Erzählung 62

422 28 5
                                    

Eifersucht ist die Leidenschaft, die mit Eifer sucht was Leiden schafft. Warum kam mir gerade jetzt dieses Zitat von Alligatoah in den Sinn? Und warum spürte ich überhaupt so etwas? Nur weil Eva ihn angelächelt hatte? Wurde ich jetzt vollkommen bekloppt? Mein Kopf fragte sich die ganze Zeit wie ich auf so einen Blödsinn kam und eifersüchtig wurde, wegen einem bescheuerten Lächeln. Ist ja nicht so als wollte ich irgendwas von Eva. Ganz bestimmt nicht! Auch wenn meine Frau vielleicht nicht mehr lebte liebte ich sie noch immer und das würde sich auch niemals ändern. Und doch zog sich mein Magen und mein Herz komisch zusammen. Es war amtlich: Ich verlor den Verstand. „Andreas? Alles in Ordnung mit dir? Schmeckt es dir nicht?", brachte Eva mich wieder aus meinen Gedanken zurück. „Ähm. Doch. Ist sehr gut", meinte ich und blickte auf meinen noch fast vollen Teller. „Und warum isst du dann nichts?" Besorgt blickte Eva mich an. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich aufgehört hatte zu essen. „Ich...Ich war in Gedanken. Kann ich vielleicht aufstehen und hoch gehen? Mir geht's irgendwie nicht so gut." „Ja klar geh dich ausruhen. Brauchst du irgendetwas? Eine Wärmflasche, Tabletten oder sonst was?" Ich schüttelte den Kopf. „Nein danke geht schon. Ich bin bloß müde." „Na gut. Aber wenn was ist sagst du Bescheid", ermahnte sie mich. Ich nickte, legte den Löffel neben den Teller und stand auf. Während ich die offene Schiebetür zum Flur ansteuerte spürte ich die Blicke der beiden Augenpaare auf mir. Langsam ging ich auf die Treppe zu und erklomm die Stufen. Dabei merkte ich, dass ich wirklich müde war, obwohl ich den ganzen Tag nur im Bett gelegen hatte. Mein Kopf fühlte sich an als würde er bald explodieren. Ich musste mir über einiges klar werden: Warum fing ich an Eva stolz machen zu wollen? Warum hörte ich auf sie zu hassen? Warum hatte ich eben Eifersucht gespürt? Das im Radio eben etwas über zwei Brüder aus Herford gesagt worden war hatte ich schon verdrängt. Vielleicht hätte ich anders gehandelt, wenn ich mich daran erinnert hätte. Vielleicht wäre dann alles nicht noch schlimmer geworden. Wer weiß. In unserem Zimmer angekommen zog ich den Pulli aus und zog dafür ein T-Shirt zum Schlafen über, das ich mir aus dem Schrank holte. Bevor ich mich ins Bett legte stand ich noch ein paar Minuten vor dem Fenster und betrachtete den fallenden Schnee. Der Boden und das Dach der Scheune waren schon komplett mit einer weißen Decke bedeckt. Die Welt svhien friedlich. Als könnte nie etwas Böses hier existieren. Seufzend wandte ich mich von dem schönen und gleichzeitig auch traurigen Anblick ab und legte mich auf die weiche Matratze. Ich rutschte auf die andere Seite und legte mich mit dem Gesicht zur Wand, dass Chris erst gar nicht auf die Idee kommen könnte mit mir reden zu wollen, wenn er kam. Meine Gedanken wanderten wieder zu der Zeit in der ich Petra kennengelernt hatte. Und wieder flossen einzelne Tränen aus meinen Augen und hinterließen nasse Flecken auf dem Kissen. Ich fröstelte und kugelte mich in Embryohaltung zusammen, doch ich wollte mich auch nicht umdrehen um nach der Decke zu greifen. Irgendwann hörte ich wie die Tür leise geöffnet wurde und jemand den Raum betrat. „Schläft er?", fragte Eva flüsternd. Ich schloss meine Augen und spürte wie sich die Matratze hinter mir kurz senkte. „Ja", antwortete Chris ebenso leise. „Na gut dann lass ihn schlafen. Sag mir Bescheid, wenn irgendwas ist ok?" „Klar mach ich. Gute Nacht Eva." „Gute Nacht Chris." Kurz darauf verriet ein leises Klicken, dass die Tür zu war. Kurz war es still, dann hörte ich wie Chris in Richtung Bad tapste und kurz darauf wieder zurück kehrte. Gleich darauf senkte sich die Matratze wieder und ich spürte Chris' warmen Körper an meinem Rücken und wie die Decke über mich gezogen wurde. „Ach Bruder ich wünschte ich wüsste was heute mit dir los war", hörte ich ihn noch sagen, bevor er einen Arm von hinten um meinen Bauch schlang und sich an meinen Rücken kuschelte. Traurigkeit durchzuckte mich und ich musste mir auf die Lippe beißen um kein Schluchzen von mir zu geben. ‚Ach Bruderherz. Ich würde es dir gerne sagen, doch ich kann es nicht. Du würdest es nicht verstehen und mich vielleicht hassen und das darf ich auf keinen Fall riskieren.' Und mit diesen Gedanken und Chris' ruhigem Atem im Nacken schlief ich schließlich ein.

Ihr. Entkommt. Nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt