32 | good morning

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JULIA

Der nächste Morgen brach an.

Mit verklebten Wimpern und einem grässlichen Geschmack im Mund, wachte ich auf.

Ich gab einen gequälten Laut von mir und versuchte durch Blinzeln meine Sicht scharf zu bekommen. Meine Fingerspitzen rieben meinen Augen. Sowie meine Sicht wieder klar war, riss ich die Augen auf und erblickte das Apartment meines Nachbarn. »Oh Gott«, stöhnte ich und richtete mich auf.

»Guten Morgen, Goldie.«

Ein piepsender Schrei verließ meine Lungen. Dramatisch berührte ich mit der flachen Hand meinen Brustkorb und blickte zum anderen Ende des Sofas, auf dem mein Nachbar saß. »Du hast mich zu Tode erschreckt!«, schimpfte ich.

Er kicherte. »Sorry, war keine Absicht.« Sein Lächeln war anders an diesem Morgen. Sanfter. Unschuldiger. Fröhlicher. Warum?

»Hast du mich etwa beim Schlafen beobachtet?«

»Ich? Pff, niemals. Das könnte ich gar nicht. Niemals. Dafür bin ich ein viel zu großer Mann von Ehre. Niemals.« Beim genaueren Hinsehen, bemerkte ich die dunklen Ringen unter seinen Augen. Hatte er etwa schlecht oder wenig geschlafen?

»Ein Niemals weniger, und ich hätte es dir vielleicht abgekauft.«

Er stand auf und ging in die angrenzende Küche. Dabei fiel mir die dunkle Sporthose, die ihm bis zu den Knien reichte auf. Es war nicht das erste Mal, dass ich sie an seinem Leib sah. Der Saum seines grauen T-Shirts stoppte kurz über dem Bund seiner Boxershorts, die aus der Hose ragte. »Willst du Kaffe?«

»Ich bitte sogar drum«, erwiderte ich und stand auf. Ordnungsgemäß faltete ich die Decke, die er mir zum Schlafen gab, und legte sie über den Sofarücken.

»Wie hast du geschlafen? Ich weiß, es ist nicht die beste Couch der Welt, aber für die ganzen Dinge die sie schon erlebt hat, ist sie noch gut mit dabei.« Sein dreckiges Grinsen erreichte seine Augen und ich hielt mir die Ohren zu.

»Es reicht. Ich will unter gar keinen Umständen, jemals, in meinem ganzen Leben, wissen, was dort schon alles passiert ist.«

Er lachte schadenfroh und zog die Lippe zwischen die Zähne. »Bitteschön«, sagte er und schob eine Tasse über den runden dunklen Esstisch. »Was willst du rein haben?«

Schnellen Schrittes schlenderte ich dort hin und schnappte mir die Tasse. »Nichts, ich trinke Kaffe immer schwarz.«

»Wirklich?«

Ich nickte.

»Wow, das ist das genaue Gegenteil von mir. Nur über meine Leiche trinke ich Kaffe ohne Literweise Milch und Zucker.«

»Du wirkst gar nicht wie ein süßer-Kaffe-Trinker. Eher wie jemand, der die Kaffeebohnen mit den Zähnen zermahlt.«

Er zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck aus seiner eigenen Tasse. »Tja, ich hingegen dachte, dass du eine von den Kaffee-Trinkern bist, die kalte Karamellshakes mit zwei Esslöffeln Kaffe trinken.«

Irgendwie seltsam, dass wir jetzt so zusammen in seiner Küche standen und uns gegenseitig mit Neckereien versorgten, wenn man bedachte, wie unsere Treffen vorher immer ausgingen.

Ich trank den ersten Schluck des heißen, schwarzen Getränks und stöhnte genussvoll. So wie er in seine eigene Tasse Kaffe hineinlachte, stellte ich mir die Frage, wie er wohl über vorherige Nacht dachte.

Er meinte, dass ich attraktiv wäre...

Außerdem meinte er, dass er mit mir schlafen würde...

Plötzlich wurde es in diesem Apartment heiß. Viel zu heiß.

Fears Between UsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt