Kapitel 59

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Kapitel 59:
Da lagen wir nun - eingewickelt in Decken und litten vor uns hin. Celine hatte nacheinander Hunger auf merkwürdige Dinge (ich sag nur Ei mit Ketchup und Majonäse) und kotzte anschließend, und ich fror, als würde ich ohne Jacke in Alaska mitten in einem Schneesturm stehen. Celine's Verhalten fand ich allerdings mehr als komisch und als sie wieder etwas von Chips mit Schokolade faselte und gleich darauf und Bad rannte, stand ich auf. Obwohl es mir wirklich beschissen ging, musste ich etwas unternehmen. Mit größter Überwindung und zähneklappernd ließ ich die Decke los und rannte in mein Zimmer. Dort zog ich drei Jacken übereinander an und band mir einen dicken Schal von Erik um den Hals.
Der Dame an der Rezeption schenkte ich ein kurzes Lächeln und schlüpfte dann schnell durch die große Tür des Hotels nach draußen. Es war kalt und der Wind war auch nicht gerade angenehm, doch ich riss mich zusammen. Als ich mich umsah, entdeckte ich zum Glück auf der gegenüber liegenden Seite eine Apotheke. Immerhin musste ich so nicht noch stundenlang durch die Gegend irren (wobei ich mich bestimmt verlaufen hätte). Schnell überquerte ich die kleine Straße und öffnete die Tür. Eine leise Glocke ertönte, als ich eintrat und angenehme, warme Luft kam mir entgegen. Sofort trippelte eine dicke, kleine Frau hinter den Tresen und strahlte mich mit schneeweißen Zähnen an. Glücklicherweise studierte ich 'dolmetching' in Englisch und Französisch und konnte mich somit sehr gut verständigen.
Allerdings entglitt ihr das freundliche Lächeln etwas, als sie hörte, was ich alles kaufen wollte, doch sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Zum Glück fragte sie nicht weiter nach ...

"Wo warst du?" Celine wirkte ein bisschen beleidigt, als sie mir die Tür öffnete. Ich hielt die Tüte aus der Apotheke hoch und drängelte mich an ihr vorbei. Sie runzelte die Stirn. "Was ist das?"
Bevor ich antwortete, schälte ich mich erst einmal aus den ganzen Jacken und nahm wieder meinen Platz auf dem Bett ein. "Also, so ein Anti-kotz-Mittel für dich-", ich drückte es ihr in die Hand. "Fiebermittel und ..." Ich redete nicht weiter, was zur Folge hatte, dass meine beste Freundin total neugierig wurde, anfing im Schneidersitz auf dem Bett rumzuhüpfen und ich das Gefühl hatte, seekrank zu werden.
"Und...? Sag doch!", drängelte sie und erzeugte mittlerweile ein halbes Erdbeben. "Wenn. Du. Damit. Aufhörst. Kann. Ich. Dir. -" mein Kopf schwang nach vorn und hinten, weshalb ich nur noch abgehackt reden konnte. Sofort hörte sie auf und schaute mich mit großen Augen an. "Okay, aber bitte raste nicht gleich aus. Versprich mir das!" Im ersten Moment sah sie aus, als erwarte ich von ihr, jemanden unter meinem Auftrag umzubringen, doch dann nickte sie lahm (es sah zwar ein bisschen aus wie ein programmierter Roboter, doch das ließ ich gelten). Noch sah sie aus wie ein kleiner Engel, der keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte, doch das könnte sich binnen ein paar Sekunden ändern. Dann war sie eher wie ein ( nicht mehr so kleiner ) Teufel. Aber solange sie mir nicht an die Gurgel ging, war alles gut (das war zum Glück noch nie vorgekommen).
Ich reichte ihr die Tüte und beobachtete die aufmerksam. Sie bedachte mich mit einem letzten, argwöhnischen Blick und Wand sich dann der Tüte zu. Ganz langsam griff sie hinein und zog drei gleiche, kleine Packungen hervor ( innerlich bereitete ich mich schon auf das Schlimmste vor ).
"Mia? - WAS ZUM TEUFEL IST DAS??!!", kreischte sie und fuchtelte mir mit den Händen vor der Nase rum. (Oh, oh, Teufel-Alarm) "Ehm ... Ein Schwangerschaftstest ...?", piepste ich und sah sie vorsichtig an (genauer gesagt waren es drei).
Mir schien, als wäre sie in den letzten Sekunden um einige Zentimeter gewachsen. "DAS SEH ICH SELBER!!!" (Warum fragte sie dann ...?) sie klang nun ziemlich hysterisch. Trotzdem hatte ich das Gefühl, sie schrie nicht mich, sondern die kleinen Päckchen in ihren Händen. Sie starrte diese so vorwurfsvoll und vernichtend an, als wären sie schuld daran, dass es ihr schlecht ging. Doch plötzlich sah sie weniger wütend, sondern eher ein wenig verzweifelt aus.
Mia? Was, wenn er positiv ist? Ich bin doch erst 19 ... und Jonas würde mich dann bestimmt verlassen." Eine einzelne Träne lief ihr die Wange hinab. Hastig wischte sie sie weg. Ich nahm sie in den Arm und drückte sie fest an mich. "Mach morgen früh erstmal den Test und wenn der wirklich positiv sein sollte, schaffen wir das auch irgendwie. Ich bin immer für dich da und Jonas würde dich nie deswegen verlassen! Wir - scheiße. Von draußen war Geklapper zu hören und kurz darauf ging die Tür auf. So schnell es ging riss ich Celine die Sachen aus der Hand und stopfte sie unter die Decke. "Oh, hallo Schatz! Schon wieder da?", flötete Celine zuckersüß und sah Jonas totaaaal unschuldig an (wie unauffällig). Er nickte. "Ihr seht ja echt furchtbar aus", stellte er fest und sah uns halb belustigt- halb besorgt an. "Na vielen Dank auch, Herr Hofmann", erwiderte ich empört.
Er verschwand im Bad und ich nutzte diese Chance. Schnell zog ich die Sachen unter der Decke hervor, verbarg sie hinter meinem Rücken und gab Celine wild gestikulierend zu verstehen, dass ich es lieber mitnahm (jedenfalls versuchte ich es). Denn leider schien sie meine sehr kreative Zeichensprache nicht zu verstehen. Hektisch wedelte ich ihr mit der Plastiktüte vor dem Gesicht rum und zeigte auf die Tür.
"Ehh ... Mia? Bist du geisteskrank? Was machst du?"
Mist.
Ich zuckte zusammen, ließ meine Hände schnellstmöglich wieder hinter dem Rücken verschwinden und grinste. "Öhm, nichts, wieso ...? Ich - Ehm ja, ich geh jetzt mal lieber wieder rüber zu - Ehm ... Erik. Ja, genau! Hehe ..."
Jonas tippte sich an die Stirn (und tat, als würde er sich kratzen).
Scherzkeks.
Da er sich leider nicht mehr vom Fleck bewegte, sondern mich ziemlich misstrauisch beäugte, musste ich wohl oder übel rückwärts zur Tür laufen. Das konnte ja nicht gutgehen ...
Aua. Blöde Wand.
Ich warf Celine einen vielsagenden Blick zu, bevor ich (ein wenig seitwärts) zur Tür stolperte und sie erleichtert hinter mir zu knallte.

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