„Ich will keinen Ton hören. Verstanden?“ „Ja“, antwortete ich mit zitternder Stimme und schloss die Augen. Kurz darauf spürte ich einen stechenden Schmerz. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte keinen Ton von mir zu geben, während ein Pochen von meinem Allerwertesten ausging. Da traf mich der nächste Schlag auf den keine zwei Sekunden später der nächste folgte. Ich versuchte das Klatschen auszublenden, das mit jedem neuen Treffer erklang. Mit jedem neuen Klatschen und jeder neuen Schmerzwelle biss ich fester auf meine Lippe, obwohl ich schon seit dem zweiten Schlag Blut schmeckte. Es wurde von Sekunde zu Sekunde schwerer still zu sein und zu halten, da Eva mich auch nicht gefesselt hatte wie sie es sonst tat. Schlag um Schlag traf auf meine geschundene Haut. Träne um Träne rann über meine Wange und benetzte meine Hand mit der salzigen Flüssigkeit. Mein Schluchzen unterdrückte ich mit allen Mitteln. Druck staute sich in meinem Brustkorb auf und ich wusste, das ich nicht mehr lange durchhalten würde. „Gleich geschafft“, drang Evas Stimme, die leicht außer Atem klang, leise an mein Ohr. Und beim folgenden Schlag hielt ich es nicht mehr aus. Ein Stöhnen kam über meine Lippen. Doch ich spürte den Schmerz an meinem Hintern kaum, da etwas anderes mein Denken einnahm: Angst. Ich hatte es nicht geschafft Evas Anweisung einzuhalten. Was würde sie jetzt tun? Meine Augen hielt ich geschlossen, während mir weiterhin Tränenbäche über die Haut liefen. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Wange und zuckte zusammen. Doch als sie begann mit dem Daumen meine Tränen wegzuwischen entspannte ich mich ein wenig und öffnete die Augen. Durch den Tränenschleier sah ich Eva, die freundlich lächelnd über mich gebeugt dastand. Aber warum lächelte sie? Müsste sie nicht sauer sein das ich es nicht geschafft hatte ruhig zu sein? „Gut gemacht“, sagte sie liebevoll und strich mir weiter über die Wange. Dann fuhr sie mit ihren Fingern unter mein Kinn und drückte es sanft nach oben bis ich aufrecht vor ihr stand. Ich verstand die Welt nicht. Warum war sie so nett? Enttäuscht wollte ich den Kopf senken, doch Eva hielt weiterhin mein Kinn fest und hinderte mich so daran. „Hey du hast das super gemacht. Du hast länger durchgehalten als ich gedacht habe.“ Und auf einmal spüre ich etwas in mir, was ich nie gedacht hätte in diesem Zusammenhang. Stolz erfüllte mich und ließ mich leicht lächeln. Eva kam näher und legte ihre Lippen leicht an meine rechte Wange. Dann entfernte sie sich wieder. „Na komm wir gehen zurück.“ Ich nickte, zog meine Hose hoch, die unangenehm auf meiner gereizten Haut scheuerte und folgte ihr aus dem Raum zurück in Chris‘ und mein Zimmer. Immer noch lächelnd öffnete sie die Tür und ich trat an ihr vorbei in den Raum. Sofort fiel mein Blick auf Chris, der im Bett lag. Seine Augen waren geschlossen, sein Atem ging ruhig. Schnell lief ich auf ihn zu und hörte wie die Tür hinter mir ins Schloss fiel, jedoch nicht abgeschlossen wurde. Eva ließ sie öfter auf, weshalb ich mir auch nicht weiter Gedanken darüber machte, sondern ging zügig auf meinen Bruder zu. Als ich mich neben ihm auf die Bettkante setzte zog ich scharf die Luft ein. Mein Hintern pochte unangenehm und so kniete ich mich auf den Boden. Vorsichtig drehte ich Chris Kopf so, dass ich sein Gesicht im Licht der Lampe auf dem kleinen Nachttisch neben den Bett sehen konnte und fuhr mit meiner rechten Hand durch seine feuchten Haaren und über seine Stirn. Ich hatte schon befürchtet er könnte Fieber oder sowas haben, doch seine Temperatur fühlte sich normal an und so ging ich davon aus das er vorhin vermutlich einfach nur stark geschwitzt hatte. Mein Blick huschte über seinen entspannten Körper und suchte nach irgendwelchen auffälligen Verletzungen, doch ich konnte keine finden und entspannte mich etwas. Ich stellte mich wieder hin und versuchte dann vorsichtig über Chris zu krabbeln um ihn nicht aufzuwecken. Gerade als ich ein Bein über seine gehoben, es auf der Matratze abgelegt hatte und mein Gewicht nun auf dieses verlagern wollte regte er sich und drehte sich auf die Seite mit dem Gesicht zur Tür. Ich hielt inne und bewegte mich keinen Millimeter bis Chris wieder ruhig dalag. Ich machte weiter und schaffte es schließlich mich hinter meinen Bruder zu legen. Ich überlegte gerade wie ich mich am besten hinlegen sollte um meinen Hintern zu schonen als Chris sich von der Seite auf den Rücken rollte und seinen mir zugewandten Arm ausstreckte. Ich blickte kurz in sein Gesicht, doch er schien immer noch zu schlafen. Mein kleiner Bruder. Also rückte ich näher an ihn heran, legte meinen Kopf auf seine Brust und schlang einen Arm um seinen Bauch. Meine Gedanken wanderten zurück in den Raum der Qualen wie wir ihn bzw. die beiden Räume getauft hatten. Was war da vorhin passiert? Warum hatte ich plötzlich Stolz verspürt? Warum gefiel es mir das Eva zufrieden mit mir war? Klar hieß eine zufriedene Eva das wir nicht noch mehr Strafen bekamen, aber das war anders gewesen. Es war nicht die Erleichterung gewesen davongekommen zu sein. Ich war froh und auch irgendwie glücklich gewesen sie zufrieden zu sehen. Ich wollte das sie zufrieden mit uns war. Drehte ich nun vollkommen durch? Klar hatte ich mich irgendwie damit abgefunden das wir hier waren und nicht mehr wegkommen würden, aber dennoch war Eva immer noch unsere Entführerin und dazu vermutlich die Mörderin unserer Familie. Nein ich durfte das nicht zulassen. Ich durfte nicht aufhören Eva zu hassen. Ansonsten würde ich nur meine Familie verraten. Doch kurz bevor ich einschlief hörte ich tief in mir eine Stimme lachen, die mir zuflüsterte das es dafür schon längst zu spät war.
![](https://img.wattpad.com/cover/99444643-288-k686999.jpg)
DU LIEST GERADE
Ihr. Entkommt. Nicht!
FanfictionEntführung, Gefangenschaft, Folter. Jeder hat bei diesen Worten Bilder aus Filmen oder Büchern im Kopf. Aber wer rechnet schon damit soetwas selbst zu erleben? Wohl keiner. Genauso wenig wie die beiden Magierbrüder Chris und Andreas. Doch plötzlich...