⟣𝟒⟢

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⟣𝑳𝒊𝒂𝒎'𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕⟢

Quälend langsam öffnete ich meine Augen. Mir war heiß und kalt zugleich und ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Gekonnt schluckte ich das Gefühl hinunter. 
Ich starrte für ein paar Minuten in eine leere Ecke und versuchte mich daran zu erinnern, was passiert war.

Viel zu spät realisierte ich, dass ich im Hauptquartier des Aufklärungstrupps war und zusammengebrochen war, weil mich diese gesamte Situation überforderte.
Obwohl meine Beine sich wie weicher Teig anfühlten, kroch ich aus dem Bett und lief aus dem Krankenzimmer hinaus.

Ich verlor kurz die Orientierung, doch ich schien auf der selben Ebene zu sein, wie das Büro, indem ich flehend auf die Knie gegangen war.
Mit schweren Klötzen an den Beinen schliff ich mich zur Tür und klopfte leicht. Die Kraft um lauter und fester zu klopfen fehlte mir schlichtweg.

"Name und Anliegen?", fragte dieselbe Stimme erneut.
Dieses Mal antwortete ich, wenn auch heiser. "Liam Stilborg. Ich...Ich brauche Ihre Hilfe...", sagte ich, brach aber zum Ende ab. Erneut kamen die Tränen in mir auf.

Doch ich sprach mir Mut zu. Sie haben dich nicht rausgeworfen! Es besteht Hoffnung!

"Herein." Hoffnung! Daran musste ich mich klammern!
Entschlossen, aber dennoch schwach öffnete ich die Tür.
Mich blickten drei Augenpaare an.

Die vom Kommandanten, die vom Kerl, der dachte ich würde einen Klopfstreich abziehen und die der Frau, die mich höchstwahrscheinlich beruhigt hatte. Alle drei schauten ernst drein, was es mich eine große Überwindung kostete den Raum zu betreten und die Tür hinter mir zu schließen.

Kurz sah ich mich nochmal im Büro um, einfach um den Blicken auszuweichen. Das Büro hatte schöne Holzverzierungen. Gemälde hingen an allen vier Wänden und ein Kronleuchter erhellte den Raum mit einem warmen Licht. Zudem standen mehrere Schränke mit Büchern, Akten und vieles mehr im Zimmer und direkt in der Mitte stand der Schreibtisch.

Nun trafen sich doch unsere Blicke. "Setz dich doch bitte, bevor du uns wieder umkippst", sagte der Kommandant und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Ich ließ mich drauf sinken und musste feststellen, dass er tatsächlich bequem war mit der Polsterung.

"Gut, Liam. Ich werde dich jetzt nicht fragen, wie du hier her gekommen bist, aber verrate mir bitte, was du hier zu suchen hast. Du meintest, du bräuchtest Hilfe. Wobei?", fragte der Blondhaarige mich. Zwei weitere Augenpaare beobachteten mich von der Seite.

Ich spürte wie mein Herz wieder schneller zu schlagen begann, ermahnte mich aber selber.
"Ich komme aus Shiganshina. Die Mauer wurde vor fünf Tagen", die Frau unterbrach mich, "sechs Tagen."
Ich verkrampfte mich. Ich hatte einen weiteren Tag wegen meines Zusammenbruchs verstrichen.
"Hanji, bitte belaste den Jungen nicht noch mehr", meldete sich nun auch der etwas kleinere Kerl, der eine Tasse in der Hand hielt, aus der es dampfte.

"Entschuldige."
Stille kehrte ein und ich setzte von neu an. "Die Mauer wurde vor sechs Tagen zerstört und...und ich konnte meine kleine Schwester nicht retten...", hauchte ich. Schuldbewusstsein schlich sich in mein Bewusstsein ein.
Ich sagte absichtlich "kleine Schwester", damit sie wussten, wie wichtig sie mir war.

"Ich...Ich bitte Sie...Bitte finden Sie sie", schluchzte ich und schaute auf meine Hände, die sich in meine Oberschenkel krallten.
"Sie ist höchstwahrscheinlich schon tot", hörte ich eine kühle Stimme sagen, was mich aufzucken ließ.

"Levi!"
Heftig schüttelte ich den Kopf. "Nein...ist sie nicht..."
"Ist sie nicht?", fragte mich der Kommandant, da ich mich wahrscheinlich so anhörte, als wüsste ich es zu 100%, dabei war ich mir selbst nicht mehr sicher. Ich wusste es nicht, ich hoffte bloß.

Dennoch antwortete ich mit einem "Ja."
"Ja, sie ist noch am leben. Ich habe gesehen, wie sie ins Haus gerannt ist. Sie...Sie ist stark! Sie kämpft. Das hat sie schon immer getan!" Mein Herz schmerzte bei dem Gedanken, dass sie bis zu ihrem letzten Atemzug gegen diesen Titan gekämpft hatte.

"Hör zu, Junge. Es ist schwer jemanden zu verlieren, dem einem wichtig ist, das wissen wir alle, aber man muss der Realität ins Auge blicken. Deine kleine Schwester ist tot und wir werden nicht riskieren unsere Soldaten zu verlieren, nur um deine Schwester tot oder zerrissen aufzufinden."

Mein Kopf schnellte zu diesem Levi rüber. Hass schlich sich in meine Augen, ließen meine Adern pochen. "Levi!!"
Er bereute nichts, was er gesagt hat.
"Sie lebt! Ich weiß es!", schrie ich ihn an und schlug auf den Schreibtisch. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert.

Entweder er konnte seine Gefühle gut überspielen oder er war ein Kerl der Herzens kalt war. "Auch wenn sie es sein wollte, ist sie mehrere Soldaten nicht wert", sagte er und das brachte mein Fass zum Überkochen.
"Mir bedeutete sie die Welt! Sie ist die einzige, die ich noch habe! Ihre Eltern sind für Sie und die Menschheit gestorben! Mein Vater ist für Sie und die Menschheit gestorben!! UND SIE SAGEN, SIE SEI ES NICHT WERT?! HABEN DAS IHRE ELTERN DAMALS AUCH GESAGT?! DIE MENSCHHEIT SEI ES IHNEN NICHT WERT FÜR SIE?!", schrie ich.

"SIE HAT ALLES VERLOREN, NUR WEIL IHRE ELTERN DER MENSCHHEIT TREU WAREN!"
Jetzt stand er auf und guckte mich bedrohlich an.
"Levi, Liam, setzt euch", sagte der Kommandant bestimmend. Sofort setzte sich Levi wieder hin, ich jedoch blieb stehen.

"Liam." Ich setzte mich. Warf Levi aber noch einen hasserfüllten Blick zu.
Erwartend guckte ich den Mann hinter dem Schreibtisch an.
"Levi hat Recht. Dort wimmelt es noch so vor Titanen. Wir würden viele unserer Kameraden verlieren. Das Leben deiner Schwester ist tausend Mann wert, aber tausend Mann sind nicht die Menschheit wert. Wir alle haben uns wichtige Personen verloren, wo es uns schwer gefallen ist loszulassen. Manche konnten bis heute nicht richtig loslassen", sein Blick huschte unbemerkt zu Levi, "aber sich daran festzuhalten, dass jemand noch leben könnte, obwohl das sehr unwahrscheinlich ist, tut der Seele und Psyche nicht gut."

Meine Augen brannten. "Ich bitte Sie..."
"Wir können dir nicht helfen", sagte er sanft, doch gerade dieser sanfte Ton in seiner Stimme schmerzte. "Reden Sie nicht so mit mir, als wollten Sie mir verkaufen, dass sie schon tot sei. Sie ist es nicht!"

Seufzend fuhr er sich durchs Haar. Gerade als er wieder etwas sagen wollte, erhob und verbeugte ich mich. "Leihen Sie mir ein Pferd und geben sie mir die nötige Ausrüstung. Mehr brauche ich nicht", sagte ich und verharrte in meiner Position.

"Damit reitest du dich in den Tod, Liam", sagte er ruhig. Doch ich habe mich entschieden.
"Wenigstens diese Hilfe können Sie mir doch anbieten. Oder ist ein Pferd auch mehr Wert als meine Schwester?", fragte ich und ich konnte nicht verhindern, dass ein leichter Ton von Hass und Erniedrigung mitschwang. Ich meinte es so, wie ich es gesagt hatte.

Im Raum war es still. Ich blieb  in meiner Verbeugung, meinen Blick auf den Boden gerichtet, auf den einige Tränen von mir fielen.

Ein Seufzen ertönte. "Levi, du wirst Liam mit deiner Elite-Truppe begleiten", sagte er auf einmal, was mich auf einmal aufgucken ließ.
"Verstanden", sagte Levi und stand auf. Er verschwand aus dem Raum.

Ich stand wie versteift im Raum und wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Außer ein "Danke" brachte ich nichts heraus, ehe ich das Büro verließ und Levi hinterher trottete.

Irgendwie hatte ich es dann doch geschafft sie zu überreden. Halte durch, (v/n)...

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⟣𝑴𝒚 𝑭𝒖𝒕𝒖𝒓𝒆 𝑾𝒊𝒕𝒉 𝑨 𝑺𝒐𝒍𝒅𝒊𝒆𝒓⟢ ˡᵉᵛⁱ ˣ ʳᵉᵃᵈᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt