Kapitel 93

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Sam starrte auf das flimmernde Prisma, das Effi vor wenigen Minuten entdeckt hatte. In seinem Innern brach sich das Licht.

„Es könnte überall hinführen. Was, wenn wir in der falschen Welt herauskommen und nicht mehr zurückkönnen", sagte Ferdale, der Effi gerade noch davon hatte abhalten können einfach hindurchzumarschieren.

„Ferdale hat recht", mischte sich Gorjak ein. „Und selbst, wenn es in die richtige Welt führt, wissen wir nicht, wo genau wir landen werden. Wir könnten dem Feind direkt vor die Füße fallen. Es ist zu riskant."

„Nicht für mich", bemerkte Koshy. „Ich kann hindurchgehen, sehen wohin es führt und dann zurückkehren."

„Auf keinen Fall!", hielt Sukan ihn zurück. „Hast du vergessen, was das letzte Mal passiert ist, als du versucht hast die Welten zu durchschreiten? Du hättest es fast nicht überlebt. Wenn jemand da durchgeht, bin ich das."

„Wenn es für mich zu riskant ist, ist es das für dich ebenfalls", beschwerte sich Koshy.

„Ich bin aber nicht der Naan."

„Willst du damit etwa sagen du seist entbehrlich?"

Sukan sah seinen Naan streng an. „Ich bin dein Toran", erwiderte er nur.

„Ja und eben deshalb brauche ich dich!"

„Du hast es selbst gesagt, Koshy: Jemand muss dieses Prisma durchschreiten und zurückkehren, um uns zu sagen, wohin es führt. Und du und Sukan sind die einzigen, die dazu in der Lage sind. So leid es mir tut, aber Sukan hat recht", unterbrach Gorjak den Streit der Silieren und nickte Sukan auffordernd zu.

„Nein!", hauchte Koshy, doch Sukan beachtete ihn nicht. Ohne zu zögern trat er in das Prisma und verschwand. Sam keuchte und Koshy starrte nur hilflos dorthin, wo sein Toran verschwunden war. Starrte und starrte. Alle hielten den Atem an, es war so still, dass man eine Nadel hätte fallen hören. Die Minuten verstrichen.

„Wo bleibt er nur?", fragte Effi leise, doch niemand antwortete ihr. Sams Hände zitterten. Doch dann fing er Soties Blick auf. Sie saß völlig gelassen auf einem kleinen Felsvorsprung und sah auf ein Stück Wiese hinter Koshy. Fast als wartete sie darauf, dass... im nächsten Moment materialisierte sich Sukans Gestalt, genau dort, wo Soties Blick ruhte. Hatte sie es gewusst? Sukans Blick traf ihren und ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als würde auch er begreifen, dass sie es gewusst hatte. Dass sie ihn vielleicht aufgehalten hätte, wenn es anders gewesen wäre.

Die anderen wandten sich ihm erwartungsvoll zu.

„Das Prisma führt in eine Stadt, ich gehe davon aus, es ist Abeno", erklärte er schlicht und Sam spürte wie seine Gefährten erleichtert aufatmeten. Es war pures Glück gewesen, dass sie darauf gestoßen waren, nachdem sie die Ebene erreicht hatten. Effi und Aurora hatten sich in die Büsche geschlagen, um sich zu erleichtern und waren dort auf die Anomalie gestoßen. Gorjak hatte ihnen mit dem Schwert einen Weg geschlagen und nun...

„Wohin führt es genau?", fragte Ferdale aufgewühlt.

„In eine Schmiede. Doch sie scheint verlassen zu sein. Überhaupt ist die Stadt ungewöhnlich still. Ich konnte kein Lebenszeichen in unmittelbarer Nähe spüren."

Sam sank das Herz. Wenn der Herr des Nichts die Stadt bereits eingenommen hatte, wenn er alle vernichtet hatte... Henna! Er konnte kaum daran denken. Wenn ihr etwas passiert war...

„Sicher genug", behauptete Gorjak. „Das bietet uns die Gelegenheit uns erst einmal umzusehen. Aurora? Bleib dicht bei mir."

Er nahm das Mädchen bei der Hand und nickte ihnen zu, dann verschwand er im Prisma. Ferdale zuckte nur die Schultern und folgte ihm. Effi sah Sam auffordernd an und Sam nahm seinen Mut zusammen.

Die Raben des KönigsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt