⟣𝟓𝟗⟢

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⟣𝑳𝒆𝒗𝒊'𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕⟢

„Ich halte es für besser, wenn du das Training erstmal nicht übernimmst", meinte Erwin, der zwischen all seinen Papieren saß.

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Warum denkst du das?"

Der Kommandant seufzte und guckte mich an, so nach dem Motto: Ist die Frage ernst gemeint?
Und ja, sie war ernst gemeint.

Ich hielt seinem Blick stand, weswegen er letztendlich auf meine Frage antwortete.
„Weil du in keiner guten Verfassung bist und dich vielleicht erstmal beruhigen solltest, deine Gedanken sammeln solltest."

In keiner guten Verfassung?
„Ich schaffe es doch wohl noch die Blagen zu trainieren", zischte ich und stand auf. Erwin wollte mir widersprechen, doch ich hob die Hand, um ihm zu signalisieren, dass er nichts weiter sagen soll.

„Ich werde mich nicht beruhigen, wenn ich die ganze Zeit an sie denken muss. Ich kann meine Gedanken nicht sammeln, wenn ich mir sämtliche Bilder ausmale. Ich brauche Ablenkung, Erwin und die bekomme ich indem ich nach wie vor weitermache. Bitte entschuldige mich."

Und mit diesen Worten verließ ich sein Büro und konnte es mir nicht verkneifen die Tür zuzuknallen.

Mit gezielten Schritten verließ ich auch das Hauptquartier, um mich auf den Weg zum Trainingsplatz zu machen, auf dem die Rekruten schon warteten.
Als sie mich erblickten sah ich wie sich einige zu ihrem Nachbarn umdrehten und anfingen zu tuscheln. Es war normal, dass sich schon Gerüchte rumgesprochen hatten. Und daran war ganz alleine ich schuld.

Immerhin hatte ich es quasi hinausgeschrien, als ich mich auf den Weg nach Stohess gemacht hatte. Einige Rekruten hatten mein Gespräch mit Hanji im Stall mitbekommen.

Sobald ich vor ihnen stand räusperte ich mich und bekam das erste Mal keinen blöden Kommentar von einen der Jungs, die immer einen auf dem Kasten hatten.
„Ihr fangt mit 30 Runden um den Trainingsplatz an, danach sucht ihr euch einen Partner und kämpft gegeneinander. Los jetzt."

Ich erinnerte mich an mein allererstes Training, was ich geleitet hatte. Damals war ich kühl und meist sogar emotionslos, um mir den Respekt einzuholen, den ich brauchte, um sie weiter gut trainieren zu können.

Genau wie jetzt. Sie hatten den Respekt gegenüber mir zwar, aber ich wollte nicht zerbrechlich rüberkommen. Um den Einfluss zu behalten, den ich auf sie ausüben wollte, musste ich meine Fassade beherrschen.
Beim Training war kein Platz an (v/n) zu denken, geschweige denn an das, was mit ihr passiert war.

Kurz blieben alle wie angewurzelt stehen. Die meisten kannten mich so gar nicht.
Sie hatten mich als den Hauptgefreiten kennengelernt, der einigermaßen schon über den Tod seiner Familie hinweg war und der sich in diesem Zeitraum verliebt hatte.

Nun lernten sie einen Hauptgefreiten kennen, der mitten dabei war einen Tod zu verarbeiten und Pflicht und Privatleben erneut voneinander trennte.

Hier war keiner anwesend, der den Hauptgefreiten kannte, wie er am Anfang war. Die meisten von ihnen waren bereits tot oder waren dem Aufklärungstrupp ausgestiegen.
Hanji, Erwin, Eld, Petra, Mike und ein paar andere waren die einzigen, die mich so schon einmal erlebt hatten.

Seufzend lehnte ich mich an dem Zaun an und beobachtete die Soldaten, wie sie ihre Runden drehten.
Es gab keinen der es wagte irgendeinen Scheiß abzuziehen, was mir zeigte, dass ich meinen Respekt von damals zurückbekommen hatte. Oder, dass sie Rücksicht auf mich nahmen.

Was es auch von den beiden Dingen sein sollte, es war gut, dass man mich nicht noch dazu animierte auszurasten.
So scheiße schienen die Blagen gar nicht zu sein.

⟣𝑴𝒚 𝑭𝒖𝒕𝒖𝒓𝒆 𝑾𝒊𝒕𝒉 𝑨 𝑺𝒐𝒍𝒅𝒊𝒆𝒓⟢ ˡᵉᵛⁱ ˣ ʳᵉᵃᵈᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt