Kapitel 87

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Ich schlug die Hände vor den Mund. Das ganze Stadion schien die Luft anzuhalten, so still war es. Alle sahen mich erwartungsvoll an. Mir schossen viel zu viele Gedanken durch den Kopf, ich konnte nicht mehr klar denken. Deshalb tat ich einfach das, was mein Herz mir sagte. Ich stand auf, lief zur Treppe und rannte zum Platz. Vor der Trennwand stand jemand, den ich nicht kannte und streckte mir die Hand hin, um mir hinüber zu helfen. Ich nahm sie dankbar an (wir erinnern uns was passiert ist, als ich es allein probiert habe ...). Erik stand auf, als er mich kommen sah und ein breites Lächeln bereitete sich auf seinem Gesicht aus. Seine Wangen hatten sich rot gefärbt. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich versuchte sie wegzublinzeln, was ich allerdings irgendwann aufgab. Als ich endlich in Eriks Armen stand, liefen sie mir wie ein Wasserfall über die Wangen und tropften auf seine Schulter.
"Ja!", schniefte ich, als ich meine Stimme endlich wiederfand. "Ja, ich will dich heiraten!"
Erik zog die blaue Samtschachtel wieder hinter seinem Rücken hervor und öffnete sie. Ein wunderschöner silberner Ring mit einem kleinen Diamanten leuchtete mir entgegen. Er glitzerte wie tausend Sterne, als sich das Licht in ihm brach. Seine Augen leuchteten wie der Stein, als er den Ring vorsichtig herausnahm und ihn mir an den Finger steckte. Ich lächelte und kämpfte wieder mit den Tränen. Er nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich sanft, aber bestimmt. Die Fans jubelten und klatschten, was das Zeug hielt. Nobby, der Stadionsprecher schrie etwas ins Mikrofon, was jedoch im Lärm der vielen Menschen sofort unterging. In diesem Moment hatte ich das Gefühl vor Glück zu platzen. Doch vorher sah ich noch meine Eltern, die auf uns zuliefen. Meine Mutter grinste von einem bis zum anderen Ohr und breitete die Arme aus. Ich stieß einen erstickten Schrei aus und umarmte sie und anschließend meinen Vater fest.
"Was macht ihr denn hier?", fragte ich ungläubig und wischte mir mit dem Handrücken übers Gesicht.
"Na, was wohl? Deine Verlobung feiern!" Sie grinste und gab mir einen Kuss auf die Wange.
"Dein Wurm hat uns ja extra vorher angerufen", murmelte mir mein Vater ins Ohr und zwinkerte übertrieben. Ich gluckste. "Er hat was?"
Erik hatte die Unterhaltung anscheinend gehört, denn er wurde rot und kratzte sich verlegen an der Stirn.
"Er hat eben noch ordentliche Manieren", erwiderte meine Mutter und warf meinem Vater einen tadelnden Blick über die Schulter zu. "Also ich finde das sehr lieb." Sie legte einen Arm um ihn und wirkte zufrieden. Ich lachte. Ja, meine Familie war wirklich verrückt. Und wahrscheinlich würde sie demnächst noch ein bisschen verrückter werden, aber so wurde es wenigstens nie langweilig.

***
"Oh, scheiße!" Stöhnend stand ich auch und hielt mir den Kopf. Der fühlte sich an, als würde jemand innen mit Hammer und Meißel arbeiten. Ich ging zuerst ins Bad, klatschte mir kaltes Wasser ins Gesicht - wovon ich leider auch nicht viel besser aussah - und dann in die Küche, wo Erik am Herd stand. "Guten Morgen", murmelte ich und legte meine Arme von hinten um ihn. Er drehte sich lächelnd um und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. "Kater?" Er grinste. Ich nickte, stöhnte aber fast im selben Moment auf. Ruckartige Bewegungen taten meinem Kopf nicht sehr gut. Ich setzte mich auf einen Stuhl und legte den Kopf auf die Arme.
"Ist ja meine eigene Schuld, aber die wollten alle mit mir anstoßen und ... Da hätte ich nein sagen sollen. Hab ich aber nicht ..." Erik setzte sich mir gegenüber und stellte ein Glas vor mich.
"Du warst aber echt süß gestern", kicherte er. Ich fuhr ruckartig hoch, was ich sofort bereute. "Fuck." Ich schob mir eine Aspirin zwischen die Zähne und schluckte sie gierig mit dem Wasser hinunter.
"Hab ich was peinliches gemacht?", fragte ich vorsichtig. Ehrlich gesagt hatte ich etwas Angst vor der Antwort. Wenn ich etwas getrunken hatte, tat ich meistens Dinge, die ich später bereute. Deshalb ließ ich das mit dem Alkohol normalerweise bleiben, doch auf einer Verlobungsfeier (noch dazu auf meiner eigenen) hatte ich eine Ausnahme gemacht. Und jetzt hatte ich den Salat. Wer weiß, was ich gestern gemacht hatte. In so einem Zustand wäre auf den Tischen zu Tanzen noch harmlos.
"Okay, ich denke ich will es gar nicht wissen", schob ich hinterher. Das Glitzern in Eriks Augen zeigte, dass er sich amüsierte.
"Du hast nichts schlimmes gemacht, ehrlich. Am Ende hast du vielleicht ein bisschen komisch getanzt, aber ... Das haben gar nicht alle gesehen."
"Was heißt denn nicht alle?", fragte ich gepresst.
"Naja ... Nur die Jungs und ein paar andere, aber ich glaube, die haben da gar nicht drauf geachtet." Er grinste. Ich grinste nicht. Ich wollte im Erdboden versinken. Ich spürte, wie mir vor Scham das Blut in den Kopf schoss. Wie sollte ich den denn je wieder ins Gesicht sehen können?
"Hey, entspann dich. War nur ein Scherz. Du hast zwar ein bisschen geschwankt, als ich dich in die Wohnung gebracht hab und ich liebe dich gemurmelt, aber sonst warst du sehr brav. Ich hoffe übrigens, dass du damit mich meintest." Er zwinkerte mir zu und lachte. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte, ihn über den Tisch hinweg zu boxen, doch er fing meine Hand ab und hielt sie fest.
"Ich liebe dich auch", sagte er, zog mich zu sich und küsste mich. Blöd war nur, dass noch immer mein Glas vor mir stand, welches jetzt natürlich umkippte. Und zwar in meine Richtung.
"Uaahh", machte ich, als das kalte Wasser in den Ausschnitt meines Schlafoberteils lief. Das war wirklich unangenehm.
"So nass finde ich es fast noch schöner." Tatsache, es war weiß. Und jetzt auch noch nass - und durchsichtig.
"Finger weg!", warnte ich und schlug ihm auf die Hand, die sich in die Nähe meines Shirts verirrt hatte. "Von wegen ordentliche Manieren." Er grinste schelmisch.

***
"Hast du heute irgendwas besonderes vor?" Ich nickte. Obwohl die Hochzeit erst nächstes Jahr stattfinden sollte, wollte Celine unbedingt schon jetzt ein Kleid kaufen gehen. Sie meinte, dass wir später noch genug zu tun hätten, da wäre es gut, das Kleid schon zu haben. Mir war es egal, deshalb widersprach ich ihr nicht.
"Ich bin mit Celine verabredet. Zum Brautkleid Suchen. Kann es sein, dass sie das schon alles vorher geplant hat? Sie hat nämlich schon sämtliche Brautmodengeschäfte mit der größten Auswahl rausgesucht." Ich musste lachen.
"Passt zu ihr", sagte er und grinste. "Ich wünsche euch viel Spaß, ich muss jetzt zum Training. Er stand auf und gab mir einen sanften Kuss auf den Mund.
"Bis später!"

