte. Jetzt wo ich so darüber nachdachte, hatte ich heute noch nicht sehr viel gegessen und mein Magen machte sich mit einem lauten Knurren bemerkbar.
Er stand auf und ging in die Küche. Sein Handy klingelte und ich hörte ihn sprechen. Wenig später kam er mit zwei Tellern und Gläsern zurück. "Jonas hat mich eben angerufen", berichtete er. "Ich soll dir ausrichten, dass Celine sich wohl einen Magen-Darm-Infekt eingefangen hat und jetzt nur noch über der Schüssel hängt." Er rümpfte die Nase, was ihn ein bisschen wie ein Kaninchen aussehen ließ. Ich kicherte und schob mir eine Gabel voll Gemüse in den Mund. "Ischt sie sisch sischer, dassch esch nur ein Infekt ischt?", nuschelte ich kauend. Erik grinste auch. "Er sagt, sie sind sich da ganz sicher." Na, dann war ja gut. Nicht, dass ich nicht wollte, dass sie noch einmal schwanger wurde! Ich würde mich total für sie freuen, nur so kurz vor der Hochzeit konnten wir keine weiteren Komplikationen gebrauchen. Außerdem wäre es für sie auch nicht von Vorteil meine Brautjungfer zu sein und dann in die Kirche kotzen zu müssen. Also - Kinder ja, aber nicht jetzt.

Am nächsten Tag ging ich erst einmal einkaufen, während Erik beim Training war. Eigentlich hätte ich Celine gerne mitgenommen, da einkaufen zu zweit viel mehr Spaß machte, aber ihr ging es noch nicht wieder besser, deshalb musste ich wohl oder übel allein durch die überfüllten Gänge drängen. Ich werde nie verstehen, wieso man in die Durchgänge auch noch andere Sachen an den Seiten lagern musste, obwohl es sowieso schon so eng war. Jedesmal blieb ich mit meinem Einkaufswagen an etwas hängen und tat dann ganz schnell, als würde ich da unten etwas suchen, um dann so schnell wie möglich in eine andere Richtung zu flüchten. Hoffentlich sah sich da niemand die Überwachungskamera an, sonst müsste ich bald einen Zuschlag zahlen, so viele Nutella-Gläser wie ich schon runtergeschmissen hatte. Aber wie gesagt, eigentlich war es ja ihre eigene Schuld, nicht meine. Und wo ich schon einmal dabei war - warum,verdammte Scheisse, mussten die Gummibärchentüten immer so hoch liegen? Das war Diskriminierung gegenüber kleiner Menschen! Ständig musste ich am ganzen Regal hochklettern und mit den Fingerspitzen angeln. Wirklich nervig.
Nach dem Einkaufen musste ich ganz schnell alle Sachen ausladen und dann los zur Uni.
Es war so langweilig, dass ich fast den Kopf auf den Tisch fallen ließ und mich fragte, wieso ich eigentlich meine Zeit hier verschwendet hatte. Das, was uns der Professor erzählt hatte, hätte ich auch in fünf Minuten nachlesen können.
Endlich wieder Zuhause, setzte ich mich erstmal aufs Sofa und legte meine Beine hoch. Nur eine ganz, ganz kleines Päuschen ... Es klingelte an der Haustür. So ein Mist! Ich stöhnte und schwang die Beine wieder auf den Boden. Vor der Tür stand eine Nachbarin von uns mit ihren zwei Kindern an der Hand. Sie war sehr nett und sie hatte Erik und mich schon oft zu sich eingeladen.
"Hallo, Mia. Tut mir leid, falls ich störe, aber ich hätte eine Bitte an dich." Sie sah ziemlich verzweifelt aus, auf ihrer Stirn lag eine tiefe Falte.
"Du störst nicht, was gibts denn?", fragte ich und lächelte sie an.
