Als wir ins Wohnzimmer traten stand Eva mit einem Mann vor dem gedeckten Tisch. Ich konnte ihn nicht erkennen, da er mit dem Rücken zu uns stand, doch als Eva uns bemerkte und freudig lächelte, drehte er sich um und ich stockte. Er war es. Dieses Gesicht konnte man nicht vergessen. Schnell fing ich mich wieder, damit Eva nichts merkte. Ein Seitenblick zu Chris zeigte mir, dass er sein Pokerface aufgesetzt hatte und leicht lächelte. „David, das sind Christian und Andreas. Jungs, das ist David. Ein alter und sehr guter Freund von mir." „Hey", begrüßte er uns lächelnd, als hätte er uns noch nie im Leben gesehen. Wir erwiderten den Gruß und Eva wies uns an uns hinzusetzen. Wir saßen an unseren gewohnten Plätzen, David neben Chris. Während dem Essen unterhielten sich Eva und David angeregt und lachten auch viel. Nicht ein Mal fiel sein Blick auf uns und mit jeder Minute fragte ich mich ob er jemals bei uns im Zimmer gewesen war. Doch wo hätte ich ihn denn sonst sehen sollen. Aber wieso blickte er uns dann nicht einmal an? Dachte er das wäre zu auffällig? Oder war er nur da gewesen um zu schauen wie wir reagieren würden? Wollte Eva uns prüfen? Ich überlegte und zweifelte immer mehr. Nein nein das durfte einfach nicht sein. Ich musste warten bis wir allein waren mit ihm. Bis Eva aus dem Raum ging. Es musste so sein. Er musste uns helfen. Gerade jetzt wo ich wusste, dass meine Familie lebte und auf mich wartete. Ich wollte nichts weiter als sie wieder zu sehen und sie in die Arme zu schließen. Auch als wir alle fertig waren mit essen blieb Eva sitzen und unterhielt sich weiter mit ihrem Freund. Ich wurde von Minute zu Minute nervöser. Ich brauchte endlich Gewissheit, ob dieser Kerl damals die Wahrheit gesagt hatte. Ob er uns wirklich helfen wollte. Irgendwann klopfte es zaghaft und Tobi streckte seinen Kopf herein. „Soll ich für euch abräumen oder...?" „Nein schon gut. Wir machen das gleich. Geht ihr ruhig essen", unterbrach ihn Eva. „Alles klar", meinte Tobi und verschwand wieder. Leise stieß ich meinen Atem aus, den ich unbewusst angehalten hatte. Hätte Tobi abgeräumt wäre die Chance mit David allein zu sein dahin gewesen. Nun konnte ich nur noch hoffen, dass Eva nicht auf die Idee kam Chris und mich vorher wegzuschicken oder uns das Abräumen aufzutragen. Nervös wackelte ich mit meinem rechten Bein und betete, dass es nicht zu sehr auffiel. Nach einer weiteren Geschichte aus der gemeinsamen Schulzeit der beiden Freunde spürte ich einen Druck auf meiner Blase, doch ich wollte den Raum nicht verlassen. Ich wollte den Augenblick nicht verpassen, wenn Eva den Raum verließ. Doch irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. „Ich bin mal schnell im Bad", meinte ich und stand nach einem Nicken von Eva auf. So schnell ich konnte verschwand ich im Bad und lief wieder zurück. Und was ich da sah konnte ich erst nicht glauben. Chris und David saßen allein am Tisch und die Teller waren verschwunden. „Okay Jungs. Wir haben nicht viel Zeit. Tut mir leid, dass es so lang gedauert hat, aber es ging nicht früher. Wenn alles glatt läuft bringe ich euch nachher hier raus. Also haltet euch bereit", flüsterte David in Eile, als ich mich wieder setzte. „Aber woher sollen wir wissen das es los geht?", fragte nun Chris. „Ich werde euch holen kommen." Ungläubig blickte ich ihn an. Passierte das wirklich? Würden wir in wenigen Stunden hier raus sein und auf den Weg nach Hause? Nach all den Monaten kam mir dieser Gedanke so unwirklich vor. Da kam Eva auch schon wieder zurück. „Na alles gut hier?" Wir nickten und David meinte lässig: „Na klar. Hier wurden fleißig Pläne geschmiedet." Er und Eva begannen laut zu lachen. Chris und ich schauten uns erst geschockt an und stimmten dann mit einem gekünstelten Lachen ein. „Jungs geht ihr nochmal nach oben? Ich habe mit David noch was zu besprechen", meinte Eva, nachdem sie sich beruhigt hatte. „Klar", antwortete Chris und erhob sich. Ich tat es ihm gleich und wir liefen in unser Zimmer zurück. Nun hieß es wieder warten. Unruhig tigerte ich vor dem kleinen Fenster herum, als ich urplötzlich stehen blieb. Chris, der auf dem Bett gesessen hatte, blickte auf. „Was ist los?" „Wir sollten uns wärmer anziehen oder?" Chris blickte aus dem Fenster, wo langsam Schneeflocken nach unten tanzten. „Da hast du wohl recht. Nicht das wir noch erfrieren. Wer weiß wie lange wir draußen sein müssen." Ich nickte und wir machten uns daran die Schränke zu plündern, bis jeder von uns 2 Shirts, 2 Pullis und 3 Jogginghosen anhatte. Zwar war unsere Bewegungsfreiheit dadurch eingeschränkt, aber wir konnten noch rennen und würden nicht so schnell frieren. Und das war wohl die Hauptsache. Das wir dafür nun schwitzten war uns auch egal. Wir dachten nur an eins: unser baldiges Entkommen.

DU LIEST GERADE
Ihr. Entkommt. Nicht!
FanfictionEntführung, Gefangenschaft, Folter. Jeder hat bei diesen Worten Bilder aus Filmen oder Büchern im Kopf. Aber wer rechnet schon damit soetwas selbst zu erleben? Wohl keiner. Genauso wenig wie die beiden Magierbrüder Chris und Andreas. Doch plötzlich...