Kapitel 83

14 3 0
                                    

Effi erwachte an einen warmen starken Körper geschmiegt. Kräftige Arme hielten sie fest und vor ihr prasselte ein hohes Feuer in der Dunkelheit. Stimmen drangen an ihr Ohr und ließen sie aufhorchen.

„Sie hat zwei der Bruchstücke bereits wieder? Wann? Wie?"

Das war Koshy. Er war am Leben. Das war gut. Sie zwang ihre Augen etwas weiter auf, doch sie konnte nur vage Umrisse ausmachen.

„Ferdale?", krächzte sie und die Unterhaltung kam abrupt zum Erliegen.

„Na sieh mal an, wer wieder unter den Lebenden weilt", erklang seine warme Antwort neben ihr. Seine Stimme klang dünn, müde, aber erleichtert. Doch Effi zuckte verwirrt zusammen. Sie schob die Arme, die sie festhielten von sich und richtete sich auf. Erschrocken stellte sie fest, dass sie völlig nackt war. Doch da war eine Decke, die mitsamt den Armen von ihr herabrutschte. Mit zitternden Händen zog sie sie wieder hoch und drehte sich um. Das lächelnde Gesicht, das ihr begegnete, ließ sie an ihrem Verstand zweifeln.

„Wie fühlst du dich?", fragte Gorjak und Effi schüttelte vage den Kopf.

„Du bist hier...", stammelte sie und sah sich im selben Moment erneut um. Doch da war nur Dunkelheit und der flackernde Schein der Flammen.

„Wo sind wir?", fragte sie argwöhnisch und nur mühsam die Hoffnung unterdrückend. Konnte es sein? Waren sie irgendwie in die Welt der Menschen zurückgekehrt? Was war passiert?

Gorjak brummte beruhigend.

„Wir sind an der Küste Abhans, in der Welt der Silieren. Sam und ich haben euch aus dem Wasser gezogen. Du warst ziemlich weggetreten..."

Effi sah wieder in die Runde. Bei genauerem Hinsehen konnte sie Sukan ausmachen und etwas weiter entfernt vom Feuer auch Sotie. Und neben ihr lag eine kleine schmale Gestalt am Feuer und schlief. Effi starrte auf das schwarze glänzende Haar, das unter dem Mantel hervorlugte.

„Ist das etwa Aurora?", fragte sie fassungslos.

„Eine Verkettung unglücklicher Umstände", erklärte Koshy und Ferdale schnaubte.

Effi sah von einem zum anderen, dann ließ sie sich wieder gegen Gorjaks warme Brust fallen. Seine Arme schlossen sich wie von selbst um sie und zogen sie an sich.

„Ich vermute, meine Kleider sind noch nass?", fragte sie in die Stille.

„Du vermutest richtig", erwiderte Gorjak amüsiert, löste einen Arm von ihr und reichte ihr eine Wasserflasche. Effi trank vorsichtig und seufzte wohlig. Im Rücken spürte sie das Vibrieren von Gorjaks Stimme, der ihr erzählte, wie er mit Sam und Aurora hier gestrandet war, von Adalor, vom Serafin...

Doch Effi unterbrach ihn.

„Der Rat der Silieren hat behauptet, König Taos sei der Vater des Serafin. Sie nannten ihn den Schöpfer. Weil er die Welt selbst gezeugt hat."

Gorjak hielt inne. Dann stieß er kräftig die Luft aus.

„So habe ich das noch nie gesehen."

„Aber du wusstest, dass er eine Tochter hat? Und dass sie der Serafin ist?", hakte sie nach.

Gorjak seufzte.

„Ja. Und wo wir schon dabei sind – der Rest der Garde ist mittlerweile ebenfalls eingeweiht – sie ist außerdem Auroras Mutter. Die Kleine ist also nach dem Serafin die nächste in der Thronfolge Abhans. Und sie erbt eines Tages die Macht des Serafin. Wenn euch diese Welt am Herzen liegt, ist es Aurora, die ihr beschützen müsst."

„Wie bitte?", stammelte Ferdale und Effi konnte sich ihm nur anschließen. Sie erinnerte sich noch gut an ihr Gespräch kurz nachdem sie Sukan zum ersten Mal begegnet waren.

Die Raben des KönigsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt