Erzählung 7

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Es dauerte gefühlte Tage bis sich die Klappe erneut öffnete. Doch nicht Eva stand dort oben, sondern ein großer, kräftig gebauter Kerl. Wortlos schmiss er uns die gewohnten Brote und die Wasserflasche in unser „Heim" und schloss die Luke wieder ohne ein Wort zu verlieren. Auch die nächsten paar Male tauchte Eva nicht auf. Mit jedem Mal wenn Eva nicht dort oben stand sank unsere Hoffnung ein Stück mehr. Immer öfter saßen wir weinend nebeneinander und wussten nicht was wir tun sollten. Wie sollten wir denn so bitte netter zu ihr sein um endlich mal hier raus zu kommen? In diesem Moment hätte ich alles getan. Die meiste Zeit saßen mein Bruder und ich still nebeneinander oder lagen aneinander gekuschelt auf der Matratze. Doch meine Gedanken rasten von einem zum anderen. Wirklich konzentrieren konnte ich mich auf nichts. Außer auf eins: Ein Bild bzw eine Szene, die sich immer wieder vor meinem inneren Auge abspielte: Petra sitzt bei uns zuhause auf der Couch, ihr Lieblingsbild von uns in der Hand und ihre Tränen tropfen unaufhaltsam auf dieses. Die Kinder kommen die Treppe herunter, gehen zu ihrer Mutter und nehmen sie in den Arm. Zu viert kuscheln sie auf der Couch. Petra hat es schon lange aufgegeben die Tränen vor ihren Kindern zu verstecken. Sie wissen, dass ihr Papa entführt wurde und dass man immer noch nach ihm suchte. Es würde nichts bringen es ihnen zu verheimlichen. Irgendwann hätten sie es sowieso erfahren. Unser Verschwinden war bestimmt nicht unentdeckt geblieben. Immerhin waren wir mitten in der Tourzeit. Irgendwann streicht unsere kleine 5-jährige Lily Petra über eine nasse Wange und flüstert: „Papa kommt bestimmt bald wieder Mama. Ganz bestimmt." Ich dachte viel an meine Familie. Wie es ihnen wohl ging? Ich vermisste sie so unendlich. Meine wundervolle Frau, meine 2 aufgeweckten Jungs und meine kleine Prinzessin.

Inzwischen hatten wir es aufgegeben überhaupt nach oben zu blicken, wenn sich die Klappe öffnete. Es war ja doch nie Eva. Doch als wieder einmal die Flasche und die Brote, die wir langsam nicht mehr sehen konnten, zu uns nach unten flogen hörten wir plötzlich wieder ihre durchdringende Stimme: „Na Jungs? Habt ihr mich vermisst?" Wir hatten wie so oft nebeneinander auf der Matratze gesessen und uns an der Hand gehalten. Synchron schnellten unsere Köpfe nach oben. Und da stand sie. Ich konnte es nicht verhindern, dass ich mich tief in mir ein kleines bisschen über ihre Rückkehr freute. Und ich hasste mich selbst dafür. Doch immerhin bedeutete dies, dass wir nun endlich die Möglichkeit hatten hier rauszukommen. Und wenn es auch nur für ein paar Minuten waren und vermutlich streng bewacht. Wir sagten nichts, sondern starrten sie einfach nur an. „Beim letzten Mal sind wir ja nicht grad in Frieden voneinander gegangen." Ich spürte wie sich bei diesen Worten Chris' Finger um meine Hand verkrampften und ich drückte diese leicht um ihn irgendwie zu beruhigen. Auch wenn es mir nicht besser ging. Ich wäre ihr am liebsten selbst an die Gurgel gesprungen. „Und eigentlich wollte ich euch auch die Möglichkeit geben euch zu bessern nur leider musste ich kurzfristig weg, weshalb sich meine Männer ja um euch gekümmert haben. Sie haben euch doch wohl gut behandelt oder?", fragte sie mit einem leicht bissigen Unterton. „Ja. Sie waren sehr.... nett", brachte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. In meinem Kopf wiederholte ich dabei immer wieder den Satz: ‚Nett ist die kleine Schwester von scheiße'. Irgendwie brachte es mich dazu nicht sofort herumzuschreien. Von Chris kam nur ein leises verächtliches Schnauben. Ich blickte zu ihm und sah, dass seine Kiefer angespannt waren. „Sehr schön", meinte Eva fröhlich und klatschte einmal in die Hände. „Aber nun ja ich wollte euch nur mitteilen, dass ich für euch eine Art Entschädigung habe dafür das ich die letzten Tage nicht da war." Sofort schnellte mein Blick wieder zu ihr. „Morgen bekommt ihr mal wieder was Anständiges zu essen. Schlaft gut." Und schon war die Klappe wieder geschlossen.

Ihr. Entkommt. Nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt