„Alex, sag mir, dass DAS nicht wahr ist!" meinte ich, sah ihn wütend an und deutete auf Mina.
„Okay! Hör mir zu." Meinte er ruhig und hob die Hände. „Du denkst wahrscheinlich gerade was ganz anderes."
„Was soll ich denken? Sag mal, spinnst du eigentlich? Du denkst auch echt du hast den goldenen Schwanz oder?" fuhr ich ihn an.
„Sophia! Hör mir zu!"
„N Scheiß tu ich! Ich fasse es nicht, dass ich so dumm war und mitgekommen bin.. Mit diesem Scheiß will ich nichts zu tun haben."
Ich stürmte Richtung Zimmertür, aber Alex kam mir entgegen und hielt mich fest.
„Hör mir zu!" meinte er eindringlich und sein Griff um meine Oberarme wurde fester.
„Lass mich los! Ich will es gar nicht hören."
„Samu weiß es."
Ich versuchte an ihm vorbeizugehen.
„Samu weiß es!" schrie er mich an und ich erstarrte.
„Was?" fragte ich und sah ihn ungläubig an.
„Er weiß es."
„Samu weiß was? Ich verstehe das nicht."
Alex ließ mich los, schnaufte und sah hilfesuchend über meine Schulter zu Mina.
„Ich versuche es dir seit Tagen zu sagen, aber ich weiß nicht wie."
„Du hast versucht mir WAS zu sagen?"
Wieder seufzte er und ließ die Schultern hängen.
„Das wir zusammen sind." Sagte er leise zum Teppichboden.
„Was?" Ich ging ein paar Schritte zurück, drehte mich um und sah zu Mina. „Aber ich hab euch gesehen."
„Du hast was gesehen?", fragte sie, schob die Decke beiseite und setzte sich in den Schneidersitz.
„Dich und Samu. Ich hab euch gesehen. In Berlin und heute auch. In der Halle."
„Und?" lachte sie leise.
„Ich hab...ihr seid...es sah so aus, als ob...."
Nochmal kramte ich in meinen Erinnerungen, wie die beiden engumschlungen an der Bühne standen, Samu ihre Stirn küsste und sie sich an ihn lehnte. Ich verstand die Welt nicht mehr. Fragend sah ich zwischen den beiden hin und her. Alex war aus der Tür getreten und deutete auf den Sessel vor dem Fenster, in den ich mich fallen ließ und sah wie Alex auf der Bettkante mir gegenüber, neben Mina Platz nahm.
„Du magst vielleicht gesehen haben, dass wir uns gut verstehen, aber jetzt mal ehrlich: Du kennst ihn um Längen besser als ich und das er ein wenig touchy ist, das dürfte dich nicht wirklich wundern. Obwohl ich da heute Nacht schon das Gefühl hatte, dass er ein wenig auf Alibisuche war, als wir dich da bei Alex entdeckt haben."
„Willst eigentlich noch irgendetwas von mir haben? Erst Samu, jetzt Alex. Willst du mal in meinem Koffer nachschauen. Vielleicht findest du da noch ein paar Sachen, die dir gut gefallen."
Mina schnaufte und stütze ihren Kopf auf beide Hände.
„Wenn du denkst, dass ich mich in deine Beziehung eingemischt habe, dann bist du auf dem Holzweg."
„Ich verstehe kein Wort." Meinte ich und sah Alex an.
Und dann fingen die beiden an zu erzählen. Mina erklärte die ganze Sache mit Samu. Vom Kennenlernen bis hin zu den Treffen mit Alex. Alex beteuerte, dass er es mir nicht am Telefon sagen wollte und die ganzen Tage nicht den Mut aufbringen konnte mir die Wahrheit zu sagen und er fast dankbar gewesen war, dass ich ihn nicht nach Mina gefragt hatte. Er war überfordert gewesen mir seine Beziehung nun auch noch unter die Nase zu reiben, nachdem ich ihm zuliebe bereit gewesen war irgendwie mit Samu klar zu kommen. Alex hatte das Gespräch, vor dem er Angst gehabt hatte, immer weiter aufgeschoben und nun saßen wir hier.
Ich konnte eigentlich nicht so wirklich glauben, was ich zu hören bekam und ich saß die ganze Zeit nur stumm im Sessel und hörte zu.
„Tut mir leid, dass du es jetzt so erfahren hast. Das war nicht der Plan."
Ich schüttelte nur den Kopf und strich meine Haare zurück.
„Ganz ehrlich. Du hast nicht erwartet, dass ich jetzt hier einen Luftsprung mache, oder? Was ist das hier?"
Ich stand auf und blieb vorm Bett wieder stehen.
„Es tut mir leid." Meinte Alex kleinlaut. „Es hat sich alles irgendwie so entwickelt."
„Ja und ich bin die Letzte, die davon erfährt. Da hab ich wirklich mehr von dir erwartet. Ich mache mir einen Kopf, dass du dir hier Umstände machst und tagelang versuchst alles von mir fernzuhalten und eigentlich weiß hier jeder was los ist und du zwingst damit auch alle anderen auf den Zug aufzuspringen? Wie stehe ich denn dar? Wie eine Bekloppte, mit der man nicht reden kann. Erst gehen mir alle aus dem Weg und verkriechen sich, weil du mich hier verkaufst, als sei ich eine tickende Zeitbombe und jetzt kommt das noch dazu. „Oh. sagt bloß nix Sophia, die flippt sonst aus." Weißt du wie unangenehm mir das ist?"
„Sophia, niemand hält dich hier für eine Bekloppte." Sagte Mina.
„Danke. Deine Einschätzung interessiert mich gerade wirklich am wenigsten."
Sie zog nur die Augenbrauen hoch und lehnte sich an das Kopfteil des Bettes.
„Kommst du dir eigentlich nicht selbst bescheuert vor?" fragte ich sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du bist das in der falschen Reihenfolge angegangen."
Mina schüttelte den Kopf und sah auf die Bettdecke vor sich. Noch bevor Alex irgendwie Partei ergreifen konnte meinte sie:
„Wow. Ich hab gehört, dass du impulsiv bist, aber interessant zu sehen, dass da noch immer ein Funken Eifersucht zu sein scheint. Überrascht mich gar nicht so sehr."
Ich holte gerade Luft und wollte zurückschießen, aber da stand Alex schon vom Bett auf und stemmte die Arme in die Hüften.
„Okay. Stop! Ich weiß, dass das hier ein Kampf ist, den keine von euch beiden gewinnen wird. Als entweder zieht ihr euch jetzt Bikinis an und wälzt euch im Schlamm und ich sage eben den anderen Jungs Bescheid, damit sie auch was davon haben, oder du gehst jetzt schlafen und wir reden morgen darüber. Wir haben alle zu wenig gepennt und denken nicht mehr so ganz klar. Ich will hier keinen Stress. Bitte!"
Alex legte die Hände an meine Schultern und sah mich flehend an.
„Ich glaub das alles nicht." Meinte ich leise und ging Richtung Tür.
„Wir sehen uns morgen, okay?"
Ich sagte gar nichts mehr, öffnete die Tür und ging den Flur zu meinem Zimmer runter.
„Sophia!" rief er leise über den Gang und ich drehte mich um, als ich die Schlüsselkarte in den Schlitz steckte.
„Ja. Okay.!" Sagte ich nur betrat mein Zimmer.
Ich war froh so müde zu sein, damit ich mir den Kopf nicht mehr allzu lange zerbrechen konnte. Ich war verletzt, dass Alex mir seine Beziehung verheimlicht hatte. Ich war verwirrt, dass diese Frau ausgerechnet Mina war, von der ich vor einer Stunde noch gedachte hatte, dass sie Samus Freundin war. Warum sie? Lang und breit hatte sie mir erläutert, dass sie für ihn nie wirklich die Gefühle gehabt hatte, die für eine Beziehung notwendig gewesen wären. Das hatte auf Gegenseitigkeit beruht und sie hatte relativ schnell erkannt, dass er in Gedanken immer noch woanders war. Deswegen war sie bei ihm ausgezogen und auch der Versuch danach scheiterte kläglich. Nachdem ich in LA angekommen war, hatte ich mich ständig nur gefragt, ob es ihm eigentlich genauso schlecht ging wie mir und nachdem ich Samu und Mina in Berlin gesehen hatte, war die Sache für mich klar gewesen. Er hatte schnell Ersatz gefunden und ich hatte ihm die Entscheidung nur abgenommen, als ich in auf der Straße hatte stehenlassen. Das war auch der Grund gewesen, warum ich nie wieder etwas von ihm gehört hatte. Er hatte sein Glück gefunden und ich war kein Teil mehr davon gewesen. Nun eröffnete sich mir ein vollkommen neuer Blickwinkel. Mina hatte mir erzählt, dass es ihm sehr schlecht gegangen war und er sich wochenlang von allem abgeschottet hatte. Vielleicht wäre ich Samu ganz anders gegenübergetreten, hätte ich gewusst, dass ihm meine Abreise nicht egal gewesen war. Auf mich hätte es gewirkt, als hätte er einfach nicht den Mut gehabt mich einfach abzuschießen, um mit Mina zusammen zu sein. Ich hatte nicht erwartet, dass er nochmal um mich kämpfen würde. Nachdem was er getan hatte, hätte es für mich in dem Moment sowieso kein Zurück gegeben, aber dass er mich augenscheinlich einfach ersetzt hatte, hatte alles für mich in Frage gestellt, was wir gehabt hatten. Diese Beziehung war von Verlustängsten gepeitscht gewesen. Auf beiden Seiten und am Ende hatte ich gedacht, dass es ihm nur Recht gewesen war, dass ich verschwand. Nun eröffnete man mir hier, dass es so nicht gewesen war. Das machte zwar nicht gut, was er vorher getan hatte, es stellte ihn in ein anderes Licht.
