Nachdem ich ein wenig die Innenstadt unsicher gemacht hatte, kam ich zurück zur Festhalle. Samu stand draußen vor dem Bus und rauchte. Der Soundcheck war also schon zu Ende. Den freien Tag über, gestern, hatte ich ihn gar nicht zu Gesicht bekommen. Alex und ich hatten uns unserer Musik gewidmet und auch heute war Samu mir noch nicht über den Weg gelaufen. Ich hatte am Rande mitbekommen, dass es ein paar Pressetermine gab und heute alles etwas länger dauerte, weil Kameras installiert wurden, um das Konzert aufzuzeichnen. Ich hatte so die Gunst der Stunde genutzt, um die Wirtschaft etwas angekurbelt und schleppte nun meine Tüten zum Bus. Samu trat seine Zigarette aus und sah auf, als ich auf ihn zukam.
„Hey." meinte er leise und grinste schief.
„Hey." Gab ich zurück und blieb stehen.
„Shopping?"
Ich nickte und stellte die Taschen ab.
„Ist die Laune heute wieder eine andere?"
Samu grinste und sah auf seine Schuhe.
„Ja. I know. Ich war eine bisschen moody."
„Wenn ich dich jetzt frage, ob wir zusammen einen Kaffee drinnen trinken, bist du dann nachher wieder ein Arsch?"
Er lachte und schüttelte den Kopf.
„Nein. Wollen wir gehen inside?"
Ich nickte und folgte ihm in die Halle, bis wir irgendwo im Oberrang auf den Stühlen Platz nahmen. Die Festhalle war, bis auf einige Techniker, die für die Filmaufnahmen Kameras installierten und Leuten, die die letzten Stühle aufbauten, leer.
„Did you like the show?", fragte er und nippte an seinem Kaffee neben mir. Die Füße hatte er auf die Stuhllehne, eine Reihe vor uns, gestemmt und er lehnte sich zurück in die Lehne.
„Ja. Das hat sich alles wahnsinnig groß angehört mit dem Orchester. Wirklich toll. Ich mag die Lightshow. Hätte ich so gar nicht erwartet. Könnt ihr stolz drauf sein."
Samu grinste.
„Thank you."
Er trank wieder von seinem Kaffee und strich sich durch die Haare.
„Als ich habe geguckt zu Alex bei die concert, du warst nicht mehr da."
Ich sah auf meinen Becher und biss auf meinem Mundwinkel herum.
„Ach. Das hast du bemerkt? Auf mich wirkte es so, als ob du sehr konzentriert darauf warst, bloß keinen Blick in unsere Richtung zu werfen. So bist du sonst auch nicht. Ich bin erst kurz vor Schluss gegangen."
„Why?"
Ich seufzte und lehnte mich auch im Stuhl zurück.
„Ich war vorgestern wirklich etwas vor den Kopf gestoßen, wenn ich ehrlich bin. Wir haben uns an dem Abend vorher so gut verstanden und am nächsten Tag warst du so in dich gekehrt und hast dich von allen etwas zurückgezogen. Ich habe mir da erst gar nichts bei gedacht, aber als ich vor dem Konzert zu dir gekommen bin, warst du irgendwie so abweisend. Die Tage vorher war alles so locker und ich glaube gerade, weil wir uns in Wien so gut verstanden haben, hatte ich nicht damit gerechnet. Zum Ende des Konzerts wurde es für mich auch etwas emotional. Da hängen ja auch für mich Erinnerungen dran."
Samu nickte, als ich ihn ansah und zog den Mund schief.
„Ich weiß nicht, ob ich das jetzt einfach zu persönlich genommen habe, aber du warst doch derjenige, der auf mich zugekommen ist und wollte, dass wir uns verstehen und es fühlte sich dann auch nicht mehr so an, als wenn du das nur für Alex machst. Das wir zusammensitzen und schreiben, geht weit darüber hinaus Alex ein gutes Gefühl zu vermitteln. Und ich habe das wirklich gern gemacht und hatte Spaß. Nur wenn ein schöner Abend dann darauf hinausläuft, dass du mir am nächsten Tag eher zeigst, dass das kein guter Plan war, dann sollten wir hier nicht irgendwas erzwingen und uns einfach auf das mindeste beschränken. Wenn du das vielleicht doch nicht kannst und dich da übernommen hast, dann ist das okay für mich. Aber ich will mich nicht freuen, dass wir uns gut verstehen und mich am nächsten Tag darüber ärgern müssen, dass du damit nicht klarkommst."
Er nickte wieder und sah zu Boden.
„Weißt du. Egal wie lange das jetzt mit uns her ist und wie schlimm das alles für uns beide war. Ich hab echt die letzten Tage gedacht, dass wir einen Weg gefunden hätten, wie wir miteinander klarkommen könnten. Aber dann bist du plötzlich wieder so anders, als wenn du das eigentlich nicht willst."
„I do."
Samu setzte sich auf und lehnte seine Unterarme auf die Knie.
„I really enjoyed diese Abend in Wien."
Ich sah zu ihm rüber.
„Ich auch."
„You know, I got really emotional that night and when I hugged you, I got so hooked on that feeling and I knew, dass du warst eine bit surprised. You know how I am. I thought maybe I came a bit too close and maybe, that you wanna keep the distance. But I don't wanna apologize for being me. I'm not good in keeping the distance, wenn ich mag somebody. I never was. I tried to keep it the distance the last 2 days. Aber ich bin nicht good damit auch."
Er lachte leise und wir sahen beide auf unsere Becher.
„No matter what happened in the last years, wir haben noch immer so eine connection. Wir sind really close nevertheless we burned it all down. That night in Wien felt like we're good and I don't wanna change that."
Ich seufzte und stellte meinen leeren Becher auf den Boden.
„Ich auch nicht."
Er lächelte und stieß mit seiner Schulter an meine.
„Watching the show tonight?"
Ich nickte.
Ein paar später saß ich wieder auf meinem Platz neben Alex und sah Niila zu, der seinen Auftritt absolvierte. Samu und Riku standen an der Seite der Bühne, unterhielten sich und als Riku verschwand, lehnte Samu sich mit der Seite an die Wand und machte ein paar Bilder von der Show. Er steckte das Handy wieder in die Hosentasche und sah zu uns rüber. Er wippte mit dem Fuß im Takt, sang mit und lächelte. Ich grinste zu ihm rüber, als er sich von der Wand abstieß und tänzelnd auch wieder hinter der Bühne verschwand.
Das Konzert heute anzuschauen fühlte sich anders an. Der bittere Nachgeschmack von Samus schlechter Laune die Tage zuvor war verschwunden, nachdem wir miteinander gesprochen und er mir seine Gedanken erklärt hatte. Ich hatte verstanden, dass es ihm schwer fiel eine gewisse Distanz zu halten. Anscheinend ging es ihm wie mir. Zusammen zu sitzen und gemeinsam zu arbeiten war nicht nur für mich eine neue Erfahrung gewesen. Samu war eine emotionale Persönlichkeit. Mehr als ich und wenn er jemanden mochte und ihn gern in seiner Nähe hatte, dann fiel es ihm nicht leicht auf Abstand zu gehen. Zwischen uns war noch immer eine gewisse Form von Nähe. Einfach, weil wir uns so gut kannten. Jetzt wo die ganze Wut und Enttäuschung verflogen war, war das hier übrig geblieben und das war okay. Vielleicht mussten wir uns beide irgendwie an die Situation gewöhnen. Wir befanden uns das erste Mal, seit wir uns kannten, auf einer vollkommen anderen Ebene und da mussten wir uns vielleicht auch beide erst irgendwie einfinden. Eigentlich war es schön zu wissen, dass wir nach diesem ganzen Chaos und dem Kleinkrieg irgendwie eine Basis gefunden hatten, auf der wir miteinander auskamen. Vielleicht hätte ich rückblickend in vielen Situationen anders reagiert. Zumindest mit dem Wissen von heute. Ich wusste, dass ich Grenzen übertreten hatte. Mehr als ein Mal. Genau wie Samu. Warum ich manchmal falsch reagiert hatte konnte ich mir selbst schwer erklären, aber Samu hatte oft gewisse Punkt bei mir abgeklopft, auf denen das Eis sehr dünn war und das hatte mich hochgehen lassen, wie eine Rakete. Ich war mir nie wirklich bewusst darüber gewesen, wie ähnlich wir uns da eigentlich waren und wahrscheinlich wäre es besser gewesen auf die Schwächen des anderen zu achten, anstatt weiter über die dünne Haut zu kratzen. Ich kannte niemanden, der mich so aus der Reserve hatte locken können wie Samu, aber ich konnte mich auch nicht daran erinnern, dass mir jemand jemals so nahe gekommen war wie er.
Ab und zu sah er während der Show zu mir rüber, lächelte oder machte Faxen. Alex sah konzentriert auf seinen Bildschirm und hatte seine Kopfhörer auf, als Samu sich hinter Osmo auf die Stufe der Bühne setzte und die ersten Takte von „Girl like you" erklangen. Sofort erinnerte ich mich an vorgestern und an die schlechten Gefühle, die sich breitgemacht hatten. Ich seufzte schwer und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Samu sah kurz zu mir rüber und kniff beide Augen zu. Dieser Song war an einem ganz anderen Punkt in unserem Leben entstanden. Das wusste ich und nach unserem Gespräch heute tat es nicht mehr weh. Auch, dass Samu es nicht mied in meine Richtung zu sehen, gab mir heute ein besseres Gefühl und ich nahm es nicht persönlich. Allerdings war meine persönliche Schmerzgrenze erreicht, als Samu am Ende des Konzertes allein mit seiner Gitarre auf die Bühne kam und „Hollywood Hills" anstimmte. Mit jeder Zeile, die er sang und mit jedem Blick, den er mir zuwarf, kamen die Erinnerungen an LA zurück. Die vielen Momente, die wir zusammen erlebt hatten, die Gespräche, die gemeinsamen Nächte und die Tatsache, dass wir uns dort ineinander verliebt hatten. Jetzt, 6 Jahre später, saß ich in dieser Konzerthalle und hörte ihm zu, wie er den Song einem großen Publikum präsentierte. Wir waren an einem ganz anderen Punkt in unserem Leben, aber der Song war noch immer derselbe und erzählte die gleiche Geschichte. Wie schön es auch war, dass wir daran arbeiteten eine gemeinsame Basis zu finden, machte es mich irgendwie auch traurig ihm hier zuzuhören. Dieser Song hatte mal einen Abschied bedeutet und beinhaltete so viele Versprechungen, die er alle wahr gemacht hatte.
„And a part of me will stay here. You can keep it forever dear."
So war es. Wie ein Päckchen, das ich immer mit mir herumtrug. In den letzten anderthalb Jahren war das Thema Samu immer präsent in meinem Leben gewesen. Egal, ob er körperlich anwesend gewesen war oder nicht. Egal, ob ich in LA gewesen war oder in Helsinki. Ein Teil von Samu war irgendwie immer da. Mit jeder Zeile, die er sang, wurde der Kloß in meinem Hals dicker und die Luft in der Halle dünner. Die Tatsache, dass wir es einfach nicht geschafft, obwohl wir es beide gewollte hatten und wir immer wieder an uns selbst gescheitert waren, machte mich traurig. Ich hatte niemals in meinem Leben solche Gefühle für einen Menschen gehabt wie für ihn und jetzt saß ich hier allein und sah ihm zu. Das es einmal so enden würde, hätte ich mir niemals gewünscht.
Als der Song zu Ende war und der Applaus ertönte, sah Samu zu mir rüber und wirkte nicht minder ergriffen als ich selbst. Ich stand auf und ging, ohne etwas zu Alex zu sagen, Richtung Hinterausgang. Die kalte Luft schlug mir entgegen, als ich die Halle verließ. Ich lehnte mich an den Bus, atmete ruhig aus und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel, die ihren Weg gegen meinen Willen trotzdem gefunden hatte. Es war nicht so, dass ich alles bereute, was passiert war und ich hatte die Tatsache akzeptiert, dass wir einfach nicht zusammen sein konnten, aber das änderte nichts daran, dass er mir wichtig war und es weh tat damit konfrontiert zu werden, dass wir gescheitert waren. Nicht an unseren Gefühlen füreinander, aber an den Ängsten, die jeder selbst in sich trug. Samu hatte vielleicht jemanden gebraucht, der genauso wenig Angst hatte seine Gefühle zu zeigen, wie er selbst. Und ich war eigentlich jemand, der genau so jemanden brauchte. Jemanden, der mich mit der Nase darauf stieß, aber auch die nötige Geduld hatte, bis ich die Türen aufschloss. Unsere Erwartungen an den anderen waren immer zu hoch und so waren Enttäuschungen vorprogrammiert gewesen. Dieser Song hatte all diese Bilder wieder in meinen Kopf gerufen. Schon wieder.
Ich wischte mir über das Gesicht, legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und öffnete sie erst wieder, als ich hörte, wie die schwere Tür des Hintereingang aufgestoßen wurde und ein Stimmengewirr ertönte. Ich pustete in die kalte Luft, stieß mich vom Bus ab und ging an den ersten Crewmitgliedern und Orchestermusikern vorbei, die draußen frische Luft suchten. Mein Weg führte mich zum Catering, wo ich nach einer Wasserflasche griff und ein paar große Schlucke trank. Als ich wieder Richtung Tür lief, betrat Samu den Raum, lächelte und nahm sich auch eine Flasche. Er stellte sich neben mich und sah auf mich runter.
„Alles gut?", fragte er.
Ich nickte.
„Ja. Tolle Show."
„Thank you."
„Es war komisch... am Ende...ich..." stammelte ich und sah zu Boden. „Ich habe gedacht...es war....ich...das war sehr... Du..."
Und dann hörte ich auf und schlang meine Arme um ihn. Einfach so. Ohne nachzudenken. Ohne Distanz. Ohne Angst. Ich vergrub mein Gesicht in seinem Shirt und es war mir egal, dass er klitschnass geschwitzt war, als hätte er mit seinen Klamotten geduscht. Ich wusste er würde mich nicht wegstoßen oder mich aufhalten. Ich wusste, dass diese kleine Tür offen war und er wahrscheinlich nur gewartet hatte, bis ich durchging. Samu blieb ganz ruhig stehen, legte beide Arme um mich und legte sein Kinn an meinen Kopf. Eine Weile standen wir nur da und keiner sagte was.
„Es war schön den Song mal wieder zu hören." Nuschelte ich in den Stoff seines Shirts.
Er sagte nichts, drückte mich und ich fühlte seinen Atem an meinem Kopf, als er mit dem Nase in meinen Haaren verschwand.
„Es macht mich trotzdem traurig ihn zu hören, weil so viele Erinnerungen daran hängen." Sagte ich leise.
Samu seufzte und nickte.
„I know. But for me it's nice, dass du kannst sehen, how I feel every time I have to sing this."
Ich nickte.
"Don't get me wrong. Ich liebe diese song and I love all these memories, but it hurts every fucking time." Brummte er.
Ich vergrub mein Gesicht noch tiefer an seiner Brust und fühlte wie er ruhig über meinen Rücken strich. Erst als das Stimmengewirr auf dem Flur lauter wurde, lösten wir uns füreinander und ich sah etwas verlegen zu ihm hoch.
„Ich gehe Alex helfen."
Samu nickte.
„Ich gehe duschen."
Als alles abgebaut war, war ich todmüde. Es war bereits 2 Uhr und mir fielen immer wieder die Augen zu, als ich unten mit Sami und Raul in der Sitzecke saß. Die Fahrt nach Stuttgart dauerte nur etwas mehr als 2 Stunden, aber schon als wir auf der Autobahn ankamen, ging der Verkehr stockend und der Verkehrsfunk verriet, dass die Fahrt noch länger dauern würde. Es hatte einen Unfall gegeben und irgendwann kamen wir zum Stillstand und es gab kein Vor oder Zurück mehr. Samu und Riku hatten sich schon, als wir eingestiegen waren, nach oben in den Bus verzogen, weil sie an einem Song arbeiteten und Osmo saß mit Mina und Alex an dem anderen Tisch neben uns und alle waren mit ihren Handys oder Laptops beschäftigt. Die Gitarren oben waren mittlerweile verstummt und ich sah mich um und beschloss auf zugeben.
„Ich gehe schlafen." Meinte ich, kletterte von meinem Stuhl und ging nach oben. Die anderen folgten mir auf dem Fuß und verschwanden in ihren Betten. Ich pellte mich aus meinen Jeans, zog mein Schlafshirt über und legte mich hin. Samu und auch Riku waren bereits hinter den Vorhängen verschwunden und auch ich zog den Stoff zu und tastete im Halbdunkel nach meiner Wasserflasche. Zu faul und zu müde, um mich auf die Seite zu drehen, hob ich den Kopf zum Trinken nur ein Stück an und vergaß, dass die Decke der kleinen Kabine nicht allzu hoch war. Der Boden der Flasche stieß an den Himmel der Koje, die Flasche fiel mir aus der Hand und der Inhalt ergoss sich sprudelnd in meiner Bettwäsche. Panisch tastete ich nach der Plastikflasche, stieß mir den Kopf und kletterte leise fluchend aus dem Bett. Wie ein begossener Pudel stand ich im Gang und fischte die fast leere Flasche aus den Laken. Ich nahm mir ein neues Shirt aus der Tasche, zog es über und hängte das nasse an einen Garderobenhaken neben dem Bett. Vorsichtig tastete ich über die Matratze. Alles nass. Die Decke, das Laken und auch das Kissen hatte etwas abbekommen.
„Scheiße." Fluchte ich, sah mich suchend im Gang um und stellte einen meiner kalten Füße auf den anderen. Ich war genervt, müde, wollte einfach nur schlafen und mir war kalt. Als ich mich umdrehte, um auf die Suche nach anderer Bettwäsche zu machen, sah ich überrascht auf. Der Vorhang von Samus Kabine war offen und er lag auf der Seite, hatte den Kopf auf die Hand gestützt und die Szenerie anscheinend grinsend beobachtet.
„Ist hier noch anderes Bettzeug??", flüsterte ich.
Er sagte nichts und zuckte die Schultern.
„Vielleicht in irgendeinem Schrank?"
Wieder zuckte er die Schultern.
Gerade wollte ich mich auf die Suche machen, als seine Hand sich um mein Handgelenk legte und mich festhielt. Überrascht sah ich erst auf seine Hand und dann auf Samu, der ernst dreinblickte und mit dem Kopf runter auf sein Bett deutete.
„Ich schlaf auf dem Sofa." Meinte ich leise, aber er ließ mich nicht los, rutschte weiter an die Wand seiner Kabine und zog mich ohne ein Wort hinein.
Die kleine Koje ließ uns beiden nicht viel Raum. Samu schob einen Arm unter meinen Kopf und zog die Decke über uns. Er brummte leise, als meine kalten Beine seine berührten und legte seine Hand über der Decke an meinen Bauch.
„Sorry." Meinte ich leise. „Ich wollte dich nicht wecken, aber ich bin so müde und mir ist arschkalt."
„Sshhh." Hörte ich es nur hinter mir und ich fühlte seinen Atem an meiner Schulter.
Ihm so nahe zu sein verunsicherte mich. Vielleicht hätte ich mich einfach auf das Sofa legen sollen. Samu schien überhaupt nicht verunsichert und war kurz darauf eingeschlafen. Nachdem ich eine Weile, steif wie ein Eisblock, versucht hatte mich nicht zu bewegen und am besten nicht zu atmen, entspannte ich mich und schlief ebenfalls ein.
Ich wachte auf, als ich Schritte auf dem Gang hörte. Samus warmer Körper lag noch immer hinter mir, sein Arm lag nicht mehr auf der Decke, sondern hatte den Weg darunter gefunden und seine Hand lag an meinem Bauch. Sein regelmäßiger Atem verriet mir, dass er noch schlief und seine Lippen lagen an meiner Nacken. Der Abend gestern war für uns beide sehr emotional gewesen und es hatte sich nicht falsch angefühlt hier mit ihm zu liegen. Ich genoss seine Nähe viel zu sehr und war mir sicher, dass es ihm unangenehm sein würde, dass er mir im Schlaf so nahe gekommen auf. Auf der anderen Seite, hatte er mich hier schlafen lassen und nicht den Anschein gemacht, als sei es ihm nicht Recht mir so nahe zu sein. Seit unserem Gespräch am Vortag, dem Konzert und dem kleinen, intimen Moment im Catering, fühlte ich mich ihm noch verbundener als die Tage zuvor und auch wenn das hier ins Nichts führte, was wir beide wussten, genoss ich es sehr. Ich schloss wieder die Augen und kurz bevor ich wieder einschlief, riss mich Alex' Stimme aus meiner vertrauten, kleinen Seifenblase.
„Samu wir sind da. Einchecken!" sagte er energisch auf der anderen Seite des Vorhang. Ich merkte, wie Samu hinter mir zuckte und vorsichtig den Kopf hob.
„Samu?"
„Yes." Brummte er heiser. „Thank you fur diese tender wake up call."
„Sorry. Wollte Sophia wecken, aber die ist anscheinend schon raus, aber ihre Sachen sind noch hier. Kommst du?"
Er legte seinen Kopf wieder auf das Kissen hinter mir und schnaufte.
„I'm staying here. I'm tired."
"Alles klar. Bis später."
Ich hörte seine Schritte wieder den Gang runtergehen und war einfach nur froh, dass er den Vorhang nicht aufgezogen hatte. Ich hatte keine Lust mir eine Predigt anzuhören. Das hier war vielleicht kontraproduktiv, aber es fühlte sich gut an. Als hätte er meine Gedanken gehört, zog Samu mich dichter an sich, seufzte leise und vergrub sein Gesicht wieder an meinem Nacken. Anscheinend war es ihm genauso wenig unangenehm wie mir. Seine Wärme und sein Geruch lullten mich in eine Wolke aus Geborgenheit und das hatte ich lange nicht gefühlt. Unterm Strich waren wir beide allein und die Nähe zu jemandem fehlte mir. Vielleicht ging es ihm da nicht anders und das hier war auch etwas, was einem kein Fremder bieten konnte. Hunderte Male hatten wir das Bett miteinander geteilt und auch jetzt fühlte es sich nicht anders an, als die Male zuvor.
Mein Arm war irgendwann vor mir eingeschlafen und ich wand mich etwas in Samus Umklammerung, um mich auf die andere Seite zu drehen. Umständlich rollte ich mich auf die andere Seite und Samu drehte sich stöhnend und schmatzend auf den Rücken und zog mich an seine Brust. Seine Hand schob sich unter mein Shirt und blieb an meinem Rücken liegen, als ich ein Bein über seins schob, meine Hand ihren Weg unter sein T-Shirt schob und an seiner Seite ablegte. Egal wie dumm das hier war. Es war schön. Warm. Gemütlich. Er lehnte sein Kinn an meinen Kopf und kurz darauf waren wir wieder eingeschlafen.
Wir wachten wieder auf, als Samus Handy vibrierte und er verschlafen danach tastete.
„Hello?" brummte er ins Handy und es folgte finnisches Gebrabbel, bevor er das Gespräch schnell wieder beendete.
„Wie spät ist es?", fragte ich.
„Early. Nine thirty."
Er drehte sich auf die Seite und ich legte meinen Kopf zurück auf das Kissen. Samu Gesicht lag vor meinem und ich sah zu ihm rüber. Er wirkte etwas zerknautscht, sah müde aus und nicht wirklich gewillt aufzustehen. Ich musste grinsen und er sah mich fragend an.
„What?"
„Du siehst nicht aus, als könntest du heute ein Konzert spielen."
„I don't even feel like." lachte er leise und schloss die Augen wieder. „My shoulders are killing me. This bed is hell."
„Du kannst aufstehen und dich noch im Hotel hinlegen."
„Mmh mmh." Brummte er.
„Alex wollte dich vorhin abholen."
„I know."
„Warum bist du nicht gegangen?"
„I could't. Du liegst vor die exit and I didn't wanna explain this to Alex. Warum du bist nicht gegangen?"
"Ich wollte das Alex auch nicht erklären. Außerdem kam ich nicht raus, weil sich ein finnischer Oktopus um mich gewickelt hat."
Samu prustete leise und öffnete die Augen wieder.
„Ist das eine problem?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein." Flüsterte ich, schloss die Augen, zog die Decke ein wenig höher und rutschte näher an ihn heran, bis sich unsere Nasen fast berührten. Samus Hand legte sich unter mein Shirt an meine Hüfte und ich schlang den Arm um seine Taille.
„Ich wollte nicht aufstehen, weil es so schön war." Meinte ich leise, ohne die Augen zu öffnen.
Ich fühlte seinen Atem an meinen Lippen und seine Hand wanderte von meiner Hüfte an meinen Rücken und strich meine Wirbelsäule hoch. Wie automatisch zog er mich noch dichter und seine Nase strich vorsichtig an meiner entlang, als ich mit meiner Hand von seiner Taille, über seine Schulter nach oben wanderte. Ich öffnete die Augen, strich ihm die zerzausten Haare aus dem Gesicht und legte meine Hand in seinen Nacken. Unser beider Atem wurde wurde unwillkürlich flacher und schneller und so sehr ich diesen Moment genoss, desto weniger Luft schien ich zu bekommen.
„Ja. Sehr schön." Kam es leise von ihm, als er die Augen öffnete.
„Und sehr dumm." Flüsterte ich.
Er sah mich an und nickte, hörte aber nicht auf über meinen Rücken zu streichen und mit seiner Nase an meine zu stupsen.
„I know."
Es fühlte sich an, als wäre nie irgendetwas zwischen uns gekommen. Die Vertrautheit war einfach noch immer dieselbe. Das hier fühlte ich nur bei ihm. Bei niemandem sonst auf der Welt. Bis vor zwei Tagen hatte ich nicht darüber nachgedacht und jetzt war er so präsent und hatte all diese Gefühle im Gepäck, die sich wie ein Eimer Wasser über mich ergossen. Das hier war der perfekte Moment. Der perfekte Moment für einen Kuss, aber keiner von uns tat diesen Schritt. Und ich unterdrückte den Impuls nachzugeben. Das brachte uns nirgendwo hin. Wahrscheinlich wäre es in 10 Jahren noch immer so. Irgendetwas war zwischen uns, was sich nicht abschalten ließ. Anscheinend ging es Samu nicht anders. Ich knickte den Kopf ein wenig ein und fühlte seine Lippen an meiner Stirn.
„Wir sollten aufstehen, bevor hier noch jemand auftaucht."
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Heimkehr
FanfictionSamu & Sophia Teil 3. Fortsetzung von "Von der Muse geküsst" und "Klimawandel". Inklusive der beiden OS in meinem Account zu finden. Nach Sophias Rückkehr nach Los Angeles scheint die Trennung von Samu endgültig. Wäre da nicht noch etwas, was sie in...