„Es wird mir trotz allem schwerfallen, diese Stadt zu verlassen", brummte Taos und warf einen Blick durch den dunklen Thronsaal. Er trug bereits unauffällige Reisekleidung und Aric konnte einen Funken des Kriegers erkennen, der er einst gewesen war. Wäre da nicht die Krone auf seinem Haupt und die Schwäche der Verbrennungen, die seine Schultern niederdrückte...
„Es fühlt sich an, als würde ich sie im Stich lassen", murmelte Taos weiter und Aric seufzte.
„Wirst du nicht. Abeno bleibt in guten Händen."
„Ach ja? Sein König macht sich in einer Nacht und Nebel-Aktion davon – wer soll sich da denn für die Stadt verantwortlich fühlen. Othar?"
Aric schnaubte. Der Heerführer war gut in dem, was er tat. Mehr aber auch nicht. Er warf einen Blick in die Halle, zu den Raben, die sie still umringten, alle aufmerksam, alle bereit. Er lächelte schmal, dann nickte er Finja zu. Seine rechte Hand rauschte ohne ein Wort davon.
„Ich habe mir erlaubt vorzusorgen", erklärte er dann seinem König. „Und beschlossen, dass es keine gute Idee ist, den Thron unbesetzt zu lassen."
Taos schnaubte.
„Wenn du mir jetzt sagst ich soll meine Meinung ändern und hierbleiben...!", begehrte Taos auf, doch verstummte im nächsten Augenblick, als eine Gruppe schwarz gekleideter Männer mit langen Kapuzenumhängen hinter Finja den Thronsaal betraten. Nur einer stach unter ihnen hervor, denn sein Gewand war edel, von Silberstickereien durchzogen und mit Samt gesäumt. Er trat näher und nahm die Kapuze ab.
Taos fluchte.
Ein Lächeln machte sich auf dem Gesicht des Mannes breit – ein Gesicht, das aussah, wie das des Königs, das silberrote Haar schimmerte im schwachen Mondlicht, das durch die Fenster fiel.
„Wer... zur Hölle ist das?", stieß Taos hervor und Aric grinste.
Er griff ohne viel Federlesen nach der Krone auf Taos' Haupt und setzte sie dem Fremden auf. Hinter ihm keuchte jemand. Taos starrte ihn an.
„Das... ist Lanis. Aber er wird eine Weile für dich als Taos einspringen."
Lanis verbeugte sich mit vollendeter Grazie.
„Majestät", grüßte er seinen Freund respektvoll und machte dann eine knappe Geste. Die Männer in seiner Begleitung traten vor und warfen ihre Umhänge zurück. Arics Gardisten wurden unruhig. Kein Wunder, dachte Aric. Schließlich sahen sie sich in dem Moment einer vollständigen Garde gegenüber. In makelloser Uniform.
„Wie?", zischte Taos nur und Aric erbarmte sich.
„Ich habe bereits vor Wochen Unterstützung aus der Festung angefordert. Am Tag, als das Wetter umschlug. Sie sind Oliver und Gorjak hierher gefolgt. Mesut hat sie koordiniert. Die Stadt ist voll von ihnen. Ich brauchte die Sicherheit – deine Armee in allen Ehren, aber sie sind nun mal keine Krieger... dein überstürzter Aufbruch hat uns allerdings gezwungen zu improvisieren. Oliver hat sein letztes bisschen Kraft gegeben um Lanis' Gesicht zu verändern. Zu mehr hat es nicht gereicht. Das Haar ist herkömmlich gefärbt, seine Statur ähnelt deiner zum Glück weitestgehend... Ich hoffe, bis die Beiden in Zenon ankommen, geht es Oliver wieder besser. Lange Rede, kurzer Sinn: Lanis wird dich vertreten. Und seine Garde wird dafür sorgen, dass er dabei nicht drauf geht."
Lanis nickte ernst und Taos schüttelte irritiert von diesem Anblick den Kopf.
„Das wird niemals funktionieren", brachte er irgendwann hervor. „Er mag einen Fremden täuschen, aber nicht die Menschen in dieser Burg oder der Stadt."
„Deshalb ist es gut, dass du eben erst schwer verwundet wurdest. Lanis wird dein Bett hüten, hinter verschlossenen Türen. Die Maskerade ist nur für den Notfall. Das kann wochenlang gutgehen."
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Die Raben des Königs
FantasyAric hat seine Aufgabe als Hauptmann der königlichen Leibgarde angetreten. Seine Männer eine unverbrüchliche Einheit aus Loyalität und tödlicher Präzision. Doch das Leben am Hofe lässt sich nur schwer mit seinem Wesen vereinbaren. Auch Taos kämpft...