09 | growing hate

412 16 1
                                    


JULIA

Der starke Regen von den letzten Tagen ließ nach. Der Himmel war wieder am strahlen. Es war wieder richtig warm, aber die Straßen, sowie die Pflanzen und alles andere, waren noch nass.

Die dritte Schulwoche brach vor ein paar Tagen an. Heute war Mittwoch, was bedeutete, dass ich heute Sport hatte. Das Gute an dem plötzlichen Wetterumschwung war also, dass ich nicht im Regen draußen fünf Runden um den Sportplatz laufen musste.

Als ich aus meinem Wohnhaus heraustrat, konnte ich einen älteren schwarzen Wagen an der Straße stehen sehen.

Ohne mir dabei etwas zu denken, rechnete ich jede Sekunde mit dem zuknallen der schweren Eingangstür. Stellvertretend dafür, raste jemand an mir vorbei. Dieser Jemand machte sich keine Mühe, um mich herum zu gehen, sondern rempelte mich an.

»Entschuldigen Sie mal...«, setzte ich verärgert an, doch als die Person sich kurz umdrehte, wunderte es mich nicht.

Die Tür knallte nun zu.

»Sorry, Kleine.« Wieder mal falsch lächelnd sah er auf mich herab, ohne seinen Gang zu unterbrechen. Ich wollte ihn ja gerne beim Namen nennen, doch wie konnte ich, ohne auch nur eine einzige Sache von ihm zu wissen?

»Wie wär's mal mit ein bisschen Respekt für deine Mitmenschen?«, rief ich ihm hinterher.

»Kleine, darauf kannst du lange warten.« Schon wieder nannte er mich so. Dachte er, das wäre unterhaltsam? Es war schön, dass er anscheinend seinen Spaß mit mir hatte, ich aber fühlte keine Belustigung sondern nur ... Wut. Richtige Wut, die ich sonst nie spürte.

»Du bist so ein Idiot«, nörgelte ich.

»Und du 'ne kleine Göre«, erwiderte er lächelnd.

Als mein überaus netter Nachbar sich wieder geradeaus drehte, beobachtete ich, wie er in den alten, schwarzen Wagen von jemandem einstieg. Ein Wagen, der förmlich nach den 80ern schrie.

Sie begrüßten sich mit einem brüderlichen Handschlag.

Der Typ auf der Fahrerseite hatte einen braunen Buzz Cut als Frisur und trug einen grauen Hoodie, der andere einen schwarzen. »Alter, wer ist die Braut?«, hörte ich den Fahrer schmierig fragen.

»Vergiss es, Mann. Die ist gerade mal fünfzehn«, warf mein Nachbar ein. Er schnappte sich eine Zigarettenschachtel und holte eine Zigarette raus, ehe er sie zwischen seine Lippen legte und mit einem Feuerzeug anzündete. Genüsslich zog er dran.

Widerlich.

»Fuck. Im Ernst?« Ungläubig weiteten sich die Augen von seinem Freund. Seine blassen Finger umfassten das Lenkrad.

»Rein zufälligerweise stehe ich genau hier und kann alles hören!«, knurrte ich. »Außerdem bin ich achtzehn.« Eigentlich hätte es sie nichts angehen sollen, wie alt ich war, aber trotzdem war mein Drang für meine eigene Verteidigung zu groß.

»Wenn das so ist, dann–«

»Zach!«, schimpfte mein Nachbar. Er legte seine Hand, mit der Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger auf das runtergekurbelte Fenster. »Fuck, wann hast du das letzte mal gevögelt? Du bist ja wie ein notgeiler Köter, Mann.«

»Scheiße, ich weiß! Mein Körper ist voll auf Entzug.« Zach, oder wie auch immer er hieß, seufzte und sah dann wieder an seinem Freund vorbei zu mir. »Vielleicht beim nächsten Mal.« Er zwinkerte und lachte dann gemeinsam mit seinem Kumpel.

Mit der Hoffnung, weit weg von ihnen sein zu können, lief ich einfach Schnurstracks neben der Straße entlang, um meinen alltäglichen Schulweg zu beschreiten. Heute leider ohne Tamara.

Fears Between UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt