Ich erstarrte in der Bewegung als ich sah wer da im Türrahmen stand. Ich hielt Chris nicht mehr im Arm, doch meine Arme hatte ich noch nicht gesenkt. Das heißt Chris hatte zwar Platz um sich zu bewegen, doch sich umdrehen konnte er nicht. Geschockt blickte ich über seine Schulter zur Tür und überlegte, ob ich meinen Augen trauen konnte. Chris, der meine Regungslosigkeit bemerkt hatte, sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Andreas? Was ist los?“ Er versuchte sich umzudrehen, doch meine Arme gaben nicht nach. Er versuchte es weiter, drehte seinen Kopf so weit es ging nach hinten, doch es reichte nicht um die Gestalt im Türrahmen zu erkennen. „Bruder jetzt lass mich doch mal los. Hast du ein Gespenst gesehen oder was?“ Er lachte kurz und zog von unten meine Arme zur Seite. Tatsächlich schaffte er es und drehte sich um. Ich wollte ihm zurufen er solle es nicht tun, doch da war es schon zu spät. Ich sah wie er ebenfalls erstarrte und die Person anstarrte. Ob er sich wohl auch fragte ob er träumte oder ein Gespenst sah? „Nein“, hauchte er und machte einen Schritt zurück. Dabei stieß er gegen mich. „Na Jungs? Wie geht’s euch so?“ „Eva“, hauchte ich fassungslos. Nein nein nein das durfte nicht wahr sein. Ich muss eingeschlafen sein vor Erschöpfung und nun träumte ich. Das war nicht wahr. Sie war nicht da. Mein Hirn spielte mir einen Streich. Langsam und mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht kam unsere Entführerin in den Raum und schloss die Tür hinter sich, ohne sich von uns abzuwenden. Das leise Klacken, als die Tür ins Schloss fiel, dröhnte in meinen Ohren wie das Nebelhorn eines Kreuzfahrtschiffs. Mit jedem Schritt den Eva machte wichen Chris und ich einen zurück. Dabei meinte Chris: „Nein. Du kannst nicht hier sein. Wie kann das sein?“ Als ich die Wand in meinem Rücken spürte, Chris gegen mich stieß und dann neben mich trat begann ich leise zu hyperventilieren. Mit einem Mal fühlte ich mich wieder eingesperrt, als würde mich etwas erdrücken und einen Käfig um mein Herz legen. Ein paar Schritte vor uns blieb Eva stehen. „Wie?“, lachte sie und verschränkte die Arme. „Haltet ihr mich echt für so bescheuert? Als ob ich euch so einfach davonkommen lassen würde.“ Herablassend musterte sie uns. „Wir kommen nicht wieder mit dir. Wir müssen nur einmal laut um Hilfe rufen und die Polizisten kommen herein und nehmen dich fest“, sagte Chris aggressiv und voller Ernst. Doch wieder lachte Eva nur laut auf. „Los. Versuch es. Aber erwarte bitte nicht zu viel“, sagte sie höhnisch. Ich konnte mich nicht rühren, obwohl ich am liebsten losgerannt wäre, um Hilfe geschrien und Eva geschlagen hätte. Doch nichts. Ich hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper. Auch Chris blieb stumm. Keine Ahnung wie, aber allein die Tatsache das sie hier war zeigte, dass sie die Wahrheit sagte. „Wie“, hauchte Chris erneut. „Ganz einfach. Mit den richtigen Mitteln macht jeder was man möchte.“ Sie sagte das mit einem Grinsen und einer Stimme, die mir eine Gänsehaut bereiteten. Meine Augen wurden größer als mir ein Gedanke kam. „Hast du… also hast du…“, stotterte ich und sah in Evas Augen. „Was? Du hörst dich an als hätte ich sie umgebracht.“ Sie lachte als wäre das das Abwegigste, das sie jemals gehört hatte. Doch genau das war mein Gedanke gewesen. Ich traute dieser Frau alles zu nach allem was sie uns angetan hatte. „Nein keine Sorge. Es gibt eine weitaus einfachere und sauberere Lösung für sowas.“ Ich schluckte, während Eva eine kleine, theatralische Pause machte. „Mit dem nötigen Kleingeld lässt sich jeder beeinflussen. Gerade in so kleinen Dörfern wie hier, die gern mal vergessen werden.“ Sie hatte die Polizisten also bestochen. Aber wo hatte sie so schnell das Geld her? Einen Scheck würden die Leute doch wohl kaum annehmen. Oder? Also musste sie sie schon vorher bezahlt haben. Aber das hieß dann das… „Das hier war geplant oder?“, flüsterte ich. Ich kannte die Antwort bereits, doch ich wollte es trotzdem hören. Wollte die klitzekleine Möglichkeit, dass ich falsch lag nicht direkt verwerfen. Doch für eine feste Stimme reichte meine Kraft nicht aus. Ihr Lächeln, bei dem sie nur einen Mundwinkel wirklich nach oben zog, sagte schon alles, doch sie setzte noch ein gehauchtes „Ja“ dahinter. Und mit einem Mal fühlte ich mich 20 Jahre älter und unglaublich schwach. Ich hätte es wissen müssen. Es war zu einfach gewesen. „Das heißt David ist…?“, fragte Chris in diesem Moment und Eva nickte. „Mein Komplize. Ja. Als würde ich jemanden vertrauen und ihn euch vorstellen, wenn ich nicht wüsste, dass ich ihm hundert prozentig vertrauen kann.“ Wir hätten es wissen müssen.
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Ihr. Entkommt. Nicht!
FanfictionEntführung, Gefangenschaft, Folter. Jeder hat bei diesen Worten Bilder aus Filmen oder Büchern im Kopf. Aber wer rechnet schon damit soetwas selbst zu erleben? Wohl keiner. Genauso wenig wie die beiden Magierbrüder Chris und Andreas. Doch plötzlich...