Fears Between Us

39 | book lovers

JULIA

Nachdem ich mir tatsächlich gestern haufenweise Tutorial Videos mit Tamara über erste Dates ansah, wuchs meine Nervosität umso mehr. Die ganzen Anmerkungen, die mir förmlich ins Gesicht geworfen wurden, musste ich mir einprägen.

Mit anderen Worten ... ich musste lernen. Zum Glück war das mein Gebiet.

Es war allerdings schwieriger als gedacht, sich über den Ablauf eines Dates zu informieren. Zumal viele Leute unterschiedliche Strategien hatten. Der Eine meinte, ich solle so selbstbewusst wie möglich auftreten, eine andere behauptete, ich solle mich dumm stellen, ab und zu mit einer Haarsträhne spielen und immer schön lächeln.

Keine dieser Versionen gefiel oder passte zu mir. Ich wollte mich vor Lee nicht verstellen. Gestern erwähnte er mehrmals, wie sehr er meine Intelligenz an mir schätzt, da wäre etwas anderes wahrscheinlich nicht vorteilhaft gewesen.

Jedenfalls war ich der Meinung, dass es für mich nur einen Weg gab, wie ich mich richtig informieren konnte.

Bücher.

Nach der Schule fuhr ich also ohne langes Zögern zu meinem lokalen Buchladen, aka mein zweit liebster Ort in dieser Stadt. Das Made by Earl war natürlich mein absoluter Favorit.

Eine halbe Stunde lang irrte ich durch jeden Gang des rustikalen Bücherladens, auf der Suche nach Büchern, die mir meine Nervosität bezüglich des Dates nehmen würden. Darunter fielen Ratgeber, Aufklärungsbücher, Selbstfindungsromane für geschiedene Frauen, die wieder eine Beziehung wollten und noch drei andere Bücher, die ich zwar nicht dringend benötigte, doch schon länger auf meiner Wunschliste standen. Ups.

Ich setzte mich an einen der Tische und legte meine riesige Ausbeute vor mir ab. Nach und nach durchforstete ich jedes Buch, Zeile um Zeile, auf der Suche nach dem ultimativen Tipp.

Immer weniger Menschen schlenderten durch den mit Bücher überfüllten Laden. Draußen färbte sich der Himmel langsam dunkel.

Mein mitgebrachter Kaffee war schon seit Stunden leer, lächelte mich aber die ganze Zeit provokant an. Ich benötigte dringend noch einen.

Während ich ununterbrochen las, hörte ich im Hintergrund immer mal wieder das Bimmeln der Glocke über der Eingangstür. Und bisher störte mich das nicht. Es zog auch nie meine Aufmerksamkeit auf sich.

Bis jetzt.

Ich wusste nicht, woran es lag. Vielleicht weil meine Augen mal eine kleine Pause von den vielen geschriebenen Buchstaben brauchten. Nur Gott alleine wusste, warum ich ausgerechnet jetzt den Kopf hob.

Die Glastür mit dem Holzrand fiel von alleine zu. Ein minimaler Windzug wehte durch den Laden und ließ ein paar meiner Haarsträhnen mein Gesicht kitzeln. Hingegen die kleinen Härchen an meinen Armen unter meinem Strickpullover standen alle aufrecht.

Meine Lippen spreizten sich einen Spalt breit.

In vorsichtigen Schritten betrat ein großer, schwarz gekleideter Mann den Bücherladen. Er schaute sich ein wenig um, als hätte er sich vergewissert, niemand würde ihn dabei beobachten, wie er einen der größten Kontraste dieser Menschheit herstellte. Die schwarze Lederjacke, die schwarze Jeans und die schwarzen Boots kombiniert mit der rustikalen, altmodischen Umgebung war so surreal, wie es nur der Künstler Salvador Dalí auf eine Leinwand hätte bringen können.

Natürlich musste ich ihm früher oder später einmal hier begegnen. Warum? Weil das Universum seinen Spaß mit uns hatte. Egal was wir taten, egal wie wir aufeinander stießen, egal was wir sagten, das Universum musste sich sogar vom ganzen Lachen Tränen wegwischen.