⟣𝟗⟢

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⟣𝑽/𝒏'𝒔 𝑺𝒊𝒄𝒉𝒕⟢

Während Liam die Krücken für mich holen war, saß ich mit Levi auf der Bank und hielt seine Hand. Es war wie eine Kurzreaktion, als ich seine Hand nahm. Ich hatte damit gerechnet, dass er seine meiner entziehen würde, stattdessen aber strich er sanft mit seinem Daumen über meinen Handrücken.

Er spürte das auch, oder? Diese besondere Bindung zwischen uns.
Obwohl wir uns nicht kannten und gerade das erste mal richtig miteinander gesprochen hatten, war da etwas zwischen uns entstanden.

Als ich nicht anwesend war und man dachte ich sei im Koma, konnte ich alles mithören und fühlen. Ich konnte bloß nicht antworten oder irgendwie zeigen, dass ich verstand. Während Liam tagsüber bei mir war, mit mir sprach und weinte, war Levi in der Nacht bei mir.

Entweder hatte er mit mir geredet, oder war ein bisschen seiner Arbeit nachgegangen.
Er hatte mir erzählt, wie Liam bei ihnen ins Büro kam, auf die Knie gefallen war und sie angefleht hatte, mich zu suchen und zu retten. Levi schien erst strikt dagegen zu sein, doch als Erwin, der Kommandant, ihm befohlen hatte mit seiner Elite-Einheit nach Shiganshina zurückzureiten, konnte er nicht anders als ihm Gefolge zu leisten.

Zudem hatte es etwas in Levi ausgelöst, als Liam ihm an den Kopf geworfen hatte, dass ich das letzte war, was er noch hatte. Ich fand es niedlich wie sich Levi bei mir entschuldigt hatte. Ich hatte so vieles über seine Vergangenheit erfahren und war glücklich all das mitbekommen zu haben. Außerdem konnte ich gerade wegen seiner Vergangenheit gut nachvollziehen, warum er anfangs dagegen war nach mir zu suchen, sich aber dann umentschieden hatte. Er hatte gesagt, dass er es nicht bereute mich gerettet zu haben. Dafür bereute er es aber seine damalige Familie nicht retten gekonnt zu haben.

Es war schrecklich mit anzuhören, wie er mir erzählt hat, wie viele Kameraden er schon verloren hatte. Wie oft er hat in eine blutige Hand einschlagen musste, um sich von jemanden zu verabschieden.
Levi erzählte mir zwar vieles, was in seiner Vergangenheit passiert war, doch verlor er kein Wort darüber, wie er sich dabei gefühlt hatte.

Da er aber oft betonte es bereut zu haben Liam solche Wörter an den Kopf geworfen zu haben, konnte ich mir gut vorstellen, was damals in ihm vorgegangen sein musste.

Dieser Schmerz verband uns. Dass er mich gerettet hatte, obwohl er ein großes Problem mit Bakterien hatte und er sich zuvor geweigert hatte mich zu retten, verband uns. Neben mir saß mein Lebensretter, der seine Ängste überwunden hatte, nur um mir das weitere Leben zu schenken. Er war das Risiko eingegangen selber zu sterben, seine Kameraden wieder einmal sterben zu sehen und wieder einen schrecklichen Schmerz ertragen zu müssen.

Alles, nur um mir eine Zukunft zu gewährleisten. „Ich danke dir, Levi. So so sehr", schluchzte ich. Ich hatte die ganze Zeit über schon geweint, denn Levi kniete schon vor mir und hatte beide Hände in seinen.

„Pschh", machte er und guckte von unten zu mir hoch. Seine blau-grauen Augen stahlen sich in meine und lösten ein wohliges Gefühl in mir aus. „Warum weinst du denn? Du bist doch jetzt hier, du bist jetzt in Sicherheit. Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten", flüsterte er und hob eine Hand, um mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen.
Wie war es möglich sich innerhalb solch kurzer Zeit zu jemanden hingezogen zu fühlen? Ich vertraute Levi. Ich wollte nicht, dass ich jemals wieder nicht in seiner Nähe war.

Die Erzählungen von Liam und was er über Levi gehört hatte, kamen für mich so surreal vor. Dieser Mann vor mir, der mich liebevoll betrachtete, sollte so skrupellos, kaltherzig und fies sein?
„Ich...Ich freue mich. Deswegen weine ich...Ich bin dankbar dafür, dass ich noch mehr von dieser Welt erfahren darf...", antwortete ich schluchzend und wischte mir die Tränen weg.

„Dann lächle und zieh kein trauriges Gesicht", sagte er und schenkte mir ein Lächeln. Sein Lächeln war traurig und fröhlich zugleich. In seinem Lächeln schwang seine Vergangenheit mit, das was er schon alles durchmachen musste, aber auch das Hier und Jetzt. Er war froh das Richtige getan zu haben.

Auch ich versuchte dieses Lächeln. Ich versuchte das Geschehene zu verdrängen und nur das zu sehen, was mich jetzt noch erwartete. Ein Leben, das ich ohne Levi nicht verbringen wollte.
„Daran arbeiten wir noch. Der Schock sitzt noch tief, aber das wird vergehen. Sobald es dir besser geht, schaffen wir neue Erinnerungen in dein Leben, die dich wieder ins Leben holen und dir zeigen, wie schön es doch sein kann", versprach er mir und stand auf, als Liam auf uns zu gerannt kam.

Liam war sich nicht sicher, ob er Levi mochte oder nicht. Er war ihm einfach nur dankbar.
„Verdammt, du hättest mir auch mal sagen können, wo diese scheiß Teile sind!", rief mein bester Freund. Levi schmunzelte bloß. Wahrscheinlich hatte er es extra nicht erwähnt.

„Du hast sie ja trotzdem gefunden", gab dieser nur zurück und fing sich einen bösen Blick ein. „Nein, ich mag ihn definitiv doch nicht", sagte er zu mir und beantwortete damit auch meine Frage.

„Kann ich mit leben." Levi zuckte mit den Schultern und nahm ihm die Krücken ab, um sie mir zu reichen. Dankend nahm ich diese an und stand dann auf. „Ich glaube, ich sollte mich wieder hinlegen...", nuschelte ich. Ich erschauderte, wenn ich daran dachte wieder in dieses kleine Krankenzimmer zu gehen.

„Dann bringe ich dich", sagte Liam und kam neben mich, falls ich doch umkippen sollte. Schließlich konnte ich noch nicht gut mit Krücken umgehen.

Augenblicklich sah ich zu Levi. „Ich komme nachher und schaue nach dir. Ich muss langsam wieder zurück zu den Blagen", sagte er und verabschiedete sich dann schnell, als wir ein Gebrülle von hier aus hörten.
Anscheinend waren zwei einander geraten.

„GERALD UND ARIAN, WENN IHR NICHT AUSEINANDER GEHT BRECHE ICH EUCH EURE NASEN!!", schrie Levi.
Weg war der Levi, der mich gerade eben noch liebevoll beäugt hatte.

Als ich zusammen mit Liam zurück ins Krankenzimmer ging, guckte ich nochmal zum Trainingsplatz, wo zwei Jungen keuchend auf den Boden lagen. „Er hat sie tatsächlich vermöbelt", krächzte Liam und überlegte sich wahrscheinlich fünf Mal, ob er Levi jemals zur Weißglut bringen wollte.

„Der Kerl macht keine halben Sachen", fügte er noch hinzu, ehe wir das Hauptquartier betraten.
Im Krankenzimmer angekommen, durften wir uns einen Jahrhundert langen Beitrag dazu anhören, wie unvernünftig es sei, ohne Bescheid zu geben rauszugehen.

Liam nahm die Schuld auf sich indem er sagte, dass er mir unbedingt so vieles zeigen wollte. Dabei war ich es gewesen, die ihn überredet hatte und unbedingt diesen Raum und dieses Bett verlassen wollte.

Die Krankenschwester seufzte und wendete sich dann freundlich an mich. „Wie geht es dir? Hast du Schmerzen?", fragte sie, während ich mich aufs Bett setzte.
Ich nickte. „Ich fühle mich noch nicht so sicher und wohl auf den Beinen, geschweige denn in meinem Körper, aber Schmerzen habe ich außer das Pochen in meinem Kopf keine", gab ich ihr zu verstehen.

„Gut. Ich nehme dir gleich Blut ab, um deine Werte zu überprüfen. Weißt du denn noch alles, was passiert ist? Wie du heißt, wie alt du bist?" Rhetorische Fragen.

„Ja. Ich habe auch so gut wie alles mitbekommen, während ich geschlafen habe", erklärte ich ihr, was sie überraschte.
Damit sie mir glaubte, sagte ich etwas, was sie einst zu Liam gesagt hatte. Natürlich sagte ich ihr auch, wie ich hieß, damit sie wusste, dass ich nicht verwirrt war.

„Gut. Ich erteile dir erstmal Bettruhe. Wenn du rausgehst, nimm immer jemanden mit." Ich versprach ihr das auch zu tun.
Die blonde Krankenschwester wies mich noch darauf hin, dass ich jetzt wieder festes Essen bekommen würde, jedoch in kleinen angepassten Mengen. Danach verließ sie das Krankenzimmer und für mich gab es jetzt Ruhe, ganz viel Ruhe bis zur vollständigen Genesung...

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⟣𝑴𝒚 𝑭𝒖𝒕𝒖𝒓𝒆 𝑾𝒊𝒕𝒉 𝑨 𝑺𝒐𝒍𝒅𝒊𝒆𝒓⟢ ˡᵉᵛⁱ ˣ ʳᵉᵃᵈᵉʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt