Die letzten Monate hatte ich damit verbracht im Studio an meinen Sachen zu arbeiten und hatte viel Zeit mit Joonas und seinen Freunden verbracht. Darüber hatte ich Hanna kennengelernt, die mit einem seiner Freunde zusammen studiert hatte. Sie war 29, kam ursprünglich aus der Nähe von Hannover, lebte seit 2 Jahren in Helsinki und arbeitete für eine Werbeagentur. Vorher war sie viel gereist und unter anderem auch ein halbes Jahr in Los Angeles gewesen. Wir hatten uns auf Anhieb prima verstanden und verbrachten viel Zeit miteinander. Shoppen, Kaffee trinken, feiern oder auch einfach nur zusammen in der Sonne sitzen und reden. Sie hatte sich Anfang des Jahres von ihrem Freund getrennt, hatte schulterlanges, platinblondes Haar, trug eine große schwarze Nerdbrille, immer knallroten Lippenstift und wohnte in einer kleinen, hübschen Wohnung ganz in meiner Nähe. Sarah war für eine Woche zu Besuch gekommen und so hatten wir zu dritt die Stadt unsicher gemacht. Den Weg aus Helsinki raus hatte ich auch gefunden. Hanna und ich waren in Turku gewesen und waren ein paar Tage durch die hübsche, grüne Einöde gefahren. Wir besuchten oft Konzerte oder saßen abends am Wasser mit einer Flasche Wein. Mit einer Jacke ließ es sich in der Sonne draußen gut aushalten und wir hatten eine Menge Spaß zusammen. Es tat gut wieder eine Freundin vor Ort zu haben und regelmäßig über Dinge zu reden, die Alex oft die Augen rollen ließen. Der ein oder andere Abend war auch mal etwas ausgeartet und da Hanna kein Kind von Traurigkeit war, hatte ich mich auch mal etwas mitreißen lassen und war in einem fremden Bett aufgewacht. Tatsächlich hatte ich den Herren auch auf einen Kaffee getroffen, aber schnell war klar gewesen, dass wir ohne Alkohol im Blut nicht so gut miteinander kommunizierten.
Es war bereits Juni und von Samu hatte ich seit seinem Geburtstag nichts gehört und nichts gesehen und das war okay. Hanna kannte die Geschichte über meinen Ex-Freund. Nicht alles, aber die wichtigen Eckpunkte. Sie wusste, dass er Musiker war und das wir irgendwie beide es nicht mehr geschafft hatten über unseren Schatten zu springen und es für besser befunden hatten einen gesunden Abstand zueinander zu halten. Hanna hatte ebenfalls eine sehr von Streit geprägte Beziehung hinter sich und schob noch genug Hass auf ihren Verflossenen, um sich regelmäßig über die neue Freundin aufzuregen, mit der er bereits nach 3 Monaten zusammengezogen war. Soweit, die Dame eher zu bemitleiden war, weil sie den Idioten nun an der Backe hatte, war sie noch nicht.
Auch heute hatten wir uns getroffen, hatten im „The Cock" gefrühstückt und saßen draußen auf den türkisenen Holzstühlen, an einen farblich passenden Tisch, genossen die Sonne und beobachteten die Leute die vorbeiliefen. Es dauerte nicht lange, bis mir der große, blonde Passant ins Auge stach. Sonnenbrille, blaue Jeans, weiße Chucks, ein weißes Shirt und eine dünne schwarze Jacke. Er hätte auch in einem Nilpferdkostüm daherkommen können. Ich hätte ihn schon am Gang erkannt. Und er sah gut aus. Viel zu gut. Konnte er nicht einfach ein Nilpferdkostüm tragen? Das würde so viele Dinge leichter machen. Fast 3 Monate hatten wir uns nicht gesehen und jetzt lief er die Straße runter, wie jeder andere und sofort fühlte ich mich ein wenig wehmütig.
Samu steckte sein Handy in die Jackentasche und lächelte, als er mich entdeckte. Er blieb an unserem Tisch stehen und ich stand auf und umarmte ihn.
„Wie geht's?", fragte er und drückte mich kurz.
„Sehr gut und dir?"
„Auch gut. Hello." Meinte er, drehte sich zu Hanna und hielt ihr seine Hand entgegen.
„Hallo. Ich bin Hanna." Sagte sie und guckte etwas verunsichert zwischen Samu und mir hin und her.
„Ah, du sprichst Deutsch. Ich bin Samu."
„Ich weiß." Lachte sie. „Ich habe „The Voice" im Internet verfolgt."
Er nickte und vergrub seine Hände in den Hosentaschen, wie er es immer tat, wenn er verlegen oder unsicher war oder nicht wusste, was er sagen sollte.
„Good." Grinste er. „Was macht ihr?"
„Wir haben gefrühstückt und genießen ein wenig die Sonne."
„Die breakfast ist good here. Ich wollte eine coffee kaufen und treffe mich mit Riku nachher."
„Hast du dich von der Tour erholt?"
Er nickte.
„Ja. Du auch?"
„Für mich war es nicht ganz so anstrengend." Lachte ich.
„Mina war eine bisschen mad mit mir, weil ich war nicht in so eine gute mood back home."
„Das habe ich mitbekommen." Grinste ich.
„Ach ja? Hast du? Was hast sie gesagt?"
„Das du aussiehst wie ein Penner, Pizza isst, auf dem Sofa liegst und nicht mit ihr reden wolltest."
„She was right." Lachte er. „Ich war nicht so eine good company. Aber es ist okay wieder. Ich habe noch eine bisschen time now for holiday, before ich fliege nach Berlin. Did Alex tell you?"
Ich zog die Stirn kraus und schüttelte den Kopf. Alex und ich hatte in den letzten Wochen eigentlich nie über Samu geredet. Er genoss seinen Urlaub in LA und alle paar Tage meldete er sich, aber Samu war nie Thema gewesen.
„Ich mach wieder „The Voice". Da ist nicht soviel zu machen during summer mit die Band so I confirmed the offer from Germany."
Ich nickte.
„Schön. Dann hast du ja bis Ende des Jahres ordentlich zu tun."
„Ja. Wir wollen auch machen eine neue Album next year, so the will be a lot to do."
"Bist du weitergekommen mit dne Songs?"
Er grinste.
„Do you think, dass ich brauche Hilfe?"
Ich lachte.
„Nein, das war eine ernstgemeinte Frage."
Samu grinste und vergrub wieder die Hände in den Taschen seiner Jeans.
„Ja. Es war ganz gut. Ich habe schon aufgenommen eine bisschen stuff in Stockholm. We'll see."
Einen Moment standen wir nur da und drucksten etwas rum. Er nickte, ich nickte, Hanna nickte aus Solidarität mit.
„Okay. Ich hole eine coffee und dann ich fahre zu Riku."
Er legte die Arme um meine Schultern und umarmte mich gefühlt ein wenig zu lange. Vielleicht war auch ich Schuld. Oder wir beide. Es fühlte sich gut an. Es roch gut. Es war vertraut. Es war wie immer.
„Mach's gut." Meinte ich leise.
„Du auch." Brummte er, küsste meine Wange, verabschiedete sich von Hanna und verschwand im Laden.
Die sah mich vielsagend an, schwieg aber grinsend, bis Samu mit einem Pappbecher wieder herauskam, die Hand hob und wieder die Straße runterlief. Etwas gedankenverloren sah ich ihm hinter meiner Sonnenbrille nach, bis er um die Ecke verschwand.
Erst als Hanna mir ihre Serviette entgegenwarf, guckte ich zu ihr rüber.
„Samu Haber ist dein verschissener Ex?" meinte sie fast empört. „Du erzählst mir von einem Exfreund und vergisst dieses eine wichtige Detail?"
„Hätte das irgendwas geändert?" meinte ich und faltete die Serviette zusammen und legte sie auf meinen Teller.
„Wahrscheinlich nicht, aber... Hallo?"
„Was?" lachte ich.
„Ich dachte Wunder was er für ein Kerl ist. Musiker. Das könnte jeder sein. Ich dachte „Ich war mit ihm und seiner Band auf Tour und blablabla" heißt sowas wie: „Der macht ne kleine Clubtour, lebt von der Hand in den Mund und hofft irgendwann mal davon leben zu können." Warum hast du nichts gesagt?"
Ich zuckte die Schultern.
„Keine Ahnung. Vielleicht um so einem Gespräch aus dem Weg zu gehen. Ich dachte Joonas hätte vielleicht auch mal irgendwas gesagt."
„Hat er nicht."
„Er ist auch nicht unbedingt Samus größter Fan."
„Du anscheinend schon." Grinste Hanna und nippte an ihrem Kaffee. „Ich hab das genau gesehen."
„Was?"
„Wie du geguckt hast."
Ich schnaufte und lehnte mich in meinem Stuhl zurück.
„Es ist immer wieder dasselbe alte Lied. Und es fängt immer wieder von vorn an. Irgendwann muss man ja mal ne neue Platte auflegen."
„Ich bin nicht überzeugt."
„Von was?"
„Davon, dass du wirklich eine neue Platte auflegen willst."
„Jedes Mal, wenn ich ihn sehe ist es einfach wie immer und das hört einfach nicht auf."
„Warum versucht ihr es nicht einfach? Ich meine, wenn es nicht klappt, dann klappt es halt nicht."
„Ich weiß nicht. Wir tun uns nicht gut. Nicht immer. Es lief immer nur total super oder total schlecht. Dazwischen gab es nichts. Jedenfalls war das immer so."
„Und jetzt? Ich meine, du hast gesagt ihr hättet euch gut verstanden in Deutschland. Ein wenig zu gut."
„Ich weiß es nicht. Aber ich denke wir wollen das auch beide nicht rausfinden."
„Ist das nicht total bescheuert, wenn man weiß, dass da noch was ist und man sich dann aus dem Weg geht. Das verfolgt dich doch auf ewig. Hat er nicht auch Kontakt mit Alex?"
Ich nickte.
„Also lauft ihr euch früher oder später eh immer wieder über den Weg."
„Hanna, dieses Gespräch hatte ich gerade erst in Deutschland mit Alex Bruder. Da hängen schon Spinnenweben dran."
„Dein Ex ist n verdammter Rockstar." Lachte sie.
Ich musste auch lachen und schüttelte den Kopf.
„Anscheinend. Ich weiß nicht. Als ich ihn kennengelernt habe war er irgendwie gerade keiner. Da war er einfach nur... Samu. Was da in den letzten Jahren alles passiert ist hab ich selbst erst jetzt nach der Tour so wirklich begriffen. Vielleicht hab ich mich letztes Jahr zu wenig damit auseinandergesetzt. Er hat einfach viel gearbeitet und ich hab viel rumgesessen und versucht mich hier zurechtzufinden. Ich sehe das alles jetzt mit etwas anderen Augen."
Hanna grinste breit.
„Hör auf jetzt!" lachte ich und warf ihr die Serviette zurück.
„Ich muss noch ein Geburtstaggeschenk für eine Freundin besorgen. Kommst du mit?"
„Klar."
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Meine Mutter lag mir seit Tagen in den Ohren, dass wir schon seit Wochen geplant hatten abends essen zu gehen und ich jedes Mal zu müde oder schon verabredet war. Heute Abend konnte ich mich nicht mehr rausreden, holte sie von zu Hause ab und fuhr mit ihr in die Stadt, wo Riku schon vor dem Restaurant auf uns wartete. Eigentlich war ich mit ihm verabredet gewesen, also hatte ich beschlossen, dass wir auch zu dritt gehen konnten. Als wir an dem Laden ankamen, unterhielt sich draußen mit einer großen Blondine, die ich schon auf zwei Kilometer Entfernung von hinten erkannt hätte: Sophia. Fast 3 Monate hatten wir uns nicht gesehen und nun liefen wir uns innerhalb von einer Woche gleich zweimal über den Weg. Wir hatten beide frei, waren beide in der Stadt. Irgendwann musste das passieren. Sie vor ein paar Tagen beim Frühstück anzutreffen, war irgendwie schön gewesen. Nicht unangenehm, nicht verkrampft, nicht fremd. Als wäre alles in Ordnung. Warum auch nicht? Seit ich denken konnte, waren wir uns noch nie in einer Sache so einig gewesen: Eine gewisse Distanz war gut für uns. Das änderte nichts daran, dass ich mich in ihrer Nähe noch immer gut fühlte. Wahrscheinlich würde das einfach auch immer so sein. Ich mochte es, wie sich mich ansah, wie sie mich anlächelte oder wie sie ihre Haare mit beiden Händen hinter ihre Ohren strich, wenn sie verlegen oder nervös war. Ich musste sie nur auf Entfernung sehen und schon hatte ich ihren Duft in der Nase und der roch noch genauso wie früher. Viel zu gut.
Sophia trug ein dunkelblaues Kleid und eine kurze schwarze Lederjacke. Die Haare verschwanden in einem geflochtenen Pferdeschwanz in ihrem Nacken und die Füße steckten in schwarzen Sandaletten. Riku und sie lachten laut und er redete ununterbrochen auf sie ein. Jetzt mit meiner Mutter hier aufzutauchen kam der Megagau. Weniger für mich, aber sie würde sicher keine Luftsprünge machen. Irgendwann musste das ja passieren.
„Du hast mir gar nicht gesagt, dass Sophia auch kommt." Meinte Mama und sah zu mir hoch, als wir auf die beiden zugingen.
„Tut sie nicht. Das ist ein Zufall." Brummte ich und lief weiter neben ihr her und vergrub meine Hände in den Hosentaschen meiner schwarzen Jeans.
Als wir die beiden fast erreicht hatten, hob Riku die Hand und Sophia sah zu uns rüber. Riku hatte ihr sicher gesagt, dass wir verabredet hatten, ob er meine Mutter auch angekündigt hatte, wusste ich nicht und Sophia sah etwas verunsichert zwischen uns hin und her, bis wir bei den beiden stehenblieben.
„Hallo." Sie lächelte und strich sich eine Strähne hinters Ohr.
„Hi." Sagte ich und wippte ein wenig mit den Füßen, bevor ich erst sie und dann Riku in eine Umarmung schloss.
Ich hörte, wie sie Mama begrüßte und meine Mutter begrüßte sie, schüttelte ihre Hand und sagte, dass sie sich freute sie wiederzusehen. Ich war mir nicht sicher, wie ernst sie das meinte, aber ich wusste auch, dass sie Sophia sympathisch fand, nur unsere Konstellation immer für problematisch angesehen hatte.
„Nice to meet you, too." Sagte Sophia, lächelte sie an und versuchte nicht mal ihre Unsicherheit zu überspielen.
„Was machst du denn hier?", fragte ich.
„Ich treffe mich mit Hanna und ein paar Freundinnen. Eine von Ihnen hat Geburtstag und wir wollte etwas Essen und ein wenig feiern."
„Okay", sagte ich, „wir wollen hier essen auch. Mama mag die Pizza. Long time no see, mmh?"
Sophia lachte.
"Ja. Komisch erst sehen wir uns so lange nicht und dann gleich zweimal so kurz hintereinander. Aber ich war auch viel unterwegs. Wir waren in Turku und sind ein wenig in der Gegend rumgefahren."
„Oh, finally you made it out of Helsinki." grinste ich.
Sie nickte.
"Ja. Irgendwann musste ich das ja machen."
So gern hätte ich ihr damals so viel mehr von meiner Heimat gezeigt, aber dazu war es nicht mehr gekommen. Irgendwie war es schade, dass sie das nun mit jemand anderem machte, aber das war der Lauf der Dinge.
„Ich habe heute mit Alex telefoniert. Er ist mit Mina und some friends bei die Grand Canyon. Hiking and rafting stuff. Sounds cool. I'm jealous."
„Ja, ich weiß. Das hatte er schon länger geplant. Wir sind da auch schonmal gewesen und er wollte da unbedingt nochmal hin. Die haben sicher Spaß. Die Leute sie mit sind, sind auch sehr lustig. Oh, da kommen die anderen." Sagte sie und winkte einer Handvoll Frauen zu, die die Straße herunterkamen. Ich erkannte Hanna, mit der sie beim Frühstück gesessen hatte, die fröhlich zurückwinkte.
„Okay, dann Guten Appetit."
„Euch auch. Danke." Lächelte sie und ging ihren Freundinnen entgegen, die sie aufgeregt begrüßten.
Als wir zu unserem reservierten Tisch am Fenster gingen, schlug Riku mir im Vorbeigehen auf die Schulter und grinste dämlich. Ich wusste was er dachte. Meine Mutter anscheinend auch. Die hatte nämlich denselben Gesichtsausdruck. Ich ignorierte die beiden, nahm Platz und studierte die Speisekarte, während Riku sich auf die Toilette entschuldigte.
„Spielst du mir hier irgendwas vor?", fragte Mama und lugte über ihre Karte hinweg.
„Was meinst du?"
„Du weißt was ich meine." Sagte sie und deutete mit dem Kopf Richtung der Mädelstruppe, die gerade ebenfalls das Restaurant betrat und zu einem Tisch auf der anderen Seite geführt wurde.
„Nein, das weiß ich nicht."
„Samu, ich sehe doch, wie ihr euch anseht. Denkst du ich bin schon senil?"
Ich musste grinsen.
„Manchmal schon."
Sie warf mir einen bösen Blick zu und schüttelte den Kopf.
„Willst du mir das jetzt nur nicht sagen, weil du denkst ich würde dir reinreden?"
„Mama", meinte ich genervt und ließ die Karte auf den Tisch sinken, „fängst du jetzt schon wieder damit an? Das hatten wir schon. Ich muss mich nicht mit meiner Mutter über mein Liebesleben unterhalten."
„Ach, du hast also ein Liebesleben?"
„Mama!"
Sie lachte.
„Ich mein ja nur."
„WAS meinst du?"
„Ihr wirkt wie zwei schüchterne Teenager. So kenne ich dich gar nicht. Jedenfalls nicht seit du einer warst."
„Da ist nichts. Das habe ich dir schon erklärt. Das Thema ist durch."
Sie grinste und sah wieder in die Karte.
„Glaubst du echt, ich würde mir bei dir eine Erlaubnis abholen, wenn es anders wäre?" lachte ich und lehnte mich im Stuhl zurück.
„Nein. Diesbezüglich habe ich dir nie reingeredet und du würdest sowieso nicht auf mich hören. Ich verstehe nur nicht, warum du dich so benimmst, wenn du doch mit dem Thema abgeschlossen hast."
„Ich sage nicht, dass ich mit dem Thema abgeschlossen habe." Brummte ich und zupfte an der Tischdecke herum.
„Doch, das hast du gerade."
Ich sah zu dem Tisch rüber, an dem Sophia mit ihren Freundinnen saß und sich unterhielt.
„Ich denke ihr seid beide nicht so wirklich damit durch. So wirkt es jedenfalls auf mich. Sophia guckt ja genauso verstört aus der Wäsche wie du."
„Ich weiß es nicht, aber ich will auch nicht mehr darauf warten, dass sie sich darüber im Klaren wird und das auch zeigt. Jedes Mal muss ich das selbst in die Hand nehmen und renne gegen eine Wand. Darauf habe ich keine Lust mehr."
„Das verstehe ich zwar, aber seit wann gibst du denn so einfach auf?"
„Das hat nichts mit Aufgeben zu tun. Wenn es nach mir ginge, wäre es anders, aber nachdem was alles passiert ist, hat Sophia vielleicht einfach Recht damit, als sie meinte, wir sollten auf Abstand bleiben. Wir verrennen und da nur wieder drin. Ich hätte erwartet, dass da auch mal was von ihr kommt, aber da kann ich lange warten. Es ist gut so, wie es ist. Manchmal passt es einfach nicht, egal wie sehr man das vielleicht möchte oder egal wie sehr man es versucht."
Mama nickte und sah lächelnd auf, als Riku wieder an den Tisch kam und seinen Kopf auch in die Speisekarte steckte.
Riku und meine Mutter hatten sich noch ein Dessert bestellt und ich begnügte mich damit den beiden dabei zuzusehen, wie sie Süßkram in sich hineinschaufelten und trank einen Espresso. Ich sah zu Sophias Tisch rüber, als Bewegung in die Damen kam, sie ihre Jacken anzogen und Richtung Ausgang gingen. Sophia lächelte mich an, blieb stehen und sagte etwas zu Hanna, die grüßend die Hand hob und den anderen hinaus folgte. Sophia kam zu unserem Tisch rüber und blieb hinter Riku stehen.
„Eat less sugar, Riku. You're sweet already." Lachte sich und klopfte ihm auf die Schulter. Riku zuckte zusammen und ließ vor Schreck seinen Löffel ins Tiramisu fallen.
Meine Mutter verschluckte sich fast vor Lachen und auch ich konnte mich schwer entziehen, als ich in Rikus erschrockenes Gesicht blickte.
„Sorry." Kicherte Sophia und trat zwischen seinen und meinen Stuhl.
„Ich wollte mich noch verabschieden." Meinte sie und sah zu mir runter.
„Partying?", fragte Riku.
Sie nickte.
„Have fun."
Ich stand auf und nahm sie in den Arm.
„Tschüß. Viel Spaß." Meinte ich leise und genoss das Gefühl, als ihre Hände über meinen Rücken strichen und mir ihr Parfum in die Nase stieg.
Warum gab es keinen Schalter, den man einfach umlegen konnte? Das würde viele Dinge so einfach machen.
„Schönen Abend noch."
Sie löste sich von mir, lächelte, sah dann zu meiner Mutter, nickte ihr zu und meinte: „Enjoy your dessert, Eve."
„Thank you. I will. Have a nice evening." Sagte Mama.
"You too. Bye, Riku."
Er stand auf, nahm sie kurz in den Arm und verabschiedete sich.
Bevor sie durch die Tür ging, drehte sie sich nochmal um und warf mir ein Lächeln zu, das mir auch nach all der Zeit noch die Schuhe auszog.
„Du kannst dich jetzt wieder hinsetzten." Meinte Riku und grinste, weil ich noch immer neben dem Tisch stand und zusah, wie die Tür des Restaurants zufiel.
Ich sah ihn böse an, setzte mich wieder auf den Stuhl und während er das letzte Stück Tiramisu auf der Gabel balancierte, legte meine Mutter mir die Hand auf den Arm, sah mich eindringlich an und meinte leise: „Du wolltest ein Zeichen? Da war es."
Als ich Mama nach Hause gefahren hatte, rauchte ich noch eine letzte Zigarette auf der Terrasse und wollte dann ins Bett gehen. Vielleicht hatte sie Recht. Sophia war nicht der Typ, der Türen eintrat und sie war überlegt in ihrem Handeln. Das sie an unseren Tisch gekommen war, um sich zu verabschieden und das, obwohl es ihr sicher unangenehm war, weil Mama dabei war, war ihre Art einen Schritt auf mich zuzugehen. Das war ihre Art mir die Tür zu öffnen. Vielleicht musste ich sie nur aufhalten, damit sie einfach durchging. Vielleicht war das dumm oder naiv, aber ich wollte auch, dass sie wusste, dass ich das schätzte.
Ich zog mein Handy aus der Hosentasche, klemmte die Zigarette in meinen rechten Mundwinkel und schrieb eine Nachricht:
„Bist du auch schon gewesen in Porvoo?"
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Heimkehr
FanfictionSamu & Sophia Teil 3. Fortsetzung von "Von der Muse geküsst" und "Klimawandel". Inklusive der beiden OS in meinem Account zu finden. Nach Sophias Rückkehr nach Los Angeles scheint die Trennung von Samu endgültig. Wäre da nicht noch etwas, was sie in...