Der Zombie hatte sich am Nachmittag aus dem Studio verabschiedet und ich hatte Ruhe zum Arbeiten, ohne mir den Kopf zerbrechen zu müssen, was mit meiner Freundin los war. Trotzdem hing mir das Gespräch mit Samu noch etwas nach. Er hatte sich nicht gut angehört, wirkte nicht gerade abgeklärt und eher wütend. Das klang für mich nicht unbedingt danach, dass er sich einen dicken Fehler geleistet hatte und nun bereute und hoffte, dass sie zurückkam. Ich konnte mir das nicht erklären. Sie war zwar schwierig, aber das wusste er und das hatte er sich ausgesucht. Ich wusste um Sophias Gefühle für ihn und das sie etwas so schlimmes getan hatte, dass er sie nun als „bitch" bezeichnete, die ihm zugesetzt hatte, ließ noch ein größeres Fragezeichen zurück.
Als ich gegen 9 das Studio verließ und die Tür abschloss, konnte ich meinen Kopf immer noch nicht ausschalten und beschloss zu ihr zu fahren. So konnte es nicht weitergehen. Lucas hatte mir geschrieben, ob wir was trinken gingen, aber er kannte mich zu gut und würde mich wahrscheinlich fragen was los sei. Ihm zu erklären, dass Sophia aus Helsinki zurück und wieder Single war, kam mir wie ein Vertrauensbruch vor. Ich wollte nicht mit ihrem Exfreund darüber reden. Der würde sich wahrscheinlich nur aus Gehässigkeit die Hände reiben, weil sie gescheitert war. Ich beschloss ihm erstmal aus dem Weg zu gehen, bis sie die Lage entspannt oder ich wenigstens Klarheit hatte.
Unangekündigt stand ich eine halbe Stunde später vor ihrer Haustür in Los Feliz und klingelte. Es dauerte einen Moment, doch dann öffnete sich die Tür. Vor mir stand nicht meine, wie aus dem Ei gepellte Freundin. Vor mir stand das, was sich wohl in ihrem Innersten verbarg. Die Wahrheit. Sie trug einen ausgeleierten, langen, hellgrauen Pulli, schwarze Yogapants, Socken und ihre Haare waren zu einen chaotischen Dutt gebunden. Sie trug kein Make up und sah aus, als wäre sie gerade erst aufgestanden. Sie war blass und sah mich kritisch an.
„Alex? Was machst du hier? Ist was mit dem Studio?"
„Hast du geschlafen?"
„Nein. Aber ich war schon im Bett. Was ist denn los?"
„Es ist noch nicht mal 10."
„Ist alles okay?"
„Das wollte ich dich fragen. Hast du ein paar Minuten?"
Sie schnaufte und trat genervt einen Schritt zur Seite und ließ mich rein.
Die Küche sah aus wie geleckt. Hier hatte niemand gekocht. Der Mülleimer war vollgestopft mit Plastikschachteln von „Soups & Salads". Das sie nicht unbedingt jeden Tag kochte, war nicht außergewöhnlich, aber das sah eher aus, als würde sie nur essen, um zu überleben. Auf dem Küchentresen standen mehrere leere Flaschen arschteurer Rotwein.
„Ist das ne neue Ernährungsweise, die ich noch nicht kenne? „Red and sick"? Rote Beete-Suppe und Rotwein?"
„Denk an mich, wenn du nen Burger isst."
Ich blieb an der Kochinsel stehen und drehte mich zu ihr um.
„Sophia, so geht's nicht weiter. Du siehst aus wie Scheiße, trinkst alleine und ich meine nicht nur mal n Glas abends beim Fernsehen, und ... Scheiße... ." Ich griff nach einer der leeren Flaschen und begutachtete das Etikett. „Weißt du eigentlich was du hier trinkst? Wieviel Kohle in leeren Flaschen steht hier? 1500 Dollar? Kommen Kanye und Kim auch zur Party?"
„1800Dollar." Meinte sie nur leise, ging weiter in den Wohnbereich und setzte sich auf die Sofakante. „Ich hab sie nicht gekauft, wenn es dir ums Geld geht. Das sind Geschenke."
„Mir ist scheißegal woher die kommen oder was du mit deiner Kohle machst, aber die Menge hat's in sich, Madame."
„Entschuldige Mama." Meinte sie sarkastisch. „Ich wusste nicht, dass ich dich vorher fragen muss."
„Sophia, ey. Bist du bescheuert?" Ich hielt ihr die leere Rotweinflasche entgegen.
„Ich hab die ja nicht alle heute getrunken."
„Seit wann bist du hier? Eine Woche? Das sind 1..2..3..4. 4 verdammte Flaschen."
„Ich hab nur 2 Gläser getrunken. Auch nur abends. Ich kann nicht schlafen. Ich bin getjetlagged. Nach 2 Gläsern geht's irgendwie."
Ich stellte die leere Flasche zurück auf den Tresen, ging zu ihr rüber, hockte mich vor sie, legte meine Hände auf ihre und sah sie ernst an.
„Erzähl mir bitte was passiert ist. Ich flippe bald aus. Du siehst aus wie der Tod auf Latschen und bist eigentlich nur körperlich anwesend."
Sie seufzte genervt, drehte den Kopf zur Seite und zog die Augenbrauen hoch.
„Ich hab dir doch gesagt, dass ich erstmal wieder ankommen muss. Ich bin gerade um die halbe Welt geflogen und hatte noch nicht wirklich Zeit mich wieder auf LA einzustellen. Das ging alles sehr schnell."
„Wie schnell?"
„Alex." Schnaufte sie, schob meine Hände zur Seite und stand auf. „Ich will einfach nur schlafen und gib mir bitte einfach Zeit, ok?"
„Nein." Sagte ich ruhig und stand auf.
Überrascht sah sie mich an.
„Ich gehe nicht, solange du nicht mit mir redest und mir sagst, was passiert ist. Wir können über jeden Scheiß sprechen. Mir scheißegal, ob Samu es verbockt hat oder du. Du weißt ich liebe dich und wenn du deine Oma zerstückelt in der Gefriertruhe beherbergst, ändert es nichts daran und ich helfe dir die Leiche wegzuschaffen. Wenn du mir erzählst, dass er ein dummer Wichser ist, dann werde ich ihn solidarisch hassen. Und wenn du mir sagst, dass du irgendeinen Scheiß gebaut hast und die Nummer deswegen den Bach runterging, dann werde ich dir sagen, dass du ne verdammt dumme Kuh bist, dich in den Arm nehmen und alles ist wie immer. Aber bitte rede mit mir!"
Sie sah mich an und zog die Stirn kraus.
„Es ist besser, wenn du gehst, ok? Ich will ins Bett. Du willst bleiben? Bitte. Fühl dich wie zu Hause. Da ist noch Rotwein. Gute Nacht."
Mit diesen Worten ließ sie mich stehen und ging die Treppe zum Schlafzimmer hoch. Etwas von ihr war also immer noch da. Ihr Stolz und ihre Sturheit schienen ungebrochen. Das erleichterte mich etwas. Sie kannte mich. Sie wusste, ich würde nicht gehen. Ich stand ihr da in nichts nach. Langsam folgte ich ihr die Treppe hoch und schob die Schlafzimmertür auf. Sophia lag im Bett, drehte mir den Rücken zu und hatte die Decke bis zum Hals gezogen. Überall auf dem Boden lagen Klamotten, die es nicht mehr bis ins Ankleidezimmer geschafft hatten. Draußen vor der Zimmertür stand der noch gepackte Koffer auf der kleinen Galerie. Angekommen war sie wirklich noch nicht. Es sah aus, als sei sie zurückgekommen und ins Bett gegangen. Jeden Tag. Durch das Licht, dass aus dem Flur ins Zimmer fiel, sah ich das halbvolle Rotweinglas auf ihrem Nachtschrank stehen. Ich ging rüber, griff nach dem Glas und kippte den Inhalt nebenan im Badezimmer ins Waschbecken.
„Du bist dir im Klaren darüber, dass ich nicht gehen werde, oder?"
Keine Antwort. Ich setzte mich auf die Bettkante auf der anderen Seite und sah sie an.
Demonstrativ drehte sie mir wieder den Rücken zu und zog die Decke noch höher.
„Du bist echt ne Pissnelke."
Keine Reaktion.
„Gut. Wie du willst. Ich habe Freunde, die bei „Occupy Wallstreet" in New York waren. Ich weiß wie das geht."
Ich ging in den Flur, schaltete das Licht aus, ging blind zum Bett zurück, kickte meine Sneakers von den Füßen und legte mich neben sie ins Bett.
„Ich habe Zeit." Meinte ich provokativ und verschränkte im Dunkeln die Arme vor der Brust. Im selben Moment kam ich mir blöd vor, da sie meine demonstrative Geste eh nicht sehen konnte.
Kein Ton kam von der anderen Seite des Bettes. Ich hasste diese Machtkämpfe mit ihr und ich befürchtete, dass ich in 3 Tagen noch immer hier liegen würde. Bei ihr war alles möglich und wenn es um ihren Willen ging hatte sie einen sehr langen Atem.
Ich starrte eine Ewigkeit auf den digitalen Wecker auf den Nachtschrank. 22:06Uhr. 22:25Uhr. 22:42Uhr.
Das würde ne lange Nacht werden. Irgendwann konnte ich nicht mehr in meiner Position verharren und drehte mich auf die Seite. Jetzt bloß nicht einschlafen.
Irgendwann hob ich wieder den Kopf und schielte auf den Wecker. 23:16Uhr. Langsam wurde ich auch müde. Das Bett war tierisch bequem und was waren das für Laken? Ich musste unbedingt mal zu „Bed, Bath and Beyond" fahren und mich beraten lassen. Meine Matratze war 7 Jahre alt und solche Laken kannte ich nur aus Luxushotels in Vegas, wo ich schon viele Male die Nacht zum Tag gemacht hatte. Hatte sie die mitgehen lassen? Ich dachte immer Hotels würden sowas irgendwo extra anfertigen lassen, damit die Leute länger blieben und auch wiederkamen. Wenn Sophia wieder mit mir sprach, würde ich sie fragen wo sie diesen geilen Scheiß herhatte.
„Er hat mich rausgeschmissen." Hörte ich es leise von der anderen Seite des Bettes.
Überrascht hob ich den Kopf und starrte im Halbdunkeln auf das weiße Laken unter dem ich Sophia vermutete.
„Er hat mich einfach rausgeschmissen." Wiederholte sie.
„Er hat gesagt ich hätte drei Tage meinen Scheiß zusammenzupacken und auszuziehen. Dann ist er einfach gegangen und ich hab ihn nicht mehr gesehen."
Ich legte meinen Kopf zurück auf das Kissen und hörte zu. Die ganze Story. Vom Einzug in Helsinki, über einen schlimmen Streit in Barcelona über das Haus hier, über Samus Zweifel gegenüber ihren Gefühlen, weil sie nicht sagte, dass sie ihn liebte bis zu dem Teil, dass sie sich endlich in Sicherheit gewogen hatte, alles gesagt war und er plötzlich Zeit einforderte wo keine war. Er sich sehr zurückgezogen hatte und dann plötzlich wieder Gas gab. Das sie damit nicht umgehen konnte und das Gefühl hatte, dass andere Leute stark an dieser Beziehung zweifelten. Auch den hässlichen Teil in dem sie alles beleidigte, was ihm was bedeutete und den Besuch bei seiner Mutter ließ sie nicht aus. Fuck! Sie war zu seiner Mutter gefahren! Das hätte selbst ich ihr nicht zugetraut. Sie musste wirklich verzweifelt gewesen sein. Sie war einsichtig, gab zu, dass sie zu weit gegangen war, dass es ihr leid tat, und dass sie ihn dafür verfluchte keine Gelegenheit mehr bekommen zu haben diese Sache richtig zu stellen. Sie gab sich allein die Schuld für das abrupte Ende und das war mehr, als ich je von ihr erwartet hatte. Ich wusste, dass Samu kein Arsch war und er diese Entscheidung sicherlich aus dem Affekt getroffen hatte. Sophia konnte einen zur Weißglut treiben. Dass er da überreagiert hatte, verstand ich. Sie wirkte nicht parteiisch, redete ihn nicht schlecht. Mehr war sie von Schuld zerfressen und kam mit sich selbst nicht klar. Wenn man mich gefragt hätte, hätte ich gesagt, dass beide es verbockt hatten. Samu schien grundsätzlich zu spät seine Fresse aufgemacht zu haben, wenn es um die Wurst ging. Hatte sie mit diversen Dingen unter Druck gesetzt. Wahrscheinlich weil er auch gedacht hatte, dass die beiden längst auf einer Ebene waren, wo das kein Problem mehr sein sollte, aber das hier war Sophia. Er hätte es besser wissen müssen. Aber ich verstand auch, dass er mit der Zeit mehr forderte. Das war doch normal. Sophia hingegen hatte wieder mit ihren eigenen Dämonen gekämpft und am Ende wahrscheinlich gewonnen, nur da war es zu spät gewesen und die Nummer war hochgegangen wie eine Bombe. Ein Moment in dem ich nicht gern dabei gewesen wäre.
„Warum hast du mich nicht angerufen?", fragte ich leise.
„Du hattest nen Arsch voll Arbeit und hättest mir am Ende gesagt ich soll bleiben wo ich bin, weil du gedacht hättest, dass ich wieder ein Drama veranstalte. Genau wie Mikko."
„Hättest du mir das so erklärt.... Sicher nicht. Da tust du mir Unrecht. Du weißt, dass ich auf deiner Seite bin. Nicht auf deiner, aber auf eurer. Scheint mir aber so, als wärt ihr am Ende selbst nicht mehr auf eurer Seite gewesen. Ihr habt gegeneinander gearbeitet. So hört sich das jedenfalls für mich an. Da habt ihr beide Schuld. Das hätte ich dir auch gesagt. Und wenn er dir sagt, du sollst dich innerhalb von 3 Tagen aus seinem Haus verpissen, hätte ich dir sicher nicht gesagt : „Bleib wo du bist." Damit hat er auch eine Grenze überschritten. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Scheiße."
Auf der anderen Seite des Bettes wurde es wieder ruhig. Eine ganze Weile schwiegen wir, bis ich merkte, dass sie weinte. Die ganze Woche hatte ich sie nicht einmal weinen sehen.
„Ich hab alles kaputtgemacht mit meiner Scheißwut über sein Verhalten. Ich hätte das einfach aussitzen und meine Klappe halten sollen, bis sich das eingependelt hätte mit meinem Job." Schluchzte sie.
„Ja. Das hättest du vielleicht." Stimmte ich zu. Ich rückte ein Stück an sie ran und legte ihr eine Hand auf die Hüfte. Zumindest dahin, wo ich sie vermute. „Oh Gott, bitte lass es ihr Hüfte sein." Dachte ich.
„Aber dann wärst du nicht du." Lachte ich leise.
Ich blieb einfach liegen und ließ sie heulen. Die Situation überforderte mich zwar irgendwie, aber ich hatte mich hier reinmanövriert und jetzt musste ich da durch. Ich wollte, dass es besser wird und wollte für sie da sein. Ich kannte dieses Mädchen schon so lange und so gut. Und ich hatte schon einige Männergeschichten mit ihr durch, aber so zerstört hatte ich sie noch nie erlebt. Nicht mal als sie ihren dauerkiffenden Freund in Deutschland verlassen hatte und nach LA gekommen war. Und das war schon hart gewesen.
Irgendwann gab es eine Regung unter der Decke und sie legte ihre Hand auf meine.
„Danke Alex."
„Hey. Ich hab mir bisher immer deinen Scheiß angehört. Das ist nix Neues."
„Dafür, dass du geblieben bist."
„Ich hätte dein Bett auch die nächsten Tage noch occupied. Gott sei Dank hast du jetzt schon geredet. Ich hatte schon Angst ich muss hier wochenlang ausharren."
Sie lachte leise.
„Hast du Tee?"
„Was?"
„Tee. Ich würde normalerweise jetzt n Schnaps mit dir trinken oder was von deinem arschteuren Bonzenrotwein, aber in deiner Verfassung und bei dem, was du Schluckspecht seit Tagen in dich reinkippst, wäre das kein guter Plan. Also, hast du Tee?"
„Ja. In der Küche."
„Gut. Bleib wo du bist."
Ich steig aus dem Bett, taumelte im Dunkeln zur Tür, stieß mit den Zeh am Bett, fluchte auf, schaltete das Licht im Flur ein und humpelte die Treppe runter.
Während der Wasserkocher sein Werk tat, tat ich Teebeutel mit irgendeinem Wohlfühl-Yoga-Kraut in 2 Becher und wartete. Mein Blick fiel wieder auf die leeren Rotweinflaschen. Memo an mich: Alkohol suchen, ins Auto packen und selbst zu Hause trinken. Mit Freude stellte ich fest, dass eine der Flaschen noch nicht ganz leer war. Ich setzte sie an und trank den letzten Schluck.
Da hatten sich die beiden tatsächlich in eine Situation hineinmanövriert, wo ich auch keinen Ausweg sah. Nachdem Sophia mir das alles erzählt hatte, konnte ich schlecht Samu anrufen und versuchen zu schlichten. Das wäre Sophia gegenüber nicht fair. Ich wollte für sie da sein und mich nicht einmischen. Ich wusste, was mein Job war und was nicht. Zumal sie auch nicht den Eindruck machte, ob sie das wirklich klären wollte. Sie schien schon einen Schritt weiter zu sein und hatte nur ein Problem damit, wie sie das verarbeiten sollte. Samu schien einfach nur sauer gewesen zu sein und hatte scheinbar auch kein Interesse an einer Versöhnung. Dafür war die Nummer, die sie sich geleistet hatte auch einfach zu groß. Das sah ich ein. Aber trotzdem hätte er ihr eine Chance geben können. Wenigstens um das sauber zu beenden.
Als der Tee durchgezogen war, nahm ich die Becher und balancierte sie zurück ins Schlafzimmer. Sophia lehnte am Kopfteil ihres Bettes. Sie hatte die kleine Lampe auf dem Nachtschrank angemacht und putze sich die Nase. Das Tempo wanderte zu 2 anderen, die neben dem Bett auf dem Boden lagen. Aus rotgeweinten Augen sah sich mich dankbar an, als ich ihr den Becher reichte.
„Keine Ahnung, was in diesem Beutel war, aber es riecht ein wenig wie Gras. Kann also nicht Scheiße sein." Grinste ich schief.
„Danke."
Ich kletterte wieder ins Bett und lehnte mich neben ihr ebenfalls an das Betthaupt.
Eine Weile schlürften wir an dieser Teebrühe herum, die leider so gar nichts mit Marihuana zu tun hatte, und starrten an die gegenüberliegende Wand.
„Ich vermisse ihn." Schniefte sie leise. „Ich kann nicht schlafen, nicht richtig essen und die Arbeit macht mir auch keinen Spaß."
„Dafür hast du aber ordentlich rangeklotzt und nen ganz guten Job gemacht. Aber falls es dich tröstet: Ich habe auch nicht wirklich viel Spaß daran, wenn so ein gefühlstoter Zombie neben mir sitzt, der nur das Nötigste mit mir redet."
Sie grinste schief.
„Tut mir leid. Ich habe bis heute nicht einmal geweint, seit ich aus Helsinki zurück bin. Im Moment fühlt sich hier alles fremd an. Ich hätte nicht gedacht, das sich das mal über dieses Haus oder LA sagen würde. Eigentlich war das hier immer mein Zuhause. Jetzt fühlt es sich nicht mehr so an. Alles hier erinnert mich an ihn. Ich sehe ständig Gespenster. Als ich einkaufen war, kam er mir zweimal bei „Whole foods" entgegen. Als er dichter kam, hatte derjenige aber doch keine große Ähnlichkeit."
Sie machte ein Pause und trank ihren Tee leer.
„Ich dachte das Tränenkontingent für Samu Haber sei vor Jahren aufgebraucht gewesen. Aber da lag ich wohl falsch. Sorry, dass ich hier so blöd rumheule."
„Ich bin froh, dass da anscheinend doch noch irgendwo ein Stück Sophia drin ist. Die letzte Woche warst du mir total fremd."
„Ich weiß. Ich mir auch. Ich fühle einfach nichts. Wie in Watte gepackt."
Ich stellte meinen leeren Becher auf den Nachtschrank.
„Ich lass dich jetzt auch in Ruhe. Mission „Occupy Sophia" war erfolgreich." Grinste ich triumphierend.
„Alex?"
„Mmh?"
Ich sah zu ihr rüber.
„Kannst du heute hier schlafen?", fragte sie fast schüchtern. „Nur wenn du willst."
„In diesen unverschämt geilen Laken mit einer heißen Blondine?"
Ich grinste und zuckte mit den Augenbrauen.
„Naja. Nicht ganz heiß. Eigentlich trägt sie nen Schlabberpulli, ne hässliche Hose, in der man ihren Arsch nicht sieht und sie hat n Vogelnest auf dem Kopf. Aber da ich bereits mit allen heißen Weibern dieser Stadt das Bett geteilt habe, ist das hier wohl das, was mein Karma für mich übrig gelassen hat."
Sie lachte und wischte sich über die Augen.
„Klar. Ich bleib hier. Aber wehe du schnarchst."
„Ich schnarche nicht."
„Ja. Das sagt ihr Frauen alle und am Ende liege ich die halbe Nacht wach und hör mir an wie du nen Baum zersägst. Mit nem Mixer."
„Du schnarchst. Immer wenn du im Studio pennst schnarchst du hinten auf dem Sofa."
„Ich schnarche nicht." Protestierte ich und kletterte aus dem Bett, um aus meinen Jeans zu steigen. Ich ließ sie bei ihrem anderen Kram und meinen Schuhen auf dem Boden liegen und verzog mich zu ihr unter die Decke.
Wir lagen mit dem Gesicht zueinander und sahen uns eine Weile an.
„Deine Frisur sieht echt Scheiße aus." Grinste ich.
„Deine auch." Lachte sie leise.
„Hast du ein Glück, dass ich auch deine hässliche Seite mag."
Sie streckte mir die Zunge raus.
Sie lachte wieder. Wenigstens ein wenig und das Gespräch fühlte sich wieder vertraut an. So wie immer. Als wäre sie nie weggewesen. Auch wenn sie mir leid tat und ich den beiden gern geholfen hätte, das Schiff irgendwie wieder auf Kurs zu bringen: Ich freute mich, dass sie wieder hier war.
Das Häufchen Elend neben mir sah mich etwas bittend an und ich gab schnaufend nach.
„Ja, komm her." Sagte ich gespielt genervt und hob die Decke ein Stück an. Kaum hatte ich mein Arm auch nur einen Zentimeter von der Matratze angehoben, schaltete sie das Licht aus und robbte an mich ran. Ich legte den Arm um sie und Sophia vergrub ihr Gesicht an meinem Hals.
„Danke Großer." Nuschelte sie.
„Dafür nicht."
2 Minuten später war sie eingeschlafen.
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Heimkehr
FanfictionSamu & Sophia Teil 3. Fortsetzung von "Von der Muse geküsst" und "Klimawandel". Inklusive der beiden OS in meinem Account zu finden. Nach Sophias Rückkehr nach Los Angeles scheint die Trennung von Samu endgültig. Wäre da nicht noch etwas, was sie in...