Das ich hier die Letzte war, die von Alex und Mina erfuhr ärgerte mich wirklich. Vor allem, weil Alex mich darstellte, als wenn er nicht mit mir reden konnte, machte mich traurig. Ich wollte nicht, dass andere so über uns dachten, weil wir so nicht waren. Jedenfalls waren wir so nie gewesen.
Als ich am frühen Vormittag erwachte, war das Gefühl immer noch dumpf. Ich hatte versucht nochmal einzuschlafen, aber es irgendwann aufgegeben. Ich war duschen gegangen, hatte mir eine blaue Jeans und ein hellgraues Sweatshirt angezogen, war in meine weißen Chucks geschlüpft und zum Frühstück in das Hotelrestaurant gegangen. Das Büffet war Gott sei Dank noch nicht abgebaut und ich füllte meinen Teller mit einem Haufen Obst und einem Laugenbrötchen, bestellte mir einen Kaffee und verzog mich in die Ecke an einen der vielen Tische. Draußen schien die Sonne und schien mich zu verspotten. Nach dem Konzert heute Abend sollte es direkt weiter nach Wien gehen und ich wusste nicht wirklich, wie ich mit der ganzen Situation umgehen sollte. Ich war der letzte Mensch, der Alex sein Glück nicht gönnte, aber so außen vor gelassen zu werden und auch unter welchen Bedingungen man mir das eröffnete, ließ mich bei Weitem nicht kalt.
Während ich in meinem Obst herumstocherte und auf meinem Handy Emails checkte, stand plötzlich Samu an meinem Tisch. Er hielt einen vollen Teller in der Hand und sah auf mich runter. Seine Haare waren noch nass und zurückgekämmt, er trug eine schwarze Jeans und ein weißes Langarmshirt und guckte noch etwas verschlafen aus der Wäsche.
„Darf ich hier sitzen?", fragte er.
Ich nickte nur und piekte ein Stück Ananas auf meine Gabel.
Er ließ sich auf den Stuhl gegenüber von mir fallen und der Teller klapperte auf dem Tisch.
„Alles okay?"
Ich sah auf und seufzte.
„Ja. Alles okay." Log ich einsilbig und schob mir die Gabel in den Mund.
„You look sad."
Ich wusste nicht wirklich, wie ich reagieren sollte. Ihm mein Herz auszuschütten kam mir komisch vor. Ihm etwas vorzuspielen brachte mich nicht weit. Samu kannte mich. Ob er das überhaupt hören wollte oder darüber sprechen wollte, stand auch auf einem anderen Blatt. Immerhin ging es indirekt auch irgendwie um uns und nichts lag mir ferner, als mit Samu nochmal über unsere Beziehung zu reden.
„Ich kann sitzen somewhere else. Ist okay." Meinte er und sah mich fragend an, während er schon den Tellerrand umfasste.
„Nein. Bleib. Ist schon in Ordnung."
„Hast nicht so gut geschlaft?"
„Geht so. Die Nacht war noch etwas länger als geplant."
„So you guys where working after we arrived here?"
"Nein. Wir haben geredet." Sagte ich leise und trank einen Schluck Kaffee, während Samu sich Rührei in den Mund steckte.
Hätte man mir vor einer Woche gesagt, dass ich mit Samu Haber in einem Hotel in Zürich zusammen am Frühstückstisch sitzen würde... Das war undenkbar gewesen. Jetzt gerade fühlte er sich aber an, wie das kleinere Übel. Lieber würde ich hier auch noch zum Lunch und Dinner mit ihm sitzen, anstatt mit Mina und Alex auch nur eine Schüssel Obstsalat zu essen.
„Okay." Brummte er, trank einen Schluck Kaffee und machte dann große Augen. „Ooooh. Okay. You talked."
Ich nickte.
„Japp."
„So Alex told you."
„Und Mina."
„Oh! Zusammen?"
"Ich hab ihm sein Portemonnaie gebracht, da lag Mina in seinem Bett."
Samu biss die Zähne aufeinander und zog eine Grimasse.
„He really wanted to tell you die ganze Woche."
"Das hat er auch gesagt."
„So you're mad?"
Ich nickte.
„Ich komme mir ziemlich bescheuert vor, dass ich es als letztes erfahre und ich bin auch nicht so gut auf Mina zu sprechen."
Samu sah auf seinen Teller runter und fixierte sein Rührei.
„Ich will das jetzt nicht durchkauen. Ist schon in Ordnung."
„No. Ist okay. I understand, dass du willst reden darüber."
„Ich war einfach sehr überrascht. Ich habe bis heute Nacht noch gedacht, dass du mit Mina zusammen bist."
Er zog die Augenbrauen hoch und legte den Kopf schief.
„Warum?"
„Sah für mich so aus. Auch das sie hier ist und mit der Vorgeschichte, die mir bis dahin bekannt war. Da habe ich Eins und Eins zusammengezählt."
„We're not."
„Das weiß ich jetzt auch."
„So sie hat dir erzählt alles?"
Ich nickte und zupfte das Salz gedankenverloren von meinem Brötchen runter.
„Am liebsten würde ich jetzt einfach abreisen. Aber das bringt Alex und mich nun auch nicht weiter. Ich hatte mich gefreut mit ihm zu arbeiten und es lief so wahnsinnig gut."
„Ja. Die song is so, so great."
„Aber jetzt ist die Stimmung total gedrückt und ich weiß nicht so richtig, wie ich das so schnell verdauen soll."
„I understand, but you should't go now. That would kill him. You guys were finally good together und jetzt ihr müsst das klären. Running away ist nicht so gut."
Ich sah ihn kritisch über den Rand meines Kaffeebechers an und Samu lachte.
„Sorry. I know. I used to do that, too. Das ist stupid."
Er stellte den Becher ab und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
„Maybe es ist besser, wenn ihr redet nicht heute. Erst morgen. So du hast eine bisschen Zeit to think about all this. I don't want you to fight."
„Das hatte ich auch nicht vor, aber das ist alles ein wenig viel auf einmal. Ich komme sowieso nicht mit in die Halle. Ich wollte erst später kommen. Ich denke ich verschiebe das noch und komme erst nach der Show. Mir ist es nicht so leicht gefallen hier mit dir auf einem Haufen zu sein und ich habe das nur für Alex gemacht und natürlich wollte ich mit ihm arbeiten. Aber dafür muss die Chemie auch stimmen. Jetzt gerade habe ich da keine Lust zu."
Samu presste die Lippen zusammen und nickte.
„I understand that. Take your time. So ich ihm sagen?"
"Würdest du? Ich will einfach unnötigen Diskussionen heute aus dem Weg gehen."
„Sure."
„Danke."
„But can you promise me, dass du fährst nicht nach Hause?"
"Nein. Das mache ich nicht. Nicht ohne mit ihm geredet zu haben. Aber heute ist das kein guter Plan."
„If it makes you feel a little better: Mina and Alex are really happy." meinte er leise.
"Es ist ja nicht so, dass ich ihm das nicht gönne."
„Aber?"
„Ich muss das erstmal verdauen. Wenn ich mich jetzt heute mit ihm zusammensetze, dann endet das nachher nicht gut. Das will ich auch nicht."
„Ich nicht auch. Nobody."
„So du kommst heute Abend zu die Halle?"
„Ja, ich nehme mir ein Taxi."
„We'll leave in a few minutes. Ich muss holen meine stuff aus die room."
„Ich komme mit hoch."
Es fühlte sich immer noch surreal an mit ihm zu reden und als wir nebeneinander an der Wand des Fahrstuhls lehnten und schwiegen war die Stille wieder unangenehm. Aber über was sollten wir reden? Über das Wetter. Ich stieg eine Etage unter Samu aus dem Fahrstuhl und drehte mich noch kurz um, bevor die Türen sich schlossen. Er lehnte noch immer an der Wand des Lifts, lächelte und hob die Hand.
„Bis nachher." Meinte er, als sich die Tür wieder schloss.
Den Tag verbrachte ich auf meinem Zimmer. Ich war noch immer müde von der langen Nacht und verstand fast nicht, woher die anderen die Energie nahmen heute Abend wieder auf der Bühne zu stehen. Ich schlief noch ein wenig. Die Lust mir die Stadt anzugucken fehlte mir irgendwie und ich sah fernsehen, beantwortete weiter meine Emails und telefonierte kurz mit Sarah, die noch immer in Dubai festsaß. Joonas hatte Bilder aus seinem Urlaub in Südafrika geschickt, die ihn auf dem Tafelberg in Kapstadt zeigten. Neben ihm stand eine brünette Dame mit kurzen Haaren, Jeansshorts und einem schwarzen T-Shirt. Das musste Annina sein, mit der er sich schon ein paar Monate traf, wie ich es am Rande mitbekommen hatte. Alex war allerdings davon überzeugt gewesen, dass es sich hier nicht um die große Liebe handelte. Während ich noch mit Joonas ein paar Nachrichten hin und herschickte, tauchte Alex in meinem Nachrichtenverlauf ganz oben auf.
„Ich hab kaum geschlafen und zerbreche mir den Kopf."
„Zu Recht." Antwortete ich.
„Es tut mir leid, dass ich nicht den Mut hatte mit dir zu reden. Vielleicht verstehst du meine Situation etwas. Samu meinte du kommst erst nach dem Konzert und das du nachdenken willst. Das verstehe ich."
„Ja. Ich komme später dazu."
„Bitte sag mir nur, dass du mir nicht den Kopf abreißen oder nach Hause fahren wirst."
„Ich habe wirklich überlegt abzureisen, aber das bringt uns nicht wirklich weiter oder? Die Songs wären mir jetzt fast egal gewesen, aber wir haben uns endlich wieder so richtig gut verstanden und ich möchte nicht, dass das im Raum steht, bevor ich nach Hause fahre."
„Dann bin ich beruhigt. Die meckern schon mit mir, weil ich nicht richtig aufpasse. Ich muss auch weitermachen. Wir sehen uns später, okay?"
„Okay."
Am Abend traute ich mich dann doch aus dem Hotel, ging etwas essen und bummelte ein wenig durch die Straßen, bis ich meine Sachen aus dem Zimmer holte und mit dem Taxi zum Hallenstadion fuhr. Die Show war fast zu Ende und ich räumte meinen Sachen in den Bus, nahm mir eine Flasche Wasser und setzte mich im Cateringbereich auf einen der Stühle, bis die Musik verstummte, der Applaus ertönte und ich Stimmengewirr auf dem Flur vernahm.
Sami kam als erstes in den Raum, grinste und umarmte mich, während ich mich quietschend versuchte von seinem verschwitzten Körper zu befreien, was ihn nur noch mehr lachen ließ. Nach und nach trudelten die Band und einige Leute des Orchesters ein. Als letztes stand Samu in der Tür, grinste, klemmte sich eine Zigarette zwischen die Lippen und verschwand direkt wieder. Nach und nach verabschiedete sich jeder und ging duschen und ich blieb mit Niila allein im Catering sitzen, während viele Leute, durch den Gang liefen, ihre Sachen zusammensammelten und zu den Bussen trugen. Dann erschien Alex im Türrahmen. Er sah mich an wie ein geprügelter Hund, nahm sich ein Bier und setzte sich zu mir an den Tisch, als Niila auch aufstand, um seinen Koffer zu holen.
„Bist du fertig?", fragte ich.
„So gut wie, ja."
„Wann fahren wir los?"
„Ich denke so in einer Stunde."
„Ich hab den halben Tag geschlafen. Wie lang ist die Fahrt?"
„Lang. So 7 oder 8 Stunden. Ich bin ganz froh darüber. Ich bin etwas erschlagen und muss dringend schlafen. Vielleicht lege ich mich gleich schon hin, bevor wir losfahren. Außer du willst reden."
Ich schüttelte den Kopf.
„Nicht mehr heute. Du bist müde und ich weiß eigentlich immer noch nicht so richtig, was ich sagen soll. Wir haben morgen den ganzen Tag. Obwohl, ich weiß ja nicht, wie das bei dir ist. Du willst ja vielleicht den freien Tag auch lieber mit deiner Freundin verbringen."
„Nein. Das ist alles geklärt. Wir beide hätten uns ja sonst auch gesehen. Ich sehe Mina jeden Tag und auch jede Nacht. Ich kann aus dem ganzen Trubel hier gut mal raus. Außerdem weiß sie, wie wichtig mir das ist, dass wir gut miteinander sind."
„Ich möchte auch nicht, dass etwas zwischen uns steht, aber heute geht das nicht. Ich komme mir noch immer blöd dabei vor zu wissen, dass ich die einzige Ahnungslose war und mich auch so sehr über Samu geärgert habe, weil ich dachte das hätte ihm alles nicht so viel bedeutet wie mir und er hätte sich eine schöne Zeit gemacht, während ich mir in LA die Augen ausgeweint hab."
„Ich habe nicht gewusst, dass du dachtest die beiden seien ein Paar oder dass du sie gesehen hast. Hättest du mal was gesagt. Ich wollte dich nicht unbedingt auf Samu ansprechen, weil ich ja nicht wusste wie du reagierst."
„Und ich wollte nicht darüber sprechen, weil ich Angst hatte, dass du denkst ich würde da noch irgendwelche Hoffnungen hegen oder dich noch mehr zwischen die Stühle schieben, als du eh schon warst. Wenn ich dir gesagt hätte, was ich dachte und, dass ich Mina und Samu gesehen habe, hättest du was gesagt?"
„Natürlich. Ich wollte dich nicht anlügen."
„Nichts zu sagen ist auch irgendwie lügen oder? Hatten wir das Thema nicht schon, als es um dich und mich ging?"
„Ja, ich weiß. Als wir gestern im Bus saßen, wollte ich wirklich etwas sagen, aber dann warst du so einsichtig mit allem und hast mit Samu geredet. Ich wollte das nicht gleich wieder alles kaputt machen. Ich bin ja froh darüber, dass ihr irgendwie klarkommt."
Ich nickte.
„Wir haben heute Morgen zusammen gegessen."
Alex grinste.
„Hat er mir erzählt, als er meinte, dass du erst nach der Show kommst."
„Geh dich hinlegen. Ich helfe hier mit."
„Wirklich?"
„Hau ab! Passt schon. Wir sehen uns morgen."
„Danke." Meinte er und stand auf. „Mina ist schon im Bus. Wir reden morgen?"
Ich nickte.
„Schlaf gut."
„Du auch."
Ich ging in die Halle und half ein paar der Boxen rauszuschieben, bevor ich mit Sami und Osmo vor dem Bus eine Zigarette rauchte und wir einstiegen. Ich ging direkt nach oben in die Lounge, ließ mich auf das Sofa fallen. An Schlaf war noch nicht zu denken, aber nun unten mit der Band zu sitzen war mir auch irgendwie unangenehm, nachdem ich nun wusste, dass hier alle eingeweiht gewesen waren. Ich kam mir noch immer total blöd vor und hatte heute Nacht keine Lust mehr da irgendwelche Dinge klarzustellen. Der Vorhang von Alex Koje, am anderen Ende des Ganges, war zugezogen. Wahrscheinlich schlief er dort schon die ganzen Tage gemeinsam mit Mina und kaum war ich aufgetaucht, hatte er sie direkt ausquartiert. Die mussten wirklich alle denken ich sei geisteskrank. Das ärgerte mich eigentlich am meisten. Alex hatte mich dargestellt, als hätte ich hier mit alles und jedem ein Problem und man müsste mich in Watte packen. So war es gar nicht. Außerdem war ich hier auch immer noch Gast und wollte mich nicht auch noch jemandem aufdrängen.
Ich holte meine Gitarre aus der Tasche und klimperte wahllos herum. Unten wurde noch gelacht und wahrscheinlich der Abend nochmal durchlebt. Einzig und allein Riku war vor mir die Treppe hochgegangen und hatte sich auch in seiner Koje verzogen. Ich sah auf, als ich Schritte auf der Treppe hörte und Samu den Gang runterkam.
„Hey." Meinte er leise. „Want company?"
Ich zuckte die Schultern.
„I have wine." Grinste er.
„Ist das ein Bestechungsversuch?"
„Ja." Lachte er und stellte den Wein und 2 Gläser auf den Tisch.
„Okay?", fragte er.
Ich nickte und legte die Gitarre beiseite.
„Habt ihr eine bisschen geredet?", fragte Samu, goss Wein in die Gläser und reichte mir eins.
„Ja. Kurz. Kannst du verstehen, dass ich mir blöd vorkomme?"
„Why? Wegen Mina?", flüsterte er.
„Eher weil hier jeder davon wusste. Alex hat alles von mir ferngehalten, ohne dass ich das verlangt habe und dann stellt er mich hin, als könnte man mit mir nicht reden und zwingt somit eigentlich alle den Mund zu halten und mir irgendwie aus dem Weg zu gehen. Fehlt nur noch, dass Mikko reinkommt und ihm High-5 gibt, weil er von Anfang an dachte ich sei eine Wahnsinnige, die nur Ärger macht."
Samu lachte laut auf und warf den Kopf in den Nacken.
„Ja, du kannst lachen." Meinte ich und musste selbst grinsen.
„It's not like that." lachte er weiter.
"Doch genau so ist es." Meinte ich lachend. „Wo ist Mikko überhaupt? Nicht, dass ich ihn vermisse, aber ich hab ihn nicht gesehen."
„He was in Berlin, but left after the show. Liisa is pregnant, so er ist geflogen nach Helsinki, but he'll be back in a few days, I think. Ich habe nichts gehört von ihm. But back to topic. Nobody things, dass du bist crazy in deine Kopf. I mean, come on, these guys are no strangers for you. They were thinking, dass ich bin crazy. Riku was really mad with me, when all this Mina thing started. He told me, that I might burn my fingers."
Samu trank einen Schluck Wein und sah auf den Tisch.
"And I did." Fügte er leise hinzu.
Ich sah etwas verschämt auf meine Hände und wir schwiegen eine Weile, in der niemand den anderen ansah.
„Wow." Meinte ich leise. „Ist das jetzt das Gespräch, von dem ich nicht dachte, dass wir es jemals führen würden?"
Samu grinste.
„I brought wine. What do you think?"
Ich zog den Mund schief und seufzte.
„Nach den ganzen Geständnissen heute vertrage ich das auch noch. Was soll mich noch schockieren."
Er legte den Kopf schief.
„Was ist los in deine Kopf?"
Ich sah ihn an und wartete.
Er nickte.
„Come on!"
„Als ich dich mit Mina gesehen habe, dachte ich, dass du einfach nicht den Mut hattest dich zu trennen und ich dir das abgenommen habe. Ich dachte du wärst nur erleichtert gewesen und frisch verliebt, während ich in LA mein Leben irgendwie neu ordnen musste und so wahnsinnig traurig war."
Samu schnaufte und trank von seinem Wein.
„Ich war traurig auch. Sehr traurig. Aber ich war so sick and tired of fighting and I knew, dass ich kann nicht wieder gutmachen. No matter what I would do."
Ich griff nach meinem Glas und sah auf den Wein.
„Everytime I was with Mina, I thought I was really clear in meine Kopf and in fact, she is the one, who told me, dass meine heart macht eine andere Ding als meine Kopf. She knew, dass ich war still in love with you. Und als wir waren in Australia, she was the one again, who openend my eyes and told me, that I don't have feelings for her. I think I was just trying to numb the pain. All this fighting and hurting. Hell. We were crazy."
Er lachte leise und sah auf den Tisch.
"And after you came back to Helsinki you were so different. Nervous, shy,... I don't know. Not the person, die ich habe gekannt. I felt like I had a warning sign auf meine Kopf."
"Ich wollte einfach nichts falsch machen."
„I know. But that wasn't you. And I wasn't me. That was shit. Mina told me, that she thought, we switched rolls. And that made sense to me. You were the one, who always heard what's on your mind and I have always been impulsive, following feelings. Suddenly es war andersrum and then everything exploded. I don't remember having Streits like we had. That was crazy."
Ich nickte und sah zu ihm rüber.
„Vielleicht hatten die anderen Recht. Vielleicht waren wir einfach toxisch."
Er überlegte und sah wieder auf den Tisch.
„Or maybe we both did spend too much time with fighting our own demons instead of doing it together." Sagte er leise und trank von seinem Wein.
"Kannst du verstehen, dass ich mit der Situation mit Alex und Mina etwas überfordert bin. Bis gestern war sie für mich einer der Gründe, warum das am Ende alles so eskaliert ist."
„Ja. I understand, dass es ist eine surprise for you, but Mina ist nicht die bad ass in diese story. Ich bin. I know, that it wasn't right was ich habe gemacht. I shut my feelings off, weil ich war tired of being hurt again and you knew, dass ich hatte eine problem mit meine trust. You couldn't change it. Mina could. In that moment. I had high expectations about us being together again and everything was so different. I couldn't handle this and without Mina I would still be like I was in that time."
Wieder schwieg er und überlegte eine Weile.
„Wenn Alex hadn't push you, you would't had come back to Helsinki again. He made you think in a different way. And that is pretty close to that, what Mina has done with me. Wir waren nicht so good mit talking all the time und da war nicht so viel understanding for each other. What you think about Mina, is the same, was ich habe gedacht uber die Joonas guy. We broke up and then I saw you with him. Kissing, watching ice hockey, dancing. I felt like you didn't give a fuck about what have been between us and found someone new. I know, dass es ist nicht dieselbe situation, but I think the feelings are the same. Jealousy. Disappointment. Pain."
"Natürlich war ich eifersüchtig. Aber zwischen mir und Joonas ist ja auch nie was gelaufen. Das sieht bei dir ja etwas anders aus." Meinte ich und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„I know, dass es war nicht right and I'm sorry for that, but if I haven't met Mina, wir würden nicht sitzen hier und talk"
"Du verkaufst es mir gerade, als sollte ich ihr für irgendetwas dankbar sein. Das überlasse ich dir."
„Thank you."
Er grinste.
„Don't make Alex do a decision."
"Das tue ich nicht. Nichts ist mir so wichtig, wie die Freundschaft zu ihm."
„They are happy. Really happy and deep in love. Du hast nicht gesehen, but I did."
„Ja, ihr alle. Nur ich nicht."
„Was soll er sagen zu dir? „Hey Sophia, by the way, my new girlfriend is the girl who fucked your ex-boyfriend."? Come on. That's not easy to tell."
Wir mussten lachten.
"Give it a chance. And give HER a chance."
Ich seufzte und schwenkte den Wein hin und her.
„But first you should give Alex a chance. Believe me, he had a tough time, too. Not only us. That is why I wanted to talk to you that night in Berlin. He had this bad feeling, weil er wollte sagen dir diese Ding mit Mina and there has been the problem with us. I feel really sorry for him. So this is not about you or me or Mina. This is about Alex."
"Das weiß ich."
"Good. Focus on that."
"Woher die Weisheit, Herr Haber.?"
Er lachte und zuckte mit den Augenbrauen.
„I learned von meine mistakes."
"Das ist alles wie eine schlechte Dailysoap."
„Ja. Eine bisschen. But it's not getting boring. So that's the good news."
Er gähnte und legte den Kopf in den Nacken.
„Still working?", fragte er und rieb sich ein Auge, als er sich mit den Unterarmen auf den Tisch lehnte.
„Ehrlich gesagt nein. Ich habe nur ein wenig rumgeklimpert und jetzt bin ich doch müde vom Wein."
„Me too. It's a long drive and I really need some sleep."
Ich blieb sitzen, bis Samu aus seiner Jeans geklettert war und seinen Pulli und die Hose in die Tasche gestopft hatte. Barfuß, in Boxershorts und einem weißen T-Shirt, tapste er den Gang runter, kam mit 2 Flaschen Wasser zurück, wovon er eine auf mein Bett legte, bevor er in seine Koje kletterte.
Ich packte meine Gitarre ein, pellte mich auch aus meiner Hose und stieg ins Bett. Als ich mich auf die Seite drehte, lag Samu mir gegenüber und sah mich an. Das wir wirklich nochmal mit einem Wein zusammen sitzen und in aller Ruhe reden würden, hätte ich niemals für möglich gehalten. Ohne irgendwelche Vorhaltungen beiderseits oder Auseinandersetzungen. Die Wut über das Ende unserer Beziehung war schon lange verflogen. Das war mir heute noch mehr bewusst geworden.
Er lächelte und wir lösten beide gleichzeitig den Vorhang vom Klettverschluss.
„Samu?"
„Mmh?" er sah mich aufmerksam an.
„Danke."
Er grinste nur, fummelte weiter an dem Stoff herum und zog ihn zu.
„Good night, Miss pretty face."
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Heimkehr
FanfictionSamu & Sophia Teil 3. Fortsetzung von "Von der Muse geküsst" und "Klimawandel". Inklusive der beiden OS in meinem Account zu finden. Nach Sophias Rückkehr nach Los Angeles scheint die Trennung von Samu endgültig. Wäre da nicht noch etwas, was sie in...