Kapitel 74

3.3K 127 7
                                    

Eriks Sicht

„Ich liebe dich, Mia."

Für einen Moment war ich wie gelähmt. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Ich hielt den Atem an und stützte mich mit den Händen an der Wand ab. Von drinnen hörte ich nichts mehr, alles still. Tränen, die ich nicht zurückhalten konnte, liefen mir über die Wange. Ärgerlich wischte ich sie weg. Heulen half mir jetzt auch nicht weiter.

Ich musste hier raus, weg von hier. Ich lief zurück ins Zimmer, hob T-Shirt und Tasche vom Boden auf, von der Stelle, an der Mia und ich noch vor ein paar Minuten gelegen hatten. Vor den Minuten, in denen noch alles perfekt gewesen war. Weitere Tränen drängten sich ungewollt in meine Augen und ließen die Umwelt verschwimmen. Ein wimmernder Laut drang aus meiner Kehle. Das durfte doch alles nicht wahr sein ... Ich schlug die Haustür geräuschvoll ins Schloss und rannte die Stufen  so schnell es ging hinunter. "Scheiße!", schrie ich und trat mit voller Wucht gegen die Hauswand. Der stechende Schmerz in meinem Bein folgte mit kurzer Verzögerung, doch das störte mich nicht im geringsten, er lenkte mich eher ab. Bevor ich einstieg, sah ich ein letztes mal am Haus hoch und entdeckte Mia am geschlossen Fenster stehen. Ich konnte ihr Gesicht nicht genau erkennen, dafür war es schon zu dunkel, doch ich sah, dass sie eine Hand gegen die Scheibe gepresst hatte. Ich glaubte zu sehen, wie sie ihre Lippen bewegte, die Lippen, die eben noch auf meinen gelegen hatten. Doch ich konnte mich auch täuschen. Ich blickte in ihre Augen - und stieg ein.

Wie von selbst steuerte ich Jonas' Haus an, steig aus und klingelte ungeduldig beim siebten Klingel machte Celine endlich - mit einem Kartoffelschäler in der Hand - auf. Sie zog eine Augenbraue hoch und lächelte schief, als sie mich sah.

"Hallo Erik! Wolltet ihr nicht erst morgen Abend kommen? Und wo hast du Mia gelassen?", fragte sie und sah sich um. Bei der Erwähnung von Mias Namen zog sich das Herz in meiner Brust zusammen und dummerweise liefen mir schon wieder die Tränen über die Wange. (Irgendwie war ich viel zu sentimental an diesem Tag ...) Meine Kehle war wie zugeschnürt.

"Gott, was ist denn passiert?!" Sie zog mich am Arm durch die Tür und umarmte mich fest.

"Ist Jonas da?", krächzte ich. Celine schüttelte den Kopf.

"Nein, der ist noch bei Marco ... Aber du kannst mir auch gerne dein Herz ausschütten. Vielleicht kann ich dir helfen." Sie machte ein so besorgtes Gesicht, dass ich gar nicht anders konnte, als mit ihr zu reden. Ich ließ mich auf einen Barhocker fallen und berichtete, was ich vorhin gehört hatte. Sie stöhnte und reichte mir ein Taschentuch. "Max und Mia kennen sich schon ziemlich lange", sagte sie. "Wir waren mit ihm in einer Klasse."

"Sie hatten was miteinander, stimmts?" Eigentlich wusste ich die Antwort schon vorher, doch es tat schon etwas weh, als sie nickte.

"Was war zwischen ihnen?", fragte ich.

"Sie waren immer die M&Ms. Ähnlich wie Mario und Marco, nur noch schlimmer", antwortete sie abwesend. Super. Ein Grund mehr ihn zu hassen. Ich drehte mich schweigend auf dem Hocker hin und her. "Ich wusste, dass das Ärger geben wird", flüsterte Celine, doch ich hatte sie trotzdem gehört.

"Dass was Ärger geben würde?" Wusste Celine vielleicht doch mehr, als sie bis jetzt zugab? "Jetzt sag schon!", drängelte ich und nahm ihr den Schäler aus der Hand, bevor sie sich noch damit einen Finger absäbelte, so energievoll, wie sie die Kartoffeln damit bearbeitete. Sie rieb sich über die Stirn und schien meinem Blick auszuweichen.

"Also ...", nuschelte sie. "Max wohnt schon seit fünf Wochen bei Mia und Lina ..." Was?! Seit fünf Wochen? Und ich riesen Esel hatte davon gar nichts gemerkt? Wow. Wahrscheinlich wussten es schon alle, nur ich durfte nichts davon wissen. Alle konnten es mir verschweigen.

"Mia hatte Angst, dass du falsche Schlüsse ziehst und dann sauer bist ... Genau so wie jetzt. Ich hab ihr gleich gesagt, dass das total schwachsinnig ist! Aber sie hat nunmal ihren eigenen Kopf." Oh, ja, das hatte sie wirklich. "Aber ... Webb zwischen ihr und diesem Typen läuft - warum hat sie dann nur geschwiegen, als er ihr gesagt hat, er würde sie lieben? Warum hätte sie nicht einfach sagen können, dass sie nichts für ihn empfindet, weil ... Weil ... Sie mich doch eigentlich ..." Liebt. Meine Augen brannten, doch ich wollte nicht weinen.

"Ich weiß es nicht." Celine sah aus, als würde sie auch jeden Moment in Tränen ausbrechen. "Ich weiß es wirklich nicht.", sagte sie und schüttelte im zwei-Sekunden- Takt den Kopf und murmelt irgendetwas vor sich hin.

"Ich hab sie gefragt, ob sie noch Gefühle für ihn hat und da meinte sie, Max sei ein Arsch. Sie würde dich über alles lieben und ..." Sie stockte und räusperte sich. Das dachte ich eigentlich auch. Aber das zeigte nicht ihr langes Schweigen nach seinem Geständnis. "Warum hat sie gesagt, er sei ein Arsch? Was hat er mit ihr gemacht?! Warum haben sie sich getrennt?" Sie zögerte und biss sich auf die Unterlippe. "Vielleicht sollte Mia dir das lieber selber erzählen. Ich glaube nicht, dass das so gut wäre ... Sie fände das auch bestimmt gar nicht -" "ICH SCHEIß AUF DAS, WAS SIE GUT ODER NICHT GUT FÄNDE!", schrie ich lauter als geplant. "ICH. WILL. ENDLICH. DIE. VERDAMMTE. WAHRHEIT. HÖREN!" Okay, das schien Celine zu überzeugen. Sie zog überrascht den Kopf ein und nuschelte: "Ist ja gut, du musst mich ja nicht gleich so anschreien." Sie setzte sich neben mich und legte ihre verschränkten Hände auf die Tischplatte. "Als sie zusammen waren, waren sie unzertrennlich, die M&Ms halt. Das hab ich dir ja schon erzählt. Nach ungefähr einem Jahr hat Max dann aber plötzlich - ohne jeglichen Grund - Schluss gemacht. Es war furchtbar für Mia, sie hat echt darunter gelitten", erzählte sie. "Vielleicht hat sie das vorhin einfach alles an diese Zeit erinnert und sie brauchte erstmal einen Moment, um das verarbeiten zu können, was man ja auch irgendwie verstehen könnte." Tickten Mädchen so? Ich verstand es nämlich  nicht. Ich knallte meinen Kopf auf den Tresen. Würde Mia mich wirklich lieben, hätte sie versuchen können, mich anzurufen, oder wäre mir hinterher gefahren, oder? Tja, hatte sie aber eben nicht. Nichts hatte sie unternommen, um mich aufzuhalten. Nichts hatte sie unternommen, um mir mal anstandsweise etwas zu erklären! Jetzt war es für mich einfach zu spät. Das musste ich erstmal schlucken, auch wenn ich mir noch nicht vorstellen konnte, ohne Mia auch nur zwei Tage zu verbringen. Schon beim Gedanken daran, was sie und er vielleicht gerade tun könnten, drehte sich mir der Magen um.

Plötzlich klingelte etwas. Ich hob den Kopf und suchte mit den Augen die Küche ab. "Mein Handy!" Celine sprang auf, fischte ihr Handy aus einer Tasche, die in einer Ecke lag und drückte eilig auf annehmen. "Mia!", rief sie ins Telefon und wäre mit einen Blick zu, den ich nicht wirklich deuten konnte ...

________

Heute mal ein bisschen was anderes :p hoffe, dass ich es einigermaßen hinbekommen habe und es euch gefällt 😊💕

~Romina

BVB-LovestoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt