71 | the reunion

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NAVEEN
now

Meine Hände waren kalt. Kein Blut floss durch sie.

»Du schaffst das«, bestärkte mich Zach und klopfte mir auf die Schulter.

»Ich dreh verfickt noch mal durch, Zach. Mein ganzer Körper zittert«, gestand ich.

»Alles wird gut laufen. Sie ist deine Schwester und nicht das FBI.«

»Wie wird sie wohl aussehen?«

Ich hatte keinen verdammten Schimmer, wie sie mittlerweile ausschaute. In der Nacht, als ich sie zum letzten Mal sah, war sie noch ein zehnjähriges, niedliches Mädchen, das ständig bunte, auffällige Klamotten am Leib und Schleifen in den Haaren trug.

Jetzt waren vier Jahre vergangen.

Vierzehn ... Was trieben vierzehnjährige heutzutage überhaupt in ihrer Freizeit? Ich meine, als ich vierzehn war, da habe ich ... Fuck, ich hab viel Scheiße angestellt. Aber Savannah? Ich konnte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass sie so abtrünnig geworden war, wie ich damals.

Warum überhaupt, musste ich es so spannend machen? Ich hätte sie auch einfach nach einem Foto von sich fragen können ...

Indora trat aus der Tür, die zur Diner Küche führte. »Sie sieht anders aus. Sehr«, informierte sie uns.

Zach und ich saßen an der Theke auf den Barhockern. Indora hantierte dahinter mit Gläsern, die sie per Hand spülte.

Es gab wohl kaum eine bessere Konstellation, um meine kleine Schwester nach vier Jahren wieder zu sehen, als mit meinem besten Freund und meiner Tante, während um uns herum die Leute in dem Diner ein- und ausgingen.

»Wann hast du das letzte Mal mit Savannah gesprochen?«, fragte ich Indora.

»Ist schon ein paar Wochen her. Sie hat mich die meiste Zeit über gemieden. Ich weiß aber, dass sie ein mal im Diner war, als ich krank im Bett lag.«

Ich atmete tief durch. Tausende Gedanken und Erinnerungen überfluteten mich. Die meisten davon stammten aus der Nacht, die mein Leben veränderte.

Die Nacht, die mir gezeigt hatte, dass es so nicht weitergehen konnte.

Es war die Nacht, in der ich alles hinter mir ließ.

Savannah betrat das Diner.

Die Welt stand für einen kurzen Augenblick still.

Ihre Haare waren vom Wind zerzaust. Sie strich sie aus ihrem Gesicht.

Mir wurde jegliche Luft abgeschnürt. Ich wurde bestimmt so weiß wie die Wände des Diners.

Entgeistert starrte ich Indora an, mit der kleinen Hoffnung, dass sie mir sagen wird: Nein, das ist sie nicht.

Doch sie tat es nicht. Stellvertretend nickte sie bestätigend.

Alle Augen waren auf meine Schwester gerichtet.

Ihre langen Locken reichten ihr bis unter den Brustkorb und ihre Augen waren genauso dunkel, wie ich sie in Erinnerung hatte. Im Gesicht hatte sie einige blasse Muttermale und ihre Nase war noch immer klein und stupsig.

Fears Between UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt