Heal me

189 6 1
                                    

Sophia schlief wie ein Stein und schien alles aufzuholen, was sie die letzte Woche an Schlaf verpasst hatte. Sie lag immer noch eng an mich gekuschelt und ich konnte meinen linken Arm nicht mehr fühlen, weil ihr Kopf mir allmählich die Blutzufuhr abschnitt. Vorsichtig zog ich ihn hervor und schob mich ein Stück von ihr weg. Die merkte nix. Ich kroch aus dem Bett, streckte mich und lief die Treppe in die Küche runter. Kaffee! Ich wühlte in den Schränken und wurde fündig. Ich fand Eier, Käse und Toast. Mehr gab der Kühlschrank nicht her. Ich schmierte Käsesandwiches, machte Rührei, platzierte alles auf einem Tablett und balancierte alles die Treppe nach oben. Sophia schlief immer noch tief und fest, als ich zurück ins Schlafzimmer kam. Ich stellte das Frühstück auf der Mitte des Bettes ab und lehnte mich über sie.
„Hey Dornröschen. Aufwachen. Ich bin zwar kein Prinz, aber 100 Jahre kann ich nicht warten. Ich verhungere gleich."
Sie schlug die Augen auf und streckte sich. Dann fiel ihr Blick auf das Tablett.
„Du machst mir Frühstück?"
„Ja. Was zum Kauen. Keine Flüssignahrung." Grinste ich.
„Blödmann. Du tust so, als wenn ich morgens aufwache und erstmal nen Wein trinken. Du übertreibst. Willst du jetzt den Aufpasser spielen?"
„Nein. Aber du könntest dich wenigstens kontrolliert betrinken." Meinte ich und setzte mich im Schneidersitz neben sie auf das Bett, als sie unter der Decke hervorkroch und sich anlehnte.
„Bitte?" murmelte sie und tastete nach dem Kaffeebecher.
„Du brauchst Ablenkung. Ich brauche Ablenkung. Heute Abend machen wir was. Ich habe noch ein paar Freunde eingeladen. Jim Beam, Jack Daniels und von mir aus auch Wodka und Gin."
Sie lachte.
„Ich glaub für sowas bin ich noch nicht bereit."
„Oh doch, das bist du. Du bleibst heute zu Hause und kannst dich genralüberholen und heute Abend ziehst du dir was Nuttiges an und kannst ab 21 Uhr bei mir klingeln. Dann betrinken wir uns kollektiv. Deine Depression springt sonst bald auf mich über. Ich hab Fernsehen geguckt, als ich Frühstück gemacht habe und hab fast geheult, als diese Haftcremewerbung kam. Wo der kleine Junge seinen Opa mit den strahlendweißen Dritten umarmt."
Sophia zog eine Augenbraue hoch und sah mich kritisch an.
„Widerrede ist zwecklos oder?"
„Allerdings."

Punkt 9 Uhr klingelte es. Ich war später als geplant aus dem Studio zurück und musste mich tierisch beeilen. Ich sprang in meine schwarzen Jeans und band meine weißen Sneakers zu, als es wieder klingelte.
„Ich komme!" rief ich, zog mir ein weißes T-Shirt mit V-Ausschnitt über, fuhr mir nochmal durch die Frisur und hechtete zur Tür.
„Ich dachte schon, du hast es dir anders überlegt."
„Entschuldigung? Kennen wir uns? Ich erwarte eine Freundin." Grinste ich und begutachtete Sophias Outfit.
Sie trug ein schlichtes, enges, schwarzes Shirt mit tiefem Ausschnitt, das nicht viel Platz für Fantasie ließ. Um ihren Hals baumelte eine große, goldene Kette, die da endete, wo ich nicht hingucken wollte. Die langen Beine steckten in dunkelgrauen, Destroyed-Skinny-Jeans und mit den schwarzen, spitzen Heels war sie hoffentlich nicht Auto gefahren. Ihre Haare lagen in großen Locken über ihre Schultern, ihre Augen waren dunkel geschminkt und die Lippen knallrot.
Ich pfiff anerkennend durch die Zähne.
„Ich hatte nichts Nuttiges."
„Das ist durchaus okay. Komm rein."
Im Vorbeigehen drückte sie mir eine Flasche Jack Daniels in die Hand und tippelte ins Haus.
„Jack, willkommen. Schön, dass du auch hier bist."
Sophia ließ sich auf eines der beiden großen weißen Sofas fallen und überschlug die Beine.
„Hast du nen neuen Schrank?"
Ich sah rüber auf das große Regal, das meinen Fernseher umrahmte.
„Jipp. Die Platten brauchen Platz."
Meine Plattensammlung war das einzige, was ich hier aus dem Haus retten würde, wenn ein Feuer ausbrach.
„Das ist so irre. Wieviele sind das jetzt?"
„So um die 500. Oben im Studio sind noch welche."
Ich mischte den Jack Daniels mit Cola, tat Eis und Zitronenscheiben in die Gläser, ging aus der offenen Küche zu Sophia rüber und reichte ihr eins der Gläser.
„Danke. Cheers."
Ich ließ mich neben ihr auf dem Sofa nieder und stieß mit ihr an.
„Erzähl mir von der Sache mit der Sängerin. Du hast so lange immer nur Andeutungen gemacht und ich heul dir die Ohren voll, ohne zu fragen wie es dir eigentlich geht."
„Sie ist weg. Das ist auch schon die ganze Story. Zurück in Portland."
Sophia stieß mich mit dem Ellenbogen an.
„Hör auf so mundfaul zu sein."
„Tja. Ich dachte das war sie. Diese eine von der ja alle gern mal reden. Guter Humor, wunderschön. Konnte feiern wie n Kerl, war aber trotzdem eine Lady. Tolle Stimme, geiler Arsch, lange Beine. Alles was ich an einer Frau zu schätzen weiß. Sie nahm mir nicht alles aus der Hand und ich hatte keine Angst, als es ernster wurde. Sie anscheinend schon. Sie will Karriere machen und wollte nicht, dass man dachte sie hätte sich hochgeschlafen, weil sie was mit dem Produzenten hatte. Ich hab bei Facebook gesehen, dass sie letzte Woche in LA war. Sie hat sich nicht gemeldet. Das ist dann wohl sehr eindeutig. Seit 8 Wochen ist Funkstille."
„Das tut mir leid. Ich fand sie auch nett, als sie letztes Jahr bei uns war. Hattest du da auch schon was mit ihr?"
„Nein, da hab ich meine Finger brav bei mir gelassen. Aber ich war durchaus interessiert. Hab das aber nicht so durchblicken lassen. Als die Band wieder im Studio war im Winter, ging das alles relativ schnell. Vielleicht zu schnell. Keine Ahnung. Hoffentlich friert sie sich im Winter ihren süßen Arsch in Portland ab."
„Bitch!"
Sophia stand vom Sofa auf und ging mit ihrem Drink zu dem großen Regal mit den Platten rüber. Ich zog eine heraus und betrachtete das Cover.
„Eigentlich war sie ganz nett."
„Sie ist nicht hier. Also ist die Sache wohl klar."
„Soll ich dir meine Plattensammlung zeigen?" Ich grinste anzüglich und zuckte mit den Augenbrauen.
„Unbedingt." sagte sie gespielt überschwänglich und lachte.
Sie stellte den Drink auf den Tisch und zog weitere Schallplatten aus dem Regal.
„Das die Nummer mit der Sammlung zieht, wundert mich gar nicht." Meinte sie und zog anerkennend die Augenbrauen hoch.
Sie nahm eine aus der Hülle, hockte sich vor den Schallplattenspieler neben dem Fernseher und schaltete ihn ein.
„Na, was kommt jetzt?"
„Ein Klassiker."
„Da sind nur Klassiker im Regal."
„Also bitte!" sagte sie sie empört, stand wieder auf und zog blind das „The B52's „-Album von 1979 hervor. Sie hielt mir das Cover entgegen und grinste hämisch.
„Nur weil du es nicht magst heißt es nicht, dass es schlecht ist."
„Oh doch!" protestierte sie und schob die Platte zurück.
Sie kniete sich wieder vor den Spieler, legte eine Platte auf und setzte die Nadel an. Das vertraute Knacken, das aus den Boxen kam, weckte Kindheitserinnerungen. Das war Musik in meinen Ohren. Keine CD oder MP3 konnte diesen alten Sound übertreffen. Kurz darauf ertönten die ersten Töne von „Light my fire" von „The Doors". Einer unserer Lieblingsbands. Als ich Sophia kennengelernt hatte, hatten wir stundenlang Alben gehört und über das Leben von Jim Morrison philosophiert. Unser erster gemeinsamer Ausflug in LA war der zu seinem Haus in Venice gewesen und wir teilten die Faszination für den "Club 27". Gott sei Dank hatten wir ihn beide überlebt. Viele gemeinsame Erinnerungen hingen an dieser Musik und noch heute fühlte ich mich in eine Zeit versetzt, die ich gar nicht miterlebt hatte, wenn ich diesen Song hörte. Wir hatten oft Witze darüber gemacht, dass wir in der falschen Zeit geboren waren und es heute zu wenig gute Musik gab. Wir standen beide eher auf Musik abseits des Mainstreams oder aus längst vergangenen Zeiten. The Doors, die Stones, Elvis Costello, AC/DC, die Ramones. Die Liste war endlos lang. Nie hatte ich jemanden kennengelernt, der sich mit meinem Musikgeschmack so überschnitt und der auch noch dasselbe Leben wie ich führte. Das hatte es einfach gemacht sie direkt zu mögen und wir hatten immer Gesprächsstoff gehabt.

Der Abend lief weiter, die Drinks wurden mehr und wir saßen auf dem Boden vor dem Plattenspieler und hörten uns durch massig alte Alben. Das hatten wir ewig nicht gemacht und es war anscheinend genau das was wir brauchten, um unsere Akkus aufzuladen.
„Den bringst du wohl auch nicht mehr zurück, mmh?", fragte sie und deutete auf den großen Billardtisch, der zwischen Küche und Wohnbereich stand. Ich hatte ihn für das Studio gekauft und dort hatte er lange gestanden, bis ich eine große Party zur Einweihung meines Hauses geschmissen hatte. Mit einem Kumpel hatte ich den Tisch auf meinen Pick Up geladen und ihn hergebracht. Vor 8 Jahren. Irgendwie hatte ich ihn nie zurückgebracht und er machte sich ganz gut hier und wurde oft genutzt.
„Niemals." Grinste ich.
„Lass und spielen." Meinte sie und sprang auf.
„Willst du das wirklich? Du hast keine Chance."
„Wer weiß, vielleicht hab ich ja geübt." Sagte sie und griff nach einem der Queues.
„Wenn du meinst."
Ich stand auf, ging zu ihr rüber und platzierte die Kugeln auf dem Tisch.
„Du hast es so gewollt."
Sophia eröffnete das Spiel und lochte direkt 2 Kugeln ein. Überrascht sah ich sie an.
„What the fuck!"
„Ich sagte doch, dass ich geübt hab."
Ich ließ sie gewinnen. Sie brauchte den Sieg mehr als ich. Während sie meine Niederlage feierte, goss ich unsere Gläser wieder voll.
„Wo bleibt der Tequila?" hörte ich sie vom Billardtisch, als sie die Kugeln wieder einsammelt, um meinen Wunsch nach einer Revenge zu erfüllen.
„Ehrlich?"
„Klar. Ich bin schon betrunken. Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an."
"Nur das du es weißt: Es gibt hier keine Bodyshots."
"Als ob du es ausschlagen würdest das Salz aus meinem Bauchnabel zu lecken." grinste sie.
"Fordere mich lieber nicht heraus! Ich bin empfindlich im Moment." lachte ich.
Ich holte die Flasche aus dem Eisfach und kippte die durchsichtige Flüssigkeit in die kleinen Gläser. Sophia griff nach dem Salzstreuer vom Tisch und ich legte 2 Zitronenscheiben auf die Gläserränder. Gleichzeitig stürzten wir den Schnaps runter und bissen in die Zitrusfruchtscheiben.
Sophia zuckte nicht mal mit der Wimper und grinste nur.
„Das hast du wohl auch geübt." Meinte ich trocken und verzog das Gesicht.
„Okay, Baby. Deine Revenge." Rief sie und stellte die Gläser auf den Esstisch rüber.
„Warte. Wir brauchen andere Musik."
Ich ging zum Schallplattenspieler rüber und legte eine der Platten auf, die unter dem Stapel auf dem Boden vergraben waren. Es war eins von Sophias Lieblingsalben und wir hatten es bis zum Erbrechen gehört, als sie nach ihrer Trennung in Deutschland hergekommen war. Ich suchte den Song, der mich immer an diesen Herbst erinnern würden und sah Sophia noch immer auf dem Beifahrersitz ihres Mietcabrios laut mitgröhlen und die Arme in die Luft strecken, als wir über den Highway No 1 von Malibu zurück nach LA fuhren.
Wie auf Knopfdruck strahlte sie mich an, als die ersten Gitarrenriffe von Aerosmith'"Crying" ertönten.
„Yes!" rief sie, ließ die Hüften kreisen und tanzte um ihren Queue herum. „Ich liebe diesen Song."
„Ich weiß." Grinste ich.
„There was a time
When I was so broken hearted
Love wasn't much of a friend of mine" sang sie in den Holzstock und sah mich auffordernd an.
"The tables have turned
'Cause me and them ways have parted
That kind of love was the killin' kind." Gab ich zurück und nahm meinen Queue, der noch an der Wand lehnte.
„Now listen
All I want is someone I can't resist
I know all I need to know by the way that I got kissed."
Beide gröhlten wir lautstark den Refrain mit und tanzten um den Tisch herum.
"I was cryin' when I met you
Now I'm tryin' to forget you
Love is sweet misery
I was cryin' just to get you
Now I'm dyin' cause I let you
Do what you do - down on me." *
Sophia nahm einen Schluck ihren Drinks und tanzte zu mir rüber.
„Ich muss immer daran denken, wie wir mit dem Cabrio nach Malibu gefahren sind und den Song rauf und runter gehört haben."
„Ich auch." Meinte ich. „Ich konnte den nach dem Herbst auch jahrelang nicht mehr hören."
Sie legte sie Hände in meinen Nacken und wiegte uns hin und her.
„Danke." Meinte sie. „Mir geht's schon viel besser heute."
„Hey, die Nummer mit den Platten ist auf deinem Mist gewachsen. Ich wollte nur was mit dir trinken."
„Vielleicht hab ich das wirklich mal gebraucht. Raus aus dem Haus."
„Ja. Steht dir ganz gut mal rauszukommen." Ich sah nochmal anerkennend auf ihr Outfit runter.
„Du Spinner." Lachte sie.
„Erscheckend, wie passend dieser Song auch nach all den Jahren immer wieder sein kann."
„Den werde ich in 20 Jahren noch hören, wenn's mir Scheiße geht. Das ist wie Medizin."
Sophia zog mich etwas dichter und als ich meine Arme um ihren Rücken schlang merkte ich, wie sie mit dem Hintern an die Kante des Tisches stieß.
