Nachdem ich Weihnachten mit Freunden in Barcelona verbracht hatte und meine Mutter zu Besuch gekommen war, war ich froh über Silvester wieder in Helsinki zu sein. Die Arbeit rief und ich hatte die Abende damit verbracht Bilder an meinem Laptop zu bearbeiten und an meinen Auftraggeber nach Spanien zu schicken. Samu war in Australien. Nach der endgültigen Trennung von Sophia hatte ich ihn kaum wiedererkannt. Er hatte sich verkrochen und ich hatte 2 Wochen nichts von ihm gehört, außer ein paar Nachrichten, in denen er mir schrieb, dass er noch etwas Zeit brauchte sich zu sortieren und einfach nur allein sein wollte. Ich verstand ihn. Ich wusste, was er für Gefühle für diese Frau gehabt hatte und ich wusste, dass er sich selbst die Schuld daran gegeben hatte, wochenlang mit sich und seinen Gefühlen zu hadern. Die beiden hatten eine schwere Zeit hinter sich gehabt und vielleicht hatte er seine Gefühle aus Selbstschutz abgeschottet. Ich war auch mal an so einem Punkt gewesen, hatte meine Gefühle aber nicht wiedergefunden. Bei Samu war es anders gewesen und am Ende hatten sich die Ereignisse völlig überschlagen. Die beiden hatten sich auf offener Straße in die Haare bekommen und obwohl Samu versucht hatte die Situation zu erklären, war Sophia davongerauscht und kurz darauf nach Los Angeles geflogen. Ich an ihrer Stelle hätte ich wahrscheinlich nicht anders reagiert. Sie hatte nichts von mir und Samu gewusst und auch nicht, dass sich das Thema längst erledigt hatte. Hätte ich vorher gewusst, dass die beiden sich wieder näher gekommen waren, wäre ich schon vorher ausgezogen. Ich gönnte ihm sein Glück und hatte mich gefreut, dass er anscheinend auf einem guten Weg war diese Sache wieder auf die richtige Spur zu bringen und sich wiederzufinden. Aber es war anders gekommen und nachdem Mikko den vollkommen aufgewühlten Samu, nach dem Auftritt bei Universal, nach Hause gebracht hatte, war es still um ihn geworden und ich ließ ihn in Ruhe. Erst 2 Wochen später rief er mich an und fragte, ob ich Lust hätte mit ihm zum Eishockey zu gehen und etwas zu Essen. Er hatte mich abgeholt und wirkte bei weitem gefasster, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er hatte berichtet, dass er mit Alex gesprochen hatte, dass Sophia nach LA zurückgeflogen war und wohl erstmal nicht wiederkommen würde. Die Freundschaft zu Alex bedeutete ihm viel und er hatte große Angst, dass er Alex mit Sophia verloren hätte. Dieser hatte aber wohl Verständnis gezeigt und sich alles in Ruhe angehört.
Samu wirkte an diesem Abend alles andere als distanziert. Ich genoss seine Nähe und ich wusste auch, dass er diese anscheinend bewusst suchte. 2 Wochen hatte er im Exil verbracht und alle sozialen Kontakt abgebrochen. Einfach nur um allein zu sein. Am Abend vorher war er das erste Mal wieder mit Freunden Essen gewesen, weil ein Geburtstag gefeiert wurde, den er nicht absagen wollte und auch einsah, dass er irgendwann wieder unter Leute musste. Die Proben für die Tour standen an und langsam musste er sich berappeln. Sicher war das nicht leicht, wenn einem der Kopf eher nach etwas anderem Stand, aber das war nun mal Teil seines Jobs. Show must go on. Und wahrscheinlich baute es ihn etwas auf, dass es bald in den Urlaub ging.
Der Abend mit ihm war wirklich schön gewesen. Ich konnte jedoch nicht einordnen, ob er meine Nähe sucht, weil er einfach nur jemandem nahe sein wollte oder ob er mit aller Gewalt den Schmerz zu betäuben versuchte. Ich war mir sehr sicher, dass es nicht um mich ging. Dafür hatte er zu sehr gelitten und das nicht erst in diesen zwei Wochen. Immer wieder hatte er den Arm um mich gelegt, mich an sich gezogen oder meine Schläfe geküsst. Den ganzen Abend. Als er mich vor meiner Haustür absetzte und ich mich verabschieden wollte, hatte er mich geküsst. Einfach so. Ohne Vorwarnung und ohne, dass ich das erwartet hatte. Ich wollt ihm nicht vor den Kopf stoßen. Meine erste Reaktion wäre gewesen ihn von mir zu schieben, aber ich wusste, dass er das nicht weggesteckt hätte. Obwohl er wusste, dass ich kein Trostpflaster sein wollte und deswegen damals bei ihm ausgezogen war, hatte er diese Grenze überschritten. Einfach so und wahrscheinlich ohne nachzudenken. Er ließ sich nur von seinem Gefühlen leiten, aber ich bezweifelte, dass er wusste, welche diese waren. Ich war zwar überrascht, aber es hatte sich gut angefühlt. Irgendwie vertraut. Es war ja nicht das erste Mal gewesen, dass wir uns küssten. Ich hätte gelogen, wenn ich nicht auch auf der Suche nach etwas Nähe gewesen war und hatte es geschehen lassen. Ob das richtig war, wusste ich nicht. Ich freute mich für ihn, dass er aufgehört hatte nur noch auf seinen Kopf zu hören, denn hätte er das getan, wäre das nicht passiert gewesen. Ich hatte meine Hand an seine Wange gelegt, mich von ihm gelöst und ihm eine gute Nacht gewünscht, als ich ausgestiegen war.
Am nächsten Tag hatten wir und bei den Proben für die Tour wiedergesehen. Samu hatte mich eingeladen und ich wollte ein paar Bilder machen. Als ich angekommen war, entdeckte ich Alex zwischen den vielen Leuten, der unter einem Pult hockte und mit Kabeln hantierte. Schon als ich ihn das erste Mal gesehen hatte, als ich mit Samu an der Ostsee Fotos gemacht und Alex ihm fast den Kopf abgerissen hatte, weil er Sophia in der Luft hängen ließ und anscheinend schon einen adäquaten Ersatz gefunden hatte, war er mir aufgefallen. Er war groß, gut gebaut, trug einen Bart und wirkte impulsiv und leidenschaftlich. Etwas, was ich schon immer anziehend gefunden hatte. Trotzdem war er irgendwie nicht der klassische Typ „Bad Boy", der mir sonst schnell in Auge sprang. Ich wusste von Samu, dass Alex eine ehrliche Haut war und ein großer Junge. Er hatte wohl nicht viel anbrennen lassen, hatte aber auch mit einer schlimmen Trennung gekämpft und den schlimmen Fehler begannen Sex mit seiner besten Freundin zu haben, die auch noch Samus Exfreundin war. Als ich ihn eines Abends in einer Bar getroffen traf und versucht hatte mit ihm ins Gespräch zu kommen, ließ er mich eiskalt abblitzen. Egal wie nett oder charmant ich war oder wie offensichtlich ich versucht hatte mit ihm zu flirten. Alex dachte nicht nur, dass ich ein Ersatz für Sophia war, er meinte auch, dass er Frauen aus Samus Dunstkreis besser auf Abstand hielt, weil er da schon zweimal ins Fettnäpfchen getreten war und keine Lust hatte noch weiter in dieses ganze Drama mit Samu verwickelt zu werden. Das er mir die kalte Schulter zeigte, hatte ihn nicht unbedingt uninteressanter für mich gemacht. Aber außer eine Antwort auf meine Begrüßung kam nicht über seine Lippen, al er da unter dem Pult kauerte. Ich hatte gemerkt, dass er ein paar Mal zu Samu und mir herrübersah. Ich hatte das Bild, was er von mir hatte eindeutig erfüllt. Samu wich mir den ganzen Tag nicht von der Seite, suchte meine Nähe und war anhänglich wie ein kleines Kind, obwohl ich jetzt nicht unbedingt mütterliche Gefühle für ihn hegte. Was da war, wusste ich nicht. Nach wie vor hatte ich ihn gern um mich und ich genoss jede Berührung, seine Aufmerksamkeit und das Gefühl, dass er gern bei mir war. Das war die letzten Tage vor Weihnachten nicht weniger geworden. Nach einer wilden Knutscherei und eindeutigem Gefummel, hatte ich ihn von mir geschoben.
„Was ist los?" hatte er gefragt.
„Ich weiß nicht. Das hier fühlt sich gut an. Ein wenig zu gut und ich weiß nicht so richtig, wohin das führt und was das überhaupt ist."
Samu hatte mich fragend angesehen und sich aufgesetzt. Seine Haaren waren zerzaust gewesen, seine Wangen rot und sein Atem ging um einiges schneller als normalerweise. Ich hatte mein Shirt wieder dahingezogen, wo es hingehörte, mich auch aufgesetzt, meine Haare zurückgestrichen und meine Hände an meine heißen Wangen gelegt.
„Ich hab das Gefühl, dass hier bringt uns beide nicht weiter."
Samu hatte ein Schluck Wasser getrunken und mich ernst angesehen.
„Was meinst du?"
„Du verkriechst dich 2 Wochen in tiefer Trauer und danach trittst du das Gaspedal durch. Seit dem ersten Tag an dem wir uns wiedergesehen haben. Ich meine, was ist das, Samu? Ich glaube nicht, dass du diese Trennung komplett abgehakt hast und ich glaube auch nicht, dass das hier jetzt die große Liebe ist."
Er hatte mich fragend angesehen sich zurückgelehnt.
„Ich sage nicht, dass alles ist totally okay, but I feel good. And this feels good und ich will nicht so viel machen mit meine head."
Ich hatte die Augenbraue hochgezogen und ihn gemustert.
„I know", Samu hatte beschwichtigend die Hände hochgehalten, „dass du willst nicht sein eine Trost-Ding-Dong. And you're not. Okay? Maybe es ist nicht so falsch, wenn wir gucken wohin geht das? There has always been something between us and I think, dass es ist eine bisschen mehr als nur eine friendship."
„Ich glaube, dass du gar nicht weißt, wo dein Kopf und dein Herz ist. Das weißt du schon sehr lange nicht und ich will auch nicht das Versuchskaninchen dafür sein. Sophia war dir zu schade für so einen Testversuch und bei mir hast du da anscheinend keine Hemmungen."
„So du denkst wir sind nur friends?"
Ich hatte überlegt und einen Punkt an der Wand fokussiert.
„Nein."
„And?"
„Ich weiß es nicht."
Samu hatte geschnauft.
„Ich weiß nicht auch. So maybe we should find out."
So kam es. Er lud mich ein ihn im Urlaub in Australien zu besuchen. Fernab von Helsinki und dem einkehrenden Alltag hier. Samu wollte sich von den Strapazen des letzten Jahres erholen, Zeit mit Freunden und Familie verbringen und sich mental auf die Tour vorbereiten. Und er widmete mir 10 Tage, um uns beiden die Chance zu geben herauszufinden, was wir eigentlich waren und ob es Sinn machte daran zu arbeiten und etwas zu investieren.
Ein paar Tage vor Weihnachten war er abgereist und am Abend zuvor hatten wir uns verabschiedet.
Durch die Arbeit mit einigen Magazinen Vorort, hatte ich ein paar Leute kennen gelernt, mit denen ich Silvester verbracht hatte. Wir waren essen gewesen, es wurde viel getrunken und am Ende landeten wir auf dem Senatsplatz in Helsinki, auf dem gefeiert wurde und ein großes Feuerwerk angekündigt gewesen war. Der Abend war lustig verlaufen und während einer der Redakteure an einem Stand Getränke für uns bestellte, entdeckte ich ein paar Meter neben mir Alex, der mit Freunden zusammenstand und sich unterhielt. Unsere Blicke trafen sich und er grinste schief. Er kam rüber und wir sprachen darüber, wie wir Weihnachten verbracht hatten und lachten über diverse Nachrichten, die Samu uns aus dem Urlaub geschickt hatte.
Was meine Gefühle für Samu anging, war ich keinen Schritt weiter und beließ es dabei abzuwarten, was Australien für uns bereithalten würde. Alex war nach ein paar Kurzen wesentlich gesprächsfreudiger als bisher. Er erzählte, dass Sophia in LA war und er davon ausging, dass sie diesmal ernsthaft mit Samu abschließen wollte.
„Was ist das mit dir und Hapa? Ich verstehe das nicht so ganz. Er hat immer abgestritten, dass da wirklich was läuft ,und dass er zurück zu Sophia wollte. Aber dann kriege ich mit, dass da sehr wohl was zwischen euch lief und er erzählt mir, dass ihr nur Freunde seid. Aber dann sehe ich dich bei der Tourprobe und ihr klebt andauernd aneinander und wirkt auf mich nicht mehr so freundschaftlich. Er sagt mir immer nur, dass er das nicht richtig beschreiben kann und er sehen will wohin das führt. Ich meine, wenn ich auf jemanden stehe, dann ist das so und wenn nicht, dann nicht. Das was ihr da macht ist irgendwie so... bescheuert?"
Ich musste lachen.
„Ja, das ist es vielleicht. Keine Ahnung. Wir senden irgendwie auf derselben Welle obwohl wir total unterschiedlich sind. Allerdings habe ich noch immer das Gefühl ihn nicht wirklich zu kennen. Aber mehr kann ich dazu auch nicht sagen."
„Ihr habt doch alle einen an der Waffel."
„Davon bin ich mittlerweile auch überzeugt." Lachte ich.
Irgendwie hatten sich meine Freunde und Alex' zusammengetan und wir feierten zusammen, landeten noch in einem Club und am Ende waren nur noch Alex und ich übrig. Die ganze Nacht hatten wir viel geredet und gelacht und er schien mir gegenüber nicht mehr so grimmig zu sein, wie er es anfangs gewesen war. Als wir an der Straße versuchten ein Taxi zu bekommen, ergriff ich die Initiative und fragte ihn nach seiner Nummer und ob wir uns nicht mal auf einen Kaffee treffen wollte, bevor ich nach Australien abreisen würde.
Alex gab mir zwar seine Nummer, betrachtete ein Treffen aber kritisch.
„Ein Kaffee ist ein Kaffee und kein Date. Nur das wir uns da nicht falsch verstehen."
Es gefiel mir, dass er so ehrlich war und seine Prinzipien hatte. Alex war ein gebranntes Kind, wenn es um Samu ging, das wusste ich und egal wie sympathisch oder anziehend ich ihn fand – an diesem Kerl hätte ich mir die Zähne ausgebissen. Es blieb nicht nur bei einem Kaffee. Es folgte ein Kinobesuch und ein Abend mit ein paar Drinks. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht mit in geflirtet hatte, aber immer wenn ich dachte, dass da vielleicht irgendwie etwas zwischen uns war, wich Alex wieder aus. Als Alex mich im Taxi vor der Haustür meiner Ferienwohnung absetzte, fragte er, ob Samu wüsste, dass wir uns getroffen haben. Ich war ehrlich und verneinte. Er war im Urlaub, hatte eine gescheiterte Beziehung hinter sich und ich wollte, dass er in seinem Kopf aufräumte und sich nicht zusätzlich noch einen Kopf darum machte, ob er irgendetwas in uns investieren sollte. Das wollte ich mit ihm besprechen, wenn ich in Australien war. Weil ich es selbst nicht wusste. Außerdem kannte ich Alex nicht so gut und wusste gar nicht, ob es das überhaupt wert war dieses Thema anzusprechen.
„Pass auf Mina, ich mag dich und ich hab nicht das Gefühl, dass du hier nur versuchst eine Freundschaft aufzubauen, aber solange Samu da im Spiel ist und er nichts davon weiß oder er ein Problem damit hat, dass wir Zeit miteinander verbringen, wird das niemals mehr als eine Freundschaft sein. Ich will die Tour mit Samu machen, er hat gefragt, ob wir zusammen Snowboarden gehen, wenn er zurück ist. Er ist mein Freund und ich werde das nicht nochmal aufs Spiel setzen. Da wird nie wieder eine Frau dazwischenkommen. Bros over hoes."
Ich musste grinsen.
„Das weiß ich."
Er nickte.
„Gute Nacht Alex."
„Gute Nacht."
Als ich 3 Tage später endlich in Sydney landete, nahm Samu mich am Flughafen in Empfang. Seine Mutter war bereits abgereist und 10 gemeinsame Tage lagen vor uns. Nachdem er die ersten Tage sehr distanziert gewesen war und ich er dachte, dass er mit mir fremdelte, legte er eine ganz neue Platte auf. Ständig berührte er mich wie zufällig oder legte den Arm um mich. Er flirtete offensichtlich und suchte nachts meine Nähe. Immer wieder hatte ich auf die Bremse getreten. Ich war mir einfach nicht sicher und Alex geisterte ständig in meinem Kopf herum, was mich noch mehr verwirrte. Aber ich wollte hier jetzt nicht alle Zelte abbrechen, ohne Antworten zu bekommen. Vielleicht musste ich mich einfach auf ihn einlassen. Noch immer zweifelte ich nicht nur an mir, sondern auch an Samu. So sehr er auch beteuerte, dass er diesen Versuch sehr ernst nahm. Der Abend, an dem ich mich darauf einließ kam. Schon den ganzen Tag waren wir sehr touchy gewesen und hatten uns abends, auf dem Weg zum Hotel, mehr als ein Mal geküsst. Wir schliefen miteinander und Samu wirkte danach irgendwie zufrieden und erleichtert, aber mir ging es anders. Ich hatte es versucht. Tagelang. Und ich war ins kalte Wasser gesprungen und hatte ihn näher kommen lassen. Ich jetzt hätte ich mich ohrfeigen können, dass ich mich hatte dazu hinreißen lassen. Das hier änderte doch nichts an meiner Situation. Eigentlich machte es den ganzen Schlamassel nur noch schlimmer. Ich hatte einfach nicht vorher mit ihm geredet, um nicht gleich alles abzuwürgen oder schlafende Hunde zu wecken. Ich wusste es doch schon seit Wochen. Worauf wartete ich hier? Das ich diese Gedanken mit mir herumschleppte war ihm gegenüber nicht fair. Aber ich hatte es versuchen wollen und heute Abend hatte es sich gut angefühlt. Jedoch erschlug mich jetzt die Ernüchterung. Was hatte ich auch erwartet? Selten war ich mir so dumm vorgekommen und sah mich vor meinem inneren Auge schon die Koffer packen. Es kam mir vor, als wäre Samu eine Jacke, die ich anprobierte und guckte, ob sie mir stand, um sie dann wieder auf den Bügel zu hängen und doch nicht zu kaufen.
„Was ist los?", fragte er, als er vom Balkon reinkam und ich nachdenklich im Bett lag.
Ich zuckte die Schultern.
„Ich glaube wir müssen reden." Meinte ich kleinlaut und wartete, bis er sich auf das Fußteil des Bettes gesetzt hatte.
Und dann erzählte ich ihm von meinen Zweifeln und das ich Alex getroffen hatte und der mir eine sehr klare Ansage gemacht hatte. Ich berichtete, dass ich wirklich gewillt war zu sehen, wo es uns hinführte, aber ich hier einfach an einem Punkt angekommen war, wo ich keinen Sinn mehr darin sah.
„Und was war das? A goodbye fuck?"
„Nein. Samu ich mag dich, aber das hier war dumm. Das ändert rein gar nichts und das wusste ich eigentlich auch vorher. Ich bin gern mit dir zusammen und ich genieße jede Minute. Ich liebe unsere Gespräche und ich verbringe einfach unheimlich gern Zeit mit dir, aber ich bin nicht in dich verliebt. Und wenn du ehrlich zu dir selbst bist, dann weißt du auch, dass das für dich auch nicht mehr ist."
Er sah mich nur an, stand auf und verschwand wortlos wieder, mit seinen Zigaretten, auf dem Balkon. Ich war gewillt ihm zu folgen, wusste aber, dass er einen Moment für sich brauchte. Nach einer halben Stunde kam er wieder rein, setzte auf den Sessel gegenüber des Bettes und grübelte.
„Du hast dich gerade erst getrennt und das steckt man nicht einfach so schnell weg. Nicht nachdem, was du und Sophia hinter euch habt. Ich weiß, dass dir das viel bedeutet hat und das du damit nicht einfach so durch bist. Auch, wenn du dir das vielleicht einredest oder es dir einfach nur wünschst. Ich kann diesen Platz nicht ersetzten und ich möchte das auch gar nicht. Aber ich will dir hier auch nichts vorspielen, nur damit du dich besser fühlst."
„But you did."
„Du auch." Meinte ich leise.
Es wurde eine Weile geschwiegen und die Stille war das erste Mal unangenehm.
„Warum du sagst jetzt? Warum nicht gestern oder before?"
„Es hat sich heute irgendwie gut angefühlt und ich dachte, dass ich mich vielleicht einfach die ganze Zeit nur nicht darauf eingelassen habe, aber wenn ich ehrlich bin, dann ist mein Kopf eigentlich woanders. Samu, du weißt es doch genauso und du hast dich jetzt auch nicht so verhalten, als wären wir nur Freunde."
Er lehnte sich auf seine Knie und fuhr sich durch die Haare.
„So Alex, mmh?" war seine Antwort gewesen. „Funny, dass es ist immer die gleiche guy. Maybe I should check his exgirlfriends. Maybe da ist eine girl for me."
Ich legte den Kopf schief und sah ihn an.
„Ich mag ihn. Von Anfang an. Ich würde gern mehr Zeit mit ihm verbringen und ihn besser kennenlernen, aber er wird niemals einen Schritt auf mich zu machen, wenn du noch irgendwie involviert bist. Er scheint ein sehr loyaler Mensch zu sein und ich bin es auch. Ich wollte dich nicht anlügen. Du bedeutest mir sehr viel, aber die Zeit war noch nicht reif darüber zu reden und ich wollte dir auch nicht den Urlaub versauen, indem ich dich damit konfrontiere. Jetzt komme ich mir blöd vor, dass es so weit gekommen ist. Aber ich kann auch nicht warten, bist du wieder nach Hause kommst. Du und Alex wollt in den Urlaub fahren. Ihr geht zusammen auf Tour. Der würde um nichts in der Welt diese Freundschaft nochmal riskieren. Das hat er sehr deutlich gesagt."
Samu strich sich über die Stirn und sah auf seine Hände. Eine Weile sagte er gar nichts, saß nur still im Sessel und knetete seine Finger.
„Maybe you're right." Sagt er irgendwann. „You know, there is this special connection between us. And I always feel so good, wenn wir sind zusammen. I thought it might be nice, if there could be more."
"Das geht mir nicht anders. Ich empfinde das auch so, aber für mich ist es nicht mehr, egal wie sehr ich es versuche. Es reicht einfach nicht. Das weiß ich jetzt. Und du weißt das auch."
Er nickte.
„We tried it, mmh?"
„Ehrlich gesagt versuchen wir das doch schon von Anfang an, aber es fehlt etwas. Das funktioniert nicht."
„It feels like you know me so good and you know how to handle me and all my chaotic stuff. I always wished, that Sophia would have been more like that."
"Du ziehst Vergleiche. Solange das in deinem Kopf ist, kannst du dich auf niemanden einlassen und das ist vollkommen normal. Also hör endlich auf dich selbst zu belügen. Ihr habt euch auch zu einem ganz anderen Zeitpunkt gefunden. Vielleicht hat sie nie die Gelegenheit gehabt dich so kennenzulernen, wie ich es getan habe und wenn Gefühle im Spiel sind, sind da auch eine Menge Verlustängste. Ich denke nur, dass es wichtig ist, dass du damit abschließt oder etwas tust, damit es dir gut geht. Ich bin gern für dich da und ich höre dir zu, aber ich kann dir das nicht abnehmen und ich bin auch nicht die Frau, die in diese Fußstampfen treten kann oder will."
Die letzten Tage in Australien liefen überraschend entspannt ab. Anscheinend fühlten wir uns beide besser, weil wir nun wusste, wo wir standen. Samu hatte eingesehen, dass ich Recht hatte und als er mich am Flughafen in Sydney verabschiedete, schloss er mich in die Arme und sagte mir, dass ich Alex grüßen sollte. Er würde sich melden, wenn er zurück sei. Der Urlaub im Schnee sollte geplant werden und ich sollte ihm ausrichten, dass die Drinks nach seiner Rückkehr auf Alex gingen.
Nachdem ich die Zeitverschiebung nach ein paar Tagen einigermaßen weggeschlafen hatte, hatte ich Alex eine Nachricht geschrieben. Wir trafen uns an den folgenden Tagen mehrfach. Erst zum Kaffee, dann zum Dinner und vor meiner Haustür küsste er mich das erste Mal und das fühlte sich ganz anders an, als all die Küsse mit Samu. Es kribbelte und Alex schien es nicht anders zu gehen. Von dem Tag an waren wir unzertrennlich. Ich konnte mit ihm lachen, tolle Gespräche führen und der Sex war atemberaubend. Und da war diese eine Sache, die ich bei Samu gesucht, aber nicht gefunden hatte und das machte den großen Unterschied.
Samu und er trafen sich ein auf paar Drinks. Ich hatte nie nach Details gefragt, wusste aber, dass dort sicherlich alles nochmal durchgekaut worden war und eine Sache kreiste wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen: Sophia. Irgendwann musste sie erfahren, dass wir uns näher gekommen waren und ich hatte Angst davor. Ich wusste nicht, wie Alex reagieren würde und jedes Mal, wenn ich ihm im Studio besucht, hatte ich ein schlechtes Gewissen. So ging es mir auch, als ich aus der Ferienwohnung auszog, um bei ihm in Sophias Haus zu bleiben. Ich hatte dafür plädiert, dass er zu mir kam, jedoch war die Wohnung auf Dauer zu klein und zu weit weg vom Studio. Er wollte nicht ständig hin und her pendeln und ich verstand das. Ich musste also in den sauren Apfel beißen und ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich mir einen Kopf machte, wie Sophia das auffassen würde. Alex musste es damit viel schlechter gehen. Ich wusste, dass die beiden eine sehr starke Bindung hatten. Sophia war seine Familie. Seine engste Vertraute. Der Mensch, mit dem er in den letzten Jahren die meiste Zeit verbracht hatte und durch Dick und Dünn gegangen war. Ich wollte ihn nicht drängen und ihm die Zeit geben, die er brauchte. Ich verstand, dass er ihr das nicht am Telefon sagen wollte und nachdem er aus dem Urlaub mit Samu zurückgekommen war und feststand, dass ich Alex auf der Tour begleiten würde und Alex ein Treffen mit Sophia in Hamburg vereinbart hatte, rückte der Tag, vor dem ich Angst hatte immer näher. Aus Sophias Sichtweise musste das schrecklich aussehen. Sie konnte keine große Meinung von mir haben, weil ich aus ihrer Sicht ein Grund war, warum ihre Beziehung mit Samu auseinander gegangen war und nun hatte ich mich in ihren besten Freund verliebt. An ihrer Stelle hätte ich keine andere Meinung von mir gehabt und ich hoffte einfach nur, dass Alex die richtigen Worte finden würde, um es ihr zu erklären. Nachdem er in Hamburg etwas betrunken wieder in unser Hotelzimmer gestolpert kam, eröffnete er mir, dass er so einen schönen Abend gehabt hatte und sich so gefreut hatte Sophia zu sehen, dass er diese schöne Stimmung nicht hatte kaputt machen wollen, aber sie würde nach Berlin kommen und er würde den Tag nutzen, um mit ihr zu reden. In Berlin wiederum fingen die beiden an zu arbeiten und er schien total motiviert das fortsetzen zu wollen. Wieder schob er es auf und es gelang ihm irgendwie sie zu überreden uns auf der Tour noch ein wenig zu begleiten. Auf der einen Seite freute ich mich für ihn, auf der anderen Seite wollte ich das endlich vom Tisch haben. Gleichzeitig wirkte er total überfordert mit der Situation zwischen Samu und ihr. Nicht nur, dass sie mir mit ihrer Anwesenheit unwissend meine Zeit mit Alex stahl, Alex setzte alles daran, dass sie und Samu sich nicht über den Weg liefen. Samu war entspannt und schien keine Angst vor einer Konfrontation zu haben. Trotzdem wusste ich, dass er nicht wirklich wusste, wie er reagieren sollte. Meine freie Zeit verbrachte ich mit Samu und der Band und versuchte weiterhin Alex nicht unter Druck zu setzen. Ich wusste, dass die Arbeit an den Songs nicht der einzige Grund war, warum er sie dabei haben wollte. Er suchte einfach den richtigen Moment mit ihr zu reden und an diesem Abend kam er nach der Show zu mir und fragte, ob es okay sei, wenn ich bei Niila im Bus mitfahren würde. Ich wollte mit den Jungs eh ein paar Bilder durchgehen und Sophia würde ihn im Bus der Band begleiten. Er würde in den nächsten Tagen mit ihr reden und sich vorsichtig herantasten. Nun hatte er zwei Baustellen. Sophia und Samu sollten irgendwie miteinander auskommen und er musste ihr die Wahrheit erzählen.
Mit Samu war die Situation geklärt. Wir verstanden uns nach wie vor. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, redeten und lachten viel. Er hatte mir nicht das Gefühl gegeben, dass es zwischen uns irgendwie verkrampft war. Er verhielt sich die ganze Zeit über ganz normal und Umarmungen oder ähnliche Körperlichkeiten stellten weder für uns, noch für Alex ein Thema da. Das Thema Sophia war für ihn anscheinend in die Ferne gerückt. Er sprach nicht viel von ihr und ich war überrascht, als Alex mir eröffnete, dass die beiden sich in Berlin begegnet waren. Samu hatte mir nichts davon erzählt. Ich hatte keine Zeit mehr gefunden ihn damit zu konfrontieren, weil wir kurz darauf abgefahren waren und ich nahm mir vor am nächsten Tag mit ihm darüber zu reden. Ein paar Mal war ich Sophia kurz über den Weg gelaufen und jedes Mal hatte sie mich eher argwöhnisch angeguckt. Zu Recht. Und dieses Verhalten machte mir eigentlich noch mehr Angst.
Als wir in Zürich ankamen, war der Bus der Band noch nicht da. Ich wartete in Alex'und meinem Hotelzimmer auf ihn eine halbe Stunde später öffnete sich die Tür und er war endlich da. Gerade wühlte er noch in seinem Koffer und ich hatte mich schon hingelegt, weil ich von der Fahrt einfach nur müde war, als es klopfte und kurze Zeit später Sophia in unserem Zimmer stand und mich anstarrte.
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Heimkehr
FanfictionSamu & Sophia Teil 3. Fortsetzung von "Von der Muse geküsst" und "Klimawandel". Inklusive der beiden OS in meinem Account zu finden. Nach Sophias Rückkehr nach Los Angeles scheint die Trennung von Samu endgültig. Wäre da nicht noch etwas, was sie in...