Eva war gerade dabei einen Verband um Chris' Fußgelenk zu legen an der Stelle, die von dem Eisenring wund gescheuert war. Ich blieb einfach stehen und wartete bis jemand etwas zu mir sagen würde. Mein Blick glitt durch den Raum und mir fiel auf wie dreckig es hier war und wie schlecht die Luft war. Eva hatte uns irgendwann mal gesagt, dass es eine Lüftung hier gab, doch die schaffte es nicht die Gerüche nach draußen zu tragen. Die letzten Wochen hatten wir uns so daran gewöhnt, dass es uns gar nicht aufgefallen war, doch nun nach der Zeit an der frischen Luft trafen mich die Gerüche hier unten wie eine Mauer. Chris hatte sich während der Prozedur auf seine Arme gestützt und den Kopf in den Nacken gelegt. Als Eva sich nun zu mir umdrehte und mich mit einer Kopfbewegung aufforderte mich neben meinen Bruder zu setzen entspannte er sich sichtlich, rutschte etwas nach hinten und lehnte sich an die Wand. Ich setzte mich neben ihn auf die Matratze und lehnte mich ebenfalls an. Eva kam näher und schob das Hosenbein an meinem linken Bein etwas nach oben. Ich spannte mich an und betrachtete jede ihrer Bewegungen. „Entspann dich Großer", meinte sie als sie meinen Blick bemerkte. „Ich will nur die Wunde versorgen. Muss ja nicht sein das ihr noch eine Blutvergiftung bekommt oder so." ‚Eigentlich ein Wunder das das noch nicht passiert ist', dachte ich mir. Eva griff nach einer Tube und verteilte etwas von ihrem Inhalt auf einer Kompresse. „Das wird jetzt kurz etwas brennen", warnte sie mich vor und ich bekam das Gefühl, das sich Eva wirklich in irgendeiner Weise um uns sorgte. Doch da spürte ich die Salbe auf meiner wunden Haut und zischte. Chris griff nach meiner Hand und drückte sie. Ich drehte meinen Kopf zu ihm und versuchte so etwas wie ein Lächeln zustande zu bringen. Ich glaube nicht, dass mir das gelungen ist. Es brannte wirklich, doch als Eva gerade den Verband festklebte ließ das Brennen nach und es wurde angenehm kühl. Eva lächelte uns an und richtete sich auf. „So Jungs das wars. Ich komme später nochmal vorbei und schau nach euch. Ich denke die Fußkette können wir ab nun weglassen oder? Zumindest hier unten." „Klar", sagten Chris und ich gleichzeitig mit einem fröhlichen Ton. „Sehr schön. Dann bis später ihr zwei." Sie steckte sich die Salbe in die Hosentasche und kletterte die Leiter hinauf. Sven folgte ihr sofort und schon war die Klappe nach oben wieder verschlossen. In mir machte sich ein Gefühl breit als würde mir jemand auf den Brustkorb drücken, doch ein Händedruck von Chris, der immer noch meine Finger umklammerte, ließ mich zu ihm schauen. Ihm schien es nicht besonders besser zu gehen. „Spürst du es auch? Diese Enge? Das Gefühl erdrückt zu werden?", fragte er und ich nickte als Antwort. Ich wusste nicht was ich antworten oder tun sollte und so blieb ich einfach nur sitzen, versuchte ruhig zu atmen und mich zu konzentrieren. Irgendwann konnte ich die Stille nicht mehr ertragen. Ich wollte mich ablenken um nicht mehr an das Bild der Wiese und das Gefühl des Windes auf meiner Haut denken zu müssen. „Chris?" „Hm?", murmelte er, blickte jedoch weiter nach vorne. „Du hattest mir doch von deiner Idee für die neue Illusion erzählt." „Die mit den Schmetterlingen?" „Ja." „Was bringt es noch darüber zu reden? Selbst wenn wir nicht für immer in diesem Raum gefangen sind glaube ich kaum das Eva uns jemals wieder gehen lässt", sagte er stumpf. Ohne jegliche Emotion oder Hoffnung in der Stimme. Innerlich erschrak ich. So hatte ich ihn noch nie reden hören. „Chris was?", setzte ich an, doch wurde von ihm unterbrochen. „Nein Andy. Ich hatte Eva gefragt was sie mit uns vorhat während du noch oben warst. Wir kommen hier nicht weg. Nie." „Aber es besteht doch immer noch die Chance das..." „Was? Dass die Polizei uns findet? Das wir gerettet werden? Wieso sollte das passieren. Es gibt keinen Anhaltspunkt wo wir sind und wir sind hier irgendwo im Nirgendwo." Dann legte er sich hin und drehte mir den Rücken zu. Eine Träne rollte über meine Wange. Das zu hören tat weh. Und diese Worte aus dem Mund meines kleinen Bruders zu hören, den ich immer nur beschützen wollte zerbrach mir das Herz. Doch meine Trauer verwandelte sich schnell in Hass. Unbändigen Hass auf Eva. Ich musste einen Weg finden. Ich musste einen Weg finden wie wir von diesem Ort wegkamen. Ich musste... Genau da wurden meine Gedanken von einem Geräusch unterbrochen, das ich nicht ignorieren konnte und das meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte.
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Ihr. Entkommt. Nicht!
ФанфикEntführung, Gefangenschaft, Folter. Jeder hat bei diesen Worten Bilder aus Filmen oder Büchern im Kopf. Aber wer rechnet schon damit soetwas selbst zu erleben? Wohl keiner. Genauso wenig wie die beiden Magierbrüder Chris und Andreas. Doch plötzlich...