75. Zeltlager

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Míriel pov.

Mit dem nächsten Abend kam schließlich auch die Dunkelheit über das Land und nur kurz darauf beorderte der König den Aufbau eines Zeltlagers und die Nachtruhe. Wir waren bis zu einer Schlucht geritten, die mir leider völlig unbekannt war, dort hatten auch weitere Streitkräfte aus allen Ecken Rohans sich zusammengefunden, um ihren König zu empfangen und ihm in Kampf, um Gondor und die Freiheit der weißen Stadt zu unterstützen.

Während der König sich also mit seinen wichtigsten Verbündeten, Befehlshabern, Soldaten und Beratern unterhielt und mit ihnen speiste, saß ich zusammen mit Gimli und Legolas an einem der Lagerfeuer und wärmte mich auf. Schräg hinter uns an einem Pfahl angebunden warteten Arod und Aragorns prächtiger Hengst, wobei dessen neuer Reiter vom König persönlich ein Zelt zugeschrieben bekommen hatte. Sie drei hingegen blieben zurück und gaben sich mit trockenem Weißbrot und frischem Wasser zufrieden.

Schweigen lag über unserer Gruppe und wir alle hingen unseren eigenen Gedanken nach. Überraschenderweise empfand ich selbst es als unangenehme Stille, doch so sehr ich auch nachdachte, fiel mir doch nichts ein, was ein passendes Gesprächsthema für diesen Moment wäre. Über jedem von uns schwebte die Furcht vor dem Krieg wie eine dunkle, schwarze Wolke und doch schreckten wir nicht zurück. Für eine bessere Welt ... eine Welt in Freiheit. Eine ohne die bösen Mächte des dunklen Herrschers die uns alle gefährdeten.

In meinem Hals bildete sich ein Kloß, während mein Blick an den in der Dunkelheit tanzenden Flammen hing, fand meine Hand ganz allein den Weg auf meinen flachen Bauch. Ein schweres Schlucken half nicht und auch das tiefe durchatmen konnte meine Gedanken nicht entwirren.

Es existierte kein schlechterer Zeitpunkt für die dunkle Vorahnung die mich belastete, trotzdem war ich seit über einem Monat nicht erblüht und all meine Hoffnungen es könnte am Stress und der drohenden Gefahr liegen, wurden langsam von meiner Unsicherheit und Nervosität im Keim erstickt. Irgendetwas stimmte nicht mit mir! Allein der Gedanke daran ließ eine tiefe Übelkeit in mir aufsteigen.

„Ist alles in Ordnung?" Fragte Legolas mich leise und ich schreckte aus meinen Gedanken auf. Erst jetzt realisierte ich das Gimli aufgestanden und aus unserem Sichtfeld verschwunden war. Legolas und ich waren allein, wenn man die um uns herumwuselnden Soldaten und Pferde ignorierte, die dicht um uns herum waren. Mit derselben Furcht im Herzen wie auch Legolas und ich sie teilten.

„Den Umständen entsprechend eben." Erwiderte ich und zwang mich zu einem Lächeln. Schwach erwiderte er es und seine Hand fand sanft an meine Wange. „Wir schaffen das. So wie wir es eben immer tun." Versuchte er mich aufzumuntern, doch es ließ mein Herz nur noch mehr schmerzen. Denn dieses Mal war so vieles anders als immer sonst. Das war kein kleiner Kampf gegen ein paar dumme Orks, keine kurze Auseinandersetzung mit dem Feind. Es war nicht mal mit Helms Klamm zu vergleichen. Es war ein gnadenloser Krieg und wahrscheinlich würden uns nicht mehr nur Orks und Warge gegenüberstehen, sondern Geschöpfe der Dunkelheit die noch weitaus schlimmer wären.

Ich trug noch immer ein gefälschtes Lächeln auf den Lippen, doch gerade, als ich die Lippen öffnete, um zu antworten, erklang das tiefe Räuspern von Gimli hinter uns. Erschrocken drehten wir beide uns zu dem rothaarigen Zwerg um, der breitbeinig die Hände in die Hüfte gestemmt hatte und mit zusammengezogenen Augenbrauen auf uns hinabsah.

„Während ihr hier die Finger nicht voneinander lassen könnt, Spitzohren plant Aragorn einen Alleingang." Teilte Gimli uns grummelnd mit und sofort hatte er Legolas' und meine ungeteilte Aufmerksamkeit.

„Was meinst du?" Wollte Legolas wissen, sprang im selben Moment auf und reichte mir seine Hand, um mir aufzuhelfen. Eilig ergriff ich diese und ließ mich schwungvoll von ihm aufziehen, wobei ich den kurz aufkeimenden Schwindel erfolgreich davon blinzelte, bevor ich ihm und Gimli zu den Pferden folgte. „Dann halt ihn auf, wir sind gleich da." Entschied Legolas an den Zwerg gerichtet, der sofort nickend davon stapfte. Schnell half ich Legolas die Pferde zu striegeln, zu satteln und sie zu Aragorns Zelt zu führen.

Wie zu erwarten gewesen war, stand Gimli vor dem aufbruchbereiten Waldläufer und hielt ihn auf, woraufhin ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

„Kannst du endlich aufhören es zu versuchen, nin Mellon?" Fragte ich grinsend.

Erschrocken wirbelte der Waldläufer herum und ich konnte hören wie er ergeben aufseufzte, als er Legolas und mich mit den fertig gesattelten Pferden erblickte. Doch ebenso schnell schlich sich ein erleichtertes Lächeln auf die Lippen unseres gemeinsamen, langjährigen Freundes.

„Du solltest den Sturkopf der Zwerge langsam gut genug kennen. Und Míriel nicht zu vergessen!" Tadelte Legolas ihn amüsiert der Aragorn die Zügel seines dunklen Hengstes reichte, bevor er mir eben jene von Arod aus der Hand zog, um dann seine Arme um mich legen zu können und mich in den Sattel zu heben. Meinen gespielt empörten Blick über seine vorherigen Worte ignorierte er dabei geflissentlich. Aragorn hingegen lachte leise auf diese Aussage hin, schwang sich ebenfalls in den Sattel und zog danach Gimli hinter sich hoch, im selben Moment wie Legolas hinter mir platz nahm, liebevoll die Arme um meinen Körper schlang und die Zügel ergriff.

„Wohin gehen wir?" Fragte er. Im Schritt ritten wir los.

„Zu den Toten." Erwiderte Aragorn trocken und ich spürte, wie mir ein Schauer über den Rücken glitt.

„Damit ist jetzt bitte was gemeint?" Wollte ich wissen, während Aragorns Pferd uns überholte und direkt auf den dunklen Spalt der Schlucht zusteuerte, auf deren Klippe wir vorhin erst gestanden hatten. Uns erwartete in eben diesem Spalt nichts als seelenlose Finsternis, gespenstischer Nebel und eisige Kälte. Ich wusste nichts über diese Schlucht, ebenso wenig wie über diesen Spalt ... eine Tatsache die mich nun mehr als alles andere wurmte, wusste ich doch allein deswegen nun nicht auf was wir uns hier einließen und wo es hinging.

„Erkläre ich dir unterwegs." Verriet Legolas mir flüsternd und allein der dunkle Ton seiner Stimme, ließ mich erneut erschaudern. Irgendetwas stimmte hier schon wieder ganz und gar nicht. Doch ich schwieg und zwang mich zu Geduld, während das aufgebrachte Getuschel und die Entsetzten Blicke der Männer Rohans mir nicht entgingen, während wir von der Dunkelheit des geisterhaften Spaltes dieser Schlucht verschluckt wurden.

Wolfsmädchen || LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt