Kapitel 113

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„Wo wart ihr denn so lange? Das Essen wird noch kalt!", begrüßte Anuba sie, als Taos die Zeltklappe zur Seite schlug. Aric verdrehte neben ihm die Augen, als Taos bereits zu einer Entschuldigung ansetzte.

„Opa, sieh was ich gemacht habe!", lenkte Aurora ihn ab und kam fröhlich auf ihn zugehüpft. Sie streckte ihm ein seltsames Gebilde aus Ästen und Moos entgegen und er warf einen hilfesuchenden Blick zu Anna, da er beim besten Willen nicht erkennen konnte, was es sein sollte. Sie zwinkerte ihm nur zu und schob die Arme um Aric. Der Kuss, den die beiden austauschten, war verboten intim und Taos wandte sich schnell wieder Aurora zu.

„Das ist wirklich hübsch, Aurora", bemerkte er und grinste schief. „Was ist es?"

Aurora schnaubte beleidigt und er hörte Anuba hinter sich kichern.

„Siehst du das nicht? Es ist dein Haus!"

„Mein...", stotterte er und betrachtete das kleine Bauwerk.

„Du meinst das Schloss?" riet er und sie nickte überheblich.

„Klar! Also echt, das sieht man doch!"

„Dann hab ich wohl was an den Augen", entschuldigte er sich amüsiert. Anuba lächelte warm, als er sich aufrichtete und ihr den schweren Topf abnahm.

„Wie laufen die Verhandlungen?", fragte Arics Schwester im Plauderton, während er den Topf zum Tisch hinübertrug.

„Kargoff ist schwer zu knacken. Ich habe an seine Vernunft appelliert, an sein Mitgefühl, ihm Honig ums Maul geschmiert, bis mir selbst davon schlecht wurde, ihm jeden nur erdenklichen Vorteil eingeräumt, den ich mir leisten konnte. Wenn ich wüsste, was genau er gegen Aric hat, könnte ich ihn vielleicht anders beeinflussen. Aber ich verstehe den Mann einfach nicht."

„Er ist ein hirnloser Idiot. Die Schwärze hat ihn schlimm erwischt. Nichts mehr übrig in dem hohlen Schädel", brummte Aric hinter ihm missmutig.

„Aric!", prustete Anna. „Aurora kuckt sich dein schlechtes Benehmen noch ab."

„Aurora, hör gut zu. Und mach es nicht nach!", ermahnte Aric die Kleine, die dazu ernst nickte. Taos schnaubte. Doch Aric wandte sich wieder an Anna.

„Wird der Junge klarkommen?", fragte er leise und Taos horchte auf.

„Er ist wach", antwortete Anna, als würde das bereits alles erklären.

„Wovon sprecht ihr?"

Aric seufzte, doch es war Anna, die ihm antwortete.

„Aric war ein wenig großzügig mit der Macht des Serafin. Er hätte Sam damit fast das Leben genommen, statt es zu retten."

„Wie bitte?"

„Wird er klarkommen?", wiederholte Aric stur.

Anna seufzte tief.

„Es hat ihn verändert und selbst ich kann nicht genau sagen, wie sehr. Aber allein die Tatsache, dass er überhaupt wieder die Augen aufgeschlagen hat, ist ein gutes Zeichen. Noch hat er nicht begriffen, was er da in sich trägt, wogegen er einen solch heftigen Kampf gefochten hat, aber er wird es lernen. Und dann wird er lernen damit zu leben."

„Der Junge trägt die Macht des Serafin in sich?", fragte Anuba entgeistert.

„Du doch auch", wehrte sich Aric.

„Erstens trage ich ein Stück ihrer Seele, nicht ihrer Macht und zweitens bin ich kein Mensch!"

„Na und?"

Anuba schnaubte nur.

„Das war wirklich unverantwortlich, Aric."

„Er lebt noch, oder etwa nicht?", zuckte Aric nur die Schultern.

Die Raben des KönigsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt