„Komm Hapa, einer geht noch." Grinste Sami und schob mir einen weiteren Kurzen rüber, während Mikko bereits mit einem leicht debilen Grinsen neben mir am Tisch hockte und sein Glas zwischen den Fingern drehte. Ich stieß mit Sami an und stürzte eine weitere Runde Wodka runter. Vor uns standen geeiste, kleine Longdrinkgläser mit Strohhalmen, die mit Gin-Tonic gefüllt waren- nicht die erste Runde - und um die Drinks herum stapelten sich bereits leere Shots und Teller.
Das „The Cock" war heute gut besucht und bis auf den letzten Platz besetzt. Im Hintergrund lief angesagte Housemusic, aber nicht so laut, dass man sich nicht mehr unterhalten konnte.
Ich zog einen der übriggebliebenen Pommes durch den Ketchup auf meinem Teller, lehnte mich in meinem Stuhl zurück und steckte ihn mir genüsslich in den Mund. Nach ein paar Drinks schmeckte die bösartige Mischung aus Salz, Fett und Kohlenhydraten noch viel besser als sonst schon. Eigentlich etwas, das ich mir nur sehr selten gönnte- gerade während der laufenden Tour- aber es gab Tage, an denen ich nicht widerstehen konnte und wollte. Würde ich halt morgen eine Runde mehr um den Block laufen und maulend einen Salat mit Hähnchen kauen.
Fettiges Essen, ein paar Drinks in einer meiner Lieblingsbars und zwei meiner besten Freunde. Mehr konnte man sich eigentlich für diesen Abend nicht wünschen.
Die Tour lief großartig und unter der Woche hatte ich frei, konnte die Zeit im Mökki verbringen, besuchte meine Familie und hatte Zeit für solche Verabredungen wie heute mit Mikko und Sami.
„Du hast da Ketchup." Meinte Sami und deutete auf mich. Ich sah an mir runter und entdeckte einen roten Fleck auf meinem hellblauen Jeanshemd. Ich zog es über meine Schultern, kam aber nicht mit den Händen durch die Ärmel, weil die Knöpfe am Handgelenk noch zu waren. Umständlich schüttelte ich mich aus meiner Zwangsjacke, die ich schon den dritten Tag trug und total zerknittert war. Ich hatte den Geruchstest gemacht und beschlossen, dass ich das Hemd noch einen Abend tragen konnte. Als ich mich befreit hatte, hängte ich es auf links gedreht und vollkommen chaotisch zusammengewickelt über die Lehne des Stuhls zu meiner Linken, der frei geblieben war. In meinem hellgrauen T-Shirt war es nicht zu kalt hier drinnen und ich lehnte mich wieder entspannt zurück und schlürfte an meinem Drink.
„Ich glaub ich muss bald mal los." Lallte Mikko zu meiner Rechten. „Liisa wird sauer, wenn ich morgen einen Kater hab. Ich hab versprochen, dass wir etwas unternehmen."
„Ich befürchte dafür ist es schon zu spät." Lachte Sami und ich stieg mit ein.
„Ja? Meinst du?"
„Ja!" nickten wir beide und lachten laut. „Mikko fing auch an zu lachen, beschloss, dass er dann auch noch eine Runde mit uns trinken konnte und bestellte für jeden noch einen „G&T".
„Die Kleine da drüben guckt die ganze Zeit zu dir rüber." Nuschelte Mikko und deutete vorsichtig und nicht ganz zielgenau zwei Tische weiter.
Ich sah rüber und die Blondine drehte schüchtern den Kopf weg, um dann aber doch wieder Blickkontakt zu suchen.
„Vielleicht will sie n Foto oder n Autogramm und traut sich nicht zu fragen." Meinte ich und nahm den letzten Schluck meines Drinks, als der Kellner 3 neue auf den Tisch stellte.
„Ne. So guckt keine Autogrammjägerin." Kommentierte Sami und ich sah wieder zu dem Mädchen rüber, die mich anlächelte, sich die Haare nach hinten strich und mich eingehend musterte.
„Hapa geht heut nicht allein nach Haus. Hapa geht heut nicht allein nach Haus." Summte Mikko leise und machte Tanzbewegungen.
Mahnend sah ich zu ihm rüber und schüttelte den Kopf.
„Kein Interesse." murmelte ich und nippte an dem neuen Drink.
„Komm, sie ist heiß? Was ist dein Problem?" lallte Mikko und schlug mir auf die Schulter. „Geh rüber und sprich sie an. Sieht nicht so aus, als müsstest du da viel Vorarbeit leisten."
„Klingt ja sehr spannend." Ich imitierte ein Gähnen und hielt mir die Hand vor den Mund.
„Seit wann bist du denn so ein Kostverächter geworden?" maulte Mikko mich an.
Sami versuchte das diskret zu regeln, aber ich bemerkte, wie er ihm unter dem Tisch auf den Fuß trat und ich mahnend ansah.
„Oh sorry." Kam von Mikko, nachdem er Sami ein schulterzuckendes, stummes „"Mitä?" mit den Lippen geformt hatte.
Sami versuchte rücksichtsvoll zu sein und Mikko tat das auch, wenn er nicht gerade betrunken war.
Seit über einer Woche war sie weg und ich hatte nichts mehr von ihr gehört. Die Wut war mit der Zeit immer größer geworden. Die ersten Tage hatte ich noch etwas Hoffnung gehabt, dass ein Lebenszeichen aus LA kam, aber dem war nicht so. Die einzige Information die ich erhielt war die von Alex. Es würde ihr nicht gut gehen. Das sah ihr ähnlich. Die Opferrolle stand ihr gut. Der böse Samu hat alles kaputtgemacht. Kurz war ich in Versuchung geraten Alex die ganze Story zu erklären. Ich wollte nicht der Arsch sein, für den sie mich anscheinend verkauft hatte. Aber eigentlich war es doch egal. Sollte sie erzählen was sie wollte. Alex hatte gesagt, dass sie nichts von seinem Anruf wüsste und ich glaubte ihm. Er war ein guter Freund, der immer um Sophia besorgt war und wenn er mich nach dieser ganzen Sache anrief, dann machte er sich Gedanken um sie. Natürlich wünschte ich ihr nichts Schlechtes, aber nachdem was passiert war und wie sie meinen letzten Versöhnungsversuch einfach ignoriert hatte, war ich einfach nicht mehr gut auf sie zu sprechen. Das musste ich auch nicht. Sie war am anderen Ende der Welt und die Wahrscheinlichkeit, dass das Schicksal uns nochmal zusammenführen würde, standen denkbar schlecht. Und das war gut so. Das war die zweite Chance und eine dritte wollte ich nicht mehr. Ich hatte das Gefühl diese Beziehung hatte mich vollkommen leergesaugt. Neben meinem Job hatte sich meine ganze Welt nur um Sophia gedreht und ich war ganz zufrieden damit zu tun und zu lassen was ich wollte. Und wenn das eben Angeln war, dann war das eben Angeln. „In der Pampa", wie sie es so abschätzig genannt hatte.
Auch wenn ich vielleicht gerade nicht zu den glücklichsten Menschen auf der Welt zählte, wusste ich, dass das auch ein Ende nehmen würde und war ganz froh darüber mit der Tour beschäftigt zu sein. Ich machte nur Interviews, auf die ich Lust hatte und lag sonst in der Sonne. Allein. Und auch das war in Ordnung. Ich kam klar. Zumindest sagte ich mir das selbst jeden Tag und irgendwann würde es auch so sein.
Einen Tag zuvor hatten Mikko uns eine Mail geschickt, in der uns die Plattenfirma mitteilte, dass uns eine goldene Schallplatte in Deutschland und der Schweiz erwartete. Das war bereits das zweite Mal, dass Sophia mir quer lag, wenn sowas in meiner Karriere geschah. Ich erinnerte mich an die Verleihung für „Hollywood Hills". Zuvor hatte sie das Flugticket und die Konzertkarte zurückgeschickt und mir war klar geworden, dass es aus war und wir uns nicht wiedersehen würden. Die Jungs und das Team hatten sich riesig über die Auszeichnung gefreut. Ich natürlich auch, aber ich hatte diesen Moment einfach nicht richtig genießen können. Zu viele Erinnerungen hingen an dem Song und die Endgültigkeit sie nicht mehr wiederzusehen, hing mir noch nach.
Jetzt befand ich mich in derselben Situation wie vor so vielen Jahren. Wieder eine Schallplatte, wieder ging es mir nicht so gut, wieder ging es um dieselbe Frau. Vielleicht hatte Mikko Recht gehabt. Das er mit Sophia gesprochen hatte, ohne mir etwas davon zu sagen, hatte die ganze Woche zwischen uns gestanden. Heute war der erste Abend an dem wir uns mal privat trafen und obwohl ich noch ein wenig angesäuert gewesen war, fühlte es sich ganz normal an hier mit ihm zu sitzen und zu trinken. Wir kannten uns schon eine halbe Ewigkeit und ich wusste, dass er nur aus Freundschaft gehandelt hatte. So wie Alex es bei Sophia tat. Wenn der mich für ein Arsch gehalten hätte, hätte er ihr auch gesagt, dass sie sich das mal gut überlegen soll. Natürlich war es nicht richtig von Mikko mich zu übergehen, aber er hatte Einsicht gezeigt. Er hatte eigentlich nichts gegen Sophia persönlich, nur hatte unsere Konstellation einfach alles immer wieder durcheinandergebracht. Mich am meisten. Das sah ich jetzt auch ein. Aber ich war einfach bis über beide Ohren verliebt gewesen. Das war ich auch jetzt noch, aber die Wut und die Enttäuschung überwog und die schönen Momente hatten das alles nicht mehr aufgewiegen können. Zusätzlich hatte ich mir in Barcelona den Arsch aufgerissen und gleichzeitig versucht meine Beziehung zu Sophia zu kitten, die unter der räumlichen Trennung litt, weil sie allein in Helsinki nicht wirklich klar gekommen war. Das Ende der Geschichte war, dass keiner die Show wirklich sehen wollte und man den Sendung außerhalb der Primetime ausstrahlte. Die Show war zwar eine tolle Herausforderung gewesen und trotz des Stress viel Spaß gemacht, aber am Ende war ich zwar um eine Erfahrung reicher, aber unterm Strich hätte ich meine geplante Auszeit auch verlängern können. Wahrscheinlich hätte ich mehr davon gehabt. Zumindest hatte die Gage gestimmt und ich überlegte schon lange, ob ich mir nicht mal wieder was gönnen sollte, wenn die Tour zu Ende war. Eine Reise, ein weiteres Auto oder ein Boot. Irgendwas würde sich finden.
„Die scheint wirklich interessiert zu sein." Flüsterte Sami.
„Ich aber nicht." Gab ich zurück. „Können wir ihr nicht einfach einen trinken, ohne das hier Weiber thematisiert werden. Es ist ja löblich, dass ihr euch sorgt, aber glaubt mir: Wenn ich vöglen will, brauche ich eure Hilfe nicht dafür!"
Sami grinste und nahm einen Schluck seines Drinks, während Mikko mich aus gläsernen Augen anstarrte.
„Jetzt stell dich mal nicht so an. Das war nicht böse gemeint. Ich dachte du könntest etwas Ablenkung gebrauchen."
„Mikko, in allen Ehren. Sophia ist noch keine 2 Wochen weg."
„Zeit wieder aufs Pferd zu steigen." Meinte er und lachte besoffen vor sich hin.
Sami runzelte die Stirn, sah mich an und tippte sich an den Kopf.
„Vielleicht solltest du wirklich langsam mal nach Hause fahren. Du hattest genug." Sagte ich zu Mikko und schob ihn vom Stuhl.
„Jaja. Ich geh ja schon."
Mikko zog sich umständlich seinen Hoodie über, schlug erst mit mir, dann mit Sami ein und stolperte aus dem Laden.
„Ich liebe ihn, aber er nevt mich gerade." Meinte ich zu Sami.
„Er macht sich Sorgen. Er hat nur eine bescheuerte Art und Weise das auszudrücken."
„Niemand muss sich Sorgen um mich machen. Ich bin schon groß. Das passiert mir nicht zum ersten Mal."
„Ja, aber diesmal ist es irgendwie anders. Du bist anders."
„Wie bin ich denn?" fragte ich herausfordernd, lehnte mich im Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und streckte die Beine unter dem Tisch aus.
„Du wirkst zwar nicht wie ein Wrack, aber irgendwie bist du schon sehr in dich gekehrt und warst außerhalb der Tour ständig allein."
„Ich genieße die Ruhe. Davon hatte ich die letzten 2 Jahre nicht viel."
„Das glaub ich dir ja auch. Aber trotzdem würden ich und die anderen uns weniger sorgen, wenn du dich besaufen und rumvögeln würdest."
„Falls du es nicht mitgekommen hast, wir hatten etwa 6 Kurze und 4 Gin Tonics. Das sollte dich beruhigen. Und nur weil ich jetzt nicht die nächste Frau bespringe, ist das kein Grund zur Sorge. Was macht ihr eigentlich für einen Druck? Das ist einfach noch nicht lange her."
„Samu, zu einer wie der da drüben," Sami deutete mit dem Kopf an den Tisch mit der Blondine, die wieder zu mir rübersah und lächelte, „hättest du sonst niemals „Nein" gesagt."
„Heute tue ich das. Ich bin auch keine 25 mehr und meine Hände funktionieren auch noch."
Sami lachte und schlürfte mit seinem Strohhalm das Glas leer.
„Ich dachte du solltest das wissen. Ich verstehe, wenn es dir nicht so gut geht und falls du reden willst, weißt du wo du mich findest."
„Ich rede doch."
„Samu, du bist ein sturer Bock." Grinste er.
„Danke. Das weiß ich."
„Wollen wir los?"
„Ja."
„Ich geh noch kurz pinkeln und bezahlen. Der Abend geht auf mich." Meinte er und verschwand.
Ich trank mein Glas leer und entknotete mein Hemd. Während ich noch damit kämpfte die Ärmel wieder auf rechts zu drehen, rückte sich die Blondine plötzlich den Stuhl gegenüber zurecht und nahm Platz. Ich schaute etwas verwirrt rüber und sie lächelte mich an.
„Hey. Eigentlich mach ich sowas nicht, aber irgendwie konnte ich nicht weggucken."
Ich grinste nur, nickte und fummelte weiter an meinem Hemd, dass sich anscheinend gegen mich verschworen hatte.
„Sorry. Ich hab hier gerade ein logitisches Problem." Lachte ich und warf das Hemd auf den Stuhl links von mir.
Sie kicherte und fuhr sich durch die Haare.
„eigentlich spreche ich sonst nie Männer an. Ich hab mich nicht getraut, aber ihr wart so in Aufbruchstimmung. Ich hätte mich vielleicht geärgert, wenn ich die Chance jetzt nicht genutzt hätte. Ich heiße Jula."
„Samu", meinte ich. „Wir wollen tatsächlich gerade los. Wir haben ein wenig viel getrunken und es ist Zeit fürs Bett."
Ich legte den Ellenbogen auf die Rückenlehne des Stuhls zu meiner Rechten und lehnte meine Schläfe an meinen Zeigefinger.
„Und dein Bett steht wo?", fragte sie sehr direkt.
Verwundert zog ich eine Augenbraue hoch und sah sie an.
„Zu Hause. In meinem Haus."
Wir sahen Sami aus dem Toilettenbereich kommen und zum Tresen schlendern, um die Rechnung zu zahlen.
Sie lehnte sich verschwörerisch über den Tisch und flüsterte: „Menemekö minulla tai sinulla?"
Ich verharrte in meiner Position und seufzte. Am liebsten hätte ich provokativ gegähnt, wie ich es vorhin bei Mikko getan hatte. Aber das wäre unfreundlich gewesen. Das Zebra wirft sich dem Löwen doch auch nicht zum Fraß vor und reicht ihm das Besteck und den Salzstreuer. Das machte keinen Spaß und obwohl sie wirklich hübsch war, fehlte es ihr irgendwie an irgendetwas. Ausstrahlung? Feuer? Ich wusste es nicht.
„Danke für das wirklich nette Angebot, aber ich glaube ich fahre besser allein nach Hause. Aber ich wünsche dir noch einen schönen Abend." Ich stand auf und strich meine Jeans glatt.
„Moi moi Jula."
Gerade als ich auf dem Weg zu Samu war, rief sie mir hinterher: „Hey. Du hast dein Hemd vergessen."
Hätte sie gewusst, dass das Ding bei Ebay wahrscheinlich ihren nächsten Jahresurlaub eingebracht hätte, hätte sie es sich sicher nochmals überlegt mich darauf aufmerksam zu machen.
Ich nahm das Hemd, hob die Hand zum Gruß und folgte Sami aus der Bar.
„Willst du es dir nicht doch nochmal überlegen mit der Kleinen? Die war doch hübsch."
„Ja und sehr langweilig. Ich hab kein Bock auf sowas."
„Du fliegst nicht mit uns zum Konzert, oder? Mikko meinte sowas in der Art."
„Ne. Ich fliege noch 2 Tage in die Schweiz. Ein wenig rumfahren und die Sonne genießen. Ich komme nach."
Wir verabschiedeten uns und ich nahm ein Taxi Richtung Munkkiniemi.
Zu Hause angekommen verschwand ich kurz im Bad, ließ meine Klamotten auf dem Boden liegen und stolperte ins Bett. Sophia hatte es immer gehasst, wenn ich alles rumliegen ließ. Hatte sich aber nie wirklich beschwert und wenn ich morgens aufgewacht war, hatte sie einfach alle Schäden beseitig. Jetzt türmte sich der Klamottenberg irgendwo zwischen Bad und Bett und es war mir egal. Ich ließ mich in die Daunen fallen und schloss die Augen. So sehr ich es genoss Ruhe zu haben und mich um nichts und niemanden als mich selbst kümmern zu müssen, sobald ich abends im Bett lag, holte mich das alles ein. Die Stille. Die Dunkelheit. Die Einsamkeit. Nach den Konzerten war's am schlimmsten. 25tausend Leute schrien, sangen und tanzten und dann im Hotelzimmer war es totenstill und das Bett war kalt. Auch hier Zuhause. Sie war weg. Und egal wie wütend und traurig ich war. Ich vermisste sie.
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Mit einem Rums landete die Maschine. Ich holte einen meiner Koffer ab und bekam am Schalter die Bestätigung, dass mein restliches Gepäck am nächsten Morgen in meine Ferienwohnung, die ich in einem Internetportal gemietet hatte, gebracht werden würde. Ich besorgte mir einen Leihwagen und fuhr zu der angegebenen Adresse. Die Wohnung war schön. Im Sonnenlicht sicher hell, aber es war bereits 23 Uhr und es war stockdunkel. Alles war in weiß gehalten und wirkte fast klinisch. Die nächsten Tage wollte ich nutzen mir eine richtige Wohnung zu besorgen.
Lange hatte ich gegrübelt, ob ich diesen Schritt gehen sollte, aber Alex hatte Recht: Ich hatte nichts zu verlieren. Ich zweifelte. Nachdem, was ich Samu an den Kopf geworfen hatte, würde er mir nie wieder etwas glauben. Auch wenn ich all diese Dinge nur aus blanker Wut gesagt hatte, hatten sie ihn getroffen. So sehr, dass er die Beziehung beendet hatte.
„Zeig ihm, dass du allein klar kommst, dass dein Glück nicht nur von ihm abhängt, dass du dahingehörst und dass du gern dort bist. Aber dafür musst du dort sein. Ohne Kompromisse. Kündige dieses Scheißhaus, in dem du eh nicht mehr glücklich bist. Wenn das alles nicht sein soll, erwarten sich hier 1 Million andere geile Häuser, in denen du neu anfangen kannst. Beweis ihm, dass du dorthin gehörst und das nicht für ihn tust, sondern für dich. Dann wird er dir auch wieder glauben."
Am selben Tag hatte ich die Kündigung geschrieben und einige persönliche Dinge eingepackt und zwei Kartons zu Alex gebracht, die er mir schicken wollte. Das Haus war möbliert. Ich musste mich um nichts weiter kümmern. Die Schlüssel hatte ich Alex dortgelassen und er versprach sich um alles zu kümmern. In einer Woche würden alle Sachen für das Studio nach Helsinki geliefert werden und auch der Flügel aus meinem Wohnzimmer sollte ankommen.
Ich ging auf den Balkon, zündete mir eine Zigarette an und genoss den Blick über den Hafen. Ich hatte alle Zelte abgebrochen. Einfach so. Innerhalb von 2 Tagen, war alles verstaut gewesen und ich saß im Flugzeug. Alex nach diesem Ausrutscher erstmal nicht jeden Tag zu sehen, schien mir richtig. Das hatte uns beide etwas aus der Bahn geworfen und ein wenig Abstand war richtig. Es änderte nichts an unserer Freundschaft, aber wir mussten und beide neu ordnen und das konnten wir beide am besten allein.
„Sei ehrlich. Wieviel hättest du mir abgeknüpft mich wieder ins Studio einzukaufen, wenn ich nicht gegangen wäre?", hatte ich ihn vor meiner Abreise gefragt.
„Deine Auslöse plus einen Dollar." Hatte er gegrinst. „Ich will dich hier nicht so schnell wiedersehen. Du bleibst da. Egal wie anstrengend oder nervenaufreibend es ist. Und egal wie stur er ist. Versuch es wenigstens. Und wenn es nicht klappt, dann kannst du auch damit abschließen und wieder in den Spiegel gucken. "
So schwer es mir damals gefallen war LA zu verlassen, desto einfacher war es diesmal gewesen. Jetzt war ich hier. Allein. Es war ein ganz anderes Gefühl hier auf eigenen Beinen zu stehen und ohne Rückhalt neu anzufangen. Ohne Samu, der mir unter die Arme griff oder mir irgendetwas aus der Hand nahm. Ich tat es aus freien Stücken und tat es für mich. Für niemanden sonst. Ich wollte nicht zurück in mein Haus, ich wollte nicht weiter in LA sitzen, Trübsal blasen und warten, dass es besser wurde. Ich wollte hier sein. Ich wollte dieses Studio aufbauen und ich wollte Samu zurück. Mehr als alles andere.
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Heimkehr
FanfictionSamu & Sophia Teil 3. Fortsetzung von "Von der Muse geküsst" und "Klimawandel". Inklusive der beiden OS in meinem Account zu finden. Nach Sophias Rückkehr nach Los Angeles scheint die Trennung von Samu endgültig. Wäre da nicht noch etwas, was sie in...