Celine hatte wirklich nicht übertrieben. Das Brautmodengeschäft in der Nähe von Dortmund war riesig wie ein ganzes Kaufhaus. Überall hingen Kleider in den verschiedensten Farben und Formen und es roch durchdringend nach süßem Parfüm. Eine kleine Glocke bimmelte, als wir die Tür öffneten und hereintraten, was - wie ich fand - überhaupt nicht zu einem so eleganten, teuren Laden passte. Die Verkäuferin, die gerade auf uns zustürmte, passte perfekt hier rein. Sie trug ihre dunklen Haare zu einem kurzen Bob, hatte ein enges schwarzes Kleid an und knallrote Lippen, die sie gerade zu einem Lächeln verzog.
"Schönen guten Tag", flötete sie und gab uns die Hand. Sie erinnerte mich dabei ein bisschen an einen kleinen aufgeregten Vogel, der aufgeregt durch die Luft flatterte (wobei sie natürlich stand und nicht flog). "Kann ich ihnen helfen?"
Ich war ein bisschen überrumpelt und deshalb stotterte ich nur ein bisschen rum. Zum Glück wär Celine nicht ganz so sprachlos und übernahm das Sprechen für mich, bevor es richtig peinlich wurde.
"Ja, gern! Wir suchen ein Brautkleid für sie." Sie stupste mich aufmunternd an. Ich lächelte und nickte zustimmend.
"Na da finden wir garantiert was passendes! Kommt mal mit, ich such euch da mal etwas raus." Sie klang richtig begeistert und ihr Lächeln wurde noch eine Spur breiter. Celine grinste mich an, zuckte mit den Schultern und lief ihr hinterher.

"Guck mal, ist das nicht traumhaft schön?", fragte Celine schwärmerisch. Ich zog eine Augenbraue hoch.
"Das ist ein Albtraum! Wie soll ich denn damit laufen? Oder durch Türen kommen? Ich seh mich schon wie ein Walross vor der Tür stehen, zwei Leute vorne, zwei hinten, die mich durch den Eingang zwängen." Ich lachte.
Celine schob die Unterlippe vor. "Wenigstens wärest du dann ein Walross mit Stil."
"Auch wahr", sagte ich grinsend und boxte ihr gegen den Arm.
Celine und die Verkäuferin schleppten mir Unmengen an Kleidern in die Kabine. Eins schöner und edler als das andere. Nach ungefähr zwei Stunden stand mir der Schweiß auf der Stirn und mir schwirrte der Kopf vom ganzen Tüll, Glitzer und was weiß ich noch. Es war immer so: Wenn es mir gefiel, gefiel es den anderen nicht und andersherum.
"Bitte, bitte, probier es an! Es ist sooo schön", bettelte Celine und sah mich mit einem Hundeblick an, der Eriks echt Konkurrenz machte. "Es wäre perfekt für dich!" Das hatte sie bei den letzten fünfzig Kleidern auch gesagt ... Ich seufzte.
"Gib schon her."
Es war nicht, dass ich es nicht schön fand. Es war eher die Tatsache, dass ich eben aus Versehen auf das Preisschild geschaut hatte, was sich als riesiger Fehler herausgestellt hatte. Aber sie hatte recht. Es war wunderschön. Bis zur Hüfte lag es eng an und fiel dann abwärts fließend herunter. Es war trägerlos und war oben mit kleinen Glitzersteinchen verziert. Ich probierte es an und es saß perfekt.
"Celine?", rief ich und steckte den Kopf aus dem Vorhang.
"Ja!"
"Komm mal!"
"Ich kann grad nicht, ich such noch für dich!", rief sie zurück.
"Celine Elena Bradley, du wirst jetzt sofort deinen Arsch hierher bewegen!" Ich hörte sofort näherkommende Schritte und grinste. Ich zog langsam den Vorhang beiseite und sah Celine an, die mit offenem Mund vor mir stand. "Wow", sagte sie leise. Sie lächelte entzückt und nickte. "Du siehst aus wie Sissi", strahlte sie und umarmte mich.
"Danke." Ich drückte sie kurz an mich. "Aber wie soll ich das bezahlen? Das kostet ein Vermögen!", fragte ich mit gedämpfter Stimme, damit uns die Verkäuferin nicht hörte. Celine wühlte in ihrer Tasche, nahm ihr Portemonnaie und zog eine Karte hervor. "Damit."
Ich runzelte die Stirn. "Was ist das?"
"Eriks Kreditkarte, du Schaf. Er hat sie mir extra dafür gegeben. Eigentlich sollte ich dir davon gar nichts sagen, aber wie hätte ich denn dann bitte bezahlen sollen? Männerlogik", sie lachte.

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Achjaaa sooo klischeehaft, aber das muss ja auch mal sein😍😂 tut mir echt leid, dass so lange nichts kam :/
Ich hoffe es gefällt euch💕

~Romina

BVB-LovestoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt