24 | unexpected visit

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JULIA

»Irgendwann wird der Tag kommen, an dem ich explodieren werde! Ich schwöre es dir, Mom!«, rief ich lautstark durch das Apartment, nachdem die Eingangstür hinter mir lauter als gewollt zufiel.

Heute war kein guter Tag. Angefangen davon, dass ich versehentlich mein T-Shirt auf links trug und sich in meiner Jeansshorts ein Loch in der vorderen Tasche gebildet hatte.

Wütend schmiss ich meinen Rucksack an die Seite und zog mir die Schuhe aus. »Mom!«, rief ich wieder. Ich brauchte nun meine Mutter, um mir den Stress von der Seele zu reden. »Du wirst mir nicht glauben, was mir Mr. Hills in dem Test gegeben hat!« Ich stampfte den langen Flur entlang. »Eine Drei! Eine verdammte Drei, obwohl meine Erläuterung besser als jeder Wikipedia Eintrag war!«

Ich hörte, zwei Menschen, die sich unterhielten. In der offenen Küche saß meine Mutter am Esstisch. Ich erstarrte. »Hallo, Liebes, du kommst genau richtig!«, sagte sie fröhlich.

Ihr gegenüber saß ein Mann. Und alleine schon beim Anblick seines Rückens, erkannte ich ihn.

Das kann unmöglich wahr sein!

»Was verdammt nochmal hat der denn hier zu suchen?«, fragte ich aufgebracht.

Mein neuer Nachbar drehte sich um. »Hallo, Juliana. Freut mich, dich wiederzusehen.«

Ich verschluckte mich an meiner eigenen Galle. »Wie bitte?«, lachte ich bitter.

»Ich sagte, schön dich wiederzusehen, Juliana.«

Mom mischte sich wieder ein. »Julia, vorhin traf ich ihn im Flur. Wir haben etwas geredet und na ja ... da dachte ich, es wäre toll, wenn er uns beim Essen Gesellschaft leistet. Einfach um ... um uns besser kennenzulernen.«

Ein dicker Kloß breitete sich in meiner Kehle aus. »Du hast ihn zum Essen eingeladen?«, krächzte ich.

»Ja, Mr. Cameron hat mir auch von eurem ersten Treffen erzählt und wie bröckelig das alles angefangen hat, aber schlechte Laune kann jeder mal haben, nicht?« Mom lächelte freundlich.

»Mr. Cameron...?« Ich blickte auf ihn herab.

Sein Hinterkopf war zu meiner Mom gerichtet, hieß, sie konnte nicht sehen, wie er eine »Tja, jetzt ist die Katze wohl aus dem Sack«-Grimasse zog. Ich wusste nicht, ob es mich befriedigen oder um den Verstand bringen sollte, dass ich nun wenigstens seinen Nachnamen kannte.

Der Esstisch war schon längst gedeckt. Vier Leute konnten Platz finden. »Wo ist Finn?«, erkundigte ich mich anschließend.

»In seinem Zimmer. Magst du ihn holen? Dann können wir anfangen mit dem Essen.«

»Sicher.« Ich versuchte mich an einem Lächeln, dass bestimmt nur halb so echt wirkte wie meine sonstigen, die meist ehrlich waren.

Ich klopfte an Finns Zimmertür, an der ein Schild hing. Darauf stand in fettgeschriebenen Buchstaben: KEIN EINTTRID! Die Rechtschreibfehler fand ich niedlich. »Finn, Essen!«

Leise Fußschritte konnte ich durch die Tür wahrnehmen. Mein Bruder öffnete seine Zimmertür und sah zwischen seinen dichten Wimpern zu mir rauf. »Ist er noch da?« Er klang genauso schlecht gelaunt wie ich.

»Ja«, seufzte ich.

»Er soll gehen!«, motzte er und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Für einen siebenjährigen war er mir manchmal zu quengelig.

Kurz schaute ich hinter mich, um sicher zu sein, dass niemand lauschen würde. Ich ging in die Hocke, um auf Augenhöhe mit ihm zu sein. »Hey, ich kann ihn noch weniger leiden als du. Lass uns das zusammen durchstehen.«

Fears Between UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt