„Hast du sie gefunden?"
Lorch zuckte zusammen.
„Raash! Du hast mich erschreckt! Wo bei der vergessenen Welt bist du gewesen?", fuhr er den Silieren an, der urplötzlich in seiner Höhle aufgetaucht war.
Sechzehn Jahre war es her, dass Raash wütend davongerauscht war. Seither herrschte Funkstille. Lorch hatte seine eigenen Vorkehrungen getroffen. Hatte den jungen Aric zu den Kriegern geschickt – eine glückliche Fügung, mit der er überhaupt nichts zu tun hatte, es aber niemals zugeben würde – und das Mädchen, Anuba, mit ihrer Mutter bei sich aufgenommen. Die Geschwister könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Aric das Weite suchte und seine Abstammung leugnete, konnte Anuba gar nicht genug über das Erdlings-Dasein lernen. Sie ging völlig darin auf, liebte ihre Heimat und lebte im Einklang mit der Erde. Es hatte nicht lange gedauert und er hatte sie in sein altes einsames Herz geschlossen. Er wusste es war dumm von ihm, wusste, dass Anuba eines Tages einen gefährlichen Weg gehen musste und dennoch... er konnte nicht anders als sie zu lieben.
Raash lief in der Höhle auf und ab, seine Energie lud die Umgebung regelrecht auf. Lorch musterte ihn überrascht. Der Siliere hatte sich verändert. Er wirkte ungeduldig, gespannt wie ein schussbereiter Bogen und gleichzeitig strahlte er eine Ruhe und Zufriedenheit aus, die daneben völlig grotesk wirkte.
„Was ist passiert?", fragte er.
Raash sah ihn an.
„Ich habe einen Sohn", sagte er und sein Lächeln blendete geradezu.
„Und?", hakte Lorch nach. Er verstand nicht, worauf der Siliere hinauswollte.
„Er wurde vor 13 Jahren geboren."
Lorch starrte ihn an.
„Unmöglich!", entfuhr es ihm und das Lächeln auf Raashs Gesicht wurde noch strahlender.
„Er ist das erste lebend geborene Kind seit 300 Jahren", bestätigte er stolz.
„Aber wie kann das sein? Haben wir etwas übersehen?"
Raash schüttelte den Kopf.
„Meine Partnerin wurde schwanger, nachdem ich von meiner Suche nach dem neugeborenen Serafin zurückkam."
Lorch verstand nicht.
„Lorch, ich war damals fast zwei Jahre in deiner Welt. Länger als jemals zuvor! Und sie hat mich verändert. Ich habe lange darüber nachgedacht, alle Möglichkeiten durchgespielt. Es ist die einzige Erklärung: Der Einfluss deiner fruchtbaren Welt hat mir einen Sohn geschenkt."
„Herzlichen Glückwunsch", sagte Lorch, doch Raash kam aufgeregt näher und packte ihn bei den Schultern.
„Verstehst du denn nicht, Lorch? Das ist es, wonach wir gesucht haben! Das ist der Beweis, dass unser Vorhaben Erfolg haben wird. Wir müssen die Welten vereinen! Das Gleichgewicht stürzen! Das ist der Weg, auf dem wir heilen werden! Es ist der richtige Weg!", erklärte er aufgeregt.
Lorch musterte ihn zweifelnd.
„Ja, natürlich. In der richtigen Reihenfolge und der richtigen Zeit", wandte er ein, weil er das Gefühl hatte, Raash würde, wenn er könnte, sofort alles einreißen, was die Welten aufrecht hielt.
Raash sah ihn an und Lorch wusste im selben Moment, dass er nicht hier war, um ihm von seinem Sohn zu erzählen.
„Was hast du vor?", fragte er angespannt. Das Lächeln auf Raashs Gesicht verschwand.
„Hast du den Serafin gefunden?", wiederholte er seine Frage von vorhin. Lorch schüttelte nur den Kopf. Doch Raash schien nichts anderes erwartet zu haben.
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Die Raben des Königs
FantasyAric hat seine Aufgabe als Hauptmann der königlichen Leibgarde angetreten. Seine Männer eine unverbrüchliche Einheit aus Loyalität und tödlicher Präzision. Doch das Leben am Hofe lässt sich nur schwer mit seinem Wesen vereinbaren. Auch Taos kämpft...