Erzählung 53

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Kurze Zeit später traten ihre Schuhe vor mich und mein Kopf wurde an den Haaren nach hinten gezogen. Ein paar schweißnasse Strähnen fielen vor meine Augen und versperrten mir die Sicht. Eva strich sie zur Seite und schaute mich mitleidig an. Meine Augen glitten zur Seite zu meinem Bruder, der reglos auf dem Tisch lag. Sein Gesicht war tränenüberströmt, seine Augen rot und geschwollen und seine Halsschlagader pochte. Verzweiflung und Schuld waren im deutlich anzusehen, doch ich machte ihm keinen Vorwurf. Ich war ja selbst schuld das ich... das wir hier waren. Ich hätte damals im Wald einfach auf mein Gefühl hören und besser aufpassen müssen. Damals... Das hörte sich an als wäre dieser Tag schon Jahre her, doch genau so fühlte es sich auch an. Nicht wie die zwei oder drei Monate die es eigentlich waren. „Und du Chris? Dachtest du er schafft es?" Er gab keine Antwort, sondern blickte weiter mich an. Eva ließ mein Kinn los und kraftlos sackte es zurück auf meine Brust. „Du siehst echt fertig aus", meinte Eva besorgt und strich über meinen Kopf und trocknete dann ihre nasse Hand an ihrer Hose ab. In diesem Moment verließen mich auch meine letzten Kräfte. Meine Beine gaben nach und ich schrie auf als ich plötzlich wieder nur von den Fesseln an meinen Handgelenken gehalten wurde. Ich wollte nur noch sterben. Nur noch an einen Ort gelangen an dem es keine Schmerzen mehr gab und wo Papa und alle anderen auf mich warteten. „Gut ich denke das reicht wohl für heute. Den Rest der Prozedur erspare ich dir." Am liebsten hätte ich vor Freude aufgelacht, doch selbst das schaffte ich nicht mehr. „Ich muss nur noch die Pumpe wieder rausholen." Was? Wie sollte ich das überleben? Lautlos tropften die Tränen von meinem Gesicht auf den Boden, während Eva sich hinter mir positionierte. Ich spürte wie sie eine Hand auf meine Schulter legte. Ich atmete mehrmals tief durch und versuchte mich auf den Schmerz vorzubereiten, doch schon als Eva die Hand nur um die Pumpe gelegt und sie dadurch ein wenig bewegt hatte schrie ich auf und verkrampfte mich. Die Hand an meiner Schulter verschwand und ich sah im Augenwinkel wie Eva in Richtung Wand ging. Eine Schublade wurde geöffnet und wieder verschlossen. „Ich gebe dir ein Schmerzmittel. Nicht erschrecken." Ich spürte die Spitze, die sich in meinen Hintern bohrte kaum und schon nach kurzer Zeit setzte die Wirkung ein. Eva wartete etwa fünf Minuten bis sie sich wieder hinter mich stellte und ihre Hand erneut auf meine Schulter legte. „Bereit?" Am liebsten hätte ich laut nein geschrien, doch die Schmerzen hatten schon etwas nachgelassen und da ich das Ding auch nicht länger in mir drin behalten wollte nickte ich. „Okay. Eins... Zwei... Und..." „AHHHHHHHHH!" Es fühlte sich an als würde man mir extra grobes Schleifpapier über die Haut ziehen. „So geschafft." Eva kam wieder nach vorne und ich hörte wie sie die Manschetten des Metalltisches löste. Plötzlich trat Chris vor mich, legte mir beide Hände an die Seiten des Kopfes und hob ihn an. „Es tut mir so leid", weinte er und strich mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Sch...Schon...g...gut", brachte ich heraus. Jeder Teil meines Körpers tat weh und das einzige was ich wollte war schlafen. Nur mit Mühe konnte ich meine Augen noch offen halten. Da spürte ich wie jemand meine rechte Hand aus der Fessel befreite. Mein Arm fiel kraftlos nach unten und ich sackte noch ein wenig mehr zusammen. Chris griff mir unter die Arme und hielt mich, damit ich nicht nur an einer Hand hing. Diese folgte auch gleich der ersten auf ihrem Weg nach unten und ich sackte kraftlos zusammen. Alles was mich noch hielt war Chris. Mein Kopf lag auf seiner Schulter, während er sich langsam mit mir zu Boden sinken ließ. Er legte mich vorsichtig ab, drehte mich auf die Seite um meine Hinterseite zu schonen und setzte sich dann so hin, dass mein Kopf in seinem Schoß lag. Beruhigend strich er mir über die Haare. „Ruh dich ruhig aus mein Lieber", sagte Eva bevor ihre Füße aus meinem Blickfeld verschwanden. Mir war es als würde ich noch ein leises „Pass auf sie auf" von ihr hören, doch bevor ich darüber nachdenken konnte siegte die Erschöpfung und zog mich in den Schlaf.

Ihr. Entkommt. Nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt