„Wie wurden die Welten erschaffen?", fragte Effi, während sie gemeinsam über die Wiesen wanderten.
„Das kommt darauf an, wen du fragst", entgegnete Koshy mit einem Schmunzeln.
„Ich frage dich", sagte Effi herausfordernd. Koshy stieß einen langen Seufzer aus und warf seinem Toran einen Blick zu. Sukan schüttelte nur den Kopf.
„Willst du es mir nicht sagen, weil dein Toran es verbietet?"
„Wohl kaum. Es ist vielmehr das Problem, dass deine Welt eine andere Geschichte kennt. Eine, die auf den Verstand und den Erfahrungen der Menschen basiert. Damit ihr sie besser akzeptieren könnt."
„Mit anderen Worten: Ihr tischt uns eine Lüge auf, weil wir dumm genug sind, nicht nachzuhaken und die Lüge um ein Vielfaches einfacher ist als die Wahrheit?"
Koshy grinste.
„Lass es gut sein, Effi", riet Ferdale, doch Effi hatte Blut geleckt.
„Erzähl mir deine Version", bat sie den Silieren.
„Meine?"
„Ja, erzähl mir von diesem Adalor."
„Du hast einen erstaunlich guten Sinn für das Wesentliche – für einen Menschen."
„Danke. Was ist nun mit meiner Geschichte?"
Koshy kicherte, doch dann wurde seine Miene nachdenklich.
„Um zu verstehen, wie die Welten erschaffen wurden, muss man zuerst einmal verstehen, warum sie erschaffen wurden."
Effi runzelte die Stirn.
„Wie meinst du das?"
„Adalor ist kein Gott, der Welten aus dem Nichts erschuf. So etwas in der Art erzählt man sich doch bei euch?"
„So in etwa. Ein Gott, Götter, die Elemente. Was oder wer auch immer, es läuft auf dasselbe hinaus. Sie haben die Welten erschaffen und dann das Leben in ihnen ermöglicht. Durch die Magie der Elemente."
Koshy nickte.
„Nun, Adalor ist nichts von alldem und er hat auch kein Leben erschaffen. Im Gegenteil. Er hat es zerstört und damit auch die Welt. Die Welten, wie wir sie kennen, entstanden aus den Trümmern, die seine Taten hinterließen."
„Soll das heißen, es gab eine Welt bevor unsere Welten entstanden sind?"
„Eine Welt, ja, genau das ist der springende Punkt. Es gab nur eine. Und Adalor war ein Teil von ihr. Ein Teil des silierischen Volkes um genau zu sein."
„Blödsinn", stieß Ferdale aus, doch die Silieren um ihn herum blieben so ernst wie zuvor und er runzelte die Stirn.
Koshy seufzte leise.
„Adalor war ein mächtiger Mann, schon damals. Er war ein hochrangiges Mitglied des Kaudanals, die Silieren schätzten seinen Rat. Er hatte Einfluss und Ansehen und er war sich nicht zu schade es auszunutzen. Sein Ehrgeiz kannte keine Grenzen. Und das war genau das Problem. Adalor war Alchemist. Er experimentierte über Jahrzehnte hinweg mit der Essenz des Lebens, er erforschte die magischen Bahnen und ihre Verbindung zum Serafin und nicht zuletzt versuchte er immer wieder die Macht des Serafin zu kopieren. Er war regelrecht besessen davon eine Quelle zu erschaffen, die den Serafin ersetzen würde. Er hatte nicht wenige Anhänger bei diesem Vorhaben und er machte auch keinen Hehl daraus. Er wollte, dass das Gleichgewicht der Welt nicht von einer einzelnen Person abhing. Das Kaudanal war geteilter Meinung über seine Experimente. Viele hielten sie für ausgemachten Unsinn. Sie waren fest davon überzeugt, dass er niemals Erfolg haben könnte, denn eine Macht wie die des Serafin war und blieb einzigartig. Doch er hatte auch flammende Anhänger. Sie strebten nach Unabhängigkeit und uneingeschränkter Macht. Selbstbestimmung war das Zauberwort. Immer mehr fielen Adalors Charme zum Opfer."
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Die Raben des Königs
FantasyAric hat seine Aufgabe als Hauptmann der königlichen Leibgarde angetreten. Seine Männer eine unverbrüchliche Einheit aus Loyalität und tödlicher Präzision. Doch das Leben am Hofe lässt sich nur schwer mit seinem Wesen vereinbaren. Auch Taos kämpft...