Kapitel 74

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Aric sah zu wie die Flammen die beiden einhüllten und ließ sich mit einem Seufzer neben ihnen nieder. Er hielt gerade soviel Abstand, dass das Feuer ihn nicht verbrannte und starrte in das Inferno. Aurora glühte nicht nur, sie brannte, heiß und sengend. Als hätte sie seit Tagen endlich die Gelegenheit die Spannung loszuwerden – wahrscheinlich war es auch so. Annas Gesicht war in den Flammen kaum auszumachen. Sie hatte das Mädchen fest in die Arme gezogen und flüsterte ihr irgendetwas zu, das Aric nicht verstehen konnte. Seine Raben warfen ihr hin und wieder neugierige Blicke zu, doch sie hielten respektvoll Abstand.

Der Mond stand schon hoch am Himmel, als die Flammen irgendwann versiegten. Aric blinzelte in die plötzliche Dunkelheit, dann stand er auf. Aurora hatte sich neben Anna auf dem Boden zusammengerollt und schlief tief und fest. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als er sie dort sah – seine Tochter. Manchmal war dieses Wunder kaum zu ertragen, so sehr erfüllte ihn die Liebe und die Zuneigung zu diesem kleinen Menschen. Er griff nach einer Decke und legte sie sanft um das schlafende Kind. Da hob sich Annas Hand und berührte ihn am Arm. Er hatte nicht gesehen, dass sie noch wach war. Ihre Augen funkelten mit neuem Licht. Sie lächelte ihn an und sein Herz drohte zu zerspringen. Er konnte sein Glück kaum glauben. Kommentarlos ließ er sich neben ihr zu Boden gleiten, zog sie in seine Arme und warf seinen Mantel über sie beide. Anna stieß zitternd den Atem aus, als er sie an sich drückte und er spürte, wie sie sich regelrecht in seine Umarmung hineingrub, während er ihr sanft über den Rücken strich und ihr Haar küsste. Leise Tränen fanden ihren Weg über ihre Wangen und benetzten seine Brust.

„Ich hatte solche Angst", flüsterte sie in sein Hemd und er stieß die Luft aus.

„Ich weiß. Ich bin hier. Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten."

Eine Weile war es still, dann sah sie zu ihm auf.

„Bleibst du bei mir?", fragte sie zögernd und brachte sein Herz erneut an den Abgrund. Die Verletzlichkeit in ihrem Blick gab ihm den Rest. Die Tränen brachen sich haltlos Bahn und er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar.

„Immer", versprach er leise. „Ich lasse dich nicht allein, Anna."

Lange lagen sie da, hielten sich gegenseitig fest und lauschten dem Atem des anderen. Aric hörte das Rascheln und die leisen Unterhaltungen seiner Männer, vernahm die Geräusche, als sie zum Wachwechsel aufstanden, während die anderen ihr Lager aufsuchten, spürte die Wärme der Glut, die einen leichten Schein über die schlafenden Silhouetten warf und gleichzeitig die Kälte, die sich nach und nach in Annas Gliedern ausbreitete. Die Wärme von Auroras Feuer war längst verschwunden. Er zog den Mantel noch fester um sie und schenkte ihr so viel seiner Wärme, wie sie brauchte. Ihre Finger krochen unter sein Hemd, strichen kalt über die nackte Haut und hinterließen wohlige Schauer. Aric liebkoste ihren Nacken, ihren Rücken, seine Hände glitten über ihre Hüften. Warm und träge.

Er wusste nicht mehr, wann er in den Schlaf geglitten war, doch als er am nächsten Morgen die Augen aufschlug – Anna noch immer fest in den Armen – fühlte er sich so ausgeruht wie schon lange nicht mehr. Er stahl sich noch einen letzten Moment des Friedens, dann löste er die Arme von der schlafenden Frau, zog den Mantel enger um sie und stand auf. Er nickte Vornhardt zu, der am glimmenden Feuer Wache schob und verschwand ins Gebüsch, um sich zu erleichtern.

Als er zurückkam, reichte Vornhardt ihm ungefragt einen dampfenden Becher Tee. Aric nahm ihn an und setzte sich neben den Raben an die Glut.

„Wer schiebt mit dir Wache?", fragte er leise.

„Jack und Marvin", antwortete er knapp und deutete in die Richtungen, wo die Männer außerhalb des Feuerscheins in der Dämmerung lauerten. Aric sah kaum mehr als ihre vagen Umrisse, doch er nickte zufrieden.

Die Raben des KönigsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt