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MAGNUS
Gerade, als ich schon die Hälfte des Weges in die obere Etage hinter mich gebracht hatte hielt ich Inne. Ein brennender, schon fast unerträglicher Schmerz bohrte sich durch meine Seite und sofort entkam mir ein schmerzerfülltes Ächzen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich wieder einen vernünftigen Gedanken fassen konnte und sofort wurde mir klar, dass es sich nicht um meinen eigenen Schmerz gehandelt haben konnte. Das beklemmende Gefühl von Panik durchflutete mich und sämtliche Alarmglocken in meinem Kopf schlugen an, es war eindeutig der Schmerz meines Mates!

Wie ferngesteuert und noch immer vollkommen unter Strom stehend taumelte ich weiter nach oben und rannte sogar das letzte Stück hin zum Zimmer meiner Kinder, ehe ich dort mit einem Ruck die Türe auf riss. Was ich dann sah riss mich beinahe von den Beinen, hätte ich mich nicht an der Türe festhalten können, dann wäre ich vermutlich vor Schmerz zusammengebrochen. Der metallische Geruch von Blut erfüllte das gesamte Zimmer und es war auch nicht zu übersehen wo dieser Geruch her kam...er kam von Alec, meinem Alec. Dort auf dem Boden, dem weißen Teppichboden lag mein Mate, die Liebe meines Lebens in einer großen Lache seines eigenen Blutes!

Es fühlte sich so an, als würden Stunden vergehen, in denen ich in die leeren Augen meines Mates sah und endgültig auf die Knie sank. Die einst so mit Liebe gefüllten Augen des Mannes, in den ich mich seit der ersten Begegnung verliebt hatte, sahen mich jetzt nur noch leer an. Nichts war mehr darin zu erkenne, nicht mehr all die Liebe, die er für mich oder unsere Kinder empfand...nicht mehr dieses unglaubliche Strahlen. Nichts! Von all dem war nichts mehr geblieben, außer leere und starre. Das Blau hatte sein leuchten verloren, sämtliche Lebensenergie hatte dieses unglaubliche Wesen vor mir verlassen und nichts außer der körperlichen Hülle war mehr übrig geblieben, der Geist, der sie so zum Leuchten gebracht hatte war für immer verschwunden und nichts auf der ganzen Welt würde ihn je wieder zurück bringen können. Nichts!

Dumpf hörte ich meine eigenen Schluchzer, die nur leise an meine Ohren drangen. Das machte sie allerdings nicht weniger herzzerreißend! Ich hatte gerade alles verloren, alles war meinem Leben einen Sinn gab und mich am Leben hielt. Alec hatte mich gesehen, wie ich war. Er hatte mich verstanden! Und jetzt war niemand mehr da, der mich durch seine Augen sehen konnte. Weinend krabbelte ich über den Boden auf meinen Mate zu, dabei war mir das ganze Blut vollkommen gleichgültig. Durch den Tränenschleier hindurch sah ich auf das fahle Gesicht meines Mates hinunter und strich ihm mit vor Trauer zitternden Händen durch die Haare.

"Alec? Alec...b-bitte wach auf. Bitte wach doch auf" hörte ich mich weinen und beugte mich etwas weiter zu meinem Mate hinunter, während meine Tränen auf sein lebloses Gesicht tropften und ihre Bahnen über seine Wangen zogen. "Du musst einfach aufwachen..." hauchte ich noch verzweifelt und nahm sein Gesicht vorsichtig in meine Handflächen, so, wie ich es schon früher immer getan hatte. Egal wie sehr ich ihn auch anflehte und darauf hoffte, dass mein Mate antworten würde, seine unglaubliche Stimme noch einmal an meine Ohren dringen würde...er wachte nicht auf, er wachte einfach nicht auf.

Keinerlei Regungen in seinem Gesicht waren mehr zu erkennen und seine Haut wurde langsam immer kälter und bleicher. "Nicht sterben, bitte! Du darfst noch nicht sterben, wir brauchen dich doch noch! Wer bringt den Zwillingen denn sonst ihre ersten Worte bei oder wer bringt Jack zum Lachen wenn er gar nicht mehr aufhören kann zu weinen..." hauchte ich der Liebe meines Lebens entgegen und ließ mich langsam auf die Brust meines Mates sinken, auch hier war nicht einmal mehr der für mich immer so beruhigende Herzschlag zu hören, dem ich in der Nacht immer heimlich gelauscht hatte, wenn Alec neben mir ruhig geschlafen hatte.

Weinend ließ ich meinen Kopf weiter dort auf seiner Brust ruhen, denn er war mein Mate. Mein Fels in der Brandung, meine Insel der Ruhe, wenn es für mich keinen Halt mehr gab. Mein Stern, der so stark am Himmel geleuchtet hatte, dass er die gesamte Nacht erhellt hatte! Ohne Alec konnte und wollte er nicht Leben, er war der einzige, der meinem Leben den Sinn gegeben hatte...der mir gezeigt hatte dass die Welt aus viel mehr bestand, als aus Licht und Dunkel...

"Bitte komm zu mir zurück! Bitte komm zurück, du darfst noch nicht gehen...noch nicht!" bettelte ich weinend, doch was sollte schon passieren? Mein Mate war fort....und das für immer, nichts auf der Welt konnte ihn mir zurück bringen!

Plötzlich drang das weinen eines Babys an meine Ohren und langsam hob ich meinen Oberkörper von dem meines Mates, an seiner Seite knieend sah ich hoch und direkt in das ebenso traurig aussehende Gesicht einer relativ jungen Frau, sie hatte langes, rotes Haar, welches sie mit kleinen leuchtenden Sternchen zum Teil hochgesteckt hatte. Das weiße, beinahe schon leuchtende Gewand, dass sie trug schillerte und glitzerte beinahe unbeschreiblich schön...ich hatte so etwas noch nie in meinem gesamten Leben gesehen!

"Das ist noch nicht richtig...ein Leben, dass noch nicht gelebt wurde, darf noch nicht enden. Nicht so..." hörte ich ihre ruhige und sehr harmonisch klingende Stimme, während ich dabei zu sah, wie sie Marik mit ihrer ruhigen Hand über den Kopf strich. Sie hielt meinen Sohn auf dem Arm! "Ich darf in das Geschehene nicht eingreifen, das steht mir nicht zu...aber er kann es." fügte die Frau hinzu und strich ein weiteres Mal über den Kopf meines Sohnes, auf Marik's Stirn leuchtete auf ein Mal ein strahlend heller Stern auf und auch seine Augen fingen an im gleichen weiß zu schimmern.

Gemeinsam mit meinem Sohn hockte sich die Frau mit meinem Sohn auf dem Arm zu Alec und mir auf den Boden, wobei auch ihr Kleid langsam aber sicher mit Blut bedeckt wurde. Wie versteinert sah ich sie an und sah ihr, während ich noch immer die Hand meines Mates hielt dabei zu, wie sie unseren Sohn auf dem Boden absetzte...direkt neben Alec's Seite. Marik schrie herzzerreißend und griff mit seinem zierlichen Händchen nach der seines Vaters, als er sie zu fasse bekam wurden seine Schreie noch lauter und der Stern auf seiner Stirn leuchtete in einem grellen weißen Licht auf, ebenso wie seine Augen.

Immer lauter wurde das Weinen und Schreien meines Sohnes, bis mein noch eben leblos auf dem Boden liegender Mate sich erschrocken keuchend aufschreckte. Ohne weiter zu zögern fiel ich meinem Mate weinend um den Hals. Die Frau von eben war schon lange verschwunden und zurück blieben nur mein vollkommen erschrockener Mate und ich, direkt neben unseren weinenden Kindern, denn auch Marik's Bruder im Babybettchen weinte jetzt bitterlich.

Lone WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt