D.L.A.C.

181 7 2
                                    


Drei Tage nachdem Samu sich überraschend bei mir gemeldet hatte, saß ich auf den Stufen meiner Haustür und rauchte eine Zigarette.
Ich hatte seine Nachricht gelesen und ihm gestern Morgen geantwortet. Als er den Ausflug nach Porvoo vorgeschlagen hatte, hatte ich sehr gemischte Gefühle gehabt. Die hatte ich auch noch immer. Trotzdem konnte ich ihm diese Einladung nicht ausschlagen. Distanz hin oder her. Irgendwie fiel es mir schwer. Als ich ihn im Restaurant noch hatte sitzen sehen, wollte ich nicht einfach so gehen und war zu seinem Tisch rübergegangen. Eve hatte ich auch draußen schon gesehen. Ihr noch einen schönen Abend zu wünschen konnte die unangenehme Situation nur besser machen, außerdem wollte ich nicht, dass Samu dachte, dass ich ihm aus dem Weg ging. So blöd die Situation auch noch immer war, so gut fühlte es sich auch noch immer an in seiner Nähe zu sein und auch wenn ich wusste, dass ich über dünnes Eis lief heute den Tag mit ihm zu verbringen, konnte ich nicht widerstehen.
Ich hatte nicht weiter nachgefragt, warum er mich eingeladen hatte und wie er plötzlich darauf kam und eigentlich war es mir auch nicht wichtig. Fakt war, dass er den Tag mit mir verbringen wollte und ich vielleicht ergab sich auch die Situation über die eine oder andere Sache zu reden. Nachdem er mir sehr deutlich gemacht hatte, dass er es auch für besser hielt, wenn wir auf Distanz blieben, hatte ich mich erst ein wenig vor den Kopf gestoßen gefühlt. Gerade, weil er sich den Abend zuvor eher gegenteilig verhalten hatte und ich das nicht nur auf den Alkohol schob. Er hatte auch vorher schon bewusst meine Nähe gesucht und es schien mir langsam so, dass es ihm wahrscheinlich genauso ging wie mir. Wir kamen nicht wirklich voneinander los, aber ich für meinen Teil hatte weiterhin im Hinterkopf, das ich mich so schon einmal gefühlt hatte und wie es geendet hatte.
Ich drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und in dem Moment fuhr auch Samus Auto schon in die Auffahrt. Er lenkte das Auto bis vor die Tür und machte die Musik leiser, die den Innenhof beschallte. Ich nahm meine kleine Sporttasche, in der sich nur eine wärmere Jacke und meine Kamera befand und ging die Stufen hinunter. Samu stieg aus und kam mir entgegen. Er trug blaue Jeans und einen weißen Pulli, dessen Ärmel er hochgeschoben hatte, weiße Chucks und eine Sonnenbrille verdeckte die mir bekannten blauen Augen.
„Hei." Sagte er grinsend und nahm mich in den Arm.
Wieder dieses Gefühl. Ich strich über seinen Rücken und schloss kurz die Augen, bevor er mich aus der Umarmung entließ.
„Ready?
„Ja. Kann losgehen."
Samu nahm mir die Tasche ab und packte sie in den Kofferraum, als ich in den Wagen stieg und mich anschnallte. Er ließ sich auf den Fahrersitz fallen und grinste breit als er losfuhr und die Musik wieder lauter machte.

„Danke für die Einladung." Meinte ich und schob meine Sonnenbrille aus die Nase. Er nickte und lenkte das Auto weiter durch die Straßen Helsinkis.
„Wie kamst du da plötzlich drauf?"
Samu zuckte die Schulter und sah kurz zu mir rüber.
„I thought, dass ich muss ein wenig raus aus die Stadt und du auch. Und wenn du noch nicht warst in Porvoo, dann I can show you everything. And.... ich weiß nicht. Wir haben uns nicht gesehen so long, also ich habe gedacht this would be nice."
Ich lächelte und lehnte mich tiefer in den Sitz
Nach etwa einer Stunde erreichten wir unser Ziel. Die ganze Fahrt über hatten wir geredet, viel gelacht und uns über die Musik im Auto gezankt. Konnten uns aber dann darauf einigen, dass jeder mal ein Lied aussuchen dufte.
Wir liefen durch die engen Gassen der wirklich schönen Stadt, machten eine Fahrt mit einem Touristenboot über den Fluss, vorbei an vielen roten Holzhäusern, aßen zu Mittag in einem kleinen Café und ich machten unzählige Fotos. Die Sonne schien und es war warm genug, um die Jacke im Auto zu lassen. Die Stimmung zwischen uns war ausgelassen und ungezwungen und so hatte es sich lange nicht mehr angefühlt. Samu zog doofe Gesichter für Fotos, klaute in einem unbeobachteten Moment etwas von meinem Eis und spielte den Touristenführer. Allerdings waren seine Qualitäten da nicht so gut, wie ich es erwartet hatte und er musste selbst darüber lachen, dass er außer mit ein wenig altem Schulwissen, nicht glänzen konnte. Der Tag verging viel zu schnell und ich war fast ein wenig traurig, als wir nach dem Abendessen, in einem schönen kleinen Restaurant wieder zum Auto gingen.
Samu legte den Arm um meine Schulter und zog mich dichter an seine Seite.
„What do you think? Wanna go home?"
"Der Tag war wirklich schön. Eigentlich nicht."
„Wir können bleiben."
Ich runzelte die Stirn und sah zu ihm hoch.
„Eine Freund hat eine Mökki hier und ich habe die keys. We could have a glass of wine and drive back home tomorrow, if you want."
Kurz überlegte ich und sah auf meine Füße, während wir weiter Richtung Auto liefen.
„Da ist eine schöne terrace an die water. Sehr schön. My guitar is in the trunk and the house is really big. You can have your own room and take a shower und wir können kaufen etwas fur die breakfast."
Ich sah zu ihm hoch und lächelte.
„War das geplant?"
„No. Ich habe gedacht, dass wenn die day ist good und wir wollen noch bleiben eine bisschen this might be an option."
„Ich habe morgen nichts vor. Also... Ja. Okay."
Samu grinste und zog mich mit sich Richtung seines Wagen. Wir hielten an einem Supermarkt kauften ein paar Lebensmittel ein und kamen eine viertel Stunde später an dem großen roten Holzhaus an.
Es lag direkt an einem kleinen See und einen Steg, der bis auf die große Terrasse führte.
„Wow", staunte ich, als Samu die Tür aufschloss , „das ist ja viel schöner als deins."
„Fuck you!" lachte er. „I know and I really hate him for that."
Das Haus war modern eingerichtet, hatte eine kleine Küche und einen großen Wohn- und Essbereich. Es führte eine Treppe nach oben und Samu zeigte mir die beiden Schlafzimmer und das große Bad im oberen Stockwerk.
„Wäre das mein Haus, würde ich hier immer wohnen." Meinte ich, als wir die Treppe wieder runtergingen.
„Ja, aber der Weg zu die Studio would be really far." Sagte er, als es in die Küche ging und anfing die Lebensmittel im Kühlschrank zu verstauen.
„I choose the wine. Could be expensive for me, if you do." grinste er und drehte eine Weinflasche in der Hand.
"Du Blödmann. Ich hab meine Schulden beglichen." Lachte ich.
„Ja and that was an really expensive gift, I didn't expect und du hättest nicht machen müssen, but I'm really thankful. I already told Mikko, that I found the bottle and didn't smash it. Rot oder weiß?"
"Rot." Meinte ich und malte mit dem Finger Muster auf die Arbeitsplatte der Küche, während Samu nach Gläsern suchte und schnell fündig wurde.
„Let's go outside!"
Er öffnete die Terrassentür, stellte die Flasche und die Gläser auf einen kleinen Tisch zwischen zwei großen Stühlen mit dicken Kissen, die unter einer durchsichtigen Plane standen. Samu zog die Plane runter, ließ sich in die Kissen fallen und begann die Flasche zu öffnen, während ich ebenfalls Platz nahm und nochmal den Ausblick auf mich wirken ließ.
Rund um den See war es grün, überall waren Bäume und auf der anderen Seite konnte man ein paar andere Häuser sehen, die auch sehr hübsch waren und auch eher der Größe dieses Hauses entsprachen.
„Ich wollte kaufen eine von die houses," Meinte Samu, als er bemerkte, dass ich die anderen Häuser musterte, „aber they are all sold and it's not allowed hier zu bauen mehr. I really like the area around here."
Er goss Wein in die Gläser und reichte eins zu mir rüber.
„Seems like ich muss bleiben in meine kleine, ugly Mökki." Grinste er.
"Ja. Das war wirklich eine Zumutung. Grässliches Haus und die Einrichtung erst. Wie in der Steinzeit." Meinte ich übertrieben ironisch und Samu grinste breiter.
„Kippis." Er hielt mir sein Glas entgegen und ich stieß an.

Irgendwann hatte Samu Musik angemacht, im Schrank ein paar Erdnüsse gefunden und brachte eine Decke mit raus, die ich mir umwarf, als es etwas kühler wurde. Wir unterhielten uns über alles Mögliche, lachten und der Wein war irgendwann leer und ich unheimlich müde und ein wenig beschwipst. Aber nur so viel, um eine gute Bettschwere zu erreichen.
Samu lehnte tief in dem Stuhl, hatte die Beine ausgetreckt und die Füße auf einen Hocker gelegt. Kalt schien ihm nicht, er trug noch immer noch nur den weißen Pulli mit den hochgeschobenen Ärmeln und seine Lederjacke lag drinnen im Essbereich auf einem der Stühle.
„Müde?"
„Ja, schon ein wenig. Wahrscheinlich eher vom Wein."
„Es war eine loooong day." Meinte er und sah auf den See, der unter dem rötlichen Himmel ganz wunderschön glänzte.
Ich sah auf die Uhr meines Handys und tatsächlich war es schon halb 1. Der Tag war so schnell vergangen und ich hätte hier noch ewig mit ihm sitzen können, aber mir vielen langsam die Augen zu. So unbefangen hatten wir lange keine Zeit miteinander verbracht. Nicht mal mehr in den letzten Zügen unserer Beziehung, die mittlerweile 1 Jahr her war, wenn man den kläglichen Versuch das alles zu kitten und das Aufeinandertreffen mit Mina nicht mitrechnete. Verrückt. Die Zeit war so schnell vergangen und trotzdem saßen wir nun hier, lachten miteinander, schwiegen, ohne dass es unangenehm war und alberten herum wie Kinder.
„Da sind some sheets in die Schrank von die Zimmer. Need help?"
Ich stand auf und sah ihn schief von der Seite an.
„Ich hab schon mal ein Bett bezogen."
„I know."
„Falls ich mich gefährlich darin verheddere und zu ersticken drohe, rufe ich dich okay?"
„Sounds good." Lachte er und murmelte ein „Gute Nacht" hinterher, als er mich an sich zog. Da war es wieder. Dieses Gefühl, dass ich gern in kleinen Dosen abgefüllt hätte, um es immer dabeizuhaben. Für den Fall der Fälle. „Love to go", „L'eau d'Haber". Zig Namen fielen mir ein. Vor meinem inneren Auge lief sofort ein Werbespot von einer missmutigen Frau an einem Bahnsteig.
„Hat ihr Zug mal wieder Verspätung?"
Sie nickte.
„Sind sie genervt und schlecht drauf?"
Sie nickte.
„Dann haben wir jetzt was für Sie. Einfach ein wenig „Feels like home" in die Luft sprühen und die Welt ist wieder in Ordnung."
Die Frau atmete tief ein und grinste debil.
So wie ich es gerade an Samus Halsbeuge getan hätte, wenn das hier nicht noch immer einen bitteren Beigeschmack gehabt hätte.
