Als ich aufwachte stellte ich zufrieden fest, dass ich nicht allein war. Mehrfach war ich heute Nacht aufgewacht, um mich wohlwollend davon überzeugt zu haben, dass das kein Traum gewesen war. Sophias nackter Körper lag zusammengerollt neben mir unter der Decke und sie atmete ruhig. Vorsichtig drehte ich mich weiter auf die Seite, schob meine Hand, die auf ihrer Hüfte lag, auf ihren Bauch, strich mit meiner Nase über ihren Nacken, küsste ihre Schulter und schmiegte mich näher an sie. Sie gab ein zufriedenes Seufzen von sich und ich musste grinsen. Dieses Geräusch war Musik in meinen Ohren. Ich legte meinen Kopf hinter ihren auf das Kissen und schloss wieder die Augen. Hätte man mir vor 2 Monaten gesagt, dass ich nochmal neben dieser Frau in einem Bett aufwachen und mich so gut fühlen würde, ich hätte sarkastisch aufgelacht. Natürlich hatte ich gelitten und sie hatte mir gefehlt, aber ich war mir sicher gewesen, dass es kein Zurück mehr für uns gab und es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis ich mich von der gescheiterten Beziehung und der ein oder anderen Verletzung erholt gehabt hätte. Ich hätte Zeit gebraucht. Davon war ich überzeugt gewesen. Die Zeit hatte da einen anderen Plan gehabt und Sophia wohl auch. Selbst nach unserem Treffen am Ostseeufer war ich noch unsicher gewesen, ob ich das wirklich wollte. Es hatte sich angefühlt, als ob wir uns bereits zu weit voneinander entfernt hatten und irgendwie fanden wir keine Gesprächsthemen und ritten nur auf alten Geschichten herum. Als wir uns am nächsten Abend in dem Club getroffen hatten, fiel mir irgendwie alles leichter. Die Stimmung war ungezwungener und sie sah toll aus. Es war leichter sich in der Gruppe zu unterhalten und ich hatte bewusst ihre Nähe gesucht, was ihr augenscheinlich gefallen hatte. Nach der Bootstour mit Alex nagte zwar erneut das schlechte Gewissen an mir, auch weil ich mich verplappert hatte, dass wir in Berlin Sex miteinander gehabt hatten. Ich wollte ihr keine Probleme mit Alex machen, aber sie hatte auch nichts weiter gesagt und Alex schien auf mein Bitten hin, nicht sauer auf sie zu sein, auch seinen Mund gehalten zu haben. Als wir uns den Abend darauf auf dem Sofa geküsst hatten war ich vorsichtig gewesen, ich wollte nichts überstürzen oder aus den falschen Gründen heraus den Kopf verlieren, aber nachdem ich morgens neben ihr aufgewacht war, fühlte sich alles so richtig an. Egal was wir für Probleme gehabt hatten oder wie oft wir uns gestritten und verletzt hatten, in dem Moment war ich mir sicher, dass ich genau das hier wollte. Sophia war anders. Bis zu unserem Ausflug gestern hatte sie immer wieder unsicher gewirkt, war sichtlich nervös und ruhiger als sonst. Sie sprach ihre Gedanken aus und versteckte ihre Gefühle nicht. Keine Machtkämpfe mehr. So kannte ich sie nicht und irgendwie gefiel es mir. So sehr ich es immer genossen hatte sie praktisch jeden Tag neu erobern zu müssen, so sehr gefiel es mir jetzt, wenn es einfacher war. Ich fast wieder Vertrauen und der Abend und die Nacht mit ihr war großartig gewesen. Auch wenn ich kurz das Gefühl gehabt hatte, dass sie nicht bei der Sache war. Sofort hatte ich Angst, dass ich vielleicht zu viel wollte oder sie nur mitspielte, um es mir recht zu machen. Nach der Sache in Berlin wäre das nicht ausgeschlossen gewesen. Dachte ich immer darüber nach, ob ich ihr vertrauen könnte, hatte ich verdrängt, dass sie vielleicht dasselbe Problem mit mir hatte. Entschuldigung und Reue hin oder her. Ich hatte ihr Vertrauen missbraucht und sie für meine eigenen Zwecke benutzt. Sie hatte allen Grund mir nicht zu trauen, erstrecht nicht, wenn es um Sex ging. Überraschenderweise macht sie nicht zu, als ich das Thema ansprach. Sie sprach offen darüber, dass das für sie kein Thema mehr war und sie einfach nur nervös war. Ich war es nicht. Ich wusste, was ich wollte und nachdem wir so einen schönen Tag gehabt hatten, wollte ich sie am Abend nicht wieder gehen lassen und ehrlich gesagt hätte ich keinen weiteren Abend nur mit Küssen verbringen können.
Mein Wecker riss mich aus den Gedanken und wäre es nach mir gegangen, hätte wir den ganzen Tag im Bett verbracht, aber Sophia musste ins Studio und so hatte ich direkt die Möglichkeit auch mit Alex und ihr eine Verabredung für einen gemeinsamen Abend mit der Band abzusprechen.
Ich schaltete den Alarm aus kuschelte mich wieder an Sophia, die sich in meinem Arm streckte und sich zu mir drehte. Sie vergrub ihr Gesicht an meiner Brust und ich küsste ihr Haar.
„Guten Morgen." Murmelte sie verschlafen, legte ihre Hände in meinen Nacken und kraulte mich. Ich konnte das stundenlang genießen. Sie wusste das, und das machte mir das Aufstehen noch viel schwerer.
„Guten Morgen." Gab ich zurück und schloss genießerisch die Augen. Sophia reckte den Kopf und verteilte Küsse an meinem Hals bis hoch zu meinen Lippen und ich zog sie auf mich und drehte mich auf den Rücken.
„Ich will nicht aufstehen." Murrte sich zwischen unseren Küssen und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Das konnte sie meinetwegen übrigens auch stundenlang machen.
„Ich nicht auch." Brummte ich und schob meine Zunge in Ihren Mund.
„Aber ich muss heute pünktlich sein. Wir haben viel zu tun."
„Kriege ich eine coffee in die studio? Ich will reden mit Alex, wann wir machen eine date mit die boys. Du kommst mit auch."
„Ok. Wenn du Glück hast ist Joonas noch nicht da." Grinste sie an meinen Lippen und ich knurrte kurz.
Ich konnte diesen Typen nicht ausstehen. So ein selbstgefälliger Spinner, der gedacht hätte er könnte sich aufspielen, weil er sich an meine Ex ranmachte. Hatte anscheinend nicht geklappt. Heimlich hoffte ich aber, dass er schon da war. Er konnte ruhig sehen, dass er den Kürzeren gezogen hatte. Ich wünschte ich könnte sagen ich sei zu alt für so ein Gehabe und würde darüber stehen. Aber so war es nicht. So einen Spinner in seine Schranken zu verweisen bereitete mir Freude und das konnte ich auch nicht leugnen.
Sophias Küsse machten nicht den Anschein, dass sie aufstehen wollte und ich wäre der Letzte, der sie aufhalten würde es nicht zu tun. Ihre Hände strichen über meine Seiten und sie drückte sich enger an meine aufkeimende Erregung. Ich strich über ihren Rücken runter zu ihrem Po, um sie noch dichter zu ziehen, aber sie drückte sich lachend ein Stück von mir weg und löste sich von meinen Lippen.
„Ich muss echt aufstehen."
„I didn't start this." grinste ich.
Sie küsste mich kurz und kletterte von mir herunter aus dem Bett, um Richtung Badezimmertür zu gehen. Was für ein Ausblick. Ich lehnte mich auf meine Unterarme und sah ihr nach. Sophia drehte sich in der Tür um und lächelte mich an.
„Kommst du jetzt duschen oder brauchst du eine schriftliche Einladung?"
Eine Frage, die ich nicht zweimal hören musste. Nach ein paar leidenschaftliches Küssen und ein paar geschickten Handgriffen Sophias, war meine morgendliche Anspannung verflogen und wir saßen zusammen im Auto Richtung Stadtkern. Sophia hatte die neuen Klamotten angezogen, die sie gestern gekauft hatte, trug die Haare zu einem hohen Pferdeschwanz und kaum Make Up. Brauchte sie auch nicht. Sie gefiel mir immer. Egal, ob sie Kriegsbemalung und ein sexy Kleid und High Heels trug und in Jogginghosen mit Dutt und einem alten Shirt auf dem Sofa saß. Ich streichelte ihr Bein und sie lächelte mich während der Fahrt immer wieder von der Seite an. Es fühlte sich beinahe so an, als wäre das alles nicht passiert. Natürlich war ich vorsichtig und versuchte mich ein wenig zu bremsen. Ich wollte nicht wieder mit wehenden Fahnen in mein Verderben rennen, aber gegen meine Gefühle konnte ich nichts tun.
Am Studio angekommen, schloss ich den Wagen ab, holte ihre Tüten mit den Klamotten, die sie am Vortag getragen hatte aus dem Kofferraum, legte den Arm um sie und folgte ihr ins Studio. Alex lehnte am Küchentresen im Vorraum mit einem Becher Kaffee und grinste.
„Das ich das noch erleben darf." Meinte er. „Ihr in trauter Zweisamkeit. Ist die Hölle zugefroren?"
Sophia streckte ihm die Zunge aus, löste sich von mir boxte ihm gegen den Arm, küsste seine Wange und nahm 2 Kaffeebecher aus dem Hängeschrank.
„Weiche von mir. Ich will nicht wissen, wo diese Lippen heute schon überall waren."
Sophia rollte die Augen und ich musste lachen.
„Hyvää huomenta." Meinte Alex, schlug mit mir ein und zog mich in eine Umarmung, bei der wir uns grob auf den Rücken klopften.
„Hyvää humoenta. Working on your Finnish skills?"
"Nicht wirklich, aber 3 Brocken konnte ich aufschnappen."
„Dann du kannst sprechen more Finnish than Sophia."
„Ich hab das verstanden." Grinste sie
„You did?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch. „You never said anything in Finnish to me."
"Das stimmt. Das belasse ich auch vorerst dabei."
„Warum? Ich spreche auch Deutsch mit dir."
„Du hast mich nie gefragt und mehr als die drei Brocken die Alex spricht, kenne ich auch nicht. Vielleicht beschäftige ich mich damit nochmal, wenn ich länger hier bin. Oder im Urlaub."
Sophia ließ den Kaffee in die Becher laufen und goss nebenei Soyamilch in ihren.
„Kaum eine Minute im Raum, schon gibt's ne Diskussion. Back to basics." Lachte Alex und trank einen Schluck, als er sich wieder an den Tresen lehnte.
„Wann treff ich die Band?", fragte er grinste.
„What about tommorrow night? Ich frage die boys und wir gehen aus for some drinks. I could pick you up and I'll show you our rehearsal place. Maybe Sami can join us."
"Ja, den wirst du mögen." Grinste Sophia hinter dem Tresen und machte einen langen Arm, um mir den Becher zu reichen.
„Wir machen eine bisschen boys stuff und meet the lady over there", ich deutete mit dem Kopf auf Sophia, „at the bar."
„Jaja, macht das ruhig ohne mich. Ich komm schon klar." Schmollte sie gespielt.
„Aaaaaw, bist du eifersüchtig?", fragte Alex und sah sie mitleidig an. „Gönn uns doch mal einen Tag allein. Wenigstens einen halben."
Alex ging einen Schritt auf mich zu, umarmte mich, küsste meine Wange und sah zu Sophia rüber.
„Morgen gehört er nur mir."
Ich musste lachen und legte den Arm um ihn.
„Sorry, lady. Er ist so eine hübsche boy."
Sophia lachte laut und wir stiegen mit ein.
„Tut, was ihr nicht lassen könnt."
„Vielleicht gehe ich in der Zwischenzeit einfach mit Joonas zum Eishockey." Meinte sie und ich funkelte sie an.
„Zu früh für Witze?"
„No." Grinste ich. „But. Never make jokes about ice hockey."
"Hab ich eben meinen Namen gehört?" ertönte es hinter uns und Alex und ich drehten uns um, als Joonas durch die Tür kam.
Als er mich sah, verfinsterte sich sein Blick.
„Hyvää huomenta." Meinte ich und grinste ihn herausfordernd an.
Er nickte nur, schlug mit Alex ein und umarmte Sophia kurz. Sofort verspannte sich jeder Muskel meines Körpers und Alex, boxte mir in die Seite, zog die Stirn kraus und schüttelte leicht den Kopf, als hätte er es bemerkt.
Joonas kochte sich auch einen Kaffee und ignorierte mich geflissentlich. Ich hatte gegrüßt, mir konnte man keinen Vorwurf machen. Auch wenn es nicht ganz ernst gemeint war. Lieber hätte ich ihm im Vorbeigehen ein Bein gestellt. Aber wenn er lieber so kommunizierte, konnte er das gern haben.
„Ich sag Bescheid, when ich hole dich ab." Meinte ich zu Alex, der freudig nickte und mir High Five gab. Dann ging ich zu Sophia rüber, zog sie in eine Umarmung, küsste ihre Schläfe und legte meine Lippen an ihr Ohr. Sofort schlangen sich ihre Arme um meine Taille und sie atmete tief durch.
„See you tommorrow." Sagte ich leise, aber laut genug, dass Joonas uns verstehen konnte.
„Bis morgen." Nuschelte sie an meinem Hals. „Danke für den schönen Tag gestern."
„Ich rufe dich an heute Abend, okay?"
„Mmh."
Irgendwie fühlte es sich komisch an zu sagen, dass wir uns morgen sehen würden und sie nicht nach der Arbeit nach Hause kam, aber irgendwie gefiel es mir, dass sie ihr eigenes Leben, wir beide unsere Freiheiten hatten und uns praktisch neu kennenlernten. Ein Date auszumachen und abends zu telefonieren war etwas, was wir nie hatten und es machte die ganze Sache irgendwie spannend.
„Ich freu mich auf morgen." Meinte sie und ich zog sie in einen langen Kuss.
„Ich auch." Sagte ich, strich ihr den Rücken hinab und löste mich von ihr.
Im Vorbeigehen zwinkerte ich Alex zu, der mich breit angrinste.
„See you, bro."
In der Tür drehte ich mich nochmal um und rief: „Moi moi, Joonas."
Aber der sah mich nicht mal an und verschwand mit seinem Becher im Aufnahmeraum. Alex rollte die Augen und Sophia sah mich strafend an. Nein, ich fand es nicht gemein. Der Kerl war ein Arsch und das konnte er auch ruhig merken.
Nach einem nächtlichen Telefonat mit Sophia, die noch im Studio war, war ich schlafen gegangen und auf einmal wirkte mein Schlafzimmer nicht mehr so einsam auf mich, auch wenn ich allein war. Ich ging mir die Zähne putzen und grinste debil auf die Zahnbürste, die ich Sophia am Morgen gegeben hatte, die in dem Zahnputzglas auf der Ablage steckte. Auf dem Nachtschrank lag noch einer ihrer Armreifen. Sagte man nicht, wenn man etwas zurückließ, würde man wiederkommen? Irgendwie erfüllte mich dieser Gedanke mit Zufriedenheit und wahrscheinlich steckte ich gefühlsmäßig längst wieder tiefer in der Sache, als ich selbst gedacht hatte. Ich war schon immer sehr emotional gewesen und war erst nach einer gescheiterten Beziehung von vor 10 Jahren vorsichtiger geworden. Natürlich war ich noch in der Lage mich zu verlieben und zu vertrauen, aber mein Vertrauen wiederzuerlangen war nicht leicht. Die letzten Monate hatte ich mich einsam gefühlt, war in mich gekehrt gewesen und der Sommer war irgendwie an mir vorbeigerauscht. Es war zwar schön gewesen etwas Ruhe zu haben und keinen Terminen nachgehen zu müssen, außer die Tour zu spielen, aber irgendwie wäre es zu zweit schöner gewesen. Ich hatte gehofft, dass Sophia auf einige Konzerte mitkommen konnte und wir die Tage dazwischen für uns hatten. Stattdessen hatte ich mich eingeigelt und die Nächte mit Grübeln verbracht. Andere Frauen hatten mich nicht interessiert und ich war dankbar über jeden Tag gewesen, an dem ich mit niemandem reden musste. Einzig und allein Sami hatte sich immer wieder aufgedrängt und es sich auf die Fahne geschrieben mich aufzuheitern und mich gezwungen über meine Gefühle zu sprechen. Die anderen gingen mir lieber aus dem Weg, weil Sie wussten, dass ich nicht reden wollte und mich schon melden würde, wenn ich das Bedürfnis gehabt hätte. Er und Alex waren irgendwie vom gleichen Schlag und ich war mir sicher, dass sie sich freuen würden. Sami wusste, dass ich und Sophia wieder Kontakt hatten und er freute sich. Er mochte sie und er kannte mich. Er hatte nicht lockergelassen, bis ich sie endlich an dem Abend nach dem Konzert im „Tavastia" angerufen hatte. Wäre er nicht gewesen, dann würde ich wahrscheinlich immer noch schmollend hier liegen, über mein Leben sinnieren und mich bei mir selbst beklagen, wie Scheiße es mir ging.
Jetzt ging es mir gut. Noch immer hing ich etwas in den Erinnerungen an die letzte Nacht fest. Ihr Geruch, ihr Geschmack, ihre Haut. Jeden Laut, den sie von sich gegeben hatte, hatte mir eine Gänsehaut bereitet und jede Berührung hatte die geschehenen Dinge einfach immer weiter verblassen lassen. Vielleicht gab es ein neues „Uns". Eine andere Form unserer Beziehung. Eine erwachsenere. Vielleicht hatte sie wirklich aus all dem gelernt. Ich hatte es. Das hier war noch nicht wieder das, was es gewesen war. Aber es fühlte sich gut an und solange das so blieb, hatten wir eine reelle Chance und die wollte ich nutzen.

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Heimkehr
FanfictionSamu & Sophia Teil 3. Fortsetzung von "Von der Muse geküsst" und "Klimawandel". Inklusive der beiden OS in meinem Account zu finden. Nach Sophias Rückkehr nach Los Angeles scheint die Trennung von Samu endgültig. Wäre da nicht noch etwas, was sie in...