"Ich habe einen ganz wichtigen Termin und weiß nicht, wohin mit den Kleinen. Aber wenn du keine Zeit hast, dann sag es auf jeden Fall! Ich will mich nicht aufdrängen, auf gar keinen -"
"Natürlich springe ich ein!", fiel ich ihr ins Wort. "Mach dir keine Sorgen, hol sie einfach wieder ab, wenn du zurück bist, ich habe nichts vor."
"Wirklich? Oh, super, vielen Dank, du bist wirklich meine letzte Rettung", rief sie und drückte mir die kleinen Patschehändchen von Emma und Finn in die Hand, die mich begeistert angrinsten und auf und ab hüpften.
"Bis später!"
Ich schloss die Tür und ging in die Hocke, um mit den kleinen auf Augenhöhe zu sein. "Na, worauf habt ihr denn Lust? Wollen wir ein paar Spiele spielen?" Sie nickten eifrig und stürzten los ins Wohnzimmer. Sie besuchten uns manchmal und kannten sich deshalb ziemlich gut aus. Ich setzte mich zu ihnen auf den Teppich und half ihnen beim Aufstellen der Figuren für Mensch ärgere dich nicht.
Oh Mann, schon wieder verloren ... Diese kleinen Biester hatten mich echt dreimal hintereinander platt gemacht! Gerade als ich zur Revanche ansetzte, hörte ich Erik, der hereinkam.
"Hey", lächelte er und gab mir einen Kuss. Finn stand auf, stürmte auf ihn zuband sprang kreischend an ihm hoch. Seitdem Erik jedes Wochenende mit ihm im Park Fußball spielte und ihn sogar einmal mit zum Training genommen hatte, liebte Finn ihn abgöttisch. Aber ich glaube, das beruhte auf Gegenseitigkeit. Erik schmiss sich ihn über die Schulter, was Finn zum Glucksen brachte und er sich fast an seinem eigenen Lachen verschluckte. "Na, kleiner Mann", sagte Erik. Finn grinste. "Du, Erik? Können wir in den Park gehen?", fragte er und schaute ihn mit ganz großen Augen an. "Klar machen wir das! Ich gehe nur schnell duschen und mich umziehen." Er setzte ihn ab, zwinkerte mir zu und verschwand im Bad.
Emma war ein Jahr jünger als Finn und war noch sehr schüchtern gegenüber anderer. Allerdings blühte sie ganz schnell auf, wenn man ein bisschen Zeit mit ihr verbrachte.
"Gehen wir auch mit?", fragte ich sie und sie nickte. "Gut, dann komm." Ich nahm ihre Hand und führte sie in den Flur, um ihr beim Anziehen zu helfen. Finn konnte das natürlich schön längst alleine, wie er immer betonte.
Fünfzehn Minuten später saß ich im Park auf einer Bank und beobachtete meinen Freund dabei, wie er mit Emma und Finn Fußball spielte. Wirklich ein zuckersüßer Anblick. Alle drei hatten knallrote Wangen. Plötzlich hörte ich hinter mir eine bekannte Stimme. "Wenn das mal nicht meine beste Freundin ist!", rief Celine und grinste. Sie hatte ihren Arm um Jonas' Taille gelegt und schlenderte mit ihm auf mich zu. "Gehts dir wieder besser?", fragte ich und umarmte sie. Sie nickte. Ja, war nur so ein blöder Infekt oder sowas. Alles wieder gut. Wo ist Erik? Oder bist du allein hier?" Ich lachte und deutete mit dem Kopf nach vorne. "Guck mal da. Er kann einfach nicht genug vom Fußball haben und trainiert schonmal die nächste Generation." Jonas lachte und Celine formte und stummes "Ohw, wie süß". "Tja, dann werd ich ihm mal ein bisschen helfen", grinste Jonas und lief auch schon hin.
"Tja, und schon sind wir die Männer los", seufzte ich gespielt. "Kannst du dir Erik als Vater vorstellen?" Ich sah, wie Celine lächelte. Sie legte den Arm um mich und antwortete: "Ja. Er wäre ein perfekter Vater."

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