Es war ein wenig, als würde jemand mit einer großen Torte vor einem herumspazieren, von der man wusste, dass sie ganz großartig schmeckte, aber wenn man sie aß, dann bekam man Diabetes, einen dicken Hintern und einen Schlaganfall noch dazu. Aber die Torte macht es einem nicht so leicht, sie sprühte sich nochmal eine Runde Sahne extra auf den Kopf, legte eine Kirsche drauf, fuhr mit einem Blinklicht auf dem Kopf, auf einem Dreirad um einen herum und brüllte „Komm iss mich doch endlich! Du willst es doch auch!"
Ich war noch nie ein großer Kuchenfreund gewesen, aber das hier trieb mich an den Rand des Wahnsinns.
Samu machte keinerlei Anstalten mich loszulassen und ich wollte das auch gar nicht. Er vergrub sein Gesicht neben meinem, schlang einen Arm um meine Schultern, streichelte mit der freien Hand über meinen Kopf und atmete ruhig. Ich fühlte seinen Puls unter meiner Schläfe und strich mit beiden Händen über seinen Rücken.
Meine Nase strich an seinem Hals entlang, als ich mich seufzend noch etwas enger an ihn drängte. Sein Griff um meine Schultern wurde fester und ich fühlte seinen Atmen an meiner Schläfe.
„Schlaf gut." Flüsterte ich gegen den Stoff seines Pullis.
„Mmh." Brummte er und sein ganzer Körper schien darunter zu vibrieren, so nahe standen wir beieinander.
Ich knickte mein Kinn ein und stemmte meinen Oberkopf an seine Brust und Samu ließ ein wenig lockerer, als ich ihn losließ und an den vorderen Enden seines Pullis zupfte. Er seufzte und legte seine Hände an meine Taille.
„Ich will eigentlich gar nicht allein schlafen." Meinte ich leise ohne aufzusehen und parkte meine Hände an seinen Hüften. Samus Hände strichen meine Arme hoch, über meine Schultern, meinen Hals hinauf, bis er mein Gesicht in beiden Händen hielt und mich zwang ihn anzusehen.
„You don't have to." sagte er ernst und sah auf mich hinunter.
Ich legte meine Hände auf seine und nickte.
„Ich weiß."
Vorsichtig löste ich seine Finger von meinem Gesicht und küsste seine Handinnenfläche.
„Gute Nacht."
Er nickte nur, stemmte sie Hände in die Hüften und sah auf den See ohne sich noch einmal umzudrehen, als ich von innen die Terrassentür zuzog.
Das war einfach nicht fair und genau dieses Gefühl, was ich jetzt hatte, würde mich dauerhaft immer wieder an denselben Punkt bringen. Das hier würde nie zu Ende sein. Nicht heute und nicht in 30 Jahren. Umso kleiner die Distanz zwischen uns wurde, desto größer wurden die Gefühle und desto besser fühlte es sich an und desto lauter würde es am Ende knallen und dann wahrscheinlich so sehr, dass wir uns nicht mal mehr im Spiegel angucken konnten.

Ich ging die Treppe nach oben, bezog das Bett mit den weißen Laken, die ich im Schrank gefunden hatte, legte meine Strickjacke und die Jeans auf einen Stuhl in der Ecke und lag noch eine Weile grübelnd wach. Die Erinnerungen fuhren wieder Achterbahn durch meinen Kopf. Natürlich taten sie das. Wir hatten sie ja selbst losgetreten.

Anscheinend war ich irgendwann eingeschlafen, denn als ich aufwachte, hörte ich den Klang einer Gitarre. Ich tastete nach meinem Handy. Halb 3. Eine Weile blieb ich auf dem Rücken liegen, schloss die Augen und lauschte. Die Musik kam unweigerlich von draußen und ich wusste auch wer sie spielte. Langsam schob ich die Decke zur Seite, zog meine Strickjacke über mein T-Shirt und tapste barfuß mit nackten Beinen die Treppe runter. Draußen war es noch immer nicht wirklich dunkel, obwohl weit und breit keine Straßenlaterne zu sehen war. Ich schlich zur Terrassentür und lehnte mich lächelnd an den Türrahmen. Samu saß auf der Decke am Ende der Holzterrasse, wo der Steg hinaus auf den See ging, hatte seine Gitarre auf dem Schoß und summte gedankenverloren irgendwelche Melodien vor sich hin. Hand und Fuß hatte das Ganze nicht, aber ich wusste aus eigener Erfahrung, dass manchmal trotzdem was daraus werden konnte.
Leise schob ich dir Tür auf und schlich über die Terrasse, Samu zuckte kurz zusammen, als ich ihm meine Hände auf die Schultern legte und mich hinter ihn hockte. Ich legte mein Kinn auf seiner Schulter ab und lugte auf seine Gitarre runter.
„I thought you were sleeping." meinte er ruhig und klimperte weiter.
"Ich bin aufgewacht und hab dich gehört."
„Did I wake you up?"
Ich ließ mich hinter ihm auf der Decke nieder und strecke die Beine links und rechts von ihm aus.
„Damit hast du mich noch nie geweckt." Sagte ich, schob die Hände an seine Seiten und lehnte mein Kinn wieder an seine Schulter.
„Spielst du was für mich?"
Samu lehnte den Kopf zu meiner Seite.
„Was denn?"
„Irgendwas."
Erst konnte ich nicht so richtig ausmachen, was er spielte und er schien sich selbst noch nicht ganz sicher zu sein, aber als er die ersten Töne leise ansang erkannte ich es sofort:

„It's not a silly little moment
It's not the storm before the calm
This is the deep and dying breath
Of this love that we've been working on

Can't seem to hold you like I want to
So I can feel you in my arms
Nobody's gonna come and save you
We pulled too many false alarms

We're going down
And you can see it, too
We're going down
And you know that we're doomed
My dear, we're slow dancing in a burning room."

I was the one you always dreamed of
You were the one I tried to draw
How dare you say it's nothing to me?
Baby, you're the only light I ever saw
I'll make the most of all the sadness
You'll be a bitch because you can
You'll try to hit me just hurt me
So you leave me feeling dirty
Cause you can't understand

We're going down
And you can see it, too
We're going down
And you know that we're doomed
My dear."

Und ich sang leise mit: "we're slow dancing in a burning room."

Go cry about it, why don't you?
My dear, we're slow dancing in a burning room
Don't you think we oughta know by now?
Don't you think we should have learned somehow?" (*)

Wir lachten beide leise und ich lehnte meine Stirn in seinen Nacken.
„I listened to the „Gravity" album last week. " sagte er ruhig und legte einen Arm auf der Gitarre ab.
„Ich hab das schon sehr lange nicht mehr gehört."
„Warum nicht?"
„Ich weiß nicht. Viele Erinnerungen."
„But good ones."
„Ja. Das stimmt." Meinte ich leise und legte einen Arm über seine Schulter nach vorn.
Samu nahm meine Hand in seine und küsste meinen Handrücken. Eine Weile saßen wir nur da, sahen auf den See und schwiegen. Er strich immer wieder über meinen Arm und lehnte den Kopf zur Seite. Vorsichtig strich ich mit meiner Nase durch die kleinen Härchen an seinem Nacken und schob die andere Hand unter seinen Pulli und legte sie zurück an seine Seite. Irgendwann legte Samu die Gitarre zur Seite, drehte sich ein Stück ein, schlang den Arm um meine Seite und zog mich mit meiner Hilfe zu sich nach vorn auf seinen Schoß. Ich legte die Arme um seinen Nacken und strich ihm mit einer Hand die Haare aus dem Gesicht. Eine Hand strich über meine nackten Beine und die andere schob sich unter mein Shirt an meinen Rücken, wo er langsam jeden Wirbel einzeln nachzeichnete. Samu strich mit seiner Nase meine Schläfe entlang, platzierte einen vorsichtigen Kuss unter meinem Ohr und schickte eine Gänsehaut über meinen Körper. Ich umarmte ihn fester und vergrub mein Gesicht an seiner Halsbeuge.