„Spielen wir jetzt weiter oder wird das hier n Tanztee?" fragte ich, als ich meine Hände an die Kanten des Tisches neben ihre Hüfte lehnte.
Sie lehnte sich ein Stück zurück und sah mich an.
„Ich finde wir spielen weiter." Meinte sie leise und lächelte, als sie sich wie in Zeitlupe auf den Billardtisch setzte. Ich stütze mich immer noch am Tisch ab und sah sie an.
„Das spielt man aber im Stehen."
Sophia legte ihre Hände in meinen Nacken und lehnte ihre Stirn an meine.
„Womit hab ich das eigentlich verdient, dass du mich immer wieder auffängst?", fragte sie leise und schloss die Augen.
„It's a dirty job, but sombody's gotta do it."
Sie lächelte mich an und fuhr mit ihren Daumen über meine Wangen, runter zu meinem Hals und malte mit den Zeigefingern den V-Ausschnitts meines Shirts nach. Ich griff mit einer Hand nach ihren Händen und hielt sie fest.
„Alles wird wieder gut, ok?"
„Ich weiß." Flüsterte sie und lächelte mich an.
Ehe ich mich versah lagen ihre Lippen auf meinen.
Es gab wenige Momente, die mich wirklich überraschten, aber dies hier war einer davon. Wir waren immer sehr touchy und wenn Sophia nach einer Kuscheleinlage zumute war, war ich der Letzte, der sie wegstieß, aber das hatte sie noch nie gemacht. Während ich noch überlegte, ob das hier nur eine freundschaftliche Geste war, löste sie sich von mir, zog ihre Hände aus meiner hervor, fuhr meine Oberarme entlang und setzte zum nächsten Kuss an.
Egal wie lange und wie gut ich sie kannte, dass sie unbestritten attraktiv in meinen Augen war, konnte ich nicht leugnen. Aber niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass das eines Tages passieren könnte.
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du flirtest gerade mit mir und das nicht nur so zum Spaß, wie sonst."
„Vielleicht weißt du es ja gar nicht besser." Flüsterte sie und strich mir durch die Frisur.
Ich zog eine Augenbraue hoch und sah sie an.
„Kein guter Plan." Ich wich ein Stück zurück, aber ihre Hände blieben auf meinen Schultern liegen, während ich meine wieder auf dem Tisch neben ihren Oberschenkeln parkte.
Sophia biss sich auf die Unterlippe und lächelte.
„Du bist betrunken." Meinte ich und grinste. „Behalt deinen Mund mal auf deiner Seite, Fräulein."
Sie strich über meine Schultern, meine Arme hinunter und ihr Blick folgte ihren Händen.
„Du bist auch betrunken. Was ist das Problem?", fragte sie. „Wir sind erwachsene Menschen. Gesund. Attraktiv. Im besten Alter. Ungebunden. Vielleicht gerade etwas auf der Suche nach Trost."
Sie zuppelte am Saum meines Shirts herum und sah mir wieder in die Augen.
Hatte ich mich gerade verhört? War das ein Angebot? Ein eindeutiges? So wie ich sie kannte, fing sie gleich an zu lachen, schubste mich weg und würde sich wieder den Queue schnappen um weiter zu spielen. Und diesmal würde ich sie nicht gewinnen lassen. Aber sie machte keine Anstalten von diesem Tisch zu klettern.
„Warum ist zwischen uns eigentlich nie was gelaufen? Darüber denke ich schon den ganzen Abend nach." Flüsterte sie und legte ihre Hände wieder auf meine Schultern.
„Weil das unsere Freundschaft aufs Spiel setzen würde."
Wir begeisterten uns für dieselben Dinge und hatten denselben Job. Wir teilten die meisten Ansichten, hörten dieselbe Musik und führten dasselbe Leben. Wir teilten alles, aber eigentlich nicht das Bett. Darüber hatte ich nie nachgedacht. Naja, anfangs vielleicht schon, aber mit der Zeit hatte der Gedanke sich verworfen. Schon allein wegen des Jobs wäre das undenkbar gewesen. Ich hatte keine Lust auf Stress im Studio oder irgendwelche Eifersüchteleien. Darum hatte ich damals eher auf meinen Kopf und nicht auf meine Hose gehört. Möglichkeiten hätten sich mir damals sicher geboten, aber ich hatte sie nie wahrgenommen und ich war sicher, dass es Sophia da genauso ging.
Wieder fuhr sie durch meine Haare und suchte Blickkontakt.
„Vielleicht ja auch nicht." Wisperte sie und kam mir wieder gefährlich nahe.
„Das ist keine gute Idee." Meinte ich leise und weniger überzeugt, als ihre Hände langsam über meine Brust strichen und an meiner Hüfte liegen blieben.
Ich schluckte. Auf einer Seite stand das hier gar nicht zur Debatte. Das war Sophia. Untouchable. Unfickbar. Ganz oben auf der Liste: Nicht anfassen! Gibt nur Ärger! Auf der anderen Seite war ich auch nur n Kerl und sie machte es mir gerade ziemlich schwer einen kühlen Kopf zu bewahren, als ihre Finger unten mein Shirt wanderten und vorsichtig über meinen Bauch strichen.
Wieder lehnte sie ihre Stirn an meine und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Überall im Raum lag ihr Duft. Der altbekannte Duft ihres Lieblingsparfüms. Irgendwas französisches, teures, das sie immer trug. Jetzt gerade roch es ganz anders als sonst und schien mir die Sinne zu vernebeln
„Sophia, hör auf." Knurrte ich leise und schloss die Augen.
„Und wenn nicht?"
Ich sah sie an.
„Dann haben wir morgen ein großes Problem."
Ihre Nase war fast an meiner und ich fühlte ihren Atem auf meinen Lippen. Sie grinste und sah immer wieder von meinen Augen auf meinen Mund. Ihre Hände glitten wieder in meinen Nacken.
Ich wusste, dass sie hier spielte. Das tat sie gern. Sie wusste, wie sie ihren Charme einsetzen musste. Das hatte ich hunderte Male miterlebt, aber nie hatte sie diese Karte gegen mich ausgespielt. Wenn ich nicht selbst egotechnisch gerade angeschlagen wäre, wäre ich längst auf Sicherheitsabstand gegangen, hätte ihr einen Vogel gezeigt und morgen wäre alles wie immer gewesen. Wir hätten darüber gelacht, uns umarmt und ganz normal weiter gearbeitet. Jetzt war ich hin und her gerissen. Ich hatte seit Wochen keinen Sex gehabt. Nur einmal seit Amy weg war und es war Scheiße gewesen. Ich war nicht wirklich bei der Sache und danach hatte ich mich auch nicht besser gefühlt. Sophia zog hier gerade alle Register und auch, wenn ich es nicht verstand, tat ich mich schwer zu widerstehen.

„Say you're leavin' on a seven thirty train
and that you're headin' out to Hollywood
Girl you been givin' me that line so many times
it kinda gets like feelin' bad looks good

That kinda lovin'
Turns a man to a slave
That kinda lovin'
Sends a man right to his grave..." ** sang Steven Tyler im Hintergrund die ersten Zeilen von "Crazy".
Sophia strich mit ihrer Nase an meiner entlang und rutschte aufreizend näher an die Kante des Tisches, während ihre Finger die Haare in meinem Nacken zwirbelten.
„Wenn wir das machen gibt es kein Zurück." Brummte ich leise und schloss die Augen wieder.
„No apologies. No excuses. No regrets." Flüsterte sie und während sich mein Schwanz und mein Kopf noch darum stritten, was hier richtig oder falsch war, hatten meine Lippen sich schon selbstständig gemacht.


* Cryin - Aerosmith
** Crazy Aerosmith

HeimkehrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt