Er wirkte überhaupt nicht überrumpelt. Seine Arme schlangen sich um meine Taille und sein Mund drückte sich fest auf meinen. Ich wusste nicht, ob ich mich näher an ihn drängte oder er mich zog. Vielleicht war es beides. Diese ganze Wut schlug um. Genau das hatte ich nicht gewollt und genau das war alles, was ich in diesem Moment wollte. Mein Kopf legte den Schalter um und konzentrierte sich nur noch auf Samu. Auf seine Hände, sie sich unter mein Shirt schoben und über meinen Rücken strichen, seine Arme, die mich fest umklammerten und seine Zunge, die mit Leidenschaft meine suchte. Ihn zu küssen und zu berühren fühlte sich an wie immer. Großartig. Ein Kribbeln, das an meinen Fußsohlen anfing und sich bis die die Haarspitzen verteilte überkam mich. Zielsicher versuchte ich ihn zum Sofa zu delegieren, aber er hielt dagegen und schob mich wieder zurück in die andere Richtung gen Schlafzimmer. Als es ihm nicht schnell genug ging, schob er seine Hände an meinen Po und hob mich hoch. Meine Beine wickelten sich wie von allein um seine Hüften. Wie eine Choreographie, die wir vor langer Zeit mal einstudiert hatten und die einem nicht mehr aus dem Gedächtnis ging. Schon vor der Schlafzimmertür hatte ich sein Shirt auf den Boden befördert und suchte jeden Zentimeter seiner Haut ab. Er fühlte sich an wie immer. Weniger muskulös als noch im letzten Jahr, aber das war mir nie wichtig gewesen. Auf mich hatte er immer attraktiv gewirkt egal ob er wochenlang 5mal die Woche ins Fitnessstudio gerannt war und sich von Steak und Eiern ernährt hatte oder ob er zwei Wochen auf dem Sofa gegammelt und Pizza gegessen hatte. Ob rasiert oder unrasiert. Ob kurze oder längere Haare. Ob Anzug oder Jogginghose. Mir waren seine Gitarren egal, sein Auto, sein Haus, sein Kontostand. Es war nicht seine Kleidung, seine Haare, sein Körper oder Statussymbole, die ihn für mich attraktiv machten. Er war kein klassisch schöner Mann, wie man ihn neben David Beckham, George Clooney oder Brad Pitt in den Zeitungen abdruckte. Wenn er lachte, dann strahlten einem keine perfekten, weißen, ebenmäßigen Zahnreihen entgegen. Seine Haut zierte eine eher finnische Porzellanbräune. Die blauen Augen mit den hellen Wimpern waren von Fältchen umrandet und seine Stirn verriet, dass er entweder zu viel grübelte, zu viel arbeitete oder bei ihm in der Mimik einfach viel los war. Wahrscheinlich war es von allem ein wenig.
Die Sache mit dem Bart hatte nie so richtig funktioniert. Also mehr als ein optischer 5-Tage-Bart, der aber 3 Wochen gewachsen war, war nicht herauszuholen. Wenn er mehr als einen Tag in der Sonne verbrachte verrieten kleine Sommersprossen auf seiner Nase, dass seine Haare eigentlich nicht so naturblond waren, wie es auf den ersten Blick wirkte.
Auf seiner linken Wange befand sich ein Muttermal, dass viele vielleicht als einen weiteren Makel bezeichnet hätten. Die wenigen hellen Härchen an seinen Armen richteten sich auf, wenn er Gänsehaut hatte – so wie jetzt - als meine Hände über seinen Rücken strichen und meine Lippen an seinem Hals herabfuhren, während Samu die Schlafzimmertür mit der Schulter aufstieß und meinen Kopf mit seinem zur Seite schob und seine Lippen wieder meine fanden. Ich schob meine Hände wieder in seine Haare und küsste ihn um den Verstand.
Seine Lippen waren warm und weich und schmeckten, wie sie es immer getan hatten.
Samus Hände schoben sich an meine Seiten und schon merkte ich die weichen Bettbezüge an meinem nackten Rücken, als sein Gewicht mich in die Matratze drückte. Ich schlang die Beine noch fester um seine Hüften, als er seine Hände in meine Haare schob und seine Küsse immer leidenschaftlicher wurden.
Leidenschaft hatte er. Wenn ihn etwas interessierte oder ihn in den Bann zog, dann brannte er dafür. Egal, ob es dabei um Musik ging, Sex, ein dämliches Boot, Eishockey oder sein Auto. Erreichte etwas seine ungeteilte Aufmerksamkeit, biss er sich daran fest und war mit Herz und Seele dabei.
Er lachte viel, er grübelte, er konnte sich in Melancholie suhlen und auf dem Bett herumspringen, wie ein Kind, wenn er sich freute. Er konnte über die albernsten Dinge lachen, bis ihm die Tränen kamen, reden wie ein Wasserfall und wenn er schlechte Laune hatte, sprach er fast nichts.
Er trug Ohrstecker in beiden Ohren. Das machte ihn aber weder metrosexuell noch zu einem Punk. Ob die wenigen, aber nicht ganz unauffälligen Tätowierungen seinen Körper verschönerten, darüber konnte man sich streiten. Davon ein Kunstwerk zu sein, wie z.B. Alex, war er meilenweit entfernt und einen wirklichen Zusammenhang oder Sinn, machten die Bildchen und Schriftzüge auch nicht. Ein Post-It hätte es das ein oder andere Mal vielleicht auch getan. Aber es war ein Teil von ihm und ohne das fehlte etwas.
Samu war nicht perfekt. Weder von außen, noch von innen. Er war nicht auf den ersten Blick schön, aber Samu hatte etwas, was nur wenige Menschen in einem gesunden Maß besaßen: Er hatte Charme. Selbst wenn er eine spitze Bemerkung machte, konnte man ihm nie ernsthaft böse sein. Wenn Samu einen Raum betrat, dann drehten die Leute sich um oder sahen von ihren Tellern oder Büchern auf. Einige tuschelten, Frauen kicherten, Männer nickten ihm zu oder sahen beschämt weg. Nicht weil sie ihn alle kannten oder seine Musik mochten. Nein, einfach war er auffiel. Nicht, weil er groß war oder blond oder tätowiert oder Ohrringe trug. Einfach weil er da war. Vielleicht war es nur eine kleine Bewegung, die die Leute in seinen Bann zog. Vielleicht nur ein Augenblinzeln, ein Grinsen oder die Art wie er sich die Haare aus der Stirn strich. Ich hatte das nie wirklich begriffen. Wahrscheinlich, weil ich längst am Haken gebaumelt hatte. Wie so viele andere auch. Selten kam jemand wie Joonas, der ihn für arrogant hielt. Aber auch hier war ich mir sicher, hätte Samu es gewollt oder hätte nicht selbst seine Spitzen verteilt - Joonas hätte ihn gemocht.
Samu gelang es irgendwo zwischen „zum niederknien charmant" und „total unverschämt" ein Zelt aufzuschlagen und jeder brachte seinen Schlafsack, einen Grill und Bier für die habersche Campingsause mit.
Natürlich war er nicht 24 Stunden am Tag charmant und nett und lustig. Samu konnte still sein, melancholisch, oft überladen sarkastisch, dominant und aufbrausend. Er schnarchte, konnte besitzergreifend sein und viel einem gern ins Wort, wenn er wütend war, ohne das zu merken.
Leidenschaft war für ihn ein Motor und es gelang ihm mit wenigen Worten die Menschen um ihn herum vollkommen in seinen Bann zu ziehen. So wie mich gerade, als er begann meinen Hals zu küssen und seine Hände die Erkundungstour über meinen Körper starteten. Ich löste die Umklammerung meiner Beine und genoss jede Berührung, die er mir zukommen ließ. Samu schob eine Hand unter meinen Rücken, öffnete meinen BH, warf ihn neben das Bett und war darauf bedacht jeden Millimeter mit seinen Lippen abzusuchen, der eben noch von dem Stoff bedeckt gewesen war. Ich schloss die Augen, strich über seine Schultern und seufzte, als er wieder zu mir hochkam und ich seinen Atem an meinem Gesicht fühlte. Sofort fanden sich unsere Lippen wieder und ich schlang die Arme um seinen Nacken. Samu lehnte die Arme neben meinen Kopf, schob seine Finger in meine Haare und wartete, bis ich ihn ansah. Er lehnte seine Stirn an meine und wurde noch schwerer auf mir. Kurz zweifelte ich daran, dass das hier weitergehen würde, aber schon schob er seine Zunge zurück zwischen meine Lippen, lehnte sich auf seine Knie und schob mich unter sich ein Stück höher auf das Bett.
„Samu, wenn du..."
„Shhhhhhh." Machte er nur und küsste sich hinunter zu meinem Bauchnabel. Immer wieder sah er zu mir hoch, arbeitete sich weiter über meinen Körper und öffnete vorsichtig meine Jeans, während er sich am Bündchen entlangküsste. Ich hob mein Becken ein Stück an und ließ ihn mir die Hose von den Beinen ziehen. Samu strich über meine Beine, hoch zu meinen Hüften, zog mich ein Stück runter und begann erneut mich innig zu küssen. Seine Hände brannten auf meiner Haut und seine Küsse wurden immer fordernder. Ich legte ein Bein um eine Hüfte und drehte ihn auf die Seite, bis er unter mir lag. Samu strich mir die Haare aus dem Gesicht, nahm es wieder in beide Hände und zog mich zu sich runter. Ich ließ meine Hände über seinen Oberkörper wandern, löste mich von seinen Lippen und verteilte Küsse auf seiner Haut, bis ich an seinen Jeans angekommen war. Sie gesellte sich zu meinen auf den Boden, wo kurz darauf seine Boxershorts und mein Höschen landeten. Samu setzte sich auf, zog mich auf seinen Schoß, küsste meine Brüste und biss immer wieder vorsichtig in meinen Hals, während ich ihm ein leises Stöhnen entlockte, als ich meine Hand um seine Erregung schloss. Er zog mich noch dichter an sich, legte seine Hände an meinen Po und lehnte seine Stirn an meine Schulter, während ich mein Hand weiter über seine Längen gleiten ließ. Samu seufzte schwer und ich fühlte, wie seine Muskeln unter meinen Berührungen zuckten. Langsam rückte ich näher an seinen Schoß und Samu sah auf, küsste mich leidenschaftlich und ließ sich zurück auf die Matratze fallen. Seine Hände fuhren über meine Oberschenkel und er sah dunkel zu mir hoch. Es gefiel mir, dass er sich sichtlich fallen ließ, nicht die Kontrolle an sich riss und offensichtlich genauso fühlte wie ich. Seine Hände blieben an meinen Hüften liegen, als ich ihn langsam in mich gleiten ließ und ihm ein lautes Keuchen entlockte. Nochmal kam er zu mir hoch, schlang die Arme um mich und küsste mich, bis ich nicht mehr wusste, wo oben oder unten war. Ich drückte ihn an der Schulter zurück auf das Bett und genoss den Anblick, wie er sich unter mir wand, als ich anfing mich auf ihm zu bewegen. Er legte den Kopf in den Nacken, malträtierte seine Unterlippe mit den Zähnen und schloss die Augen. Ich stöhnte auf, als sein Griff um meine Hüfte fester wurde und er sich leicht gegen mich bewegte. Samu griff nach meinen Händen und zog mich zu sich runter. Ich verschränkte unsere Finger neben seinem Kopf, biss vorsichtig in seine Lippe und er hob den Kopf ein Stück und schob seine Zunge zurück in meinen Mund und schien sichtlich beherrscht sich nicht weiter zu bewegen. Immer wieder erntete ich ein Stöhnen, er drückte meine Hände und schloss immer wieder die Augen. Irgendwann war es um seine Selbstbeherrschung geschehen. Er ließ meine Hände los, küsste mich leidenschaftlich und verfrachtete mich unter sich. Sein Gesicht vergrub sich an meiner Schulter und er nahm langsam das Tempo auf. Immer tiefer vergrub er sich in mir, jagte Stromstöße durch meinen Körper und stieß mich letztendlich über die Klippe, um mir hinterherzuspringen, als er die Zähne zusammenbiss, ihm jegliche Gesichtszüge entglitten und er schwer auf mir zusammensackte.
Ich lag auf dem Rücken und sah an die Decke. Samus Kopf ruhte auf meinem Bauch und ich kraulte durch seine Haare, während er ebenfalls, noch etwas außer Atem, die Schlafzimmerlampe betrachtete.
„So you're leaving, mmh?"
"Ja." Meinte ich leise und schob die zweite Hand in seine Frisur.
Er nickte nur stumm und sah weiter an die Decke.
Wir wussten beide, dass das hier ein Abschied war und das hier rein gar nichts änderte. Samu schnaufte, griff nach einer meiner Hände, zog sie ein Stück zu sich runter und strich über meinen Handrücken.
„Ubermorgen?"
„Ja. Ich muss morgen noch ein paar Dinge packen und um den Rest kümmert Alex sich, wenn er ankommt.
Wieder nickte er stumm.
„Ich fahre übermorgen ins Studio, hole die letzten Unterlagen, die ich brauche und von da aus geht es zum Flughafen."
„When?"
„Mein Flug geht um 12."
Eine Weile schwiegen wir. Das hier war das Ende der Geschichte. Aber es war Zeit. So gern ich bei ihm war, so gut wusste ich auch, dass ich ihm immer wieder im Weg stehen würde und seine Erwartungen an mich nicht erfüllen konnte. Natürlich hatte ich viel aufgegeben. Natürlich hatte ich mich verändert. Aber er hatte Recht. An einem gewissen Punkt kam ich nicht weiter und das würde uns beide auf Dauer zermürben und uns unglücklich machen.
„Ich komme zu die Airport."
„Das musst du nicht."
„I know. But it would be strange, wenn wir sagen jetzt Goodbye und ich weiß, dass du bist noch in die city. Maybe I need to see you walking through the gate, damit ich verstehe, dass du gehst wirklich. I still don't understand your decision, aber ich weiß, dass du kannst nicht."
Wir hatten noch lange geredet und ich war sehr spät, nach einem langen Kuss, nach Hause gefahren. Samu hatte mir angeboten die Nacht bei ihm zu verbringen, aber das machte uns beiden den Abschied nur schwerer. Das er zum Flughafen kommen wollte, machte die Sache nicht besser für mich, aber ich wollte ihm das nicht ausschlagen. Den nächsten Tag hatte ich meine Sachen gepackt und eine sehr unruhige Nacht verbracht. Natürlich hatte ich Zweifel. Immer wieder dachte ich an die Worte von Chris. Das er glaubte, dass wir eine große Chance hatte und das auch Alex gesehen hatte, dass wir uns während der Tour weiterentwickelt hatten. Das wir enger zusammengerutscht waren. Aber ich wusste auch, dass ich bereits jetzt an dem Punkt war, an dem Samu irgendwann seine Erwartungshaltung hochschrauben würde und ich hatte einfach Angst das alles nochmal durchzumachen. Es gab auch ein Leben ohne Samu Haber. Das wusste ich. Ich musste nur einen Weg finden und der erste Schritt in diese Richtung war das Studio aufzugeben und Helsinki zu verlassen. So sehr ich diese Stadt und ihre Menschen lieben gelernt hatte, es war einfach nie dasselbe ohne Samu gewesen. Mit ihm funktionierte es aber auch nicht. Also musste ich eine Entscheidung treffen und das hatte ich getan.
Als ich am nächsten Morgen total übermüdet meine Koffer ins Auto packte und zum Studio fuhr, war ich nervös. Ich hatte Angst vor dem Abschied. Angst vor seiner Reaktion. Angst vor meiner eigenen. Wir hatten das schon mal durchgemacht, aber dieses Mal war es anders. Damals hatten wir uns nicht so gut gekannt. Auch wenn wir zwei intensive Wochen miteinander in LA verbracht hatten, war es nur der Abschied von einem Mann gewesen, in den ich mich verliebt hatte. Heute ließ ich ein Stück von mir zurück. Einen Lebensabschnitt. Eine große Liebe. Einen wichtigen Menschen.
Ich schloss die Tür auf, legte meine Jacke über den Sessel und ging in den Aufnahmeraum. Als ich das Licht anschaltete und mich in meinen Sessel fallen ließ erkannte ich die Schachtel, die auf dem Mischpult stand. Es war dieselbe Box, die mich damals im Studio in Samus Haus erwartet hatte, nachdem er nach Deutschland abgereist war. Dasselbe Muster. Die Ecken waren mit Tesafilm zugeklebt und sie dekorierte dezent das Mischpult, das Samu mir geschenkt hatte, als ich das Studio gekauft hatte.
Er war hier gewesen und ich wusste auch wie. Ich hatte total vergessen, dass ich ihm damals, nach meiner Rückkehr nach Helsinki den Pseudoersatzschlüssel gegeben hatte. Hier im Studio. Ich hatte längst Schlüssel nachmachen lassen, aber ich hatte einen Anker gebraucht. Einen Grund ihn vielelicht doch nochmal zu sehen. Den hatte ich gar nicht gebraucht und es irgendwann vergessen. Samu anscheinend nicht.
Ich erinnerte mich gut, wie ich im Heimstudio vor der Schachtel gesessen hatte und mir sicher gewesen war, dass der Inhalt dieser Box meine Entscheidung nicht ändern würde. Ich hatte sie nicht geöffnet und Samu hatte mir das später zum Vorwurf gemacht. Ich hätte nicht genug Respekt vor ihm oder unserer Beziehung gehabt, um zu erfahren, was er mir noch zu sagen hatte. Zu Recht. Natürlich hatte ich Respekt vor uns und auch vor ihm gehabt, aber ich war mir sicher gewesen, dass es wir das was wir hatten nicht mehr kitten konnten. Zu schlimm war der Streit damals ausgeartet und zu enttäuscht war ich gewesen. Auch jetzt starrte ich den Karton an und malte mit dem Finger Linien darauf. Ich hatte keine Ahnung, was darin war, aber ich wusste, dass es ihm damals sehr wichtig gewesen und es etwas sehr persönliches für ihn war. Meine Neugierde war zu groß. Diese kleine Schachtel verbarg etwas, was ihm viel bedeutete und ich würde nicht nochmal den Fehler machen im Bösen mit ihm auseinanderzugehen.
Ich stellte die Box vor mir ab, löste das Klebeband vom Deckel und sah hinein.
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Heimkehr
ФанфикSamu & Sophia Teil 3. Fortsetzung von "Von der Muse geküsst" und "Klimawandel". Inklusive der beiden OS in meinem Account zu finden. Nach Sophias Rückkehr nach Los Angeles scheint die Trennung von Samu endgültig. Wäre da nicht noch etwas, was sie in...