„Ich will nicht, dass du denkst, dass ich das hier nicht will. So ist es nicht."
Er nickte nur stumm und malte weiter Linien auf meiner Haut.
„Why are you here?"
„Ich bin gern bei dir und der Tag war wunderschön. Wir haben so viel durchgemacht und ich will das nicht kaputtmachen."
Er lehnte seinen Kopf auf meinen und seufzte schwer.
„Deine legs sind cold." Murmelte er und strich mit mehr Druck über meine Beine.
„Mir ist auch arschkalt." Kalte ich.
„Let's go inside."

Ich stand auf, Samu nahm seine Gitarre und die Decke und legte einen Arm um meine Schulter, als wir ins Haus zurückgingen. Wir gingen die Treppe nach oben und vor meiner Zimmertür, legte er nochmal die Arme um mich.
Ich hatte sehr wohl bemerkt, dass er nicht weiter auf das thema eingegangen war und sich aus der Situation retten wollte. Ich kannte ihn. Trotzdem war es mir wichtig gewesen, dass er wusste, dass es mir wichtig war, dass wir miteinander gut auskamen. Trotzdem fiel es mir schwer ihn vollends auf Abstand zu halten. Mein Kopf sagte mir, dass ich das tun sollte, aber ich konnte nicht. Ich wusste, dass auf beiden Seiten Gefühle waren und ich wusste, dass er wartete, bis ich auf ihn zuging. Er würde sich nicht mehr tun. Und das erwartete ich auch nicht. Vielleicht war mein Kopf die einzige Barrikade, die uns davon abhielt diesen Fehler nochmal zu begehen. Ich liebte Samu. Das wusste ich. Und das wusste er auch. Aber wir hatten keine Zukunft. Das wusste ich wahrscheinlich besser als er. Weil er darüber nicht nachdachte. Samu ließ immer alles auf sich zukommen und wartete was passiert. Ich konnte das nicht. Das wussten wir beide. Trotzdem wollte ich nicht, dass der Tag so einfach endete und wir schlafen gingen, um morgen wieder in den Alltag zurückkehrten, als hätte das alles keine Bedeutung gehabt.

„Samu?"
„Mmmh?" brummte er an meinem Ohr.
„Schläfst du bei mir?"
Er nickte nur und ich griff nach seiner Hand und zog ihn mit mir ins Zimmer.

Ich merkte, wie er tapfer die Zähne aufeinanderbiss, als er ein Bein zwischen meine kalten Beine schob und genervt an meinem Shirt herumzog, bis ich es aus dem Bett warf. Zufrieden rückte er näher an meinen Rücken, schob einen Arm unter meinen Kopf und legte die andere Hand an meinen Bauch. Seine Haut war warm und ich seufzte, als er kleine Küsse in meinem Nacken verteilte und mit seiner Nase an meiner Schulter entlangstrich. Seine Finger streichelten meinen Bauch und zeichneten Kreise um meinen Nabel. Ich legte meine Hand auf seine und er verstand, legte seinen Kopf auf das Kissen hinter mir und vergrub sein Gesicht in meinem Nacken.
Kurze Zeit darauf waren wir eingeschlafen und ich wurde wach, als mein Handy auf dem Nachttisch vibrierte. Draußen war es schon hell und die Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die Vorhänge. Ich lag an Samus Schulter in seinem Arm und er hatte sich auf den Rücken gedreht und den Kopf zu meiner Seite gelehnt.
Vorsichtig tastete ich hinter mich nach meinem Telefon und öffnete die Antwort von Alex, die er mir auf meine Nachricht vom Vortag geschickt hatte..
„Alles klar. Ich kann die Band umbuchen. Bist du dir sicher?"
Ich sah zu Samu rüber, der tief und fest schlief. Seine Haare hingen ihm ins Gesicht, er atmete ruhig und seine Gesichtszüge waren entspannt. Sanft strich ich über seine Wange und er reckte den Kopf ein Stück und rutschte näher an mich.
„Ja. Ich bin mir sicher. Lass uns die Tage nochmal telefonieren. Pass auf dich auf und grüß Mina."

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

(*) Slow dancing in a burning room – John Mayer

HeimkehrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt